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Cappeln-Hagelage Ost

Es ist 23:30 Uhr auf dem Rastplatz Cappeln-Hagelage Ost auf der A1, halbe Strecke zwischen Essen und Hamburg gelegen. Sanfte Nebelschwaden ziehen über die angrenzenden Felder, die Trucker sich ihr Schlafshirt an. Die letzte Zigarette ist geraucht, der letzte Smalltalk gehalten. Es gilt die Ruhezeiten einzuhalten, bevor es wieder auf die Bahn gehen darf. Keine außergewöhnlichen Vorkommnisse also. Somit bekommt auch keiner mit, dass ein Wagen mit Essener Kennzeichen leise auf den Rastplatz rollt und die Lichthupe zweimal betätigt (Gut, dass man sich vorher auf zweimal geeinigt hat, denn eintausendneunhundertundsiebenmal wäre für ein Geheimtreffen dann doch des Guten zu viel gewesen). Aus dem Dunkeln heraus blinkt nun ebenfalls zweimal die Lichthupe, und wie von Geisterhand gesteuert rollt aus dem Unterholz ein Fahrzeug der gehobeneren Klasse mit Kennzeichen HH dem Wagen mit Essener Kennzeichen entgegen.

Ein Fenster öffnet sich langsam und ein leises „Marcus?“ ist zu hören. Gegenüber geht eine Autotür. Ein Mann steigt aus, schüttelt sich vom langen Sitzen vergeblich die vierte Liga aus den Beinen und antwortet ebenso leise „Christian?“….

Natürlich hat sich die erste Kontaktaufnahme zwischen unserem neuen Trainer Christian Titz und Marcus Uhlig so nicht zugetragen. Und nein, es stand auch nicht schon seit fast dreizehn Tagen fest, dass Karsten Neitzel seines Amtes enthoben werden würde. Man schätzte Karsten Neitzel und seine Arbeit an der Hafenstraße, wusste um einen Trainer, der fachlich wie menschlich durchaus zu den besseren der letzten Dekade an der Hafenstraße gehört hat. Dummerweise konnten die Ergebnisse dieses nicht belegen und  rutschte ihm auch der ein oder andere etwas unglückliche Satz heraus. Das emotionale Umfeld an der Hafenstraße leicht verärgernd. Die Punkte, diese untrügliche Kennziffer erfolgreichen Arbeitens, sie stimmten einfach nicht mehr mit den Ansprüchen überein. Zu wenig davon wurden unter Karsten Neitzel erreicht. Und das nach dem so erfolgreichen Saisonbeginn.

Trotzdem hatte man weder einen neuen Trainer auf dem Schirm, noch die Absicht, den alten von seinen Pflichten zu entbinden. Gleichfalls aber sah man schon die Stimmung der letzten Saison; sah die Unzufriedenheit auf den Rängen, die sich immer öfter auch in dem einfachen Reflex „Trainer raus“ Gehör verschaffte. Eine verfahrene Situation für alle im Verein, dreht man doch gerade im Kader alles auf Links, hört dazu die Wünsche und Vorstellungen des Trainers. Und kein Witz: Auf keiner Rechnung stand bislang der Titz!

Es werden schwere Stunden gewesen sein, in welchem die Erkenntnis gereift ist, dass der „Rucksack“ auf Karsten Neitzels Rücken für 2019/20 vielleicht ein doch zu schwerer sein könnte (Wir alle schleppen dieses unförmige Teil seit „Lübeck“ mit uns herum, wissen wie schwer es wiegt).  Wer auch immer jetzt den Namen Christian Titz in das Rot-Weisse Spiel gebracht hat….ich weiss es nicht. Was ich weiss ist, dass es eine Option war, die sich ziemlich plötzlich und unerwartet ergeben hat. Es gab keine Verhandlungen im Vorfeld mit Christian Titz, während fröhlich weiter mit Karsten Neitzel geplant wurde. Es hat sich alles auf eine Schnittstelle zugespitzt, an welcher fast zeitgleich eben jene zwei Entscheidungen getroffen wurden. Manchmal ist das halt so, und hoffentlich endlich zum Wohle von Rot-Weiss Essen (und somit von uns allen, denn wir sind der RWE!)!

Lieber Karsten Neitzel, es hat auch bei Ihnen nicht sein sollen. Wer weiss, bei wem es überhaupt eines Tages passieren wird. Auf jeden Fall danken wir Ihnen für die Zeit an der Hafenstraße.

Christian Titz also nun der amtierende Trainer an der Hafenstraße. Ja, was soll man dazu sagen? Medial als Königstransfer; als Kracher, Transferhammer und Lösung für fast alle Probleme gehandelt, die ein viertklassiger Verein eben so haben kann. Ich musste ihn erst googeln…. fand ihn aber sehr sympathisch in der Pressekonferenz und auch seine berufliche Vita gibt durchaus Anlass zur Hoffnung, mal etwas längerfristig auf der Trainerposition denken zu dürfen. Lieber Herr Titz, herzlich willkommen anne Hafenstraße. Machen Sie sich unsterblich. Keiner kann vorher erahnen, was sportlicher Erfolg mit Rot-Weiss Essen bedeutet. Glauben Sie mir, etwas vergleichbares würden Sie nie wieder erleben. Diese Leidenschaft für diesen Verein. Diese Sehnsucht nach was besseres. Helfen Sie uns dabei und Sie werden erleben, wie wir Fans Ihnen und unserer Mannschaft helfen können und werden. Nur der RWE!

Nichts genaues weiss man nicht.

Allein die Fakten weisen uns mal wieder den Weg. Wie schon immer. Fakt heute: Der Trainer Giannikis hat sich anderweitig entschieden; die schnelle Sehnsucht nach was Besseres war kurzfristig größer als eine langfristige Beziehung mit dem Besten. Im Nachhinein habe ich kurz mit dem letzten Beitrag gehadert, da möglicherweise ein wenig Richtung sozialromantischer „Vollhorst“ geschrieben. Aber es blieb bei kurz, denn rein faktisch (sportlich) hat es gepasst und außerdem konnte Herr Giannikis so auch noch einmal schwarz auf weiß nachlesen, um welchen Verein es sich überhaupt bei Rot-Weiss Essen handelt und was uns sportlicher Erfolg bedeuten würde. Vielleicht wusste er das nicht.

Wie sich nun alles ganz genau abgespielt hat; wir werden es nie erfahren! Und wenn doch, dann wie immer im Fußball natürlich von allen Beteiligten zu eigenen Gunsten geschildert. Es ist aber auch nicht mehr wichtig, da ein Fakt geschaffen wurde. Doch jetzt bedarf es es einen weiteren, entscheidenden Fakt, denn auch der RWE möchte ja den nächsten Schritt gehen und nicht nur der scheidende Trainer: Es wäre am besten für alle, wenn sich die Wege zu sofort trennen. Zu viel steht für den RWE in der kommenden Saison auf dem Spiel, als das Restsaison und Planung 18/19 (die in Anbetracht der Tabellensituation auch schon eine Vorbereitung auf die kommende sein wird) in die Hände des scheidenden Trainers gelegt wird, der zeitgleich schon für seinen neuen Arbeitgeber plant, planen muss. 50% für Arbeitgeber und 50% für zukünftigen Arbeitgeber sind unter dem Strich 100% Mist. Fakt!

Zudem würde man damit auch jener Gefahr aus dem Wege gehen, dass unsere gerade wieder gestärkten Spieler (Ja, unbenommen ein Verdienst von Herrn Giannikis) wieder verkrampfen, droht dem Trainer nun bei jedem Spiel von den Rängen ein Spießrutenlaufen; geraten wir in Rückstand oder verlieren dieses sogar. Wir sind schließlich nicht die sensibelsten und fairsten im Umgang mit denen, die uns enttäuschen. Fakt also hier: Atmosphärische Störungen lassen sich kaum vermeiden, belasten die Mannschaft, schaden somit einmal mehr dem Verein! Vielleicht hat der VfR Aalen ja den Arsch in der Hose und löst seinen zukünftigen Trainer aus, so dass unserem RWE keine weiteren Kosten entstehen.

(Wer seine Partnerin für eine neue verlässt, kann ja auch nicht erwarten, noch Monate bis zur endgültigen Trennung bei der zukünftigen Ex zu wohnen und von ihr versorgt zu werden. Schon gar nicht, hat man sich heimlich schon mit der Neuen getroffen. Gut, bewusst weit hergeholt, denn schließlich gibt es noch einen gültigen Vertrag zwischen RWE und Herrn Giannikis, den alle Seiten zu beachten haben. Und wie wir ja alle wissen: Verträge im Fußball sind NATÜRLICH von hoher moralischer Instanz und werden NATÜRLICH immer eingehalten…)

All diese Fakten haben nun unter dem Strich ein Ergebnis gebracht, welches wir eigentlich für längere Zeit nicht mehr in Verbindung mit unserem harmonischen Kuschelverein lesen wollten: Rot-Weiss Essen ist einmal mehr auf der Suche nach einem neuen Trainer. Und wie immer bleibt gefühlt nur dieser eine Schuss, der sitzen muss. Außerdem wird die Suche von Mal zu Mal ja nicht leichter und kommt auch kein Übungsleiter mehr der Tradition wegen zu uns. Oder der längst vergangenen Erfolge. Lotte und Aalen können mehr bezahlen. Köln und Rödinghausen, auch für die lässt man uns gerne sausen. Dafür sorgt schon der jeweilige Gönner.

Die Gerüchteküche brodelt mittlerweile direkt bekannt gut, viele Namen wurden schon in den Topf geworfen. Viele mischen mit, manche bringen sich sicher selbst noch ins Spiel. Rot-Weiss Essen schließlich immer auch ein Fegefeuer der Eitelkeiten. Manchmal auch das eher hinderlich als zielführend.

Zielführend sollte nun jedoch die Suche angegangen werden. Hilfeich wäre jetzt ein wahrer Netzwerker, der diesen einen Kontakt hat, der von einem weiss, der einen modernen Fußball spielen lässt. Überhaupt Fußball spielen lässt. Der nicht vom nächsten Schritt in seiner Trainerkarriere faselt, sondern froh ist, die Chance RWE zu bekommen. Zudem sollte er frei sein von unzüchtigen Gedanken und zweideutigen Angeboten anderer (Vereinen) eine eindeutige Absage erteilen können.

Es wird also gesucht: Ein für den Job dankbarer Moralapostel, der den Giannikis Stil aufnimmt und zur Vollendung weiterentwickelt. Ein junger, moderner Trainer, der sukzessive neue Spieler verpflichtet, die ihrerseits allesamt einschlagen und Aufstieg können. Ein Trainer, der ein Training entwickelt, bei dem sich keiner mehr verletzen wird und dem Teambuilding wichtiger ist als seine eigene Beziehung. Ein Trainer, der auf Ausstiegsklausel und teures Gehalt verzichtet und am liebsten seinen Feierabend im Hafenstübchen verbringt um die Rot-Weisse Seele kennenzulernen.

Jemand eine Idee?

Sein oder Nichtsein

Lieber Herr Giannikis,

es ist weit nach Mitternacht und ebenso weit entfernt von Essen sitze ich in meinem RWE Hoodie hier in Nordhorn und versuche irgendwie noch in Worte zu fassen, was Sie zu einem Bleiben an der Hafenstraße bewegen könnte.

Das ist grundsätzlich natürlich sehr anmaßend von mir, zeigt aber letztendlich nur meine Wertschätzung Ihnen und Ihrer Arbeit gegenüber, die Sie sich unbekannterweise in kurzer Zeit erworben haben.

Und das, ohne unser aller RWE direkt zum Überflieger zu machen und jeden Gegner unter Ihrer Leitung mit 5:0 aus dem Stadion zu schießen.

Nein, das ist es nicht, denn wir stehen weiter auf Platz zehn und der Aufstieg wird auch im zehnten Jahr nicht gelingen. Dieser so ersehnte Aufstieg. Dieses kleine (und doch so große) Stück vom Glück für jeden Fan von Rot-Weiss Essen, welches für uns doch nichts anderes als die größte Erfüllung seit der Erfindung von Stauder bedeuten würde.

Nein, der Wunsch, dass Sie der Hafenstraße eine weitere Zusage geben, anstatt Richtung unbekannt Aalen abzuwandern fusst auf dem feinen Gespür der Fußballfans. Wir haben nicht wirklich immer die fachliche Kompetenz eines Trainers, auch wenn wir es natürlich immer und sofort besser als der jeweilige Trainer wissen. Aber wir können direkt nach Anpfiff ein Spiel lesen. Wissen sofort, wohin die neunzig Minuten führen werden.

Und dieses feine Gespür des Fans hat uns gezeigt, dass Sie die Mannschaft erreicht haben. Unsere Mannschaft, die unser geliebtes Emblem auf der Brust trägt. Unseren Verein verkörpert. Unsere Sehnsucht nach was Besserem. Das Gespür besagte weiterhin, dass dort nun ein angenehm zurückhaltender, akribischer Arbeiter an der Seitenlinie das Sagen hat, der  irgendwie passen könnte, irgendwie passt. Genauer kann dieses Gespür meinerseits nicht erklärt werden, aber es war anders als bei Ihren letzten drei Vorgängern. Und, ganz wichtig: Die Spieler spielen anders als bei Ihren Vorgängern. Nämlich die individuellen Stärken aus. Zudem hat die Verbindung „Trainer – Arbeiter“ hier allein schon so einiges bewegt in den Köpfen der Fans. Denn wir kommen von der Maloche und wollen Maloche sehen. Und wenn der Vorarbeiter noch mehr malocht, dann hat er an der Hafenstraße schon mal gute Karten.

Ich habe auch gar nicht damit gerechnet, dass Sie schon im Fokus anderer Vereine stehen. Das war dumm von mir, sollte ich doch den modernen Fußball so langsam verstanden haben, auch wenn ich mich weiterhin zur Gattung Fußballromantiker zählen darf. Von daher habe ich an Ihre Vertragslaufzeit gar keinen weiteren Gedanken verschwendet, sondern dachte, dass das schon fix ist mit einer weiteren Bindung an unser aller RWE.

Bin also etwas sprachlos gewesen, als ich als ich die diversen Meldungen las und setzte folgenden Tweet ab:

Es soll nicht despektierlich gegenüber dem Verein VfR Aalen klingen, schließlich spielt man dort, wo wir hin möchten. Aber, es ist einfach nur ein Verein, der direkt die dritte Bundesliga ermöglicht. Aber mehr auch nicht. Es wäre ein Job, den Sie sicher genau so intensiv erledigen würden. Aber die Intensität wäre trotzdem nicht mehr die selbe wie rund um den Glutofen Hafenstraße. Aalen ist ein Fußballstandort. Die Hafenstraße in Essen jedoch ist Himmel und Hölle zugleich. Vielleicht die letzte Bastion von Flaschenbier und Kutte. Von Ungehorsam und großer Liebe. Von einer Direktheit, die manchmal wehtut. Aber doch nur Liebe zu Rot-Weiss Essen; zu unserem Verein, bedeutet.

Was auch klar ist: Sollte das Gesamtpaket Trainer/Mannschaft/Verein eines Tages nicht mehr stimmen, würden wir natürlich auch Sie vom Hof jagen wollen. So muss das wohl hier. Und das ist nicht schön. Vielleicht kommen wir deshalb nicht wirklich klar damit, dass ein Trainer, den wir endlich einmal für gut befinden, abgeworben wird. Das steht nicht in der Satzung. EinTrainer, der passt, möchte bitte bleiben. Wir müssen doch mal alle zusammen in die Pötte kommen und gemeinsam etwas aufbauen. Die Umkleidekabine der Hafenstraße hat in den letzten zehn Jahren gefühlt mehr Trainer und Spieler gesehen, als der Petersdom in Rom Pilger. Das muss mal ein Ende finden. Wir müssen uns wieder identifizieren.

Lieber Herr Giannikis, auf angenehme Art haben Sie für eine zaghafte Annäherung zwischen Mannschaft und Fans gesorgt. Etwas Ruhe und durchaus auch Vertrauen in unsere sportliche Zukunft geschaffen. Ohne gleich den sportlichen Himmel auf Erden zu versprechen. Vielleicht bleiben Sie doch noch an der Hafenstraße bei RWE. Glauben Sie mir: Diesen Tag, an dem Sie gemeinsam mit uns die dritte Liga erreichen und den RWE dort  dann trainieren dürfen; danach Woche für Woche eine volle Hafenstraße erleben werden….DIESEN Tag werden Sie im Leben nie wieder vergessen! Dieses Gefühl ist nicht nur unbezahlbar, sondern bietet eine Leidenschaft, die in Aalen keiner kennt. Keiner kennen kann. Aalen ist sicher guter Fußball. Aber Essen ist alles . Und viel mehr.

Bitte bleiben Sie bei uns. Versuchen Sie es wenigstens ein weiteres Jahr mit und für uns.

Rot-Weiss Essen. 111 Jahre um geliebt zu werden. Bei aller Enttäuschung.

Zwischen Szenenapplaus und Sonntagsschuß spielt sich ganz viel Leben ab.

Gibt es eigentlich wissenschaftliche Untersuchungen darüber, wie sich Erfolg und Misserfolg einer Lieblingsmannschaft auf das Wohlbefinden der eigenen Fans auswirken? Gäbe es eine solche, dann könnte diese dem RWE Fan attestieren, aktuell genug gelitten zu haben und unter sportlichem Burnout zu leiden. Entweder man lässt sich also eine AU ausstellen und bleibt der Gesundheit zuliebe Zuhause, oder es wird ein Trainerwechsel verschrieben, der wenigstens kurzfristig für Linderung sorgen könnte. Manchmal hilft diese Therapie sogar langfristig. Aber dafür gibt es zumindest in Essen noch keine gesicherten Erkenntnisse.

An der Hafenstraße wurde also wie bekannt, die gängige Therapie Trainerwechsel verordnet, welche leider stets mit hohen Zuzahlungen an den Ex-Trainer die Krankenkasse verbunden ist. Aber, sie verschaffte diesmal wirklich schnelle Linderung der körperlichen Symptome bei sportlichem Misserfolg: Wurden die Schmerzen gegen den ETB zunächst etwas gemildert, trat nach dem unerwarteten Erfolg in Aachen schon spürbar Erleichterung der verspannten Gedanken rund um den RWE ein.

Und so kam es, dass man vor dem Oberhausen Spiel fast schmerzbefreit aus dem Bett hüpfte und ein lange nicht mehr gekanntes Gefühl erleben durfte: Vorfreude auf ein Spiel der Roten. Danke Trainerwechsel mochte man rufen, ohne den aktuellen Trainer nun über den grünen Klee loben zu wollen; schließlich wirkt er ja noch nicht wirklich lange. Hier also ist man auf die therapeutische Langzeitwirkung gespannt. Auch Viagra wollte erst lange getestet werden, bis es dann eines Tages als Mittel der Wahl feststand und es bei manchem fest stand.

Zur eigenen Verblüffung wollte sogar die ganze Familie mit. Durchaus doch schon infiziert mit dem Rot-Weissen Virus, wohl aber noch nicht zu sehr damit belastet um ihrerseits daran zu erkranken. Somit überwiegt stets die Freude auf ein sportliches Ereignis vor vielen Menschen inklusive Stadionerlebnis. Ich wünschte mir auch einmal wieder eine so unbelastete Herangehensweise an ein Spiel meines RWE. Aber, es war ja heute mit zwei Siegen im Nacken eigentlich nichts, was in jenem sitzen und Schmerzen bereiten könnte.

Auf der Autobahn erst einmal hupend den Bus des Schalke Fanclubs Nordhorn überholt. Wir haben kurz überlegt, sie am nächsten Rastplatz aufzumischen, aber zum einen wissen sie einfach nicht, was sie tun, und zum anderen kennt man den einen oder die andere natürlich auch vom Eintracht Stadion am Heideweg. Warum fährt man nur nach Gelsenkirchen, wenn man als Ziel Essen haben kann? Unbegreiflich!

Rund um das Stadion war verkehrstechnisch weniger los als erwartet. Es haben sich also doch viele Fans eine AU ausstellen lassen. Krank ist krank, das ist dann einfach mal so. Trotzdem waren letztendlich gut 8.200 Fans beider Mannschaften im Stadion. Und wir reden weiterhin vom Krankheitsgrad Liga Vier. Gute Quote also.

Im Stadion selbst standen sich bei diesem Spiel nicht wie gewohnt „Heimkurve“ und Gästeblock gegenüber, sondern wurde temporär ein weiterer Heimblock in der Nähe des Gästeblocks geschaffen. Warum das so war, geht mich nichts an, aber ich hoffe, eine Kritik darf angebracht sein, dass es im Sinne einer besseren Unterstützung der Mannschaft eher suboptimal war. Die Heimkurve, die ja eine Gerade ist, ließ trotzdem gelegentlich aufblitzen, wozu sie an Lautstärke in der Lage ist. Besonders in den Schlussminuten. Ansonsten geht der Stimmungspunkt leider dieses Mal nach Oberhausen. Auch unbegreiflich. Wir sind alle Rot-Weiss. Wir kriegen das hin.

So wie es auch die Mannschaft dieses Mal endlich hinbekam. Die viel in Anspruch genommene Körpersprache eine ganz andere als noch in den Wochen zuvor. Die Raumaufteilung ebenfalls eine ganz andere; die gefürchteten Lücken taten sich einfach nicht auf. Es wurde Gras gefressen. Am Gegner festgebissen, um jeden Millimeter Hafenstraßengras gekämpft. So gehört sich das, so wollen wir das sehen. Folglich gab es in der dreizehnten Minute die verdiente Führung. Es gab nicht nur das: Es gab sogar zur Halbzeit Applaus von den Rängen für die Leistung der eigenen Mannschaft.

Ich wiederhole das hier gerne noch einmal: Es gab sogar zur Halbzeit Applaus von den Rängen für die Leistung der eigenen Mannschaft. Das Spiel der eigenen Mannschaft tat wirklich gut, war eine Wohltat für die geschundene Seele.

In der zweiten Halbzeit gab es dann sogar noch zwei bis drei spielerische Leckerbissen, die den Fan auf den Tribünen zwischen Verzückung und Fassungslosigkeit zurückließ. Warum geht erst jetzt, was all die Spiele zuvor nicht ging? Es gab tatsächlich und verdient somit Szenenapplaus. Sogar aufgestanden wurde auf der „Haupt“, als Marcel Platzek aus dem Spiel genommen wurde.

Es sah also alles gut aus auf dem Feld.  Rot-Weiss Essen wollte unbedingt die Entscheidung. Keine Rede davon, das Spiel zu zerstören, wie anschließend ein Oberhausener Spieler befand. Aber, der hat auch keine Ahnung vom Fußball.

Es sah wirklich gut aus. Vor einigen Wochen noch, da lägen wir schon 1:3 in Rückstand.

Und dann kam der Sonntagsschuß.

RWO glich in der 89. Minute aus dem Nichts aus. Der vielzitierte „Sonntagsschuß“ wurde schneller in den Kasten gezimmert, als Heller reagieren konnte.

RWE versuchte es weiterhin in den Restminuten, aber ohne Erfolg. Der verdiente Dreier blieb somit leider aus, und doch blieb unter dem Strich Applaus für eine engagierte und in vielen Punkten verbesserte Mannschaftsleistung.

Ich war nicht traurig, da eine wirklich gute Leistung der eigenen Mannschaft gesehen. Ich war eher geknickt für die eigene Mannschaft, die sich die drei Punkte wirklich verdient gehabt hätte.

Nun muss weiter gearbeitet werden an der Hafenstraße. In so vielen Bereichen, damit wir wieder eine Einheit werden.

„Schluss mit Gelaber und Vereinsmeierei, wenn ihr heut gewinnt ist das einerlei. Jubeln, Jammern, Spielen oder Stehen wir sind der Verein…
Wir (ALLE) sind RWE“

Rückrufaktion!

Seit vergangenen Sonntag ist das mit dem RWE und den Kommentarspalten mal wieder so wie manchmal in einer ganz normalen Familie kurz vor Weihnachten: Die Vorfreude wurde getrübt, weil einer aus der Familie (Hier: Mannschaft RWE) Mist gebaut hat. Darüber können oder wollen sich andere Familienangehörige, die oft und gerne schlechte Stimmung verbreiten (Hier: Die üblichen Verdächtigen), einfach nicht beruhigen. Und nun soll morgen Abend gemeinsam das Fest (Hier: 1. Runde DFB Pokal) gefeiert werden, so als ob Wuppertal nicht stattgefunden hat. Inklusive Vorfreude. Kaum vorstellbar für so manchen.

Aber warum eigentlich nicht? Zur realen Weihnachtszeit klappt das auch auch jedes Jahr aufs Neue und kommen Unstimmigkeiten (sofern denn vorhanden) erst nach den Geschenken und frühestens am zweiten Feiertag wieder auf. Vielleicht gibt es ja morgen für alle Geschenke (Hier: Aufopferungsvoller Kampf Mannschaft RWE). Auf jeden Fall gibt es volle Hütte, Flutlicht und gutes Bier.

Wuppertal liegt definitiv noch schwer auf der Seele und erst das Heimspiel gegen die Kölner Zweitvertretung wird die daraus gezogenen Lehren zeigen. Wird Wegweiser sein für die nächsten Wochen im viel wichtigeren Alltag Ligabetrieb. Das sollte uns aber trotzdem jetzt nicht daran hindern, dass Pokalduell gegen Borussia Mönchengladbach einfach als willkommenes Fußballspiel anzunehmen und entsprechend zu begehen. Natürlich in dem Wissen: Die Chance auf ein Weiterkommen gegen einen arrivierten Erstligisten ist jetzt wahrlich keine besonders Große. Also komme ich ja eigentlich schon in Erwartung einer Niederlage an die Hafenstraße; so wie die Fans der Borussia ihrerseits von einem deutlichen Sieg ausgehen. Und von nichts anderem.

Und so stellt sich aktuell die Frage aller Fragen: Schon mit schlechter Laune ankommen, weil: Zweiter Spieltag, die Liga ist (angeblich) mal wieder gelaufen, alle raus! Oder trotzdem mit Vorfreude zur Hafenstraße kommen. Wir haben doch eh keine Chance, aber warum sollten wir diese dann nicht wenigstens nutzen? Wer weiss denn schon, was passieren könnte, bleiben die Rot-Weissen so lange wie möglich ohne Gegentor; nehmen die Tribünen mit und starten auf dem Feld eine „Rückrufaktion“ in Sachen Fanunterstützung? Plötzlich trägt man sich gegenseitig durch das Spiel. Auch das könnte passieren.

Alles Spekulationen und  Hoffnungen natürlich (Der Fußball ist eben doch meistens „Hätte, hätte, Fahrradkette“). Verbunden aber trotzdem einmal mehr mit dem tiefen Wunsch danach, sich davon zu verabschieden, dass sportliche Leistungen durch Beleidigungen oder Schuldzuweisungen in den Kommentaren gesteigert werden können. Das tun sie definitiv nicht. Und das ist auch gut so.

Fußballer und Verantwortliche in Zeiten vor „Social Media“ machen sicher jeden Tag die berühmten drei Kreuze, weil ihnen nach schlechten Spielen definitiv viel erspart geblieben ist. Sofern sie es denn gelesen hätten. Was natürlich nicht bedeutet, dass an den Stammtischen und auf den Tribünen seinerzeit weniger gemotzt wurde.

Apropos motzen: Ich würde mir ab und an etwas mehr aktives Coaching wünschen. Ich bewundere unseren Trainer für seine Ruhe und hätte gerne selbst ganz viel davon. Auch braucht es sicher keine wild herumhüpfende „Taxofit Kappe“. Vielleicht jedoch helfen einer Mannschaft gelegentliche Korrekturen inklusive Präsenz in Echtzeit. Man weiß es nicht.

Nach reiflicher Überlegung habe ich mich also nun leichten Herzens dazu entschieden, mich auf das DFB Pokalspiel unter Flutlicht gegen Borussia Mönchengladbach zu freuen. Denn, wenn ich mich nicht freue, wird das Spiel trotzdem gespielt. Und, rein spekulativ: Sollte kurz nach Mitternacht der entscheidenden Elfmeter für uns verwandelt werden, dann hätte ich direkt ein super Geburtstagsgeschenk bekommen. Geradezu unbezahlbar wäre das.

Und nach dem Pokal, dann ist wieder (Niederrhein-)Pokal. Aber dann ist wieder Regionalliga. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir kein „Wuppertal“ mehr erleben werden. Lasst uns mal optimistisch werden.

Nur der RWE!

House of Coaches

Natürlich habe ich vollstes Vertrauen in unseren Verein, dass frühzeitig vor Saisonbeginn ein Übungsleiter namens Trainer sein Amt antreten wird. Das vorab. Es sei aber dem freischaffenden Blogger gestattet, ein innovatives Konzept vorzustellen, welches nicht den Aufstieg, aber jede Menge Miteinander verspricht!

Rot-Weiss Essen geht mal wieder seinen völlig eigenen Weg und verpflichtet zur kommenden Saison einfach…..keinen Trainer. Bääähm! Eine Nachricht, die einschlagen wird wie eine Bombe. Aber warum eigentlich nicht? Wir beleuchten einmal die Vorteile eines solchen Szenarios:

Die Mannschaft trainiert sich selbst. Also das mindeste, was man von guten Fußballern erwarten kann. Schließlich ist es ein gemeinsames Ziel, welches verfolgt wird: Das eigene Runde muss einmal mehr in das Eckige des Gegners. Bekannt auch als drei Punkte Übung. Das eingesparte Gehalt wird derweil in Einkaufswagen investiert. Wer weiss, wann wir die mal wieder benötigen.

Da der Trainingseindruck ohne Übungsleiter natürlich etwas schwammig daherkommt, sich erwartungsgemäß alle Kaderspieler selbst aufstellen würden, muss also doch zusätzlich ein wahrer Fußballfachmann ran. Hier kommt nun der RWE Fan in`s Spiel.

Naturgemäß wissen wir eh` immer alles besser, jagen den Trainer vom Hof, oder schreiben ihn, wie [leider] auch hier schon geschehen, direkt ab. Vergleichen ihn gar mit Kartoffeln oder dergleichen. Wir haben also Ahnung, glauben wir. Und so werden wir von Woche zu Woche auf der Facebook Seite unserer großen Liebe abstimmen, welche elf Spieler in der Startaufstellung stehen werden.

[An den Lösungen, wie nun die Taktik und mögliche Einwechselungen bestimmt werden, muss natürlich noch gefeilt werden. Wir bitten um Verständnis]

Mit dieser Idee einer freien Fußballwelt ohne Trainer könnte folgendes erreicht werden: Keine weiteren Kosten bei eventuell vorzeitigen Trainerentlassungen. Keine einseitigen Schuldzuweisungen mehr, sondern müssen wir Fans uns an die eigene Nase fassen, da möglicherweise  falsch abgestimmt und aufgestellt. Die diversen Foren werden glühen. Kein Abreagieren mehr im Stadion.

Nein! Völliger Schwachsinn diese Gedanken. Es bedarf eines Trainers und wir werden einen bekommen. Spannend mal wieder das Ganze.