Kategorie-Archiv: Schweiz
Eviva España: Das Nachspiel
Es gibt eine Sache, die mich stört, und die wohl auch im Sog aller „Event“ualitäten entsanden ist:
Die Verabschiedung der Mannschaft nach der WM im eigenen Land machte ja noch Sinn: Ein ganzes Land konnte sich auf diese Art von einem Ereignis trennen, welches so wohl nur alle 32 Jahre vorkommen wird. Wenn überhaupt. Aber, warum mußte die Mannschaft heute in Berlin auf der Matte stehen? Team und Fans haben sich gestern noch im Stadion gegenseitigen Respekt und Dank für schöne drei Wochen gezollt. Das hätte ausgereicht. Laßt doch den Spielern einfach mal ihre Enttäuschung. Das ist für mich unbegreiflich: Ich verliere das Spiel meines Lebens und muß ein paar Stunden später für die schalen Gags eines Oliver Pocher herhalten. Das gönne ich nicht mal Kevin K. Nein, das hätte nicht sein müssen. Da wird der Fußball und seine Tragik der Geschäftemacherei und dem Medienhype geopfert. Der DFB hätte wieder in Frankfurt zu einem Empfang laden sollen. Denn da ist er zu Hause.

Eviva España: Das Spiel
Das Spiel aber, das wurde dann doch wieder im kleinen Kreis verfolgt.:Die ersten 20 Minuten sah es auch noch ganz gut aus was die DFB Elf bot und auch der Capitano schmiß sich ganz „Wademutig“ in das Getümmel. Nur, irgendwann schoben die Spanier das Spiel geschickt in die Deutsche Hälfte: Meter um Meter wurde so Raum gewonnen, ein Steilpaß und das Tor. Übrigens justament von mir orakelt. Und das die Iberer, einmal in Führung, so richtig ins Rollen kommen, das haben sie ja im Turnierverlauf eindrucksvoll bewiesen. Dabei wurde schmerzlich aufgezeigt, dass die Innenverteidigung aus dem Hause M&M nicht mehr, oder noch nicht, auf Topniveau agiert.
Auch der Capitano war nicht gut drauf und agierte teilweise unglücklich. Überzeugend aber wieder einmal sein schon erwähnter kämpferischer Einsatz, von dem auch seine Augenbrauenverletzung zeugt. Da mir Michael Ballack aber so richtig ans Herz gewachsen ist, weil definitiv zu einer Führungsfigur gereift und vom Finaltrauma behaftet, habe ich ihn trotzdem heftig verteidigt, als erste fachunkundige Stimmen ihm seine Klasse absprechen wollten. Bis auf Jens Lehmann waren alle Spieler in weiß schlecht, bis ganz schlecht. Wo war die Spielfreude eines Schweinsteigers und der Zug zum Tor von Podolski. Hat Klose mitgespielt oder ließ man ihn nicht? Zwischen der 55. und der 70. Minute ging noch mal ein Ruck durch die Mannschaft. Wahnsinn, was in diesen Minuten in einer Mannschaft passiert. Für den Fan kaum zu begreifen, wurde doch kein Knopf gedrückt oder ein Hebel umgelegt. Na ja, der Ruck dauerte ja auch nicht lange. Und dann kam doch tatsächlich Kevin K. Während Marcel Jansen noch etwas Belebung in das Spiel brachte, „glänzte“ Kevin K. durch uninspirierte Fouls, dummes lamentieren, und der Tatsache, kaum den Ball stoppen zu können. Nein, Kevin K. und seine gnadenlose Selbstüberschätzung gepaart mit mangelnder Kritikfähigkeit wird nie mein Freund werden. Und somit wäre ein später Ausgleich auch mehr als ungerecht gewesen. Traurig dann die Bilder nach Schlußpfiff, wenn ausgelaugte Verlierer am Boden zerstört, tanzenden Siegern zusehen. Schade. Aber vielleicht besser während der 90 Minuten verdient zu verlieren, als nach großer Partie im Elfmeterschießen.

Eviva España: Intro
Herzlichen Glückwunsch Spanien. Die beste Mannschaft des Turnieres hat dieses auch hochverdient gewonnen. So soll es sein. Aber alles schön der Reihe nach: Zuerst bin ich eine Stunde vor Spielbeginn doch noch mal zum Marktplatz gefahren, sind ja nur ein paar Meter Luftlinie. Und ich war schon beeindruckt, was die Stadt Nordhorn unter Führung des Fachbereiches für Jugend, soziales und Sport da auf die Beine gestellt hat: Von überall strömten die Massen bunt geschmückt auf den Marktplatz um dort von einer Band unterhalten zu werden, die einen Gassenhauer nach dem anderen bot. Und wie transportieren wir DAS jetzt an den Heideweg? Ich befürchte nämlich, daß viele der öffentlichen Zuseher dem Fußball erst wieder in zwei Jahren zusehen……

Finale
Rechtfertigung
ich wußte immer, dass mich Fatih Terim in Mimik und Gestik an jemand bestimmten erinnert: Nun weiß ich es und konnte sogar ein kurzes Gespräch mit dem Präsidenten des türkischen Fußballverbandes nach dem Halbfinale beobachten:
Dieser Weg
Wird kein leichter sein…., den Song kennen wir ja alle noch. Gestern Abend wurde er von den deutschen Kickern in Reinkultur umgesetzt. Kein gutes Spiel der DFB Auswahl, schlimme individuelle Fehler, welch eine starke Truppe in roten Trikots, aber am Ende doch gewonnen. Tja, so gehts auch und was für eine Spannung und Dramatik wurde geboten, da wollte sogar das Wetter feat. TV Bild nicht zurückstecken. Diese EM zeigt in bewundernswerter Weise die ganze Bandbreite all dessen, was den Fußball so faszinierend macht. Und dann „Free Jogi“ im anschließenden Interview: Noch nie wurden die Leiden eines Trainers auf der Bank intensiver wiedergegeben: Jogi Löw war fix und fertig und argumentierte mit „leeren Augen“. Dieser Abend hatte was und läßt sich kaum beschreiben. 

Die Ruhe vor dem Sturm
Voller Spannung erwarten wir alle das morgige Halbfinale gegen die Türkei.
Und das das Spiel ein emotionales Highlight für alle Beteiligten werden wird, liegt auf der Hand. Das dann aber ausgerechnet die grossen Boulevardzeitungen beider Länder jetzt eine Fußballfreundschaft propagieren stört mich: Schließlich haben beide auch schön vorher die Rivalitäten geschürt. Wahrscheinlich waren die Redakteure nun selber erschrocken darüber, daß es tatsächlich zu diesem Spiel kommt. Morgen finden also Public Viewing und Autokorsi (ich habe lange recherchiert, aber genau kennt keiner die Mehrzahl von „Autokorso“. Eine Seite rät zu dem Begriff: „Autokolonnen“…) nicht nacheinander und mit Verständnis begleitet statt, sondern zeitgleich und es wird einen Verlierer geben. Ich gehe einfach davon aus, dass alles sich auf das rein sportliche konzentriert und das Spiel nicht dazu mißbraucht wird, um fußballfremde Aggressionen auszuleben. Es wird schon auf dem Platz schwer genug. Wenn die deutsche Mannschaft das Spiel auf die leichte Schulter nimmt, dann hat sie schon verloren. Der türkische Wille versetzt zur Zeit auf dem Feld Halbmonde. Ich hoffe auch auf einen starken vierten Schiedsrichter an der Seitenlinie, der der Chuzpe des Herrn Terim etwas entgegenzusetzen hat. Also, ich glaube, mit der Einstellung und Aufstellung aus dem Portugal wird das was mit einem Finaleinzug, und der türkische Mannschaftsbus kann dann auch die Heimfahrt antreten. Die brauche ich nach dem Spiel nicht mehr absolvieren, denn Mareike muß noch mal zum Dienst und somit mache ich „alone Viewing“. 


Fjodor Tjutschew
Seit fünf Minuten weiß ich, daß Fjodor Tjutschew einer der größten Lyriker der russischen Literatur war.
Ich kannte bis dato ja höchstens „Krieg und Frieden“. Auf jeden Fall hat Herr Tjutschew in zwei Sätzen das erklärt, was uns Fußballfans und vor allem den bedauernswerten Spielern der „Elftal“ gestern Abend in Basel widerfahren ist: „Russland ist mit dem Verstand nicht zu begreifen. Mit der gewöhnlichen Elle nicht auszumessen;Es hat einen besonderen Charakter – An Russland kann man nur glauben.“ Natürlich hat nach nach der ersten herben Niederlage gegen Spanien keiner mehr an Russland geglaubt, selbst „Mütterchen“ nicht mehr. Aber gestern sind wir eines Besseren belehrt worden. Waren die Russen so gut, oder die Holländer so schlecht? Ich glaube, ersteres. Und vor allem in der Verlängerung offenbarten die russischen Spieler, kaum der Pubertät entwachsen, eine Physis und Spielfreude, die jenseits der 90 Minuten wohl selten zu erleben ist. Klar, Verlängerungen sind ja auch selten. Und dazu diese präzisen Schüsse auf das holländische Tor. „In der Tat“: ein verdienter Sieg. Bemerkenswert einmal mehr, dass völlig in der Unterzahl anwesende „gegnerischen“ Fans die orangene Wand in Grund und Boden gesungen haben. Noch vermag ich nicht daran glauben, dass uns die Italiener und Spanier heute Abend ein ebenso faszinierendes Fußballspiel zeigen werden, zudem noch ohne Signore Gattuso, aber ich freue ich mich trotzdem auf das letzte Viertelfinalspiel. Die Holländer holen derweil ihre Fahnen ein und wollten auch heute morgen im Nordhorner Tierpark so gar nichts von Fußball wissen. Nichts mehr mit „Oranje boven“. Aber, hier so zwei Kilometer Luftlinie zur Grenze wohnend: Ein wenig fühlen wir schon mit ihnen. 

Sommermärchen reloaded ?
Bis auf das schlechtere Wetter in diesem Jahr nähert sich Fußball, ach was….ganz Deutschland wieder dem runden Siedepunkt des Sommers 2006. Und ist diesmal „nur“ das Halbfinale einer europäischen Meisterschaft erreicht, das „wie“ ist wohl der entscheidende Faktor für das erneute „Wir Gefühl“: So manch einer, der seine Autofahne nach der Vorrunde schon wieder abgebaut hatte, hat sie für die Nachbarn natürlich nur zum Waschen abgenommen und flugs wieder angebaut. Es war ein tolles Spiel einer Mannschaft, die die Lehren aus den drei Vorrundenspielen gezogen und diese in faszinierender Art und Weise auf dem Platz umgesetzt hat. Und endlich hat auch die Nordhorner und Essener Fußballseele Grund zur Freude am runden Leder. Neben dem nun wieder so hochgelobten Duo „Schweini und Poldi“ kommt die gesamte Mannschaftsleistung fast zu kurz und „Schweini“ schon zuviel zu Wort. Und das sich der Bundestrainer hinter seinem Gläskäfig eine Zigarette angesteckt hat, finde ich schon wieder kultig und durchweg menschlich. Am nächsten Tag in der Pressekonferenz, wohl die erste, die ich überhaupt einmal live verfolgt habe, wirkte Jogi Löw aber so, als ob er vielleicht doch eine Zigarette zuviel geraucht hat, denn ständig mußte Harald Stenger für ihn irgendeinen Knopf drücken oder einen Tip per Fingerstubser geben. Aber zurück zu dem Glaskäfig: Diese permanenten Kameraeinblendungen hoch zur sogenannten Skybox haben mein Unverständnis über diesen Aufenthaltsort während der 90 Minuten für die zahlungswillige Kundschaft nur verstärkt. Aber wer sich vorzugsweise hinter Glas aufhalten mag und dem Verein dafür ein mehr an Eintritt bezahlt, bitte gerne. Die Impressionen nach dem Spiel waren dann ebenso schön wie das Spiel selbst, denn die Feierlichkeiten der deutschen Spieler hat man so wohl kaum erwartet, und ich jedenfalls noch nie gesehen. Das wiederum kann aber auch an dem Gutsherren Pils liegen, welches Berry kredenzt hat. Nichts für empfindliche Mägen. Aber, ich hätte ja auch „nein“ sagen können. Fazit: Super Spiel, Feierstimmung allenthalben und ein Trainerteam, welches funktioniert.
Wir sind Gomez
Da wo ich bin, sportlich ja unten ist, bin ich heute nicht nur „Jogi“wie alle, sondern eben auch „Gomez“. Für den Fall nämlich, das unser einziger Sturm (Podolski) ausfällt, müssen es zu Beginn doch wieder die Nullinger Klose/Gomez richten. Natürlich war der Ball eigentlich auf dem Weg in das Tor, er hat eben nur nicht mit einem Mario Gomez gerechnet. Aber, was erlauben wir uns eigentlich: Zum einen sollten wir Hobbyfußballer diesen Ball auch erst einmal im Tor unterbringen, und zum anderen ist es ein Profifußballer, der sein erstes grosses Turnier spielt, 22 Jahr jung ist und von halb Europa mit Angeboten verwirrt wird. Was das bedeutet haben wir schon bei anderen Spitzenkicker gesehen. Und, ein Miroslav Klose spielt für mich keinen Deut besser. Wir sind also ohne Sturm bis in das Viertelfinale gekommen. Und wenn Mario Gomez dann doch ein Tor gelingen sollte, dann würden wir ihn doch wieder hochleben lassen. Viel mehr verwundert mich da schon der Einsatz von David Odonkor. Ich hätte allen aussortierten wie zum Beispiel dem Gladbacher Marin mehr zugetraut. Aber spätestens mit Anpfiff sind alle taktischen Überlegungen meinerseits sowie Millionen anderer Bundestrainer Makulatur. Dann gilt es nur zu hoffen, dass Christiano Ronaldo nicht wieder so einen genialen Freistoss in das Tor hämmert. So eine Flugbahn, die kann es eigentlich überhaupt nicht geben. Vielleicht sollte „Schweini“ ihn schon recht früh spielunfähig umschubsen. Ronaldo wäre draussen, Schweini auch und könnte sich so wieder Frau Merkel widmen.
Hopp Schwiiz…… die Italiener
Von den italienern haben wir in der Schweiz nicht viel mitbekommen.
Ich möchte eigentlich auch nur endlich meinem momentanen Lieblingsspieler huldigen: Die Rede ist von Gennaro Gattuso. Keiner ist schon so emotional in die Nationalhymne verwoben wie Gennaro Gattuso: Suchen scheinbar einige Kollegen überhaupt erst nach dem Text, kneift Gennaro die Augen zu und singt munter drauf los. Zudem gibt er im Spiel niemals auf und hat es im selbigen gegen die Franzosen gestern abend geschafft, nach exakt 20 Sekunden des Spieles und drei Grätschen auf dem Boden zu liegen. Irgendwann wurde Gennaro ausgewechselt: Er hatte seinen Job erledigt, Gelb kassiert und beim Abgang die italienische Fahne auf seinem Trikot geküsst. Der Dank dafür: Stehende Ovationen und die Gewissheit: Mögen die Tonis dieser Fußballwelt die Tore erziehlen und den Ruhm ernten, aber die, weswegen wir das Spiel lieben, sind die Gennaros.

Hopp Schwiiz…… das Déjà-vu
Keine Frage, Holland spielt bislang den besten Fußball in diesem Turnier. Von der Nummer 1 bis zur Nummer 23 scheint alles zu passen. Nur, wer ist denn nun wirklich der Trainer? Marco van Basten oder doch Rinus Michels? Oder Marco Michels oder Rinus van Basten? Da herrscht schon eine frappierende Ähnlichkeit vor. Folgendes Foto zeigt übrigens…….äh………..

Hopp Schwiiz…… das Fernsehen
Logischerweise haben wir die Berichterstattung und die Spiele der EURO in der Schweiz vorzugsweise auf einem Schweizer Kanal geschaut. Allabendlich versammelte sich eine illustre Runde honoriger Fußballexperten vor dem einzigen TV Gerät im Hause. Während ARD und ZDF nach wie vor mit der geballten Kompetenz von Netzer/Delling sowie dem Trio Kerner/Klopp/Meier glänzen und die singulare Moderation bevorzugen, geht das schweizerische Fernsehen einen anderen Weg und setzt auf Co – Kommentatoren. Und das hat meines Erachtens wunderbar geklappt und mir als Zuseher viel Spaß bereitet. Sogar ein Comeback gab es auf diese Weise zu verzeichnen: Neben dem Liebling der Schweizer als Kommentator, dem „Berni national“ saß Volker Finke. Mal abgesehen von den Floskeln des Moderators („Der Kurde steht nicht stramm, wenn die Türkei ruft“) und den diversen dialektischen Verständigungsproblemen gab Volker Finke eine klasse Vorstellung als Moderator. Logisch sein Fachwissen, überraschend seine Emotionen und gar erstaunlich sein Sprachwitz. Ebenso lässig und vom Fach agierten die anderen Co – Kommentatoren Toni Polster und Jörg Stiel. Jeder von ihnen würde sicherlich einen positiveren Moderator abgeben als zum Beispiel „unser“ Fußballmiesepeter Steffen Simon. Schon zur WM hat Herr Simon seinen Kreuzzug gegen den Spaß am Fußball geführt. Einen Abend mußten wir Fußballfreunde uns im übrigen einer weit höheren Macht geschlagen geben: Rosamunde Pilcher bat zum mittriefen. Schön, das es Bücher gibt.

Hopp Schwiiz…… die Niederländer
Auf der Hinfahrt hatte ich ja mit ihnen gerechnet, dass uns die Niederländer, respektive Holländer, aber gestern auf der Rückfahrt auf Schritt und Tritt begleiten, damit hätte ich nicht gerechnet. Unglaubliche Massen an orangenen Absurditäten wälzten sich genau wie wir gestern die 850 Kilometer gen Heimat. Und auch während der Woche waren sie überall und nirgends zu finden. Und vor allem zu hören: Und so richtig laut wurde es zum Beispiel immer dann, wenn eine Gruppe bierseliger Oranjes irgendetwas anderes in Orange entdeckte: „Ole,oleoleole, Holland,Hollaaaaaand“. Das es sich bei der Spezies kaum um Fußballfans traditioneller Prägung inklusive Fachwissen handelt, weiß auch der niederländische Rechtsanwalt van der Meche zu berichten, der die Fanszene sowohl auf Clubebene als auch die der „Elftal“ seit Jahren beobachtet: Für den Supporter der „Elftal“ ist Fußball im Prinzip Nebensache: Wichtig ist die Party, eine möglichst lächerliche Verkleidung und die Hoffnung auf eine TV Kamera. Das erklärt auch, warum die Oranjes im Stadion oftmals eher ruhig sind, denn die Party findet draussen statt. Diese karnevaleske Form des Fandaseins alle zwei Jahre hat sich vielleicht zum einen aus dem Individualismus der Niederländer entwickelt, leider aber auch aus der tiefen Abneigung der Fans auf Clubebene untereinander, die lieber wegbleiben, als bei einem Länderspiel nebeneinander zu sitzen.



Hopp Schwiiz…… die Schweizer
Nach dem heimischen Sommermärchen war ich ja schon gespannt, wie die Schweiz ( in Kooperation mit Österreich) das grösste Fußballereignis im eigenen Land seit der WM von 1954 zelebriert. Nun habe ich ja „den“ Schweizer als ruhigen, optimistischen und stets humorvollen (Z)Eidgenossen kennengelernt. Und scheinbar fliegt hier auch keine Kuh, wenn das Imperium UEFA Besitz von einem nimmt, denn im Geschäftssinn ergänzen sich der Schweizer und die UEFA wahrscheinlich sehr gut. Bedingt durch die nebulöse Anreise gab es rein optisch nicht viele Hinweise auf die EURO. Und geflaggt wurde auch nicht größer, aber vor allem nicht weniger als noch im letzten Jahr. Denn die Schweizer haben auch sonst ein Faible für Fahnen und beneidenswerterweise auch überhaupt keine Identitätsprobleme. Schließlich gilt es so viele Sprachen, Kulturen und Bündnisse unter dem Schweizer Kreuz zu vereinigen. Warum also sollten sich Städte,Kantone und der Staat auch abseits des Fußballes damit zurückhalten, Flagge zu zeigen. Und ein modischer Hingucker ist das weisse Kreuz auf rotem Grund allemal. War es in den Alpen aber noch recht schwer, überhaupt einen richtigen Hinweis auf die EURO zu finden, so beruhigte mich unser Besuch in Bern dann doch: Hier gab es ein Merchandising, welches seines gleichen sucht. Und auch die Fanzonen waren gut positioniert, aber tagsüber ob der schönen Stadt ein wenig fehl am Platze. Nach dem Stadtbummel mußte ich natürlich unbedingt noch an den Ort des WM Titels von 1954. Rein geographisch zumindestens, denn das alte „Wankdorf“ wurde ja durch das moderne „Stade de Suisse“ an gleicher Stelle ersetzt. Das neue Stadion ist leider von außen kaum noch als solches zu erkennen und die Paranoia der UEFA ist fast noch ausgeprägter als die des großen Bruders FIFA: Alles was zu verhüllen war, wurde verhüllt, und jede Kamerabewegung meinerseits entweder unterbunden oder argwöhnisch beobachtet. Muß das sein? Übrigens: Die einzigen Fußballfans, die sich definitiv auch optisch als solche zu erkennen gaben, das waren natürlich, wie kann es auch anders sein: Unsere lieben Nachbarn aus den Niederlanden. 


r.





Hopp Schwiiz
Also ich sollte wirklich damit aufhören, mir im Vorfeld eines Ereignisses schon den Kopf zu zerbrechen: Die Fahrt am Eröffnungstag in die Schweiz war schon fast tiefenentspannt. Ab und zu mal ein Wohnwagen oder ein Auto, dessen Insassen den Eindruck vermittelten, die Stadtreinigung sei auf Betriebsausflug. In Baden-Baden stiessen dann einige tschechische Fans dazu, aber das war es dann auch schon mit Reisenden in Sachen Fussball. Und an der Grenze? Einmal freundlich durchgewunken und schwupps, wir waren in der Schweiz. Das grösste Problem, um auf den Hasliberg zu kommen, stellte dann das Wetter dar, denn der Nebel legte sich so dicht um die Berge, so dass wir die Serpentinen relativ blind bewältigen mussten. Aber auch das ging natürlich gut, und ein wenig Nervenkitzel im Auto: Das hat mir auch Spaß bereitet. Abgesehen von einer wunderschönen Woche in den Alpen, gab es auch ohne Eintrittskarte viele Eindrücke rund um den Fußball und die Europameisterschaft. Alles , was damit zusammenhängt, verfasse ich dann unter dem Titel „Hopp Schwiiz, Teil XY“. Oder so.

Grüezi [‚ɡrʏetsʰi]
So, in ein paar Stunden geht es los in eines der Gastgeberländer der EM 2008. Durch das heimische Fußballdrama hatte ich noch gar keine Zeit, mich in die Materie einzudenken. Wer könnte den Titel holen? Bei der WM würde ich jetzt mit einem Ausschlußverfahren beginnen. Hier funktioniert das nicht so ganz. Den Gastgeberschub traue ich aber eher der Schweiz als den Österreichern zu. Ich lege mich mal fest: Im Halbfinale sehen wir Deutschland, die Schweiz, Italien und Russprom. Aber, ich habe auch nicht auf einen RWE Abstieg getippt. Mir persönlich fehlen natürlich ungemein die Engländer. Und damit meine ich nicht „Becks“ und seine lebende Dürreperiode, sondern ein völlig beflaggtes Stadion, „Rule Britannia“, Elfmeterdramen und die englischen Kommentatoren („Dynamite, absolute Dynamite“). Trauern werden sicherlich viele Sensationsreporter, die schon ein umgefallenes Bierglas zu barbarischer Randale umfunktioniert hätten. Und den speziellen Humor der britischen Revolverblätter können auch die polnischen Kollegen nicht im Ansatz kopieren. Spannend wird es auch sicher auf den Autobahnen zugehen. Ich bin sehr gespannt, wieviel Reisende in Sachen Fußball Morgen unterwegs sind. Wir stellen uns einfach auf viele Wohnwagen ein. So, sofern ich nicht spontan eine Möglichkeit finde, mal Eindrücke einzustellen, macht auch „ISDT“ eine Woche Kurzurlaub in der Schweiz. Danach aber gibt es Eindrücke, und Fotos von der EM, vielleicht sogar noch mit einem Spiel? ich glaube nicht daran. Also, Adieu….

Vorfreude
Erste kleine Anzeichen
In weniger als drei Monaten beginnt die EM 2008 und so richtig denkt noch keiner daran. Richtig so, denn zunächst sollen sich die Spieler des SV Eintracht mit Anstand aus der Oberliga verabschieden, und die Spieler des RWE wenigstens in der Drittklassigkeit verbleiben. Aber, den ein oder anderen kleinen Blick Richtung Alpen kann man schon mal riskieren und von daher beginne ich mit Grüssen aus Bern und dem Hinweis auf folgende lesenswerte Seite: http://fussballblog.espace.ch/ 

Den Geist von Spiez gefunden und für gut befunden
Zum 1.: Wir wandern aus! Zum 2.: Ich war da! Und zum 3.: Es war ein wunderschöner Urlaub. Aber alles schön der Reihe nach. Momentan kämpfe ich noch mit ganz anderen Problemen: Meine erste Tüte Chips seit Wochen ist so fettig, so dass ich ständig von der Maus abrutsche ;-). Ein Grund mehr, auf dieses „Zeug“ zu verzichten. Hände gewaschen, Maus geputztund weiter gehts: Punkt 1 überspringe ich mal, ist nur ein Gedankenspiel. Den 2. Punkt kann ich natürlich nicht überspringen, denn im weiteren Sinne ist dieses ja immer noch eine Seite rund um ebensolches Leder. Und somit haben Mareike und ich uns aufgemacht, dieses berühmte Hotel Belvedere
in Spiez am Thuner See zu besuchen. Es ist ja eigentlich „nur“ ein Hotel, ein wunderschönes und grosses zwar, aber halt nur ein Hotel. Und doch umgibt es für mich und wahrscheinlich für viele andere Besucher eine ganz besondere Aura. Dazu kommt auch noch, dass sich der Ort Spiez baulich gesehen, seit der WM 54` nicht wirklich verändert hat. Und wenn, dann nur behutsam und an die Natur angepasst. Auch an der Rezeption wurde meiner Bitte nach Fotos sofort und mit Augenzwinkern zugestimmt. Wie schon erwähnt: Die Spezies (Spiez = Ableitung von Spezies ?) Tourist mit Kamera und RWE Hut auf war bestimmt schon öfter da ;-). Und somit habe ich etwas von aussen fotografiert, den Saal in dem Sepp Serberger seine Pressekonferenzen abhielt und die Theke, wo mein Lieblingsspieler Helmut Rahn sein Pilsken trank. Das in der dritten Etage die Zimmer gekennzeichnet sind, und noch viel mehr Memorabilien ausgestellt sind, dass habe ich erst heute bei der Recherche für diesen Post durch folgenden Webeintrag einer Reisegruppe erfahren und bin daraufhin fast kollabiert: „Unsere Reisegruppe interessiert bei der Ankunft nur das Eine: Welches Zimmer bekomme ich? Auf den Türen in der dritten Etage prangen Goldschilder mit den Namen der deutschen Spieler, die damals dort übernachteten: 310 Sepp Herberger, 302 Horst Eckel/Hans Schäfer, 303 Fritz Walter/Helmut Rahn, 306 Ottmar Walter/Werner Liebrich. Die Zimmerschlüssel werden durchgereicht zu Kollegen, die vor Freude die Faust ballen. Endlich, meiner: 311, Paul Mebus/Toni Turek. Mir läuft ein Schauer über den Rücken: das Zimmer vom „Fußball-Gott“! Für diesen berühmten Ausruf erhielt Radioreporter Helmut Zimmermann damals von seinem Intendanten einen strengen Verweis wegen Blasphemie. Doch fest steht: Toni rettete mit seinen tollen Paraden den Sensationssieg gegen den haushohen Favoriten Ungarn.Das Zimmer ist für zwei Menschen recht klein, mit Blick auf das Dorf und den Niesen, den Hausberg von Spiez. Klar, das einfache Waschbecken von damals ist nicht mehr da. Das Haus wurde auf zeitgemäßen Vier-Sterne-Komfort gebracht. Zurück im Erdgeschoss geht`s in den Bankett-Saal, in den „Chef“ Herberger stets zu seinen Pressekonferenzen lud. Hier fielen unvergessene Fußball-Weisheiten: „Der Ball ist rund.“ Und: „Ein Spiel dauert 90 Minuten.“ Und: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“In der Mitte des Raumes thront ein Modell des alten Wankdorf-Stadions, rundherum stehen Vitrinen mit Originalgegenständen: Fotos, Autogramme aller Kicker, Wimpel, die ersten Fußballstiefel mit Schraubstollen, Schriftstücke, Trikots, das echte WM-Plakat“. DAS hätte man mir doch sagen können….. nein, sogar müssen. Aber, ein Grund um nochmal herzukommen.
Vielleicht ist es an dieser Stelle für Filmfreunde ja auch ganz interessant zu erfahren, dass der Film „Das Wunder von Bern“ zwar am Thuner See gedreht wurde, aber nicht mit der Fassade des Original Belvedere, sondern mit der des Hotel „Hirschen“ auf der anderen Seeseite. Das ist mir aber auch erst heute aufgefallen, als ich mir nochmal die DVD vorgenommen habe um entsprechende Sequenzen abzufotografieren. Dieses habe ich dann nicht getan, weil das wäre ja geflunkert. Aber für die Optik kann ich diesen Tausch nachvollziehen, denn das Belvedere erreicht man nicht direkt vom See aus, sondern eher unspektakulär über recht kleine Dorfstrassen. Aber einmal dagewesen zu sein, das war schon klasse. Anbei ein paar Eindrücke ;-):







Der Geist von Spiez
Bis vor einigen Stunden war ich noch völlig gelassen ob der Tatsache, dass unser baldiges Urlaubsziel die Schweiz
sein wird. Ein ruhiges Land, liebe Verwandte, genau richtig also um die letzten aufreibenden Wochen hinter sich zu lassen. Und die Tage dort ein wenig vorausplanend guckten wir mal bei „googlearth“, wie weit es wohl vom Urlaubsort bis an den „lago maggiore“ sein wird. OK, weit und zudem müssen wir durch einige Tunnel. Die mag ich nicht besonders, könnten mir ja auf den Kopf fallen ;-). Dann „flogen“ wir mal in die andere Richtung und an einem See, ca 40 km entfernt. An einer Spitze liegt ein Ort namens „Spiez“: Der Himmel lachte, die Engel sangen und bei mir läuteten alle Glocken: Es ist genau DAS „Spiez“ mit genau DEM „Hotel Belvedere“ wo weiland Sepp Herberger eben jenes Wunder von Bern begründete . Ich bin hin und weg und freue mich jetzt schon wahnsinnig darauf, auf dem Balkon zu stehen, wo auch Helmut Rahn und Mitspieler standen. Das ist irre, oder? Ich denke ich weiss dann bald wohin mit den Bildern ;-). 

