Bolletjes statt Böller.
Auch Tage danach liegt er noch schwer im Magen, drückt auf das Gemüt: Dieser Vorsatz, Menschen absichtlich zu verletzen. Diese Straftat und gezieltes in Kauf nehmen, dass auch noch mehr Menschen durch den Böller hätten verletzt werden können, als die Spieler von Preußen Münster. Das war keine Unzufriedenheit mit dem Spielstand, denn es stand nur Unentschieden in einem hart geführten Spiel, wobei die „Auf die Stöcke und Haltetechniken“ Taktik der Adlerträger von Minute zu Minute immer besser aufzugehen schien. Das war ein Attentat auf Rot-Weiss Essen und ein Stich in unser rot-weisses Herz.
Schon mit dem Knall war klar, dass jetzt prompt und unreflektiert alles über Rot-Weiss Essen und seine vielen korrekten Fans ausgekübelt werden wird, was schon immer an Vorurteilen RWE gegenüber kursiert. Und ja leider temporär immer mal wieder bestätigt wurde. Es war schwer, anschließend mit Fans anderer Vereine in einen sachlichen Austausch zu treten. Es ist also passiert, womit eigentlich nicht gerechnet werde konnte: RWE gehörten die Schlagzeilen, selbst auf Twitter war man zeitweilig bundesweit Gesprächsthema: #Böller war im Trend. Und natürlich gehörten auch die Schlagzeilen sämtlicher Sportmedien uns. Nur eben nicht so wie erhofft. All das auf dem Feld erarbeitete wurde von Außen im wahrsten Sinne des Wortes weggeworfen. Unglaublich wichtig nun die Reaktionen im Nachgang. Ob schon direkt im Stadion, oder in vielen kurzen und langen Statements im Anschluss, bekamen der oder die Verantwortlichen der Tat mitgeteilt, dass sie mit dieser Aktion komplett isoliert dastehen.
Die Begegnung zwischen Rot-Weiss Essen und Preußen Münster liegt also nun auf dem Tisch der Sportgerichtsbarkeit. Ich habe keine Ahnung, wie genau ein solches Verfahren abläuft und was man dort zur eigenen Verteidigung vorbringen darf. Spekuliert wird ja so ziemlich jede Option. Was wir jedoch aktuell tunlichst vermeiden sollten ist, direkt wieder in eine Opferrolle zu verfallen, a`la „Der Verband will uns eh nur schaden“. Klar, der Verband hätte monetär ziemlich viel davon, wenn RWE auch weiterhin unter seiner Fittiche verbleibt. Aber doch nicht so. Ne ne, der Urknall kam von unser Seite. Wenn auch nicht von einem von uns! Zu meinem eigenen Seelenheil gehe ich also von einer 0:2-Wertung gegen uns aus. Wir hätten ja auch so noch das Spiel verlieren können, das darf man nicht vergessen. Alles wartet nun auf ein Exempel, welches es zu statuieren gilt, von daher ist das wohl der einzig gangbare Weg. Einem Wiederholungsspiel würden die Preußen ja kaum zustimmen, befürchte ich. Wenn man als betroffener Verein diese Option überhaupt in Frage gestellt bekommt. Ergo: Die Tabellensituation wird sich wieder enger gestalten, als es das auch vorher schon der Fall war. Klammheimlich können nun stabile Fortunen als Gewinner einer aktuell bescheidenen Gemengelage hinausgehen, ohne das auf diese Art wohl kaum gewollt zu haben.
Vor dem Knall war es ein atmosphärisch dichtes Spiel. Auf dem Rasen und auf den Rängen. Wobei man vielleicht im Jahre 2022 auch einfach mal festhalten muss, dass die gelegentlichen homophoben Gesänge von beiden (!!) Seiten auch einfach nur komplett daneben sind! Man kann sich auch anders verbal seine Abneigung mitteilen, die Palette der sprachlichen Optionen dafür ist schon ausreichend groß genug. Es wird also nun seine Zeit dauern, bis die Hafenstraße wieder in ruhigere Gewässer einlaufen kann.
Die oft geteilte Befürchtung, dass die Mannschaft nun einen Knacks bekommen hat, und Entscheidungsträger oder Sponsoren unseren Verein verlassen könnten, das sehe ich so nicht. Ich wäre als Mannschaft aber zurecht stinksauer und hätte erstmal den Papp auf, irgendetwas mit Fans zu machen. Und doch gilt nach wie vor: „Wir für Euch und Ihr für uns“. Diese Mannschaft ist einfach zu gut und zu professionell, will den Aufstieg. Nicht für den Werfer, definitiv nicht. Aber allein schon für die sportliche Vita. Der Samstag in einer Turnhalle wird es zeigen.