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#179 #178 #177

#179 Was haben wir uns immer über den WDFV aufgeregt, als wir noch unter seiner Knechtschaft litten. Spätestens seit der Übergabe des WM-Pokals wissen wir nun, wie gut wir es doch mit Peter Frymuth als Präsident des WDFV getroffen haben. Ratzfatz hatte Daniel Heber den Meisterpokal in seinen Händen und konnte ihn der eigenen Mannschaft und den Fans präsentieren. Giovanni I. hingegen als einer der glühendsten Verehrer seines eigenen Ichs hat einmal mehr nicht verstehen wollen, dass er nicht der Nabel der Sportwelt, sondern eher lästiges Anhängsel ist. Das aber nur am Rande. Für weitere Verwunderung sorgte dann bei mir die oft gelesene Aussage nach dem Turnier, dass Lionel Messi nun nicht mehr der „Unvollendete“ sei, sondern endlich seine große sportliche Karriere krönen konnte. Das stimmt so aber natürlich nicht: Lionel Messi ist niemals mit Rot-Weiss Essen aufgestiegen! Erst dann ist eine Karriere wirklich als vollendet zu bezeichnen. Mit dem Prädikat „Aufgestiegen mit RWE“ können sich schließlich nur wenige Spieler schmücken. Weltmeister gibt es tatsächlich mehr im Fußball.

Tatsächlich vollendet auch die Bauarbeiten anne Hafenstraße, was das Trainingsgelände angeht. Im Volksmund auch als „Willi Lippens Platz“ bekannt und beliebt. Also das ist auch fast schon weltmeisterlich, unter welchen Bedingungen unsere Spieler dort ihrem täglichen Job nachgehen dürfen. Hier kann man nur alle Hüte vor dem Gönner ziehen, der nicht nur bescheiden unerkannt bleiben will, sondern auch dermaßen viel Herzblut für seinen Verein mitbringt, um solch professionelle Bedingungen durch eigene Unterstützung zu ermöglichen. Der ehemalige RWE-Spieler Horst Hrubesch würde dazu nur ein Wort sagen wollen: „Herzlichen Dank!“ Herzblut für unseren Verein empfindet wohl auch ein Münchner als Geschäftsführer in Berlin und prangt ab sofort mit seiner Firma „DEUTSCHE SAATGUT“ auf der Brust der Hafenstraßen-Kicker. Wieder einmal hat sich bestätigt, dass bei RWE niemals Ruhe herrscht, auch wenn der Ball ruht. Der bisherige Hauptsponsor schlingert leider durch finanziell unsichere Zeiten und muss daher den Ball erstmal flach halten. Grundsätzlich gilt: Auch HARFID ist in erster Linie Arbeitgeber und dann erst Sponsor von RWE und einem weiteren, unbedeutendem Verein. Und da sollte das Wohl und Wehe der vielen Arbeitnehmer*innen bei HARFID absolute Priorität haben. Danke für das bisherige, und erfreulicherweise auch wohl weitere, Engagement.

Als die Pressemitteilung kam und den Namen DEUTSCHE SAATGUT verkündete, war ich doch zunächst verwundert, hätte ich eine Firma solchen Namens eher hier in der ländlichen Grafschaft und als Sponsor von Waldsturm Frensdorf oder Blau-Weiß Bookholt verortet. Aber weit gefehlt: Tatsächlich darf sich nun eine Firma aus der Hauptstadt Trikotsponsor von Rot-Weiss Essen rühmen. Man weiß gar nicht, für wen die Ehre größer ist. Der nächste Gedanke dann aber sofort Richtung Emblem: Die vergangenen Jahre mit schlichten Schriftzug auf dem Trikot verwöhnt, kam leichter Trikot-Stress auf: Gib es nun Maiskolben auf dem Trikot, oder Sojabohnen? Eine Sonnenblume, oder noch viel schlimmer: Etwas Blaues? Die ersten Fotos brachten schnell Entwarnung: Auch unser dann neues Trikot wird von einem schlichten Schriftzug geziert. Ein Teil davon sogar in Rot-Weiß. Hoffentlich geht die Saat der neuen Partnerschaft für alle Beteiligten gut auf. Ohne den Aufstieg sicher eine undenkbare Zusammenarbeit. Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch. Wir lesen uns in 2023. Ich freu mich drauf.

#178 „The Boys Are Back In Town“. Mit diesem Thin Lizzy Klassiker kann man durchaus den Trainingsstart von Rot-Weiss Essen untermalen. Alle Spieler sind wohlbehalten aus dem Urlaub zurück, und auch diejenigen, die bereits vor der ungewohnten Saisonpause mit Verletzungen zu kämpfen hatten, arbeiten weiter fleißig am Status. Es ist personell eigentlich nicht sonderlich kompliziert momentan. Die Kunst wird es nun sein, direkt wieder an den guten sportlichen Lauf vor der aufgezwungenen Pause anzuknüpfen. Glücklicherweise steht unser RWE damit aber nicht alleine, die ganze Liga muss einen Kaltstart hinlegen und entweder die gute Form bestätigen oder versuchen, aus der sportlichen Misere schnell hinauszufinden. Ganz egoistisch betrachtet, können alle Vereine, die sich in der Tabelle hinter uns befinden, ruhig so weitermachen wie bislang auch. Trainingsbeginn zum Jahresende.

Ein komisches Jahr. Aber wenigstens wissen wir jetzt endlich, das ein weiterer Klassiker, nämlich „Driving Home for Christmas“ wohl der Deutschen Nationalmannschaft gewidmet ist. Und dafür mussten wir unsere tolle 3. Liga unterbrechen. Die ist nämlich wirklich toll, diese Liga. Man muss nicht immer gleich mit den unmöglichsten Steigerungen daherkommen a`la „beste WM aller Zeiten“ (Schenkelklopper), „wird die beste EM aller Zeiten“ usw. Das geht immer nach hinten los. Manchmal ist weniger mehr und somit dürfen wir in einer absolut spannenden Liga spielen, in der man sich niemals sicher sein kann, dass tabellarisch mal so etwas wie Ruhe einkehrt. Da ist immer Bewegung drin. Und wenn man dann mal in die Glaskugel schaut, und einen Ausblick auf die kommende Saison wagt, wer da aufgrund der aktuellen Tabellenstände alles so zu uns stoßen könnte, da kommt noch mehr Freude über diese 3. Liga auf. Während also beim DFB aktuell mehr Chaos herrscht als auf jeder Schalke Mitgliederversammlung der 80er Jahre und bei der DFL Hopfen und Malz verloren ist, können wir es gar nicht abwarten, endlich wieder unsere Mannschaft zu sehen. Ob es dann im ersten Testspiel gegen den SC Paderborn zu den aufgerufenen Preisen sein muss, lässt sich natürlich trefflich diskutieren.

Für Felix Herzenbruch ein Wiedersehen mit seinem alten Verein. Nicht, dass er da noch auf viele ehemalige Teamkameraden treffen wird, Fußball ist dafür zu schnelllebig. Er könnte aber auf jeden Fall erzählen, dass er in der Retrospektive wohl für den Trigger-Moment schlechthin der abgelaufenen Saison gesorgt hat, als er an einem nasskalten Oktobertag in der vierten Minute der Nachspielzeit den Ball zum 2:1 gegen Alemannia Aachen in das Netz gewuchtet hat. Komplette Ekstase im Stadion die Folge! Das hatten wir so lange nicht mehr erlebt, zu oft bekamen wir in der Nachspielzeit den Gegentreffer präsentiert. Aber damals, da bekamen wir eine Ahnung, dass dieses Tor der erste Schlüssel für den Aufstieg sein wird. „Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein“ sangen die Sportfreunde Stiller seinerzeit und eigentlich ist der Text im Ganzen auch eher Kappes. Aber wenn man das Spiel von Felix Herzenbruch umschreiben will, dann passt diese Zeile einfach vortrefflich. Den kann man nachts um 3:00 Uhr wecken, und er kommt auf den Platz und macht seinen Job. Man kann ihn als wahren Hafenstraßenfußballer adeln.

Es ist schon verrückt: Da gibt es Jahre, in denen sportlich nicht viel passiert, und dann gibt es Wochen, in denen Jahrzehnte passieren. So in etwa stellt sich die 3. Liga für RWE dar. Diese tolle Liga für den besten Verein der Welt.

#177 Still ruht der See an der Hafenstraße. Wenigstens aus der Sicht eines Balls betrachtet. Keiner aus dem Kader unseres Drittligisten tritt aktuell dagegen. Urlaub ist angesagt. Ob das auch für Jörn Nowak als hauptamtlichen Kaderplaner gilt, wage ich zu bezweifeln. Ich war schon erschrocken, als dieser Tage die Nachricht auf dem Display aufploppte, bei wie vielen Spielern zum Saisonende die Verträge auslaufen. Klar informiert man sich als Fan vor Saisonbeginn, hat die relevanten Daten auch für eine gewisse Zeit im Kopf. Aber wenn dann die Saison endlich beginnt, geht es zumindest mir so, dass ich mich rein auf das Sportliche und nicht mehr auf Vertragsinhalte konzentriere. Glücklicherweise ist unser Kader bei Jörn Nowak und seinen Kollegen und Kolleginnen in den besten Händen. Das Netzwerk funktioniert und hat uns nicht zuletzt in einen stabilen Tabellenplatz nachjustiert.

Als Fan hat man da glücklicherweise kein Mitspracherecht, würde es doch lediglich in einem grandiosen Chaos enden. Bei Rot-Weiss Essen ist man sich schließlich traditionell stets uneins, was die Bewertung eines Spiels oder der einzelnen Spieler angeht. Jeder hat da natürlich so seine eigenen Präferenzen. Nur gut also, das eine Fußballmannschaft nicht nach Abstimmung zusammengestellt wird. Aber, wir haben ja langsam die Vorweihnachtszeit erreicht, und somit auch die Phase schlechthin, in welcher man gerne mal einen Wunschzettel ausfüllt und abgibt.

Bei mir würde also, um bei den Verträgen zu blieben, definitiv eine Vertragsverlängerung mit Felix Bastians ganz oben stehen. Noch vor den RWE-Schlüppern aus dem Fanshop. Neben Daniel Heber als Kapitän der Hafenstraße ist Felix Bastians definitiv zum leitenden Ingenieur der Mannschaft geworden. Immer öfter sorgt er maßgeblich dafür, das die Maschine auf dem Feld läuft, erhöht bei Bedarf die Leistung und bringt seine PS egal auf welcher Position zuverlässig auf den Platz. Und das in einem Alter, wo bisweilen schon der fußballerische Vorruhestand lässig aus der Ferne winkt. Von der neu entdeckten Torgefährlichkeit einmal ganz abgesehen. Die allerdings auch eine kleine Schwachstelle von Felix Bastians gnadenlos aufzeigt: Der getanzte Torjubel, der reicht definitiv nicht als Bewerbungsschreiben für Let’s Dance. Da würden die Juroren sicher noch an das Rhythmusgefühl appellieren. Aber alles andere, das ist wie gemacht, um bis an das Karriereende an der Hafenstraße zu blieben. Zudem am Mikrofon mindestens genau so stark wie auf dem Spielfeld. Lieber Weihnachtsmann, ich setz auf Dich.

Aber, es geht ja noch weiter mit den Wünschen diesbezüglich: Simon Engelmann. Ein Name wie ein Donnerhall, speziell zur Weihnachtszeit, wenn die Englein singen. Für das Ziel 3. Liga so lange hart malocht, kam die Verletzung zur Unzeit und hatte direkt eine längere Auszeit im Gepäck. Aber im neuen Jahr, da wollen wir wieder sein Lied singen. Und am besten auch über die Saison hinaus. So, ich halte fest: Auf dem Wunschzettel stehen nun Bastians, Schlüpper, Engelmann. Dann kommt noch der Klassenerhalt als großer Wunsch hinzu, dann bleibt auch Felix Götze. Und bekommt direkt ein Quartett von mir zu Weihnachten. Dann muss er nicht immer auf dem Spielfeld die Karten sammeln. Es wird ein längerer Wunschzettel, auch unser Schnapper benötigt ja ein neues Arbeitspapier, sollte er hoffentlich an der Hafenstraße bleiben (wollen). Das nicht jeder auf meinem Wunschzettel landet, ist leider auch Fakt. Um zu bleiben was man ist, muss man sich als Mannschaft immer auch mal verändern.

FROHE WEIHNACHTEN UND EINEN GUTEN RUTSCH!

Sehr respektvoll.

Zuallererst, das gebietet die sportliche Fairness: Glückwunsch der zweiten Profimannschaft von Borussia Dortmund zur Meisterschaft und den damit verbundenen Aufstieg. Viele Vereine und Fans der dritten Bundesliga freuen sich nun schon unbändig darauf, in der Roten Erde antreten zu dürfen. Oder in Brackel. Im Westfalenstadion oder der Glückauf-Kampfbahn. Das entscheidet sich in Dortmund ja schon mal spontan, je nach Windrichtung oder Luftfeuchtigkeit.

Wer mit Abpfiff der Saison drei Punkte mehr auf dem Konto hat als der Zweite, der ist nun mal verdientermaßen Erster. Daran gibt es arithmetisch auch nichts zu rütteln, das ist und bleibt zunächst Fakt. Unsere Mannschaft hat sich in der Saison ihres Lebens leider den einen kleinen Wackler mehr erlaubt als der Konkurrent in diesem unglaublichen Rennen. Man fühlte sich einmal mehr an den spektakulären Titelkampf zwischen Manchester City und den Reds in der Saison 2018/19 erinnert. 

Die Geschehnisse rund um den letzten Spieltag waren gefühlt auch die endgültige Rückkehr der Fans an die Hafenstraße. Die Emotionen ließen sich nicht mehr aufhalten. Viele Fans mussten wenigstens bei Abfahrt unserer Mannschaft mit auf den Weg zu geben, dass wir immer wieder von der Ruhr bis an die Elbe an sie glauben. Ließ es die Pandemie seit Monaten nicht zu, haben die Spieler spätestens da noch mal vor Augen geführt bekommen, was es bedeutet, ein Teil von Rot-Weiss Essen zu sein. Wir sind in unserer Intensität und Anzahl eigentlich komplett losgekoppelt und spielen seit jeher in unserer eigenen Liga. Während des Spiels gab es diesen beeindruckenden Moment am Bildschirm, als plötzlich im Hintergrund viele rot-weisse Fahnen zu sehen waren und ein regelrechter Marsch hinter dem Stadionzaun stattfand. Wohl auch einer klugen und emphatischen Einsatzleitung war es zu verdanken, dass unsere Mannschaft wenigstens aus einer Ecke lautstarke Unterstützung erfahren durfte.

Der aktuelle Beziehungsstatus zwischen Mannschaft und Fans trotz Nichtaufstieg konnte direkt nach Schlusspfiff in Wegberg-Beeck und bei der Ankunft an der Hafenstraße beobachtet werden: Da ist gerade nichts kompliziert, das ist eine harmonische Beziehung. Wir sind stolz auf unsere Mannschaft! Alles blieb friedlich, keine Schlagzeilen für wen auch immer produziert. Die negativen Schlagzeilen an diesem Tag produzierte höchstens die Mannschaft aus Dortmund. Na klar, junge Leute, Meisterschaft, Adrenalin und endlich Party: Aber bekommt irgendjemand aus dem Umfeld dieser Mannschaft überhaupt noch mit, was da läuft? Sonst hätte es doch jemand gegeben, der verhindert hätte, den Konkurrenten auch noch mittels Kabinenparty zu verhöhnen. Und glaubt ein Lars Ricken ernsthaft an das, was er im Anschluss formulierte? Wir sind pro forma eine Profiliga, aber die Mannschaft aus Dortmund holt den Titel ohne Profis. Vielleicht hätte er sich vorher mal auf Transfermarkt informieren sollen, was seine Mannschaft überhaupt wert ist. Die Spieler sind nicht schon als Neunjährige gemeinsam mit dem Rad zum Training gefahren, wie er vielleicht glaubt.

Was den Einspruch angeht, verstehe ich die Aufregung allerorten nicht, dass es nun ein unsportliches Ende nehmen könnte. Wenn der BVB regelwidrig gehandelt hat, dann wurde während der Saison unsportlich gehandelt. Ist das etwas weniger unsportlich? Der Einspruch gehört also maximal untersucht. Ich erwarte nun nichts weniger vom WDFV, als dass dieser einmal die vielzitierten Hühnererzeugnisse zeigt und unverzüglich klare Kante gegen den Mogul von der Strobellallee an den Tag legt, sollte etwas nicht korrekt gelaufen sein. Auch wenn das vielleicht die ein oder andere Einladung in den Kuchenblock der Ersten bei Spielen gegen Leipzig oder Hoffenheim kosten könnte. 

Totgesagte leben länger

Moooooment: Zu den Gefühlen der letzten Tage komme ich noch später im Text und bediene mich dazu in Auszügen der letzten Kolumne. Was ich mich aber gerade komplett irritiert, sind die Abgesänge der 11Freunde und von Liga3-Online auf unseren RWE. Unter der Überschrift lesen sich beide Artikel durchaus zugewandt, lassen bisweilen Bedauern erkennen und beziehen sich auch auf auf das kranke Ligensystem hierzulande, soweit, so gut.

Aber scheinbar wurde sich hier auch der Glaskugel bedient. Zumindest im Hause unser aller 11Freunde! Während man RWE bei Liga3 wenigstens noch auf dem bestem Wege dahin wähnt, einmal mehr am Aufstieg zu scheitern, wird man im Hause der gehobenen Fußballkultur nach dem späten Ausgleich der Kleeblätter direkt beerdigt. In Sachen Aufstiegshoffnungen natürlich nur. Des Artikels erster Satz: Rot-Weiss Essen wird auch nächste Saison nicht in der 3.Liga spielen. Werden wir doch, antworte ich mal ganz patzig darauf!  

Es sind gute und wichtige Artikel, und ich denke, dass sich beide Redaktionen weniger über eine weitere Zweitvertretung in der dritten Liga freuen, als über einen Verein der „Kategorie E“ (Gleiches dürfte für alle anderen Staffeln gelten) zum Beispiel. Das was mich also wirklich ärgert, ist der frühe Zeitpunkt der Trauerreden. Es sind noch zehn Spieltage zu spielen. Da kann man noch bis zu dreißig Punkte sammeln. Das ist ja viel aufregender als Ostern. Und wenn es ganz dramatisch kommt, mischen sich auch noch die schwertlosen aus Münster ein, könnten am Ende allen eine lange Nase zeigen und ihrerseits aufsteigen.

Wenn beide Artikel aber vielleicht nur so eröffnet wurden, um unsere Mannschaft noch einmal richtig zu motivieren, dann ist das in der Tat wahrlich gelungen. Ich würde die ersten Abschnitte vergrößern, kopieren und in der Kabine auslegen. Zehn Spieltage vor Saisonende ist die Messe in dieser Liga noch lange nicht gelesen. Den Deckel drauf machen wir erst, wenn rechnerisch nichts mehr geht! 

Ahlen:

Nach dem Auftritt auf seifigem Untergrund im schummerigen Licht von Ahlen war man natürlich in der Tat mehr als bedient. Der eigene Kompass nach Abpfiff ziemlich gestört. In etwa so wie die Kamera unter dem Dach der Tribüne des Wersestadions, die auch nicht immer auf Ballhöhe war sondern oftmals sinnlos umherfokussierte.

Den Abpfiff in Ahlen habe ich nicht mehr mitbekommen, da kurz vor Schluss aus dem Stream ausgestiegen. Wenn man so lange dabei ist, kann man durchaus schon mal ein Spiel „lesen“ und weiss, was noch passiert. Und so war dann auch der späte Siegtreffer für den Tabellenletzten die logische Konsequenz eines Spiels, welches man nie und nimmer hätte verlieren dürfen. Zu verlieren ist grundsätzlich überhaupt kein Problem, allein die Art und Weise hat mich aber in eine Art Schockzustand versetzt, in dem ich reflexartig und direkt alle eigenen sozialen Kanäle deaktiviert habe. Schließlich weiß man, was nach Niederlagen bei Twitter, Facebook & Co. Mannschaft und Umfeld an ungefilterter Wut ins Gesicht getippt wird. Derlei will ich nicht mehr lesen.

Kolumne

Sinnlos einmal mehr die Anfeindungen im Nachgang eines nicht gewonnenen Spiels. Versuche, unsere Spieler auf ihren persönlichen Accounts in direkten Nachrichten anzugehen sind spätestens ein „No Go“. Da wird eine rot-weisse Linie überschritten. Es ist ja schon unfassbar, was nach einem Spiel wie das in Ahlen in den Kommentarspalten gewütet wird. Vielleicht ist es eines Tages technisch machbar, eine Beleidigung vor dem Absenden noch einmal zu hinterfragen. Drei Sekunden Bedenkzeit können manchmal eine Menge bewirken. Fakt aber: Es sind nur wenige. Leider sind diese, wie im wahren Leben auch, immer so laut, so dass man die weiter an die Mannschaft glaubende Mehrheit nicht direkt wahrnimmt. 

Oberhausen:

Bis zum Spiel in Oberhausen wurde die eigene Krone wieder gerichtet und in Trotz umgewandelt. Dass das Trikot dann trotzdem nach dem Elfmeter ebenfalls frustriert in den Schrank gepfeffert wurde, lag in der punktuellen Natur der Sache. Dort traf es dann auf das noch zerknülltere Gegenstück aus dem Ahlen Spiel. Der abergäubige Fußallfan in mir stellte sich in Anbetracht der weißen Trikots nun die Frage, ob man vielleicht selbst schuld an den ausgelassenen Punkten dieser Woche gewesen sei. Schließlich hätte ich Auswärts ja auch das „Mauertrikot“ tragen können. Hätte ich nicht, da ich es gar nicht besitze. Das Design irgendwie nicht meins. Dafür quillt der Schrank über in den Farben Rot und Weiß. Der Auftritt in Oberhausen trotzdem couragiert und eine Wiedergutmachung für Ahlen. Auch die optische Aufbereitung des Spiels eine ganz andere als noch Tage zuvor. 

Ach Mensch, es ist schon schade, dass die Euphorie der letzten Wochen und Monate temporär  verflogen ist und viele wieder den Hafenstraßen Blues singen. Man wähnte sich auf Gefühlsebene ja fast auf den Spuren der Frankfurter Eintracht bei ihrer Sause im Europapokal. Nun müssen wir wieder für zehn Spiele in den regionalen „Recall“, und dort so vorspielen, so dass es die Konkurrenz nervös macht und ihrerseits zu Patzern zwingt. Dass es am Ende dann doch noch für den bundesweiten „Liga Drei Contest“ reichen kann, ergibt sich eigentlich schon aus unserer eigenen DNA: Wir können nicht einfach mal so mit einer geilen Saison aufsteigen. Wir sind nicht wie die Bayern und halten schon am siebten Spieltag gelangweilt die Schale hoch. Rot-Weiss Essen braucht stets das ganz große Drama, um zu scheitern oder Erfolge zu erzielen. Am letzten Spieltag, in der letzten Minute oder noch lange darüber hinaus am grünen Tisch. Und genau daher beziehe ich meinen Optimismus, dass wir noch lange nicht beerdigt werden sollten. 

Ein Stelldichein überregionaler Presse mit vielen wunderbaren, teils romantisch verklärten, Artikeln folgte Runde um Runde und Dreier auf Dreier. Wir waren zeitweise das moderne Woodstock des Fußballs, brachten Virtuosität und Leidenschaft eines Jimi Hendrix oder Joe Cocker auf und neben den Platz und Liebe in die Herzen der Fans.

Kolumne

Der nächste Gegner nun das Beste, was der designierte Zweitligist aus der Nachbarstadt aktuell zu bieten hat, nämlich seine Zweitvertretung! Die Roten gegen die Blauen. Ein schwerer Gang mit personellen Veränderungen, der fünften Gelben und einer positiven Testung geschuldet. Der Blick auf die Aufstellung also wieder ein sehr spannender. Möge diesmal die Macht wieder mit uns sein. Das Trikot passt ja auf jeden Fall wieder. Diesmal wird es das frisch gewaschene Heimtrikot mit der Nummer einundzwanzig und Spielernamen Aufstieg sein. Nomen est omen!

Diesen Beitrag nun (aktuell) nicht auf eigenen sozialen Kanälen zu teilen, ist ein bisschen wie Fußball früher, als man nach den Spielen eben im Auto oder an der Theke darüber philosophierte oder das Gesehene runterspülen musste. Fünfzehn Jahre „Im Schatten der Tribüne“, da ist man vielleicht auch ein wenig zu alt geworden, um noch im Haifischbecken der sozialen Medien mitzuschwimmen.

Nur der RWE!

PS: Es gab eine vorherige Version dieses Textes, den ich aus Versehen hier gelöscht habe. Der mir aber sprachlich viel besser gefallen hat, da mit mehr Esprit und einem Stauder getippt. Dies also nur der Versuch, den Text sinngemäß wiederzugeben. 

Das rot-weisse Placebo.

Herzlich willkommen im neuen Jahr. Ich wünsche allen, dass es ein frohes und gesundes Jahr wird. Ein Jahreswechsel der besonderen Art, natürlich in vielfacher Hinsicht. Viele Hoffnungen ruhen in diesem Jahr darauf, dass die virale Depression des vergangenen Jahres in ein vorsichtig optimistisches Jahr gewandelt werden kann. Mit all der gebotenen Geduld und Aufmerksamkeit.

Wer konnte nun ahnen, auf unseren kleinen Mikrokosmos RWE heruntergebrochen, dass ausgerechnet die Kicker vonne Hafenstraße mit für unsere schönen Momente des vergangenen Jahres zuständig waren. Und vor allem dafür, dass wir überhaupt sportlich mehr als optimistisch in ein neues Jahr starten dürfen. Das kennen wir doch gar nicht mehr. Meistens war im Oktober die Sache schon gelaufen, und wurde die Weihnachtszeit mit dem Queen Klassiker „Thank God It’s Winterpause“ herbeigesehnt. Dieses Jahr aber war das Essener Lichtspieltheater an der Hafenstraße unser Adventskalender und die vielen erspielten Punkte ein gern genommener Glühweinersatz. Diese machen auch ohne Alkohol glückselig, bringen warme Wangen und manchmal kommt man vor lauter Freude auch schon mal in den Bereich der verwaschenen Aussprache.

Es läuft also auf vielen Ebenen rund bei Rot-Weiss Essen. Wir sollten jetzt aber aufpassen, dass wir auch hier mit Geduld, Solidarität und Empathie das neue Jahr beginnen. Noch ist ja nichts gewonnen. Der größte Fehler wäre somit zu glauben, dass der Aufstiegsdrops schon gelutscht ist. So einer ist noch nicht einmal produziert, da mischt in der Herstellung mindestens noch ein anderer Verein mit. Mindestens! Was diese Mannschaft aber schon gewonnen hat, ist das Gefühl der unglaublichen Vorfreude auf die Fortsetzung der bisher so erfolgreichen Saison. Das Geschehen auf dem Rasen der rot-weisse Placebo für das Vermissen auf den Tribünen.

Und weil wir gerade alle so viel Freude an und mit unserem Verein haben, waren wir vergangenes Wochenende einmal mehr in der guten alten Sportschau vertreten (bis vor einiger Zeit noch wurden wir doch nur aus der Mottenkiste geholt, wenn es wieder mal an der Zeit war, eine Dokumentation über gefallene Vereine auszustrahlen). Es stand bekanntlich die Auslosung zum Achtelfinale im DFB Pokal an. Ganz selten gibt es übrigens auch klitzekleine Momente, in denen man den aktuellen Umständen durchaus etwas Positives abgewinnen kann. Einer davon: Die Auslosung wird fast wieder so nüchtern durchgeführt wie zu Zeiten des seligen Walter Baresel. Das kann „danach“ ruhig so bleiben! Ebenso kann ich nicht nachvollziehen, warum immer nur der FC Bayern als das Los der Lose gehypt wird. Als unterklassiger Verein ist die sportliche „Klatsche“ so gut wie vorprogrammiert, Erfolgsfans en Masse geben auf einmal vor, immer schon Fan gewesen zu sein, um an eine Karte zu kommen und so weiter und so fort.

Also einmal davon abgesehen, dass wir unsererseits das Traumlos vieler Fans anderer Vereine sind, ist es doch der viel spannendere Weg, einen Gegner in der „Tradition“ von Arminia Bielefeld oder Fortuna Düsseldorf zugelost zu bekommen. Der VfL Bochum oder die Darmstädter Lilien waren somit meine Wunschgegner. Wie wir nun alle wissen: Sie wurde es leider nicht: Rot-Weiss Essen spielt in der dritten Runde gegen „Entweder-oder“. Entweder gegen Bayer 04 Leverkusen oder gegen die Frankfurter Eintracht. Hoffentlich wird es dann wenigstens der Vertreter aus Frankfurt, denn sollte die Diva einen schlechten Tag erwischt haben, vielleicht geht dann sogar was. Andererseits: Wir haben doch eigentlich eh keine Chance. Also nutzen wir die einfach. Obwohl: Dortmund Zwo einige Tage später ist wichtiger.

So viel wichtiger.