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La Familia.

Tabellenletzter nach vier Spieltagen in unserer neuen Bude 3. Liga! Die aktuelle Situation komplett neu nach einigen Jahren diverser Punkterekorde und epischen Titelkämpfen. Sie wirkt allein dadurch schon komplett befremdlich, war so auch nicht geplant und überfordert uns fast in Gänze, einen zielführenden Umgang damit zu finden. Und das, obwohl wir doch alle wussten, höherklassig mit einigen bis vielen Niederlagen rechnen zu müssen. Alle anderen Mannschaften sind schließlich unsere Gegner und nicht umsonst im Profifußball zuhause. Für die ist das komplett egal, wie sehr man uns endlich wieder herbeigesehnt hat und wie viele Artikel sich vor Saisonbeginn lobpreisend mit Rot-Weiss Essen beschäftigt haben.

Das die Artikel aber allesamt nicht zu Unrecht aufgesetzt und veröffentlicht wurden, definiert sich ja nicht nur über den aktuellen Tabellenplatz. Man könnte es auch an einer ganz anderen Beobachtung festmachen: Das Spiel unseres RWE bei der Zwoten von Borussia Dortmund hatte etwas von einem gigantischen Familienausflug! Die Liebe zu Rot-Weiss Essen definiert sich also weiterhin nicht allein über sportlichen Erfolg. Sie ist vielmehr der Staffelstab von Generation zu Generation. Unglaublich viele Jungs und Mädchen haben Rot-Weiss Essen an der Seite ihrer Eltern, Verwandten, Geschwister oder wen auch immer in das Westfalenstadion begleitet. Und genau das ist auch der Grund dafür, dass Rot-Weiss Essen einfach nicht unterzukriegen ist, der aktuellen sportlichen Situation zum Trotze.

Und ich bin optimistisch, dass diese vielen jungen Fans auch nach Niederlagen einen anderen Zugang zum Netz finden werden, anstatt dieses dafür zu nutzen, unter der Gürtellinie und bisweilen hemmungslos zu beleidigen. Ein leider nicht geringer Anteil älterer Generationen vergisst nach Niederlagen bisweilen den Anstand und sieht das Internet eher als kompensatorische Plattform für eigene Unzulänglichkeiten. Nur weil ich am Rechner oder Handy irgendwelche Beleidigungen in Kommentarspalten reinhacke, oder gar als private Nachricht verfasse: Es ändert sich dadurch auch nichts am Punktestand. Und wer sich danach besser oder cool fühlt, der wird im realen Leben sowieso niemals was gewinnen.

Es bedarf vielleicht eines grundsätzlich neuen Umgangs mit den sozialen Medien. Solange die Kommentarspalten geöffnet bleiben, wird die Reaktion immer in alle Extreme ausschlagen. Als Verein kannst Du es Dir natürlich nicht mehr leisten, keine Internetpräsenz zu zeigen, sondern musst mittlerweile viele Plattformen bespielen, um möglichst viele Fans mit Deinem Output zu erreichen. Das bedeutet schließlich nicht nur Raum für Aktualität, sondern in hohem Maße auch jede Menge Möglichkeiten zur Werbung in eigener Sache. Man will die Fans also erreichen und tut das auch. Doch dabei kommt es leider immer wieder je nach Spielausgang oder grundsätzlichen Inhalten zu Reaktionen, die schwer verdaulich sind, einfach nur stumpfe Beleidigungen oder fast schon einen Strafbestand beinhalten. Das Schlimme daran: Man kann sich als Verein (zurecht) daran aufreiben und auch anprangern. Man verschließt sich aber möglicherweise auch der konstruktiven Kritik, die vielleicht überlesen wird.

Ein ganz schwieriges Feld also, welches man da tagtäglich vorfindet. Schließt man die Kommentarspalten, unterbindet man den Diskurs mit den Fans. Lässt man sie offen, könnte man den Verfasser, die Verfasserin direkt blockieren, wenn gegen die Netiquette verstoßen wird. Aber wer soll das bewerkstelligen? Es ist schwierig und wird es wohl leider auch noch einige Zeit bleiben, bis eben nachfolgende Fangenerationen den von mir erhofften respektvolleren Weg im Umgang mit sozialen Medien pflegen, da von Kindesbeinen damit aufgewachsen. Aktuell würde ich mir von Rot-Weiss Essen wünschen, diese Kommentare nicht zum Gegenstand des Tagesgeschehens zu machen. Man kann keinen Faktencheck für jedes überhitzte Fangerücht leisten. Lasst die Kommentare ins Leere laufen, lest sie gar nicht erst. Wer sich mit irgendwelchen Angeblichkeiten wichtig tun will: So what? Ich wünsche mir, dass kein Spieler, Trainer oder Mitarbeiter*Innen jemals wieder einen eigenen Account löschen muss, nur weil man darüber persönlich beleidigend angegangen wird. Das geht gar nicht. Niemals! Und wenn der aktuelle Punkt der einzige bis Saisonende bleiben sollte! Die Familie Rot-Weiss hat sicher viele Subkulturen unterschiedlichster Prägung, aber in diesem Punkt sollten wir uns einig sein!

Zurück zum Familienausflug nach Dortmund: Die ganze Familie war also einmal mehr beisammen, auch wenn der Weg ins Stadion selbst aus dem nahen Essen bisweilen ein ganz weiter werden sollte, wie in der Halbzeitpause zu erfahren war. Die Bahn machte es einmal mehr möglich! Das Westfalenstadion ein durchaus beeindruckendes Stadion mit einem Schattenwurf, der den Stehplatzbereich der Gästefans komplett zu missachten wusste. Und so lieferten die dort stehenden Fans des RWE in der prallen Sonne über die gesamte Spielzeit und weit darüber hinaus schweißtreibende Maloche ab. Viel Wasser, weniger Bier das Getränk der Stunde dort. Im Kuchenstück Oberrang/Ecke hingegen war es zwar schattig, doch staute sich die Hitze dort, so dass die Melange aus stickiger Luft, Bierdunst etc. eine ganz andere Anforderung darstellte.

Auch unsere Spieler stellten sich den Anforderungen des Spiels und der Temperaturen und zeigten sich dem Vernehmen taktisch versierter Fans nach deutlich verbessert, im Gegensatz zu den Spielen davor. Eine homogene Mannschaft suche ich leider noch vergebens. Der Einsatz einmal mehr makellos gab es auch die besseren Chancen für unseren RWE, doch das Tor des Tages erzielte nun mal der BVB. Nach dem Spiel zeigte sich dann recht deutlich, dass wir eigentlich gar nicht so richtig wissen, wohin gerade mit uns und unseren Emotionen. Während „unten“ unisono lautstarke Aufmunterung gespendet wurde, gab es „oben“ glücklicherweise keine verbalen Entgleisungen a`la Kommentarspalte, aber es herrschte schon eine große Enttäuschung vor.

Ich urteile nun nicht nach taktischen Systemen, maße mir das auch gar nicht an, denn die Umstellungen kann ich schlicht auch nicht immer direkt erkennen. Ich erlebe Spiele sicher anders als der Fachmann oder die Fachfrau. Und schon gar nicht jage ich jedes Spielergesicht nach Auswechslung direkt durch den Gesichtsscanner oder dergleichen. Für mich ist ein Fußballspiel wie eine filmische Handlung, die ich stets mit allen Sinnen und Emotionen durchlebe. Alles in allem war es vergangenen Samstag in Dortmund somit eine intensive Folge der neuen RWE Serie „3. Liga“. Vielleicht kommt nun ausgerechnet gegen den Tabellenzweiten aus Ingolstadt die erhoffte, bisher beste Folge der neuen Staffel. Gerne auch mit den Fahnengirls. Wir müssen uns ja nicht jeder lieb gewonnenen Tradition länger entledigen als notwendig, nur um modern zu sein. Und dann, ja dann dürfen wir endlich raus aus NRW. Den weiten Weg über die Landesgrenze hinaus nach so langer Zeit fährt es sich sicher leichter mit vier Punkte. Man hat ja schließlich auch seine Erwartungen an so eine Serie.

Sehr respektvoll.

Zuallererst, das gebietet die sportliche Fairness: Glückwunsch der zweiten Profimannschaft von Borussia Dortmund zur Meisterschaft und den damit verbundenen Aufstieg. Viele Vereine und Fans der dritten Bundesliga freuen sich nun schon unbändig darauf, in der Roten Erde antreten zu dürfen. Oder in Brackel. Im Westfalenstadion oder der Glückauf-Kampfbahn. Das entscheidet sich in Dortmund ja schon mal spontan, je nach Windrichtung oder Luftfeuchtigkeit.

Wer mit Abpfiff der Saison drei Punkte mehr auf dem Konto hat als der Zweite, der ist nun mal verdientermaßen Erster. Daran gibt es arithmetisch auch nichts zu rütteln, das ist und bleibt zunächst Fakt. Unsere Mannschaft hat sich in der Saison ihres Lebens leider den einen kleinen Wackler mehr erlaubt als der Konkurrent in diesem unglaublichen Rennen. Man fühlte sich einmal mehr an den spektakulären Titelkampf zwischen Manchester City und den Reds in der Saison 2018/19 erinnert. 

Die Geschehnisse rund um den letzten Spieltag waren gefühlt auch die endgültige Rückkehr der Fans an die Hafenstraße. Die Emotionen ließen sich nicht mehr aufhalten. Viele Fans mussten wenigstens bei Abfahrt unserer Mannschaft mit auf den Weg zu geben, dass wir immer wieder von der Ruhr bis an die Elbe an sie glauben. Ließ es die Pandemie seit Monaten nicht zu, haben die Spieler spätestens da noch mal vor Augen geführt bekommen, was es bedeutet, ein Teil von Rot-Weiss Essen zu sein. Wir sind in unserer Intensität und Anzahl eigentlich komplett losgekoppelt und spielen seit jeher in unserer eigenen Liga. Während des Spiels gab es diesen beeindruckenden Moment am Bildschirm, als plötzlich im Hintergrund viele rot-weisse Fahnen zu sehen waren und ein regelrechter Marsch hinter dem Stadionzaun stattfand. Wohl auch einer klugen und emphatischen Einsatzleitung war es zu verdanken, dass unsere Mannschaft wenigstens aus einer Ecke lautstarke Unterstützung erfahren durfte.

Der aktuelle Beziehungsstatus zwischen Mannschaft und Fans trotz Nichtaufstieg konnte direkt nach Schlusspfiff in Wegberg-Beeck und bei der Ankunft an der Hafenstraße beobachtet werden: Da ist gerade nichts kompliziert, das ist eine harmonische Beziehung. Wir sind stolz auf unsere Mannschaft! Alles blieb friedlich, keine Schlagzeilen für wen auch immer produziert. Die negativen Schlagzeilen an diesem Tag produzierte höchstens die Mannschaft aus Dortmund. Na klar, junge Leute, Meisterschaft, Adrenalin und endlich Party: Aber bekommt irgendjemand aus dem Umfeld dieser Mannschaft überhaupt noch mit, was da läuft? Sonst hätte es doch jemand gegeben, der verhindert hätte, den Konkurrenten auch noch mittels Kabinenparty zu verhöhnen. Und glaubt ein Lars Ricken ernsthaft an das, was er im Anschluss formulierte? Wir sind pro forma eine Profiliga, aber die Mannschaft aus Dortmund holt den Titel ohne Profis. Vielleicht hätte er sich vorher mal auf Transfermarkt informieren sollen, was seine Mannschaft überhaupt wert ist. Die Spieler sind nicht schon als Neunjährige gemeinsam mit dem Rad zum Training gefahren, wie er vielleicht glaubt.

Was den Einspruch angeht, verstehe ich die Aufregung allerorten nicht, dass es nun ein unsportliches Ende nehmen könnte. Wenn der BVB regelwidrig gehandelt hat, dann wurde während der Saison unsportlich gehandelt. Ist das etwas weniger unsportlich? Der Einspruch gehört also maximal untersucht. Ich erwarte nun nichts weniger vom WDFV, als dass dieser einmal die vielzitierten Hühnererzeugnisse zeigt und unverzüglich klare Kante gegen den Mogul von der Strobellallee an den Tag legt, sollte etwas nicht korrekt gelaufen sein. Auch wenn das vielleicht die ein oder andere Einladung in den Kuchenblock der Ersten bei Spielen gegen Leipzig oder Hoffenheim kosten könnte. 

„Denk immer daran: Ein Verein, der Freunde hat, ist nie ein Versager!“

So (oder so ähnlich) sprach Clarence, seines Zeichens Engel Zweiter Klasse in Frank Capras Klassiker „Ist das Leben nicht schön!“ zu dem verzweifelten George Bailey, der seinen Aufstiegsmut nach Köln verloren hatte und sich schon in die renaturierte Berne zu stürzen drohte. Natürlich wissen wir, dass dieser Klassiker aus dem Jahre 1946 ein gutes Ende nahm und der junge James Stewart auch nur zufällig und ganz entfernt dem nicht mehr ganz so jungem Marcus Uhlig ähnelte.

Was hat das nun mit dem heutigen letzten Spieltag zu tun? Ganz viel! Außerdem muss man ja einmal mehr an eine Überschrift kommen und deren Ursprung dann wenigstens kurz erklären. George Bailey also hat in diesem wundervollen Film als Prototyp „kleiner Mann“ gearbeitet und gehofft! Zwischendurch nicht mehr an sich geglaubt und wurde dadurch quasi an die Hand genommen. So konnte er am Ende erfahren, dass es die Freunde sind, die das Leben nicht nur lebenswert machen, sondern auch niemals verzagen lassen.

Rot-Weiss Essen hat viele Freunde. Und alle hoffen mit unserer Mannschaft, dass wir den so lang ersehnten Sprung in die Drittklassigkeit am finalen Spieltag dieser so surrealen Saison schaffen werden. Dass es dazu ausgerechnet der Schützenhilfe aus Wuppertal bedarf, ist einfach der Tatsache Spielplanung geschuldet. Daran hat weder „Clarence“ noch sonst wer gedreht. Und man sollte die Rivalität manchmal auch nicht überbewerten. So ziemlich alle anderen Vereine wollen unsere Rivalen sein. Derbygegner, Traditionsduellist, oder was auch immer! Und so ziemlich jeder wurde mittlerweile dazu befragt. Ich warte jetzt noch auf ein Interview mit dem Grotifanten, ob er sich von Anbetracht der gleichen Vereinsfarben in die Wuppertaler Gefühlswelt hineinversetzen kann. Übrigens: Willi Lippens und Otto Rehhagel wurden noch nicht befragt. Das kann eigentlich auch nur ein Versehen sein. Aber vielleicht kommt das noch in Verbindung mit der Echtzeit-Homestory über Kevin Großkreutz vor dem Livestream von Sporttotal.

Es ist mittlerweile auf Essener Seite ein kollektives Kribbeln zu spüren, welches in jüngerer Vergangenheit dass letzte Mal vor dem Aufstiegsspiel in Siegen zu erleben war. Und das, obwohl sich die sportliche Konstellation damals um einiges einfacher für unseren RWE gestaltet hat. Das heutige Kribbeln ist jetzt aber keine Überheblichkeit oder Phantasterei: Es ist eher dem Wissen um die Stärke unserer Mannschaft in Verbindung mit dem Wahnsinn Pandemie unter Hinzunahme eines guten Schusses Fußballgott geschuldet. Wird das Ganze dann mit einer gehörigen Portion Sehnsucht angereichert, bekommt man halt diesen (mittlerweile wieder) unerschütterlichen Glauben an das Wunder von (der) Bern(e).

In einigen Stunden nun fährt der komplette Tross RWE Richtung abgeriegeltes Wegberg-Beeck los. Allen Anschein nach gebührend verabschiedet. Der Aufruf dazu ein optisches Lehrstück, wie man aktuelle Vorgaben einfordert, ohne den Kern der (Fan-)Sache aus den Augen zu verlieren. Also schreit den Bus Richtung Autobahn, aber haltet Euch bitte an die drei Vorgaben auf dem Aufruf.

Und wie startet man sonst in diesen so entscheidenden Tag? ich befürchte, die Frage lässt sich in vielen RWE-nahen Haushalten gar nicht so leicht beantworten. In nicht wenigen Fällen dürfte es schließlich kaum eine erholsame Nacht gegeben haben, die diese Bezeichnung auch nur annähernd verdient. Wir alle malen uns doch schon seit Tagen aus, was diese finalen Spiele mit uns veranstalten werden. Da fällt ziemlich sicher das ein oder andere gesunde Frühstück aus, um direkt mit der Gerstenkaltschale zu starten. Weitere Optionen: Der Appetit fällt vor lauter Anspannung komplett in sich zusammen und macht sich erst nach Schlusspfiff bemerkbar. Oder man nimmt vor lauter Stress alles zu sich, was der Kühlschrank irgendwie hergibt. Bluthochdruck Patienten sollten unbedingt ihre Tablette nicht vergessen und das WLAN Kabel sollte angeschlossen sein. Das Umfeld zudem darüber informiert werden, dass man zwischen 14:00 und 15:55 Uhr nicht gestört werden darf. Wir sind schließlich in der wichtigsten Mission seit 2008 unterwegs.

Schon jetzt wird diese Saison ein Klassiker in den rot-weissen Annalen werden. Alles anders als sonst. Träumen bis zum Schluss! Hoffnung und der RWE: Haben wir uns sonst Jahr für Jahr schon im Spätherbst beständig voneinander getrennt, spielen wir diese Saison nun schon so lange zusammen, so dass man fast von einer richtigen Beziehung sprechen kann. Das macht Spaß, hat uns endlich wieder den Kopf oben tragen lassen. Und normalerweise würde es auch gerade aus Richtung Dortmund sicher jede Menge Zuspruch in unsere Richtung geben. Wenn man nicht gerade selbst seine „Zwote“ von der Kette gelassen hätte, damit um jeden Preis die Drittklassigkeit gestürmt wird. Braucht man ja auch unbedingt, wenn man selbst mit der Ersten nicht so ganz schlecht in der Bundesliga unterwegs ist. Alles sportlich platt machen, was der eigenen AG im Wege steht.

Aber egal wie es nun heute ausgehen wird: Rot-Weiss Essen wird niemals ein Versager sein, dass Wort möchte ich im Anschluss nirgendwo in Zusammenhang mit unserer Mannschaft lesen! Dafür haben wir zu viele Freunde und geben uns gegenseitig Halt. Zwischen himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt oder fassungslos ob des tatsächlich nötigen Entscheidungsspiels wird es ab ca. 15:55 Uhr kaum mehr andere Facetten geben. Wir sollten daher vorab dieser Dortmunder Mannschaft Respekt zollen für eine ebenfalls bärenstarke Saison. Rein sportlich beurteilt natürlich, denn es gilt weiterhin folgende Prämisse: Ist reglementarisch etwas nicht sauber gelaufen, so wird es an den Tag kommen und anschließend beurteilt werden!

So, und nun? Trikot an, sich von Tommy Jockschies Zeilen auf das Spiel einschwören lassen und darauf hoffen, dass es heute Abend nur zu positiven Schlagzeilen rund um die Hafenstraße kommen wird und alle eine positive Bilanz ziehen können. Und dann schlafen wir nach Wochen endlich mal wieder durch.

Don’t Stop Believin’

Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück!

Hajo Sommer fragt sich: „Wo ist hier die Fairness“ geblieben? Ich sach ja immer schon, der Kleeblatt-Hajo ist ein guter Typ! Schließlich fragen wir uns schon seit geraumer Zeit, wo rund um das Gewese der Dortmunder Zweitvertretung die sportliche Fairness und die Chancengleichheit für alle geblieben ist. Wahrscheinlich war jetzt aber weniger der BVB über die gesamte Saison hinweg, als der aktuelle Einspruch unseres RWE gemeint. Die Frage seinerseits trotzdem ein schöner rhetorischer Aufhänger, um einmal mehr auf den aktuellen Grund der Einsprüche gegen diverse Spielwertungen hinzuweisen.

Für die Fans anderer Vereine an dieser Stelle noch einmal der Hinweis darauf, dass wir um unseren eigenen Punkte- und Tabellenstand wissen. Diese Einsprüche sind nicht das Hintertürchen für den Fall, dass es sportlich kommenden Samstag nicht reichen könnte! Diese Einsprüche basieren auf der Erkenntnis, dass etwas nicht rechtmäßig gelaufen sein könnte. Und da ist es nicht mehr aber vor allem auch nicht weniger die Pflicht des Vereins, dieses „anzuzeigen“. Geradezu fahrlässig wäre es, dieses nicht zu tun. Aber natürlich macht es ja auch sportliche Rivalität aus, sich nun darüber zu kabbeln.

Unser aktuell zuständiger Verband lässt uns alle nun wissen, dass der Meister direkt im Anschluss des letzten Spieltages nicht gekürt werden kann. Bedauert es geradezu. Ich würde an Verbandsstelle eher bedauern, dass es möglicherweise zu Unregelmäßigkeiten im Spielbetrieb gekommen ist und eher diesen Umstand in den Fokus rücken mit der glasklaren Absicht, Aufklärung zu leisten. Aber nein, eine gerade Linie pssst einfach nicht in die Statuten des WDFV. Vielleicht muss man aber auch erst einmal intern klären, welche Auswirkung Ermittlungen gegen die Zwote des BVB auf die zukünftige Akzeptanz durch Aki & Co. haben könnte. So als Funktionär hat man es auch wirklich schwer.

Der ganze Spannungsbogen rund um diesen letzten Spieltag wurde also um mehr als eine weitere Drehung angezogen. So richtig schlafen kann von uns doch schon seit Wochen keiner mehr. Die nahende EM wird gefühlt nicht einmal aus den Augenwinkeln wahrgenommen: Ob es bei Jogi „müllert“ oder in Gelsenkirchen gerade ein Sack Königsblau umfällt, alles egal. Es zählt einzig und alleine der RWE! Wir erleben gerade diese eine Saison, die scheinbar niemals zu enden droht. Eine Saison, die mittlerweile auch in einem finalen Duell am berühmten O.K. Corral in Tombstone, Arizona münden könnte. Oder als Wrestling Storyboard durchchoreografiert wird.

Irgendwo zwischen all den, sich ständig erneuernden, Nachrichten stecken auch mindestens die Spieler aus Essen, Dortmund, Wuppertal und Wegberg-Beeck. Und es wird sie alle sicher nicht kalt lassen, was da alles so geschrieben steht. Es wird also in unserem Fall einmal mehr auf das bisher so gute Gespür des Trainerteams rund um Christian Neidhart ankommen, die Köpfe für das letzte Auswärtsspiel der Saison freizubekommen. Einmal mehr müssen wir gewinnen. Aber diesen Druck kennen unsere Spiele ja schon zur Genüge, dass dürfte jetzt auch kein Problem für Samstag darstellen.

Ich glaube fest daran, dass wir die aufregendste Titelhatz seit Liverpool & Man City schon Samstag sportlich für uns entscheiden werden. Rot-Weiss Essen hat in dieser Saison so viele Unwägbarkeiten erlebt und bewältigt, schwimmt ständig gegen den Strom und hat sich die ein- oder andere Beule abgeholt. Immer im Fokus gearbeitet. Deshalb:

Diesmal sind wir einfach dran!

Relight „Mai“ Fire

Auch im Wonnemonat Mai ist immer noch nicht alles vorbei. Das kann man fast gar nicht fassen, dass es immer noch weiter geht mit unser aller Hoffnung, der Regionalliga endlich den Rücken zu kehren. Unverzüglich würde man das am liebsten tun. Das „Unverzüglich“ in der Regionalliga West unter seinem aktuellen Staffelleiter Wolfgang Jades jedoch anders zu bewerten ist als vielleicht noch 1989 durch Günter Schabowski, dass haben wir in den vergangenen Tagen lernen dürfen. „Gemach, gemach“ hier das Gebot der Stunde durch Wolfgang Jades. Wie dehnbar der Begriff „Unverzüglich“ nun tatsächlich umzusetzen ist, erlaubt er sich selbst zu definieren. Gut, dass Günter Schabowski dass nicht mehr miterleben muss. Zu gerne hätte er seine eigene Ratlosigkeit auf der legendären Pressekonferenz ebenfalls in selbstherrliche Chuzpe umgewandelt und den Mauerfall anderweitig terminiert.

In der Causa Dortmund und Corona blickt man ja so wirklich als Außenstehender nicht mehr durch. Und genau so soll es aus Sicht der dortigen Verantwortlichen wohl scheinbar auch sein. Aber auch hier, und noch einmal ganz deutlich für den missgelaunten Manager Ingo Preuß: Gute Besserung den erkrankten Spielern! Das steht über allem! Macht es in der Sache aber nicht besser, da man das Gefühl hat, in der Dortmunder Kommandozentrale werden einige Spieler zwischen den beiden Mannschaften hin- und hergeschoben, so dass es für kommende Zeitschienen passend gemacht wird. Ich glaube nicht, dass man freiwillig die Spielausfälle mit eingeplant hat, denn bei einem Erfolg in Rödinghausen und zeitgleicher Niederlage unserer Roten am Zoo wären sie dem Aufstieg dann doch ein gutes Stück näher gekommen. Man hat aber nun den Umstand genutzt, sich möglicherweise hintenraus einen (Kader-)Vorteil zu verschaffen. Es bleibt spannend und wir schauen mal, wie als Nächstes nun der Begriff „Saisonende“ durch Herrn Jades definiert wird.

Somit blieb es aus Essener Sicht bei einem relevanten Spiel an diesem Spieltag. Was sicher für die mittlerweile mehr als strapazierten Nerven nicht von Nachteil war. Zwei Spielen zeitgleich zu folgen, wenn schon das eigene von Woche zu Woche immer mehr überfordert, je näher es dem finalen Spieltag entgegengeht: Das kann doch keiner wollen. Der Hausarzt schon mal gar nicht.

Übrigens: In Zeiten von glattgebügelten Stadien ist das Stadion am Zoo zu Wuppertal trotz einiger Umbauten speziell auf der Gegengeraden immer noch ein herrliches Relikt aus vergangenen Zeiten und gehört auch dort eigentlich unter Denkmalschutz gestellt. Das fällt besonders auf, sind keine Zuschauer vor Ort. Die Anordnung der Blöcke, die nachträglich und schief angebrachten Sitzreihen unten. Die verwitterten und unbenutzten Stehränge über den noch nicht ganz verwitterten und benutzten Stehrängen. Diese Menge an unnützen Gittern….das alles hat durchaus Charme, muss ich zugeben. Den Blick darauf ermöglichte eine ziemlich interessante Kameraperspektive, die diesmal das Spielfeld raumgreifend zu erfassen wusste. Wähnte man sich in Straelen noch auf Höhe Grasnarbe, wurde man diesmal Teil der platzbeherrschenden Mannschaft aus Essen. Unbedingt in der ersten Halbzeit. In der zweiten Halbzeit hat sich dann der WSV daran erinnert, dass es für sie immer das Spiel des Jahres ist und entsprechend Druck gemacht.

Die Gefühlslage vor dem Monitor entsprechend: Vorher arg nervös wandelte sich die Gefühlslage in den ersten fünfundvierzig Minuten fast in Überheblichkeit ob der spielerischen Überlegenheit unserer Mannschaft. Und so ging man die zweite Halbzeit dann relativ entspannt an, um kurz darauf wieder hektisch mit dem Stuhl hin- und her zu rollen, unruhig auf den Schreibtisch zu klopfen und gelegentlich nicht mehr hinschauen zu können. Der Hund hatte sich schon zu Frauchen nach nebenan verzogen, das war ihm zuviel der Unruhe. Irgendwann fingen sich unsere Jungs wieder, machten es aber bis kurz vor Schluss spannend, ehe endlich das erlösende 2:0 fiel. Begleitet durch einen Freudenschrei, der nebenan fast Gattin vor Schreck vom Sofa plumpsen ließ. Blöd nur, dass zeitnah im Gegenzug der Tupperwaler Anschlusstreffer fiel. Atemlose Stille übernahm wieder bis zum erlösenden Abpfiff.

Also mal ganz ehrlich: Ich hatte heute eine Niederlage befürchtet und mich auf die genußvolle Aufarbeitung all derer gefreut, die uns nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnen. Geschweige denn den Aufstieg. Die Mannschaft hat mich/uns einmal mehr des Besseren belehrt.

Das sind schon mentale „Monster“, die diese Saison in unseren Farben auflaufen. Es ist ja nicht nur das Theater aus Dortmund, was aktuell auf der Bühne Regionalliga gespielt wird. Es dürfte auch das Thema Kaderplanung kommende Saison sein, was die Spieler beschäftigt. Es geht schließlich um nichts anderes als ihre berufliche Zukunft. Dann diese immer gern zur Unzeit gestreuten Spitzen aus dem Hause RS. Vor allem aber die Erwartungshaltung von uns vielen zigtausenden RWE-Fans, dass jedes, aber wirklich jedes Spiel gewonnen werden muss! Am liebsten mit 8:0. Daran sind schon viele gute Mannschaften zerbrochen. Unsere hingegen macht unverdrossen weiter. Und nach so einer Woche unter Hinzunahme unserer absolut bescheidenen Bilanz in Wuppertal ist ein 2:1 Erfolg dort allererste Sahne. Was da spielerisch auf den Platz gebracht wurde, vor allem in der ersten Halbzeit, dass war beeindruckend. Genauso aber auch der leidenschaftliche und vereinte Abwehrkampf, als man zwischenzeitlich, und wie erwähnt, unter Druck geriet.

Da ist der gelegentliche Verweis in den Kommentaren auf das Verpassen eines höheren Sieges fast schon anmaßend, auch wenn die Chancen dafür natürlich da waren. Scheinbar sind wir von den Heimspielen schon zu sehr verwöhnt und erwarten mittlerweile immer mindestens eine „quattro stagioni“. Außerdem könnte man so langsam damit aufhören, immer auf das Doppelpack Ahlen & Oberhausen zu verweisen. Man kann es nicht mehr ändern. Das Ahlen Spiel war der nicht erklärbare Auftritt einer Mannschaft, wie ihn wohl jede Sportmannschaft einmal in einer Saison erlebt. Außer man kommt aus Gelsenkirchen, da haste diese Grütze Woche für Woche.

Ahlen war schlecht, aber die Lehren aus Ahlen waren dafür umso besser. Da hat sich eine Mannschaft selbst aus dem vielzitierten Sumpf gezogen und direkt wieder zu dieser Mannschaft „geschüttelt“, die uns auch in Wuppertal einen weiteren Auswärtssieg beschert hat. Last uns nicht mehr auf diesem Spiel herumreiten. Wir erleben die beste Mannschaft seit vielen Jahren, den besten Fußball seit noch viel mehr Jahren. Und wir werden aufsteigen.

Das Foto.

Die Berufsbekleidung des Fußballers ist sein Trikot. Natürlich gehören auch noch die anderen Dinge wie passende Hose, das Paar Stutzen und jede Menge atmungsaktives Zeugs in lang oder kurz, je nach Witterung, dazu. Nicht zu vergessen natürlich die Fußballschuhe. Das Trikot jedoch ist das Stück Stoff (Polyester), welches die so ziemlich emotionalste Verbindung zwischen Fan und Verein darstellt. Genaugenommen erst, seit es die Möglichkeit gibt, Trikots auch käuflich zu erwerben. Ganz früher, wir hatten ja nichts anderes, war die selbstgenähte Fahne und der selbst gestrickte Strickschal in den Vereinsfarben das Nonplusultra. Den passenden Wimpel dazu konnte man oft auf der Kirmes, am Schießstand treffend, bekommen.

Das Trikot heutiger Tage kommt im Stadion auf den Rängen vorzugsweise in den warmen Monaten des Jahres zur Geltung. Interessante Details inklusive: Manchmal stellt es eine spannende Beziehung zwischen Textil und Bauch dar. Zudem unterscheidet der Schnitt nicht zwischen den Geschlechtern: Ein Trikot kleidet den Fan jeden Geschlechts stets mit Stolz und Hingabe. Egal wie es dann sitzt! Oftmals ist die Frage des neuen Trikots für die kommende Saison wichtiger als die eines weiteren Spielers. Die Präsentation der neuen Spielkleidung hat schon so manch Vorfreude getrübt.

Solch ein Trikot hat also mittlerweile einen unschätzbaren emotionalen Wert für uns Fans. Und es gibt nicht wenige, die sie sammeln. Es gibt Bücher über Trikots. Der Fußball hat legendäre Trikots; hat schöne Trikots. Leider auch königsblaue Trikots. Die sind weder schön, noch legendär!

Im Job getragen (also während der neunzig plus x Minuten) ist es für uns auf den Rängen durchaus wichtig, dieses emotionale Kleidungsstück frei von Senfflecken oder Bierduschen zu halten, schließlich schadet zu häufiges Waschen dem Flock. Auf dem Platz hingegen schadet ein sauberes Trikot nach Abpfiff dem Ansehen seines Trägers. Die einfache Gleichung: Sauberes Trikot: Kein Einsatz! Dreckiges Trikot: Sauber, was ein Einsatz!

Unser aller RWE hat nach dem erfolgreichen Spiel in der Kampfbahn Rote Erde ein Foto online gestellt, welches unseren Zeugwart eventuell vor Probleme, und Freunde von sogenannten „Matchworn“ Trikots schlaflose Nächte bereiten dürfte: Fein aufgereiht hängen dort die pottendreckigen Trikots unserer Spieler, zeugen von einem großartigen Einsatz. Belegen einen nimmermüden Kampf für die so wichtigen drei Punkte. Natürlich waren die Platzverhältnisse in Dortmund auch optimal für ein solch emotionales Kleiderständerfoto. Auf Kunstrasen bekommt man derlei nach Abpfiff nicht geboten, egal wie sich die Spieler auch wund grätschen mögen. Vielleicht waren die hellen Heimtrikots auch nur deshalb gewollt, um möglichst dreckige Trikots präsentieren zu können.

Dem ist natürlich nicht so, und wenn, dann wäre es natürlich auch völlig wumpe! Denn dieses Foto ist eines der schönsten, Rot-Weiss Essen betreffend, der letzten Dekade. Ein einfaches Foto nur, aber doch eine Botschaft: Hier wird malocht für den Verein, bis der Abpfiff ertönt. Hier sind aktuell Kumpels am Werk, die sich für den anderen dreckig machen.

Dieses Foto ist mehr Mannschaft, als es das offizielle Mannschaftsfoto vor einer Saison jemals sein könnte. Dieses Foto ist ein Teil von uns. Dieses Foto zeigt den Charakter von Rot-Weiss Essen dieser Tage. Die Legende besagt, dass Rot-Weiss Essen ein Arbeiterverein ist. Ich würde, stand heute, sagen: Die Legende lebt! Hier wird für den Erfolg gearbeitet. Freitag nun kommt der VfB Homberg. Unter Flutlicht. Welch ein Omen…

Geht wieder los.

Ein Fan des VfL Bochum hat mal festgestellt, dass die Phase vor Saisonbeginn durchaus mit Hoffnung verbunden ist. Wenigstens für die ersten drei Minuten des ersten Spiels. Danach könnten die Ziele eines Fans nachverhandelt werden. Nach dem Auftakt bei der Dortmunder Zweitvertretung bleibt festzuhalten: Wir haben nicht nur die ersten drei Minuten überstanden, sondern halten die Hoffnung worauf auch immer im Hinterkopf. Und wir halten auch nicht alle Plakate hoch. Ganz wichtig in Zeiten von Verallgemeinerungen. Wir helfen aber manchmal schon Stunden vor dem Spiel einem älteren Fan wieder auf die Füße, der über selbige gestolpert ist. Kurz nach Mittag. Aus Gründen, was dessen Begleitung zu der Frage veranlasste, ob er wirklich noch ein weiteres Bier vor dem Spiel trinken wolle.

Wir wissen nun nicht, ob erwähnter Fan überhaupt noch etwas von dem darauf folgenden und sehr spannenden Fußballspiel mitbekommen hat; es geht uns auch nichts an. Vielleicht aber stehen kommenden Sonntag wenigstens vor Spielbeginn andere Getränke auf der Karte.

Exkurs:

Wenn man einem Stadion etwas wünschen könnte, dann würde ich der Kampfbahn Rote Erde in Dortmund einen Standort wünschen, wo es nicht vom direkt angrenzenden Koloss Westfalenstadion erdrückt wird. Die Rote Erde an sich ist schon (immer noch) ein wunderschönes Stadion. Man denkt sich beim Spielbesuch einfach die moderne Tartanbahn nebst Diskuskäfig und mit Flatterband/Zäunen abgesperrten Bereiche weg und ist für neunzig Minuten wieder in einer Zeit angekommen, wo vorrangig entscheidend auf`m Platz war. Auch, wenn man dafür doch etwas weiter weg vom Spielfeld sitzt/steht. Die Tribüne mit ihren Aufgängen und Treppen rechts und links, inklusive sanitär bedingter Geschlechtertrennung (Die bei gestriger Fantrennung natürlich nicht einzuhalten war. Der männliche Rot-Weisse musste also bei den Frauen müssen); die Bänke und die Räumlichkeiten im Tribünenbauch: Einfach schön und gepflegt.

Ebenso alt wie die Tribüne dürften dort auf der Gästeseite die angebotenen Frikadellen im möglicherweise noch älteren Brötchen gewesen sein. Das aber nur nebenbei.

Der schönste Bereich in der Kampfbahn Rote Erde ist für mich jedoch der Eingangsbereich mit seinem schönen Stein, dem Biergarten und der Heimkurve. Wie schön kann doch der Fußball sein, betrachtest Du jenen aus einer Kurve wie dieser unter prächtigen Bäumen. Die nicht nur Schatten spenden, sondern gelegentlich auch das Lied des Windes singen. Ein harmonischer Dreiklang, der dem Fan nicht nur einen schönen Einlass beschert, sondern auch Gelegenheit, um noch lange nach den Spielen unter Gleichgesinnten über das gerade Gesehene zu fachsimpeln. Jedes Stadion sollte einen solchen Biergarten besitzen und über Dächer aus Bäumen verfügen, die im Herbst ein noch schöneres Farbenspiel bieten. Und auch hier: Natürlich ist das Spielfeld weit entfernt. Aber, hier darf man sein. Ich hoffe, der BVB erhält diesen Stadionbereich mindestens so lange, bis das Geld endgültig den Fußball zerstört hat und keine Fans mehr benötigt werden.

Während der neunzig Minuten gestern blieb aber keine Zeit mehr, sich weiter in düsteren Gedanken rund um den Fußball abseits des Rasens zu verlieren. Von Beginn an gingen beide Mannschaften trotz der schwülwarmen Witterung ein sehr hohes Tempo. Von Beginn an legte unser RWE eine Leidenschaft zu Tage, die man vielleicht etwas länger nicht mehr gesehen hatte. Manche munkelten sogar, auch sehr viel länger schon nicht mehr. Von Beginn an sorgten zudem beide Fanlager für eine nimmermüde Unterstützung. Es machte Spaß zuzuschauen. Sorgen bereiteten anfangs noch die Standards, lag hier doch unsere Schwachstelle. Aber, Trainer und Mannschaft schienen ihre Lehren aus dem Steinbach Spiel gezogen zu haben: Alles gut, alles schick. Die Roten gingen also durchaus verdient in Führung, um durch einen Elfmeter den Ausgleich zu kassieren. Da keine große Reklamation unsererseits folgte, gehe ich mal von einem berechtigten Pfiff aus. Allerdings hatte der Unparteiische definitiv seine ureigenen Schwachstellen, sorgte er doch auch für manch unerklärlichen Pfiff. Oder pfiff erst gar nicht, obwohl die ein oder andere Dortmunder Hand im Spiel war. Aber, als Gegner des Videobeweises rege ich mich nicht mehr lange darüber auf und habe somit die Tatsachenentscheidung zu akzeptieren. Wenn auch nur lautstark fluchend. Aber, auch das ist ja Fußball. Noch darf man fluchen.

In der zweiten Halbzeit wurde das Spiel noch intensiver als es eh schon war. Den Einsatz nun hauptsächlich an unserer neuen Nummer 10 mit Namen Pröger festzumachen täte den anderen Spielern natürlich unrecht, aber was er alleine für ein Lauf- und Grätschpensum abgeliefert hat: Chapeau! Ich wäre tot umgefallen, jede Sauerstoffmaske käme zu spät.

Ach, Herr Siewert: Das war übrigens Hafenstraßenfußball, wie wir ihn verstehen und meinen!

Kein Ball wurde verloren gegeben. Der Pröger also kein „Dröger“ sondern vielleicht der so erhoffte Gute. Alle liefen weiter und auch der schnelle Rückstand nach der Pause tat dem Einsatz und Willen keinen Abbruch. Das war aber auch ein schönes Gegentor. Die Weitschüsse, sie gehören noch lange nicht auf das Abstellgleis. Abgezogen und einmal oben in den Winkel gedonnert. Fußball, Du kannst so herrlich sein, selbst bei einem Gegentor. Das Spiel also weiter gallig und voller Spannung; gelegentlich bildeten sich gar Rudel, nur um sich dann wieder das Wasser zu teilen.

Dazu diese kleinen zwischenmenschlichen Szenen, die zeigen ob man eine Mannschaft auf dem Platz sieht oder nur Angestellte: Die Art, wie ein Spieler nach einer guten Situation gefeiert wurde; die Geste von Benni Baier nach seinem Ausgleichstor in Richtung Daniel Engelbrecht. All das tat gut und führte letztendlich zu einem mehr als verdienten 2:2 Endstand. Drei Punkte wären aber unter dem Strich trotzdem verdient gewesen. Hier darf ein gewisser Anteil dem Unparteiischen zugesprochen werden. An der Leistung von Rot-Weiss Essen hier und heute gab es jedenfalls nichts zu mäkeln.

Das sahen auch die anwesenden Fans so und verabschiedeten ihre Mannschaft mit langanhaltendem Applaus. Natürlich: Es ist erst der erste Spieltag und nichts darf überbewertet werden. Aber vielleicht ist jetzt erst der Schaden inflationärer Zu- und Abgänge behoben und kann es endlich wieder die Mannschaft des RWE auf dem Feld schaffen, den Verein zu vereinen.

Das gestern war ein guter Anfang. Und wir alle brauchen so dringend auch mal ein gutes Ende. Auf und neben dem Platz.

Nur der RWE!