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Rheinische Momente.

Es drohen zwei ekelhafte Auswärtsspiele für Stauder verwöhnte Essener Gourmet-Kehlen zu werden: Erst das komische Kölsch und dann auch noch das abstruse Alt. Und obendrauf werden diese rheinischen Momente auch noch bei den Zweitvertretungen des 1.FC Köln und Fortuna Düsseldorf verköstigt. Also wir müssen da jetzt echt mal raus aus der Liga, ist wirklich gut gewesen. Bei Magenta TV bricht man mittlerweile immer öfter in Tränen aus, wenn die Zuschauerzahlen vonne Hafenstraße bekannt werden, um dann seinerseits das ganze Equipment beispielsweise an einem herbstlichen Montag in Lotte für das Spiel des SC Verl gegen den TSV Havelse aufzubauen. Verfolgt von lediglich 576 Zuschauern im Ausweichstadion am Lotter Kreuz. Ein Spiel als Blaupause für den ganzen DFB Wahnsinn! Warum muss ein solches Spiel in einem Stadion stattfinden, welches zwingend vorgeschrieben 10.001 Zuschauern Platz bietet?

Der eigentliche Wahnsinn rund um den Fußball aber hat aktuell und ausnahmsweise einmal nicht in den DFB-Stuben oder im Büro von Olli Bierhoff stattgefunden, sondern im Norden von England: Die Fans von Newcastle United drehen völlig frei, seitdem bekannt wurde, dass die heimischen „Magpies“ von einem Konsortium aus Saudi-Arabien übernommen werden. Wer nun kritische oder mahnende Stimmen erwartet hätte, das zukünftig „Blutgeld“ von einem bisweilen menschenverachtenden Regime an den St.James Park wandern wird, der sah sich getäuscht. Während in Liverpool, bei ManUnited und sogar bei Chelsea gegen die bekloppte „Super League“ auf die Straße gegangen wurde, regierten vergangenes Wochenende  in Newcastle um den Kopf gebundene Bettlaken und die Flagge Saudi-Arabiens als Verkaufsschlager. Das kann ja heiter werden. Soweit so schlecht.

Ganz so schlecht, wie es sich vielleicht anfühlt, war der vergangene  Wochenendausflug in unsere Liga des Vertrauens nach einigen Tagen Abstand dann doch wieder nicht. Unsere Roten sahen sich schlicht der Problematik ausgesetzt, dass der Gast aus Wiedenbrück sich fest vorgenommen hatte, ein Fußballspiel im eigentlichen Sinne komplett zu verweigern. Und für solch eine destruktive Spielweise muss man erst einmal ein Gegenmittel erfinden. Zumal, wenn der Schnapper aus Wiedenbrück ausgerechnet gegen uns einmal mehr seinen Sahnetag erwischt. Es hatte also was von einem Handballspiel auf ein Tor, allein der erlösende Treffer blieb versagt. Chancen gab es einmal mehr als genug, und wenn es nach dem „Hafenstraßen-Roar“ gegangen wäre, hätte der Abschluss einfach und öfter aus der zweiten Reihe erfolgen sollen: Einfach mal auf das Tor schießen, anstatt bis in den Fünfer zu kombinieren.

Akustisch hat das echt was, wenn das ganze Stadion bei eigenem Ballgewinn aufschreit, dann in einem langgezogenen „Schiiiiießßßß“ verweilt um sich dann in einem lauten Stöhnen der vergebenen Torchance hinzugeben. Leider kann nun kein 0:11 und 0:0 in ein 0:10 und 1:0 umgewandelt werden. Schließlich ist auch die Regionalliga kein „Wünsch Dir was“, sondern immer noch ein „So isses“! Was aber Bestand hat, ist unsere Tabellenführung. Das wird bei einem torlosen Unentschieden und der damit oft geäußerten Enttäuschung gerne mal vergessen. Zudem haben sich die nachfolgenden Mannschaften glücklicherweise der Möglichkeit verweigert, sich unserem Kuschelverein punktuell anzunähern. Daher ist doch weiter alles gut. Außerdem werden die Zweitvertretungen aus Köln und Düsseldorf definitiv nicht unterschätzt. Kopf hoch und nach vorne schauen. Nicht immer nur das Schlechte im Heuhaufen Hafenstraße sehen und sich daran festbeißen. Das gilt auch für die Diskussion in Sachen Stimmung. Wem es zu leise ist: Mund auf. Das ist die einfachste aller Lösungen.

Ganz wichtig: Daniel Heber, dem wir alles alles Gute und rasche Genesung wünschen, ebenso wie Kevin Holzweiler und allen anderen im rot-weissen Lazarett natürlich auch, fällt bekanntermaßen aus. Das ist vor für Daniel Heber bitter, da sicher sehr schmerzhaft. Aber nicht für unseren RWE. Denn wir haben glücklicherweise Grillmeister „Herze“, nun wird er halt den Gegner abkochen. Und genau daraus nehme ich den Optimismus für diese Saison: Unser Kader passt. In der Tiefe, in seiner Spitze und vor allem in der Breite, womit nun alle Floskeln benannt wurden. Die kommenden rheinischen Momente sind allesamt Wundertüten, da Zweitvertretungen. Man weiß irgendwie nie, wen man als Gegner bekommt. Aber Manschetten? Um Himmels Willen, wir sind der amtierende Tabellenführer. Da ist die Brust mindestens so breit, wie die von Alexander Dolls. Also stimmen wir lauthals an: „Auswärtssiege, Auswärtssiege….“

Es sind 34 Spieltage bis Saisonende, wir haben einen vollen Tank, ein halbes Päckchen Zigaretten, es ist dunkel und wir tragen Sonnenbrillen.

Nun meinten Elwood und Jake Blues seinerzeit sicher nicht den langen Weg durch die diesjährige Regionalliga, sondern ihren Weg nach Chicago. Aber in etwa so könnte es sich doch zugetragen haben, die letzte Ansprache des Trainers vor dem gestrigen Spiel in Wiedenbrück. Vielleicht, oder sogar ziemlich sicher, war nicht die Rede von Zigaretten, Dunkelheit und Sonnenbrillen. Aber der RWE Tank, der war definitiv voll! Mannschaft und Fans mehr als breit. Bereit natürlich.

Obwohl noch lange nicht bereit für einen Stadionbesuch hat man durch Freunde und digitale Medien doch das Gefühl, so gut wie live vor Ort zu sein. So kribbelte es wie üblich schon Stunden vor Anpfiff, wusste man doch die ersten auf der Autobahn. Litt man mit denen, dessen Reifen platzte und freute sich über den Verein, der seinerseits sofort via besagte Medien einen Aufruf pro Ersatzbus startete. Der Bus kam und auch die Fans irgendwann somit an. Rund um das beschauliche Stadion in Wiedenbrück herrschte ein rot-weißes Gewusel. Gästeblock mit Stahl davor, so dick wie seinerzeit in Cloppenburg nebst entsprechend schlechter Sicht; Dixi Klos mit Szene Kleber und erste Bilder der Berichterstatter auf Twitter und im Liveticker.

Alles war also angerichtet für eine neue Saison, die uns einige Jahre vergessen machen möchte. In den letzten Wochen und Monaten haben wir immer wieder durch kurze Statements gehört, warum der RWE binnen drei Jahren aufzusteigen hat. Nicht, dass wir das nicht selbst wissen, schließlich ist unser Verein für uns schon immer erstklassig mindestens drittklassig. Aber es wurde jetzt wirklich langsam an der Zeit, dass die Spieler den Ball laufen und das Spiel für sich sprechen lassen. Um 14.00 Uhr gestern war es dann endlich soweit: der Anpfiff erfolgte und mit ihm begann eine ununterbrochene Unterstützung aus dem Lager der RWE Fans. So gut wie alle im Trikot; Fahnen, Luftballons, Konfetti und dergleichen in Vereinsfarben….ein herrlich friedliches „Chaos“, welches einen Hauch von Lateinamerikanischer Anarchie und (Fußball-) Leidenschaft vermittelte. Die Fotos sprechen für sich.

Was nun das Spiel anbelangt, so kann es dann doch nur in Bruchstücken verfolgt werden, die zudem aus kurzen, subjektiven Sätzen bestehen. Vielleicht trotzdem noch mit besserer „Sicht“ auf das Spiel, als bisweilen aus dem Gästeblock heraus.  Der RWE hinten stabil und mit guter Vorwärtsbewegung, ohne die traditionell kampfstarken Wiedenbrücker in Grund und Boden zu spielen. Wer das erwartet hatte, sollte seine Beziehung zum Fußball grundsätzlich einmal überdenken. All das gelesene trug aber zur Beruhigung bei, denn hier schien endlich wieder eine Mannschaft mit System (und in dem Bewusstsein der eigenen Stärke) für den weltbesten Verein auf dem Feld der Hoffnung zu stehen. In der 41. Minute war es dann Frank Löning, der zum 1:0 für den RWE traf. Der Gästeblock explodierte förmlich vor Freude.

Eines wurde jetzt auch schon am Ticker, Radio & Handy deutlich: In den letzten Jahren nahm die Angst mit jeder Spielminute zu, dass der Gegner irgendwann doch zum Ausgleich oder gar Siegestreffer kommen konnte, da unsere Mannschaft hinten in alle Einzelteile zerbrach und unsere Torhüter oftmals im Stich ließ. Das Gefühl mochte sich gestern einfach nicht einstellen, so sehr ich es auch schlicht aus Gewohnheit erwartete. Das Gegenteil war der Fall: Rot-Weiss Essen zauberte auch in Halbzeit zwei nicht den Schwanensee auf das grüne Geläuf, aber agierte konzentriert und als Mannschaft. Als dann noch Timo Brauer seinen Mitspieler Marcel Platzek mit den Worten „Mach Meter, mach Meter!“ anstachelt, so musste man unweigerlich an das legendäre „Quäl dich, du Sau!“ von Udo Bölts Richtung Jan EPO Ullrich denken. Marcel Platzek nahm sich der Worte an und rannte fortan wieder wie weiland Forrest Gump ohne Pause über das Feld. In der 66. Minute war es dann besagter Timo Brauer, welcher zur 2:0 Führung und Endstand traf. Der daraufhin folgende Jubelsturm war bis Nordhorn (der Wind stand günstig) zu hören und der Torschütze selbst wollte vor Freude fast durch den Gitterzaun rennen. Wahrscheinlich sind die Stäbe daher so dick.

Abpfiff! Die erste von 34 Etappen siegreich gestaltet. Und egal auf welches Foto und in welche rot-weiße Seele man auch im Anschluss schaute und immer noch schaut: Eine Mischung aus kaum mehr gekannter Freude und riesengroßer Erleichterung war überall zu sehen. Noch lange keine uneingeschränkte Glückseligkeit oder Euphorie; aber grundehrliche Freude über eine geschlossene Mannschaftsleistung. Rot-Weiss Essen und seine Fans haben sich einmal mehr wieder die Hände gereicht. Vielleicht lassen sie sich diese Saison endlich mal nicht mehr los, sondern marschieren Hand in Hand von Spiel zu Spiel. Und wenn es dann Rückschläge geben wird, dann hilft man sich halt gegenseitig aus dem Dreck. Eines haben Mannschaft, Trainerteam und Verein jetzt schon geschafft: Vorfreude auf das nächste Spiel zu schüren. Vorfreude und der RWE. Klingt noch zu gut um wahr zu sein.

Der schreckliche Sven

Aus dem Blickwinkel der Testspielgegner und deren Verantwortlichen betrachtet könnte der Verdacht naheliegen, als sei der schreckliche Sven über sie hergefallen. Zumindest suggeriert das Torverhältnis dieser Begegnungen überfallartigen Fußball. Nun wissen wir natürlich, dass Ergebnisse aus Testspielen in etwa einen ähnlichen Wert besitzen, wie die Punktevergabe beim Eurovision Song Contest oder diversen Werbeversprechen. Für den RWE und seine Angestellten in den kurzen Hosen dürften diese Erfolge trotzdem durchaus einen kleinen Hormonschub Richtung Selbstvertrauen gegeben haben (Der vergangenen Saison geschuldet).

Der Fokus solcher Spiele liegt auf den ganz speziellen Dingen und Erkenntnissen, die ein Trainerteam sich erhofft, erwartet und einstudiert sehen will. Aber wir wären nicht Rot-Weiss Essen, wenn auch Erfolge in Vorbereitungsspielen direkt  wieder die Nörgler auf den Plan rufen würde. Bisweilen wurden die Gegner für zu leicht befunden oder fehlte der ganz große Name. Vielleicht hätte uns ein Bundesligist die Tribünen voll gemacht, möglicherweise aber auch viele Tore zur Saisoneröffnung eingeschenkt; es wäre auch wieder der falsche Ansatz gewesen! Eigentlich jedoch war in jedem dieser Vorbereitungsspiele der große Name immer mit am Start: Rot-Weiss Essen, so lautet der große Name. Wir ziehen die Dinge jetzt einfach mal ganz anders auf, betrachten die Saison nicht mehr von allen Seiten, sondern lediglich aus rot weißer Sicht. Wir sind RWE!

Und so konnten sich die oft gescholtenen der letzten Jahre; die wohlwollend begrüßten Neuzugänge und ein herzlich empfangener Rückkehrer im positiven Sinne von Spiel zu Spiel kennenlernen. Die richtigen Laufwege bedarf es schließlich auch gegen eine Thekenmannschaft. Und wenn dann sogar noch gegen einen Zweitligaaufsteiger ein Erfolg nach beeindruckender Mannschaftsleistung herausspringt: Ja dann sind wir immer noch nicht direkt in der Relegation! Aber haben allesamt ein Stück Selbstwertgefühl zurückgewonnen, welches uns in den letzten Jahren sportlich Stück für Stück abhanden gekommen ist.

Da wir uns schon im Titel mit einer Figur aus „Wickie und die starken Männer“bedient haben, so mutet auch alles um die Mannschaft herum wie ein genialer Gedankenblitz des jungen Wickie an: Schon seit vergangenem Herbst wurde sich ständig unter die Nase gerieben, um schnell DIE Idee zu finden, wie man auch Essen wieder für den RWE begeistern kann und umgekehrt. Je mehr Hoch3 aktuell, desto größer auch Ahnung und Gewissheit, wie sehr vergangene Saison der drohende Abstieg als Zentnerlast auf den Schultern aller daran Beteiligten gelegen hat.

Eine Marketingleistung sondergleichen. Hier wurde leidenschaftliche Überzeugungsarbeit geleistet und umgesetzt. Und das Erstaunliche daran: Fans, Stadt, Mannschaft….alle scheinen die Marketingoffensive im Gleichschritt mit Leben zu füllen. Schon unglaublich, wie unsere große Liebe uns immer wieder auf das Neue enttäuschen kann. Sobald sie aber wieder das kleine Rote anzieht und mit ihren Reizen winkt, sind wir doch fast alle direkt wieder hin und weg von ihr. Es steht zu befürchten, dass diese Truppe hinter der Mannschaft selbst das goldene Blatt zu einem Lifestyle Magazin mit hoher Auflage unter Jugendlichen pushen könnte. Aber das ist ja zum Glück nicht unsere Baustelle.

Die nächste Baustelle aus sportlicher Sicht hingegen ist immer der nächste Spieltag. In diesem Falle der Erste! Saisonstart der Saison 2016/17 in Wiedenbrück beim dortigen Sportclub. Das Gästekontingent ist komplett ausverkauft, so dass sich am Sonntag die Rote Reisegruppe in großer Zahl gen Ostwestfalen auf den Weg macht. Allen gemeinsam der Wunsch, dass das kleine Pflänzchen Hoffnung nicht schon im ersten Spiel einen Dämpfer erleidet. Richtig geil wäre ja ein dreckiges 0:1 in der Nachspielzeit. Alles kegelt im Block durcheinander, die Mannschaft auf dem Zaun. Man darf ja mal träumen. Aber selbst, wenn es ganz anders kommen sollte: Bitte nicht gleich wieder alles verdammen.

Zuvor aber morgen noch die Vorstellung des neuen Brustsponsors, welcher uns dann optisch auf den Trikots durch die Saison begleiten, und demnächst sicher auch in vielen Kleiderschränken zu finden sein wird. Eine ziemlich spannende Angelegenheit also, die im Zuge von Hoch3 immer wieder zu interessanten Diskussionen im kleinen Kreis geführt hat. Zwischen einem „Big Player“ der Region oder Stauder für die Seele….so ziemlich alles ist in den Vorschlägen vertreten. Schön wäre ja durchaus auch ein Engagement der Zeitschrift 11Freunde. Man stelle sich einmal vor, Elf Spieler laufen mit 11Freunde auf der Brust auf. Welch eine Ansage für den Gegner. Natürlich gibt es die vielzitierten „Elf Freunde müsst ihr sein“ der Ära Sammy Drechsel nicht mehr. Eine Mannschaft umfasst natürlich mehr Spieler. Und es würde reichen, wenn sie alle zusammen endlich wieder eine richtige Mannschaft an der Hafenstraße bilden würden. Freunde, die zusammensteh`n, die finden sich dann schon zu Tausenden schnell wieder auf den Tribünen ein.

Die Saison kann beginnen und endlich kann dieses bisher so suboptimal gelaufene  Jahr 2016 zeigen, dass es auch gutes zu bieten hat. In Essen. An der Hafenstraße. Nur der RWE!

 

 

 

Der Hexenschuss für das Fußballherz.

Vorfreude ist ja die bekanntlich schönste Freude. So liegt es gerade auch im Naturell eines fast jeden Fußball Fans, sich allen Erfahrungen der Vorsaison zum Trotze doch wieder auf die neue Saison zu freuen. Man „betet“ sie förmlich herbei; zudem steigert eine halbwegs gelungene Vorbereitung Erwartung und Ungeduld. „Erwartung und Ungeduld“, eigentlich die optimalen Synonyme für den RWE Fan. Wer allerdings direkt mit Anpfiff der Saison eine perfekt geölte Systemmaschinerie erwartet, die auch noch innerhalb der neunzig Spielminuten variiert werden kann; der wird natürlich wieder schnell enttäuscht werden.

Mit dieser Erwartung ist heute wohl keiner der knapp über Neuntausend Fans an die Hafenstraße gepilgert, behaupte ich einfach mal. Wir haben nun wohl endgültig begriffen, dass erst etwas wachsen muss, bevor geerntet werden kann. Das Basismenü Regionalliga wurde also dieser Tage wirklich sehr wohlwollend bestellt. Das Trüffelschweinchen Fortuna essen wir dann erst nächste Woche. Lass deren Fans ruhig saufen. Essen ist immer noch der wahre Genuss. Wie dem auch sei, der Pokal tat heute kaum etwas zur Sache.

Aus Wiedenbrück kam heute kaum ein Fan mit an die Hafenstraße, der Fanbus wurde aufgrund der Urlaubszeit gecancelt. Irgendwie auch schon wieder sympathisch. Herrlich kommentiert übrigens am Pissoir, wo nicht nur die Dinge in die Hand genommen werden, sondern bisweilen auch der Flachs blüht: „Iss der Gästeblock voll, leck mich anne Socken“. Die Zeit der gemeinsamen Austreterei war übrigens ca. nach dreißig gespielten Minuten. Es stand noch 0:0, der RWE hatte scheinbar das Spiel im Griff, erste Ansätze einer neuen Spielphilosophie waren zu erkennen, wobei die Mannschaftsaufstellung durchaus überraschte. Noch mehr jedoch die Namen derer, die heute nicht einmal dem Kader angehörten. Einem Marc Fascher hätte man dafür noch vor Anpfiff direkt seine Taxofit Kappe verkehrt herum auf den Kopf getackert. Verbal natürlich.

Die Abwehr stand aber solide, der Einsatz war wie eigentlich immer schon nicht zu bemängeln. Bis zur 44. Spielminute schien es also nur eine Frage der Zeit, wann der Führungstreffer fallen würde. Die Fans auf den Tribünen recht launig, und im übrigen auch wieder mit koordinierter Unterstützung. Der Sozialromantiker in mir freute sich sehr, dass es scheinbar auf vielen Ebenen positive Ansätze gegeben hat, die wieder zu einer gemeinsamen Unterstützung für diesen Verein, den wir alle so sehr lieben, geführt haben. Danke dafür! Ganz gelegentlich ist einem Wiedenbrücker Spieler vor Schreck der Ball über den Spann gerutscht, als es plötzlich von allen drei Tribünen schallte.

Die 44. Minute also: Wendepunkt kurz vor der Halbzeit. Jeffrey Obst machte bei seinem Gegenspieler wohl Fruchtfliegen aus und wollte sich dessen erwehren. Jener sank also dahin und eine rote Karte war die Folge. Folgerichtig übrigens, denn schon der Versuch ist strafbar. Eine dumme Aktion, die nachhaltig der Mannschaft geschadet hat, musste sie doch in der Folge eine komplette Halbzeit mit einem Mann weniger auskommen. Glücklicherweise schienen die Wiedenbrücker aber gar nicht mitbekommen zu haben, dass sie einen Mann mehr auf dem Feld waren; machte doch der RWE weiter das Spiel und grätschte sich mitunter in den Szenenapplaus. Es gab auch die ein- oder andere Torchance. Ungenutzt leider.

Dann kamen aber die letzten Minuten, endlich hatten die Ostwestfalen ihre Gegenspieler durchgezählt und festgestellt, dass mit numerischer Überlegenheit auch mal ein blitzsauberer Konter gefahren werden kann. Tenor: Fußball kann so einfach sein. Fußball war dann noch einmal einfach und sogar noch ein drittes Mal. Endstand 0:3 also und es gab das, womit bei aller Bescheidenheit kaum einer in dieser Form gerechnet hatte: Einen Fehlstart! Untermalt von einer überflüssigen roten Karte nebst sicher längerer Sperre. Da hilft auch der neue Hardcore Stehbereich inklusive Flatrate nicht weiter.

Ein wenig Schockstarre machte sich breit. Keine Häme zum Glück, keine vulgären Reflexe. Es gab sogar zaghaften Applaus für eine Niederlage trotz engagierter Vorstellung, die so nicht wirklich zu erklären ist. Die Niederlage jetzt. Und noch weniger zu begreifen. Ist nun mal passiert. Ich glaube, dass des Trainerteam aus diesem Spiel seine richtigen Konsequenzen ziehen wird. Und nein, sicher werden wir nicht, wie nun bisweilen in den sozialen Medien befürchtet, 0:9 gegen Fortuna Düsseldorf untergehen. Sie sollen hart an uns zu knabbern haben. Und dann geht es weiter. Immer weiter. Isso!