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„Nun sei bedankt, mein lieber Schwan!“ (Richard Wagner)

Es klingt vielleicht etwas ungerecht der Mannschaft von Rot-Weiss Essen gegenüber, wenn ich schreibe, dass mein schönster Saisonmoment vergangenen Sonntag um ca. 14:02 Uhr in Nordhorn während der nachmittäglichen Hunderunde stattgefunden hat. Das Handy brummte und es ploppte die Nachricht vom Ausgleich des FSV Zwickau kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit in Wilhelmshaven als Gast des VfB Oldenburg auf. Ein Aufschrei, fast zog es mich gar zu Boden.

Das erste Tor der Oldenburger noch am TV mitbekommen, wollte ich mir das dann lieber doch nicht weiter anschauen und weidete mich in meinem RWE-Fatalismus. Doch änderte dieses Ausgleichstor unerklärlich einiges, wandelte Angst vor dem Abstieg in einen Schwanensee bis zum Abpfiff der Begegnung im Jade-Stadion. Rot-Weiss Essen hat auf der vielzitierten Couch die Klasse gehalten und es bleibt einfach nur zu sagen: Danke FSV Zwickau für diese couragierte Leistung trotz schon feststehenden eigenen Abstiegs. Der VfB Oldenburg ist nach dem Ausgleich regelrecht zusammengeknickt und hat es dann einfach nicht mehr hinbekommen.

Und genau da lag bis zum Ausgleich meine Angst begründet: Hätte der VfB seine letzte Chance auf den Klassenerhalt gewahrt, und die Schwäne meinetwegen mit 3:0 bezwungen, dann wären wir dermaßen in der Verlosung drin gewesen, und hätte der eh schon fast unmenschliche Druck auf Mannschaft und Verein noch ungeahntere Ausmaße angenommen. Ich hätte schlimmes für das letzte Heimspiel gegen einen immer unangenehmen SC Verl befürchtet. Aber nun ist es vorbei, dieses bleierne Gefühl, alles in einer Saison zu verspielen, worauf wir vierzehn lange Jahre gewartet haben. Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Klassenerhalt eben zu RWE gehen.

Fast schon zynisch, dass der FSV Zwickau durch eigenes Leid im Grunde genommen gleich zweimal unseren Drittliga-Poppes gerettet hat. Aus der Erfahrung der vergangenen Wochen und Monate glaube ich nämlich nicht unbedingt, dass wir das Spiel in Zwickau noch gewonnen hätten. Aber es ist jetzt natürlich müßig, sich darüber noch Gedanken zu machen. Wir blieben drin, und Aufstiegshelden bleiben Aufstiegshelden. Auch das ein wichtiger Fakt meiner Gefühlslage. Ich hätte es kaum ertragen können, wenn diejenigen, die uns zum Aufstieg verholfen haben und nicht bleiben dürfen, nun als Absteiger verlassen müssten. So können wir sie nun gebührend verabschieden und sie ihrerseits voller Stolz einer neuen sportlichen Aufgabe entgegensehen.

Engel, Herze und Ötzi (stellvertretend genannt), glaubt nicht, dass wir jemals vergessen, was Ihr und Eure Mitspieler für Rot-Weiss Essen und für uns Fans mit dem Aufstieg und der einzigartigen Pokalsause geleistet haben. Und natürlich auch mit dem Klassenerhalt, denn sicherlich ist dieser nicht nur dem FSV Zwickau zu verdanken. Wir hatten auch den einen oder die anderen schönen Momente diese Saison, die dann tatsächlich zu den Punkten geführt haben, die uns immer über dem Strich hielten. Zwischendurch haben wir uns aber zu sehr darauf ausgeruht, das war vielleicht inhaltlich eher kontraproduktiv. Würde die Saison noch länger dauern, wären wir eventuell doch noch abgestiegen, so wie sich die Dinge entwickelt haben.

Gewinner des vergangenen Spieltags die Fans des VfB Oldenburg! Wie stolz und würdig mit dem Abstieg umgegangen wurde, das nötigte unglaublich viel Applaus ab. Der Zusammenhalt zwischen Mannschaft und Fans war spürbar. Ein ähnliches Szenario bei Abstieg hätte es bei uns leider wohl nicht so gegeben. Das mit dem nachhaltigen Respekt müssen wir noch hinbekommen.

„Vollidiot“

Bis zum Ausgleich der Münchner Löwen war so weit alles in Ordnung, es gab ja auch erstaunlich viel Aufregendes von unserer Mannschaft zu sehen bis dahin. Auf jeden Fall so vieles von dem, was wir speziell in Meppen vermisst hatten. Spielerische Magerkost waren wir schon seit längerer Zeit gewohnt, aber nun gesellte sich auch noch fehlende Hingabe hinzu. Glücklicherweise hat das unsere Mannschaft wohl selbst auch so gesehen und zeigte gegen München Blau von Anbeginn an eine ganz andere Leidenschaft.

Stellvertretend dafür das Solo von Lawrence Ennali bis an die Grundlinie und die akrobatische Abnahme von Ron Berlinski, die tatsächlich sogar noch gefährlich auf das Tor kam. Oder die gigantische Rettungstat von Rios Alonso, bei der wohl so ziemlich jeder Fan eher mit einem Elfmeter rechnete, anstatt sich Sekunden später in torjubelähnlicher Ekstase von Spieler und Heimtribünen wiederzufinden. Und können wir endlich mal aufhören, ständig nur über Ballverluste von Isi Young zu lamentieren, anstatt mal festzuhalten, dass er unseren beiden Toren assistiert hat und mit Pferdelunge versehen immer wieder die Bälle nach vorne schleppt, wenn es sonst kein anderer macht? Der Blut spritzende und frisch tamponiert in die Runde grinsende Berlinski machte das Bild dann so richtig rund. Allen Unkenrufen zu Trotze hat die Mannschaft von Rot-Weiss Essen bewiesen, dass sie lebt, wie es so schön heißt.

Sie wollte das Drama Klassenerhalt endlich klären. Und das wollten auch die, die uns verlassen müssen. Feines Gespür hier auf der Tribüne in Richtung Simon Engelmann, Oguzhan Kefkir und Felix Herzenbruch mittels Produktlinie aus dem Tapetenfachhandel. Vor allem für Ötzi hat es mich sehr gefreut, kochten die Emotionen da nie so hoch wie bei den beiden anderen genannten. Im Falle von Felix Herzenbruch werde ich es weiterhin nicht verstehen, dass von Vereinsseite kein Angebot für eine Weiterbeschäftigung erfolgt ist. Selten wurde eine positive sportliche Entwicklung im Laufe einer Saison so wenig belohnt wie in seinem Falle. Zuzüglich Kapitänsbinde, Eintrag in die Torschützenliste und optimaler Außendarstellung. Was muss man denn als Spieler noch mehr anbieten?

Zurück zum Spiel: Es herrschte also nicht nur am Himmel eitel Sonnenschein, der den einen oder anderen Sonnenbrand zur Folge hatte. Eigentlich hatte es doch immer nur geregnet in unserem Zuhause. Der Klassenerhalt also greifbar nahe, bis zur 65. Minute, da fiel der Ausgleich. Und justament kippte auch die Laune einiger in G1. Nicht, dass sie trotzdem schon auch vorher gemeckert hatten, aber nun wurde so ziemlich jeder Spieler bei einer nicht gewinnbringenden Aktion als „Vollidiot“ bezeichnet. Nach dem 1:2 war eigentlich nur noch Vollidiot zu hören, oder wilde Pöbelei über das Bemühen unserer Spieler. Irgendwann reichte es dann, und mir platzte der Kragen, um für etwas mehr Respekt zu werben. Ich bilde mir ein, es hat gewirkt, denn weitere Beleidigungen in Richtung unserer Spieler blieben danach aus. Gerne können wir gegen Verl darauf zusammen in G1 ein Stauder trinken, aber dieses Kontra musste sein, sonst wäre ich selbst auch eskaliert.

Wo ist er hin, der Respekt vor unseren Spielern? Selbst nach dieser sportlichen Wiedergutmachung weit über eine Stunde bis zum ersten Gegentor und darüber hinaus? So geht das nicht, so können wir nicht mehr miteinander umgehen. Das hat nichts mit rauer Hafenstraße oder Ruhrpott-Charme zu tun, das ist einfach nicht mehr in Ordnung. Wenn doch alles so scheiße ist, dann kann man einfach auch vor sich hin schimpfen und gehen. So als Alternative. Oder unterstützen, wenn ich denn trotz Gegentor die Bemühungen erkenne. Und die waren im Gegensatz zum Meppen Spiel absolut vorhanden. Dort war es völlig in Ordnung, die Unterstützung einzustellen, so sprachlos, wie wir im Gästeblock gespielt wurden. Aber gegen 1860, das war doch ein ganz anderes Auftreten. Das muss doch auch mal honoriert werden. Natürlich gab es in den vergangenen Wochen viele Dinge auf dem Feld zu bemängeln und spielerisch wurden wir wirklich um die Freuden der 3. Liga gebracht, die wir uns nach so vielen tristen Jahren erhofft hatten. Aber das rechtfertigt in keinster Weise, dass wir die Spieler, die unsere Farben vertreten, dann einfach nach Belieben lautstark durchbeleidigen dürfen.

Und musste das sein, schon vor so einem wichtigen Spiel gegen den Trainer zu agieren und damit der Mannschaft ebenfalls eher zu schaden als zu nutzen? Wenn wir das alles aufzählen, was unsere Mannschaft auch durch uns Fans diese Saison auszuhalten hatte, da bin ich manchmal froh, dass sie überhaupt noch so engagiert für Rot-Weiss Essen zu Werke gehen. Diese Saison ist anstrengender als alle vierzehn anstrengenden Saisons davor zusammen. Und das soll wirklich was heißen! Da braucht es keinen Kleinkrieg gegen den Verein, den man doch über alles liebt. Ich dachte immer, wir gewinnen und verlieren zusammen. Aber scheinbar ist dem nicht mehr so. Wir gewinnen natürlich alle zusammen und natürlich nur durch die Unterstützung der Fans. Aber wenn wir verlieren, dann waren es nur die Versager oder Vollidioten auf dem Feld oder an der Seitenlinie?

Ja, klar, die Mannschaft hat das Spiel gespielt, und der Trainer hat sie darauf vorbereitet. Da können wir noch so großartig anfeuern, unser Einfluss darauf ist nun mal begrenzt. Aber wir könnten versuchen, jedes Ergebnis in Würde zu ertragen. Und es ist im Kontext Verein – Mannschaft – Fans nicht immer nur Verein und Mannschaft, die verliert. Manchmal treffen auch wir Fans falsche Entscheidungen, haben einen schlechten Tag erwischt oder was auch immer. Jetzt  haben wir nur noch zwei Spiele in der Liga, sind immer noch nicht gesichert. Vielleicht können wir da mal alle Ressentiments beiseitelegen und unseren Teil dazu beitragen, dass unser Verein, der über allen Befindlichkeiten stehen sollte, endlich diesen verflixten Klassenerhalt eintüten kann. Danach kommt hoffentlich alles auf den Tisch des Hauses, was das erste Jahr in der 3. Liga angeht. Es gibt sicher viel zu analysieren, da bin ich mir sicher. Denn eines ist klar: Wer meint etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden.

Lasst uns nun gemeinsam „Klassenerhalter“ werden und ein gelöstes Pokalfinale gegen RWO spielen. Und dann sollten wir auch noch einigen Aufstiegshelden einen mehr als gebührenden Abschied bereiten. Drei Spiele gemeinsam!

Auf dem Jakobsweg (Kolumne #189)

In der Woche vor dem 14.Mai 2022 hat im Dunstkreis von Rot-Weis Essen wohl kaum jemand wirklich geschlafen. Spätestens nach dem Patzer der heiligen St.Preußen und dem tags darauffolgenden Auswärtssieg in Lotte gegen Rödinghausen war klar: Die Aufregung auf das zwischenzeitlich fast Unmögliche machte es kaum möglich, irgendwie zur Ruhe zu kommen. Das eruptive und anschließend feuchtfröhliche Ende ja noch bestens bekannt.

Exakt ein Jahr später stehen wir wieder vor einem möglicherweise entscheidenden Spiel an einem 14.Mai. Diesmal sind die Vorzeichen allerdings ein wenig anders gelagert, auch wenn eine Sache identisch sein dürfte: Wir schlafen allesamt wieder sehr wenig, sofern wir es mit unserem RWE halten. Den mehrheitlich spielerisch suboptimalen Auftritten der letzten Wochen kam in Meppen dann eine noch schlechtere erste Halbzeit obendrauf, die den Grundstein dafür legte, dass man von einem fast schon designierten Absteiger eine Lehrstunde in Sachen Leidenschaft für das getragene Trikot aufgezeigt bekommen hat.

Es war also wieder nicht an der Zeit, diesen verflixten Klassenerhalt zur Beruhigung so vieler Nerven endlich eintüten zu können. Irgendwie fast schon fatal: Immer, wenn die Tabellenkonstellation auch optisch einen richtigen Sprung nach oben ermöglicht hätte, haben wir dankend abgelehnt und sind lieber kurz über dem Strich geblieben. Glücklicherweise immer mit freundlicher Unterstützung der unter uns stehenden Mannschaften. Und einer stets bärenstarken Leistung von Jakob Golz.

Das sollte an dieser Stelle endlich explizit erwähnt werden. Zu oft sah sich Jakob Golz allein einem gegnerischen Stürmer gegenüber und wehrte in einem fantastischen Reflex den Ball ab. Sein Umgang bei Eins-gegen-eins-Situationen dürfte auch bei Handball- und Eishockeytorhütern respektvolles Nicken zur Folge haben. Auch seinetwegen also stehen wir noch über dem Strich. Gegen die Münchner Löwen nun brauchen wir aber wieder die ganze Mannschaft. Ohne Wenn und Aber. Ohne persönliche Befindlichkeiten. Schließlich mucken speziell Halle und Meppen nochmal so richtig auf und deshalb bietet sich doch der 14.Mai 2023 geradezu an, ihn wieder zu einem rot-weißen Feiertag werden zu lassen. Wenngleich dann etwas gedämpfter und wohl mit einem blauen Auge versehen.

Über die kolportierte Reaktion von Isi Young nach dem Spiel Richtung Meppener Bank musste ich eher schmunzeln, als dass ich mich darüber aufregen würde. Zeigt es doch, dass bei uns noch Emotionen sind und nicht nur Lethargie übernommen hat. Wenn sich dann noch ein Ernst Middendorp darüber echauffiert und ein Fass aufmacht, dann würde ich sagen: Darauf eine Bratwurst.

Gleich viele Fässer machen wir Fans traditionell auf, wenn es um RWE geht. Einerseits die mit feinstem Stauder, andererseits immer mal wieder welche, deren Inhalt gerüchtemäßig zwischen GZSZ und Freizeit Revue variiert. Wenn es dann nicht zeitnah vom Verein verifiziert oder via Pressemeldung bestätigt wird, heißt es gerne, dass der Verein ein Kommunikationsproblem hat. Ich weiß nicht, für mich ist das eher ein kompetenter Umgang mit den Dingen, nicht über jedes Stöckchen zu springen und sich auf das Wesentliche zu beschränken. Gibt es dann was fundiertes zu vermelden, so bekommen wir es doch immer zeitnah mitgeteilt.

Und ganz ehrlich: Manches müssen wir auch einfach nicht wissen, das gibt der Status Fan formal auch einfach nicht her. Vielmehr hoffe ich doch, dass ausschließlich intern alle Dinge besprochen und aufgearbeitet werden. Denn wichtig is…genau!

Wer einmal mit dem Löwen Samba tanzt, der schnarcht auch ohne Zähne.

Auf einmal saß er da. Die Nachbarn der ersten Hälfte konnten sich das Gewürge der eigenen Mannschaft in Meppen vielleicht nicht mehr antun. Oder sie waren solidarischer im Umgang mit den eigenen Fans als diejenigen „Kollegen“, die den kompletten ersten vier Sitzreihen im so schon kleinen Sitzplatzblock des Emslandstadions einfach mal die Sicht versperrten, indem das große Banner einer Fangruppierung dort platziert wurde. Wie egoistisch kann man eigentlich sein? Ist der eigene Lappen wichtiger als die Befindlichkeit dutzender Fans, die sich ebenfalls auf den weiten Weg nach Meppen gemacht haben und viel Geld für ein Ticket bezahlt haben? Nee, das war so nicht in Ordnung und kann ja vielleicht Szeneintern nochmal besprochen werden.

Aber zurück zu dem plötzlich und unerwartet aufgetauchten Fan, der möglicherweise schon als ganz junger Fan in Hannover vor Ort war, und die Meisterschaft im Stadion bejubeln durfte. Um mal einen Eindruck davon zu bekommen, von welcher Alterskategorie wir hier schreiben. Stolz hielt er die Fahne in der einen und den Gehstock in der anderen Hand. Aber die Augen und die Stimme verrieten große Sorge nach dieser ersten Halbzeit gegen den designierten Absteiger SV Meppen.

Ironischerweise hat einmal mehr mit Felix Herzenbruch noch derjenige den meisten Einsatz auf dem Feld gezeigt, der unverständlicherweise in der kommenden Saison nicht mehr das Trikot von Rot-Weiss Essen tragen darf. Das so viele Fans in seinem speziellen Falle etwas allergisch reagieren, hat nichts mit irgendeiner Verklärung oder so zu tun. Hier geht es ausschließlich um die Anerkennung einer sportlichen Leistung in dieser so anstrengenden ersten Drittligasaison seit ewigen Zeiten. Es geht auch nicht darum, unseren neuen sportlichen Verantwortlichen schon im Vorfeld das Vertrauen zu entziehen. Aber wenn wir gewohnt sind, miteinander Tacheles zu reden, so darf dann auch mal die Reaktion erfolgen, dass das so für uns nicht in Ordnung war. Ich bin immer noch dafür, sich nochmal zusammenzusetzen. Gefühlt bekommt zudem derjenige kein Arbeitspapier, der fast als einziger keine gesundheitlichen Ausfälle zu verzeichnen hatte. Und wir sind ja wirklich gebeutelt in unserer Premierensaison, was Krankheiten und Verletzungen angeht.

Ich bin nun also sehr gespannt, was die neuen Ideen rund um RWE angeht, und wann die ersten Neuverpflichtungen auf uns warten. Was nun den Abschied von Simon Engelmann angeht, so ist auch das schade, denn seine Tore haben einen großen Anteil am Aufstieg und an dieser unnachahmlichen Pokalsause in ansonsten tristen Corona-Zeiten. Aber hier steht der Wunsch nach Veränderung im Einklang mit der familiären Situation, und das gilt es zu respektieren. Etwas befremdlich finde ich dann allerdings immer, wenn Spieler sich schon im klassischen Fotoformat mit neuem Trikot bei aufnehmendem Verein zeigen, während sie noch bei abgebendem Verein unter Vertrag stehen. Das sollte anders geregelt werden, denn „Engel“ ist noch Rot-Weisser. Und als solcher hat er nun noch alles dafür zu geben, dass er die Hafenstraße ausschließlich als Aufstiegsheld verlässt.

Ich bin frohen Mutes, dass er das nicht nur tun, sondern auch noch mit Toren garnieren wird. Kein Aufstiegsheld möchte ein gutes Jahr später als Abstiegsdepp dastehen. Auch Oguzhan Kefkir muss seinen Spind nach dieser Saison räumen. Und auch hier tut es mir sportlich sehr leid, denn ich habe ihn nie so kritisch gesehen, wie es gelegentlich der Fall war. Ich mochte sein Spiel. Danke für alles, lieber „Ötzi“! Na ja, im Grunde genommen können sämtliche Befindlichkeiten auch mit dem normalen Lauf im Fußball umschrieben werden. Da gibt es schließlich immer Umbrüche, nach der Saison ist vor der Saison, und wie schon der große Willy Brandt wusste: „Besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will“.

Wir Fans von Rot-Weiss Essen sind also schon so richtig gespannt auf die Antworten, die wir auf unsere vielen Fragen in Sachen Kaderplanung bekommen. Und vielleicht würde ich mir auch wünschen, Christoph Dabrowski nur einmal in anderen Klamotten am Spielfeldrand agieren zu sehen. Vielleicht würde ein solcher Kniff mal der berühmten Küchenpsychologie unter die Arme greifen und etwas Neues suggerieren. Einfach mal ein Spiel in Rot coachen. Wir haben da doch genug Schickes im Fanshop.

Sonntag also wieder einmal ein Spiel von immenser Wichtigkeit. Und dann auch noch um diese unchristliche Uhrzeit. Den anreisenden Fans der Löwen mag das egal sein, Weißwurst und Weißbier gibt es eh zum Frühstück. Aber an der Hafenstraße ist 13:00 Uhr eine Anstoßzeit, die höchstens für das erste Konterbier taugt, da man eigentlich gerade erst zu Bett gegangen ist. Es nutzt aber alles nicht, Sonntag muss nicht nur unsere Mannschaft mal wieder aus dem Tal der Untätigkeit aufwachen, sondern auch wir Fans. Wir sollten unseren Verein dermaßen laut besingen, so dass den Löwen in ihrer tabellarischen Einöde die Ohren klingeln. Der Mannschaft helfen, endlich den Deckel drauf zu machen, damit der Problempraktikant RWE für ein weiteres Jahr planen kann und übernommen wird. Meppen war gestern, Sonntag ist Klassenerhalt.

Die Kolumne, die aus dem Fenster stieg und verschwand, weil sie von der Aktualität überholt wurde.

Geschrieben nach dem Spiel in Dresden aber noch kurz vor der Demission von Jörn Nowak. Gänzlich überholt also von der Tagesaktualität. Ich verweise an dieser Stelle einfach auf den letzten Satz dieser Kolumne. Ein Satz für die Ewigkeit. Lieber Jörn Nowak, danke für die Maloche der letzten vier Jahre. Und alles Gute für die Zukunft. Und falls es etwas tröstet: Der Name Jörn Nowak wird an der Hafenstraße wie einige andere auf Lebzeiten mit dem Prädikat „Aufstiegsheld“ verbunden sein.

Kommenden Sonntag kommt unser Punktbester mit den Baracklern vom Waldhof in hochoffizieller Mission zurück an die Hafenstraße. Im notorisch unruhigen Umfeld des SV Waldhof sieht man dieses Spiel bei unserem RWE als die mal wieder allerletzte Chance an, doch noch proaktiv im Aufstiegsrennen mitzumischen. Im notorisch unruhigen Umfeld von Rot-Weiss Essen hingegen steht dieses Spiel dafür, weiter den Abstandhalter über dem Strich auf Kurs zu halten. Das Klassentreffen des 1907er Jahrgangs ist somit durchaus als Wegweiser für den Saisonendspurt zu bezeichnen. Dadurch bedingt ist es wohl nur vor dem Spiel an uns, Christian Neidhart einen durchaus warmen Empfang zu bereiten. Den hat er sich als „so gut wie“ Aufstiegstrainer wahrlich verdient.

Bei Anpfiff hat es sich dann aber auch direkt mit der Sympathie erledigt: Sollte Christian Neidhart eventuell ein zweites Mal an unseren Roten scheitern, bedeutet es doch nichts anderes als drei Punkte auf unserer Habenseite. Und nur das zählt. Mit im Bus der Waldhofer sitzt wohl auch Bentley Baxter Bahn. Was ein Fest für jeden Stadionsprecher, diesen schönen Namen ankündigen zu dürfen. Gut, nehmen wir den Unseren mal raus, denn mit dem rollenden R kann man hier nicht glänzen. Aber wer kann schon von sich behaupten, in seinem Namen einen britischen Automobilhersteller, ein US-amerikanisches Pharmaunternehmen und die  Deutsche Bahn zu vereinigen? Wer nun auch immer für den SV Waldhof auflaufen wird, er wird definitiv nicht auf Björn Rother treffen, der ist aktuell ein Roter durch und durch. Gesperrt auch Felix Herzenbruch, bei dessen zupackender Spielweise wirklich höhere Mächte am Start gewesen sein durften, um ihm den Traum vom Spiel vor den über 30.000 in Dresden zu erfüllen. Aber dort gab es sie dann doch, die fünfte gelbe Karte.

Das war ja auch was im Rudolf-Harbig-Stadion zu Dresden. Allein in der ersten Halbzeit hätte der VAR auf Dresdener Seite ungeahnte Sympathiewerte erreicht, waren wir doch diesmal auf der guten Seite der Fehlentscheidungen. Endlich Mal, so egoistisch darf man dann sein. In der zweiten Halbzeit gab es wohl von Anfang an die Aufforderung für die Dynamos, sich im Strafraum nur noch wälzend, stolpernd oder Rudel bildend aufzuhalten. Möchtegern-Enforcer auf Dresdner Seite hierbei der Sportskamerad Kutschke. War schon recht peinlich. Nicht mal ansatzweise peinlich, sondern einfach nur dreist und fassungslos machend die Aktion einiger RWE-Fans, sich ohne Ticket in einen ausverkauften Bus der FFA zu pflanzen. Selbst wenn es möglicherweise organisatorische Schwachstellen gab, oder Zeitdruck auf allen lastete: Das macht man einfach nicht. Da wurde eine Solidargemeinschaft unter der Fahne von Rot-Weiss Essen mit Füßen getreten. Hoffentlich ist hier schon eine Entschuldigung erfolgt.

Grundsätzlich aber sei einmal ein dicker Dank an alle gerichtet, die ihre Freizeit dafür opfern, um diese Saison möglichst viele Fans gemeinsam und kostengünstig in die Auswärtsstadien der 3. Liga zu bringen. Für die kommende Saison winken auch schon hochinteressante Auswärtsfahrten und Sehenswürdigkeiten aus der Ferne: Das Holstentor in Lübeck ganz sicher, der Strand von Warnemünde bei Rostock eventuell und möglicherweise auch das Ulmer Münster. Münster selbst auch. Wir biegen also auf die Zielgeraden einer unglaublich emotionalen ersten Saison in der 3. Liga ein. Und es war natürlich kein bisschen entspannter als bei den vielen Dramen der vergangenen Saisons. Den langen ruhigen Fluss können wir einfach nicht

I’ll Stand by You (The Pretenders)

In den mittlerweile siebzehn Jahren hier im Blog gab es mit dem RWE nicht eine einzige „StinoSa“. Warum also sollte ausgerecht die Premierensaison in der 3. Liga zu einer stinknormalen Saison avancieren? All diejenigen, die uns nach dem Aufstieg schon sicher auf den Weg in das als natürlich empfundene Habitat zweite Bundesliga wähnten, müssen sich somit noch gedulden. Und das ziemlich zurecht. Sicher ist da gerade gar nichts, schließlich befinden wir uns aktuell mitten im Abstiegskampf der 3. Liga, spüren den Atem der unter uns platzierten Mannschaften kräftig im Nacken.

Saarbrücken ist sportlich abgehakt, ab sofort gilt wieder das alte vietnamesische Sprichwort „Tiger, bleib bei Deinen Krallen“. Auch wenn der Vergleich natürlich hinkt: Selbst die besten Bands hatten diese eine Single, die floppte, da absolut konträr zu den gewohnten Dingen. Kommenden Samstag nun gastiert der SV Wehen Wiesbaden anne Hafenstraße. In dieser Form auch erst seit 2007 existent, schwingt bei den Hessen damit durchaus ein Hauch von Konstrukt mit. Nicht ganz so drastisch wie bei denen aus Fuschl am See natürlich, aber durchaus auch mit Kalkül gegründet, beziehungsweise neu firmiert. Ein Spitzenteam der Liga zudem, so wie auch der letzte Gast aus Osnabrück. Ziemlich sicher aber ohne jene spitzenmäßige Unterstützung vor Ort, wie sie noch im letzten Heimspiel die Fans des VfL an den Abend gelegt hatten. Dresden hin, Duisburg her: Das war der absolut stimmungsvollste Gästeauftritt dieser Saison in unserer Bude. Die positive Lehre zudem aus diesem so atmosphärischen Spiel: Man muss sich auf den Rängen nicht immer gegenseitig verbal durchbeleidigen, das ist so dermaßen öde und peinlich. Man kann einfach die eigene Mannschaft anfeuern. Nur dann entstehen so magische Abende wie an jenem Dienstag gegen den VfL Osnabrück.

Was wir nun kommenden Samstag benötigen, ist nicht viel weniger als ein ebenso magischer Nachmittag. Es ist nicht despektierlich gemeint, aber ein verbales Hochschaukeln mit den Gästefans wird diesmal nicht passieren, dafür werden zu wenig Anhänger aus Wiesbaden und Umgebung erwartet. Wir müssen also sämtliche eigene Ressourcen in die Waagschale werfen, um unserer Mannschaft und damit auch uns selbst zu helfen und einfach mal wieder das Runde in das Eckige brüllen. „Aus dem Hintergrund müsste die Rahn anfeuern…Rahn feuert an…Tor Tor Tor“. So in etwa, dann klappt das auch mit den so dringend benötigten drei Punkten. Keiner darf jetzt an was auch immer verzagen. Oder beleidigt sein, weil eben nicht „StinoSa“. Wir werden nicht absteigen. Aber dafür müssen wir jetzt noch mehr als sonst auch schon gemeinsam die Klasse halten. Nicht nur singen, wenn wir gewinnen. Außerdem ist Samstag, da kann man schon mal Fünfe gerade sein lassen.

Von großer Bedeutung einmal mehr natürlich die Spielleitung durch das Team „Unparteiisch“. Mal schauen, was uns da Samstag wieder so blüht. Wenigstens haben wir noch den Vorteil und das Momentum der schnellen Entscheidung. Auch wenn es uns in dieser Saison schon desöfteren zum Nachteil gereichte. Ich persönlich lehne den VAR ab. Vielleicht macht es den Fußball manchmal gerechter, wie zuletzt in Leverkusen erlebt. Aber er nimmt dem Fußball das Recht, Fußball sein zu dürfen. Mit all seinen Emotionen und eben auch temporären Ungerechtigkeiten. Aber nur dann behält der Fußball doch seine Seele. Kompletter Anachronismus übrigens bei jenem Spiel Bayer 04 – FC Bayern auf den Rängen: Die Leverkusener Fans protestieren via inhaltlich klarem Banner gegen den VAR um dann in Echtzeit zwei Elfmetertore zu bejubeln, welche nur durch den VAR zustande kamen. Schafft den Kack ab und holt Euch das Spiel zurück. Selbst wenn es ungerechtfertigte Spielstände bedingt. Dann ist das einfach mal so.

Und was die mittlerweile wissenschaftlich komplexen Regeln für Handspiel oder nicht Handspiel angeht: Bindet doch jedem Spieler vor dem Spiel die Hände mit Kabelbinder auf dem Rücken fest. Dann gibt es das leidige Thema nicht mehr und auch der Infantino könnte seine nächste Agenda als erledigt abhaken: Exzessiver Torjubel so natürlich auch nicht mehr machbar. Mit Händen auf dem Rücken fixiert kannste keinen umarmen oder das Trikot ausziehen. Also dass dieser absolute Fußballfeind und Narzisst vor dem Herrn dem Weltfußball vorsteht, muss man als empathischer Mensch einfach nicht verstehen. Mit ihm sind wir in punkte Emotionen auf dem Weg Richtung Parteitag in Nordkorea.

Gut, noch nicht das Thema an der Hafenstraße, wir müssen erstmal und mehr denn je auf dem Feld unsere Hausaufgaben machen. Inhaltlich gestalten sich diese recht einfach: Gewinnen wir gegen den SV Wehen Wiesbaden, können wir aufatmen. Holen wir einen Punkt, kann man damit gut leben. Aber verlieren wir (was nicht passieren wird), dürfte es unruhig werden. Und was sagt wohl Nico Schäfer über das Stadion an der Hafenstraße? 

Bayreuth. Konradsreuth. Weißdorf.

Das war ja schon recht früh, dieser Aufbruch zu einem Spiel von Rot-Weiss Essen um 5:30 Uhr. Aber man konnte ja gar nicht anders, als diesem historischen Ereignis im Hans-Walter-Wild-Stadion zu Bayreuth beizuwohnen. Um die Reisestrapazen zu minimieren, wurde bei der Familie in Konradsreuth übernachtet. Ein schöner Ort, um von dort aus am Sonntagmorgen in Weißdorf dem Frühschoppenspiel des 1.FC Waldstein gegen die SpVgg Selbitz beizuwohnen. Weißdorf, Weißwurst und Weißbier. Die heilige bayerische Trilogie um 11:00 Uhr morgens in einer herrlichen Naturarena. Die Fahrt gen Bayreuth war eine entspannte Reise durch NRW, Hessen und Bayern. Lediglich auf dem Parkplatz Spitzberg-Süd brachte das Anbringen einiger Kleber ein gestrenges, älteres Paar aus Sachsen auf den Plan. Der Rückweg einen Tag später hingegen durch Thüringen, Hessen und NRW brachte die A44 und mit ihr viele Fragen. Vor allem die, warum diese Autobahn andauernd unterbrochen wurde! Das gelobte Land dann die A33 und selbst Paderborn konnte so etwas wie Verzückung hervorrufen. Die obligatorischen 30 Bilder in chronologisch unsortierter Reihenfolge, beginnend mit einer roten Karte. Zu den Fakten: SpVgg Bayreuth – Rot-Weiss Essen 1:1 / 1.FC Waldstein – SpVgg Selbitz 2:0

Götterdämmerung.

Der Drucker quält sich mit dem Ausdruck der Bayreuth-Tickets. Möglicherweise liegt das unter anderem wohl daran, dass ich für jedes der fünf Tickets einen extra Druckauftrag erteilt habe, obwohl diese in einer PDF zusammengefasst kamen. Und so wird der Schreibtisch mittlerweile überflutet von Eintrittskarten in Tapetengröße, einige gar doppelseitig bedruckt. Ja, auch dieser Haken wurde zunächst nicht rausgenommen. Der Sparansatz hier somit der komplett falsche Weg. Aus den überzähligen Drucken könnte ich nun Konfetti für das Spiel produzieren.

Diesen Samstag geht es also endlich über die Landesgrenze hinaus zum ersten Pflichtspiel von Rot-Weiss Essen außerhalb Nordrhein-Westfalens seit dem 24.03.2012. Die Wagnerstadt Bayreuth der wochenendliche Sehnsuchtsort. Wenn auch ohne Wagner, der musste ja unbedingt in das kulturbefreite Hoffenheim. Und da sowohl unser RWE als auch die „Oldschdod“ als Aufsteiger bislang viel Lehrgeld in der großen Unbekannten 3. Liga zahlen musste, wird es nicht nur ein Spiel um den imaginären „Bestes-Bier“ Pokal, sondern direkt der erste Abstiegskracher der noch jungen Saison.

Und wenn man dann auch noch den Wettervorhersagen Glauben schenken darf, wird es im weiten Rund des Hans-Walter-Wild-Stadions auf den unbedachten Plätzen zudem auch noch richtig nass werden. Es wird sich aktuell wohl keiner über Regen beklagen wollen, daher weckt die Mischung aus Abstiegskrimi, 80er Jahre Gästeblockfeeling und eben die Option auf klatschnass werden so richtig Vorfreude auf ein epochales Auswärtserlebnis. Welches aber Bitteschön mit einem Erfolgserlebnis für unsere Farben gekrönt werden möchte. Schließlich ist man schon vergangenen Samstag gegen die Schanzer ziemlich kurz davor gewesen, eine über weite Strecken des Spiels einwandfreie Leistung mit diesen drei Punkten für ein Halleluja zu krönen.

Der Ausgang nur zu gut bekannt und schmerzt durchaus noch etwas, denn es ist lange her, dass wir auf den Rängen zwischenzeitlich so von den Sitzen gerissen wurden (sofern wir denn Sitzplätze hatten) und gelungene Aktionen unserer Spieler wie Tore bejubelt haben. Das war noch etwas ganz anderes, als die neunzigminütige Party am letzten Spieltag der vergangenen Saison gegen RW Ahlen. Da haben wir ja eigentlich nichts anderes mehr als einen Sieg nebst Aufstieg erwartet und sind auch allesamt mit solch breiter Brust in das Spiel hineingegangen. Das war aber auch eine herrlich fröhliche Dauerparty.

Dieses Spiel eine Liga höher gegen den Favoriten aus Ingolstadt hingegen war schon wieder ein Kulturkampf, den wir wohl verlernt hatten zu kämpfen. Das Schicksal aus zig Jahren Dauerfavorit hat vergessen lassen, dass wir alles andere sind, aber nicht mehr das Nonplusultra der Liga. Gegen die Schanzer jedoch konnte der Hebel endlich umgelegt werden und wurde auf Pokalmodus umgeschaltet. Exemplarisch für diesen Kampf und einigen spielerischen Befreiungsmomenten stand für mich folgende Aktion nach exakt einundsechzig Minuten und zehn Sekunden (Das weiß ich deshalb so genau, da das Spiel mehrmals am TV nachbetrachtet): Niklas Tarnat klärt mit einer mustergültigen Grätsche aus dem Lehrbuch dermaßen hafenstraßenmässig, so dass es die in der Nähe sitzenden Fans auf der Haupttribüne nicht nur aufspringen ließ, sondern diese am liebsten vor Begeisterung auf das Feld gehüpft wären.

Nach einundsiebzig Minuten und diesmal exakt 25 Sekunden konnte Jakob Golz bravourös gegen Jalen Hawkins klären. Auch für diese Aktion brandete Jubel auf und dürfte dieser unserem Schnapper neben weiteren guten Paraden gut getan haben. Er ist nunmal aktuell etwas in der Bredouille, und es bedarf wohl 1907 absolut unhaltbar gehaltener Bälle, bis der Fauxpas von Dortmund und der Abstimmungswackler zum Anschlusstor der Schanzer vergessen werden wird. Torwart bei Rot-Weiss Essen, daneben dürfte der Job eines Wirtschaftsministers in aktuellen Zeiten ein Klacks sein. Es waren also fantastische Minuten, in denen wir von unserer Mannschaft viel Leidenschaft und noch mehr Hingabe erfahren haben. Mindestens mit gleicher Münze in Gesang und Lautstärke haben wir auf den Rängen auch über die gesamte Spieldauer zurückgezahlt. Die perfekte Symbiose eben. Dafür sind wir zusammen aufgestiegen, dafür geht man nach Rot-Weiss hin.

Dass uns dann ziemlich abrupt der Stecker gezogen wurde, tat sicher nicht nur der Wasserkiste, die von Simon Engelmann durch die Coachingzone getreten wurde, sondern allen im Stadion zutiefst in der Seele weh, die es mit unserem RWE hielten. Musste man nach dem Spielverlauf zwischen zwei verlorenen oder einem gewonnen Punkt wählen, nahm wohl der Großteil die erste Möglichkeit. Und dabei wäre man vor dem Spiel mit einem Punkt mehr als zufrieden gewesen. Ein wichtiger Faktor für diesen bisweilen tollen Auftritt unserer Mannschaft war natürlich die Führung. Psychologie ist im Sport manchmal so einfach: Mit dem 1:0 gingen die Köpfe hoch, die Brust wurde gefühlt breiter und auch Isi Young bekam endlich wieder die Körpersprache der vergangenen Saison. Phase 1 der einfachen fußballerischen Küchenpsychologie also umgesetzt: In Führung gehen.

Samstag in Bayreuth steht dann Phase 2 auf dem Lehrplan: In Führung gehen und die Führung nach Hause bringen. Mit der Leistung des vergangenen Samstag sollte das machbar sein. Unter einer Bedingung: Die SpVgg Bayreuth darf nicht unterschätzt werden. Dieses Spiel in Bayreuth ist der Europapokal für den reisefreudigen RWE-Fan. Ist das nicht mehr für möglich gehaltene Überschreiten einiger Landesgrenzen. Das Spiel, eingebettet zwischen Walküre und Siegfried, ist unser persönliches Festspiel. Daher sollte es unsere Mannschaft erneut wie ein Pokalspiel angehen, um dann nach Abpfiff vor dem Gästeblock eine fröhliche Version der Götterdämmerung dargeboten zu bekommen.

Apropos Gästeblock: Ich bin gespannt, wie viele Fans unsere Mannschaft in die Wagnerstadt begleiten werden. Am dritten Spieltag wurde die Zwote aus Freiburg von ganzen drei Fans unterstützt, während den VfL Osnabrück schon stattliche 424 Fans auf den weiten Weg gen Oberfranken begleitet haben. Schaffen wir wieder vierstellig? Oder ist der Weg doch zu weit? Es wird spannend. Grundsätzlich sollten bei einem Fassungsvermögen im HaWaWi von 21.500 unter Berücksichtigung des aktuellen Zuschauerschnitts von aktuell 2411 Fans alle im Namen des RWE Reisenden auch Zugang finden. Ach, eine Bitte hätte ich noch, liebe Bayerischen Einsatzkräfte: Immer schön locker bleiben. Wir tun nichts, wir wollen nur gewinnen. 

Kappessupp aus dem Saarland

Danach:

Das, was eigentlich in dieser Form so hätte niemals passieren dürfen ist passiert! Eine Auftaktniederlage in einer höheren Liga ist natürlich immer mit einzuplanen, selbst gegen einen Mitaufsteiger. Und wäre ja auch nicht schlimm und sogar aller Ehren wert, wenn diese nach einem leidenschaftlichem Spiel und großem Kampf erfolgt. Unsere Mannschaft muss auch Niederlagen wieder lernen, das kommt noch hinzu. Klingt banal, ist aber ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Aber eine solche Klatsche wie gegen die SV Elversberg, ohne nennenswerte Gegenwehr und bisweilen vogelwilder Raumaufteilung, das darf einem Meister der vergangenen Saison wirklich nicht passieren. Ohne die Reflexe eines Jakob Golz hätten wir noch drei Tore mehr kassiert, so sehr haben seine Vorderleute darum gebettelt. Man fragt sich dann ja immer gerne: „Woran hat`s gelegen?“ Ohne natürlich eine kompetente Antwort darauf zu bekommen. Rot-Weiss Essen ist zwar stets dafür bekannt, die Dinge auf seine ganz spezielle Art zu händeln, aber wochenlange Aufstiegseuphorie innerhalb von nicht einmal sechsundzwanzig Minuten komplett zu versenken, das ist schon fast ein Fall für das Guinness-Buch der Rekorde.

Das war jetzt auch nicht Straelen 2.0, wie vielerorts zur eigenen Beruhigung diskutiert wird. Die Vorzeichen sowie Art und Weise der Niederlage seinerzeit absolut nicht mit der Niederlage gegen die SV Elversberg zu vergleichen. So wie unser Aufstieg bundesweit von vielen Fans verschiedenster Vereine begrüßt und fast bejubelt wurde, die großen Blätter landauf landab über Rot-Weiss Essen in plakativen Wörtern mehr als wohlwollend zu berichten wussten. Wenn dann noch Sascha Mölders RWE als Geheimfavoriten auf den Aufstieg in die zweite Bundesliga sieht und nicht wenige Fans in ihren Signaturen von einem Durchmarsch schwärmen: Vielleicht hat das alles auch nicht nur gut getan, sondern den Sokrates-Klassiker „wer glaubt, etwas zu sein (Meister), hat aufgehört, etwas zu werden (Drittligist)“ heraufbeschworen.

Es hat ja nicht an der Qualität der Mannschaft gelegen! Diese und direkt alles andere sofort wieder mit in Frage zu stellen, ist natürlich auch wieder so eine dieser Hafenstraßen-Anomalien und so gar nicht hilfreich. Es ist gut, dass unsere Mannschaft gleich nach diesem ersten Spiel einen Ligastopp einzulegen hat. So bleibt genug Zeit, das Spiel so lange in Dauerschleife anzuschauen, bis auch wirklich jeder weiß, was da schief gelaufen sein könnte. Gewollt hat dieses Spiel schließlich keiner. Also das Spiel unbedingt, aber nicht diesen Ausgang natürlich.

Davor:

Lange vor dem Spiel war die Welt natürlich noch in Ordnung, aus allen Ecken kamen die Fans zur Hafenstraße gepilgert, immer noch das Dauergrinsen des Aufsteigers im Gesicht. Wer sich dem Stadion zu Fuß über die Krablerstraße näherte, bekam aus einigen Häusern schon den „Oppa“ auf die Ohren. Fahnen schmückten manches Haus und kleine Kinder in Trikots winkten dem gröhlenden Tross, der zur Hafenstraße zieht, zu. Ein herrlich befreiendes Gefühl voller Vorfreude überall.

Dieses wurde dann vor Spielbeginn lediglich durch die teilweise defekten Boxen auf den Tribünen getrübt. Dies führte dazu, dass wir uns auf der „Gottschalk“ fast die Ohren zuhalten mussten, da wir nun extrem laut angebrüllt wurden, während auf der „Rahn“ teilweise und der „West“ wohl gar nichts mehr verstanden wurde. Das führte zu ungewollten Irritationen, die nicht nur das gewohnte Zelebrieren von „Oppa“ Und „Adiole“ durcheinanderbrachte, sondern auch die Ansprache und Schweigeminute zum Tode von uns Uwe Seeler fast gefährdet hätte. Aber wie auch sollten die vielen Fans auf der „West“ auch wissen, wann die Lieder angestimmt werden oder Zeit ist zu schweigen, wenn man nichts davon mitbekommt?

Und wir, die wir Gegenüber nichts von deren Dilemma drüben wussten, sondern nur die Unruhe bemerkten, fragten uns, warum immer weiter andere Gesänge und Klatschrhythmen initiiert werden, wenn doch unsere beiden Lieder kommen, die wir von Ultra bis Kutte immer alle gemeinsam singen? Ein irritierendes Szenario also von der Gegenseite aus betrachtet. So wurde letztendlich an Uwe Seeler gedacht, während sich der letzte rot-weiße Rauch noch zwischen West und Haupt verzog, vier Fackeln über einer Revolte Fahne leuchteten und endlich auch der letzte notorische Schreihals seine Klappe halten konnte. Es gab also keine Revolte im eigentlichen Sinne, sondern alles war defekter Technik geschuldet. Vielleicht hätten die Broilers oder Fanta 4 etwas von ihrem guten (Boxen-)Zeugs da lassen sollen. Kritik meinerseits grundsätzlich an der Choreo: Das Wort „Terror“ hätte man sich definitiv sparen können. Manchmal ist weniger einfach mehr.

Währenddessen und bald:

Nimmt man also die letzten zwanzig Minuten vor dem Spiel und addiert diese mit den ersten sechsundzwanzig Minuten des Spiels, hat man ein Zeitfenster, welches man wohlwollend als suboptimal bezeichnen konnte. Den drei Fans aus Elversberg, die sich in G1 verirrt hatten, wurde eben in dieser Phase zur eigenen Sicherheit nahegelegt, in einen der beiden Gästeblöcke nebenan zu wechseln. Das Angebot nahmen alle dankend an, schließlich war bei den eigenen Fans ja auch mehr als ausreichend Platz vorhanden. Man stelle sich einmal dieses seelen- und körperlose Gekicke einer Mannschaft von Rot-Weiss Essen irgendwann vor sechs oder sieben Jahren im Oktober vor: Die letzte Chance auf den Anschluss an die Tabellenspitze verspielt, alles versinkt wieder in Lethargie: Unsere Mannschaft wäre von den wütenden Pfiffen vom Platz gefegt worden.

So aber bewiesen die Fans auf den Rängen ihr feines Gespür dafür, dass unsere Mannschaft gerade selbst nicht wusste, wie ihr da auf dem Platz geschieht und daher Hilfe statt Häme benötigt. Und so wurde sich rund um die zweiundsiebzigste Minute erhoben, um noch einmal inbrünstig „Oh immer wieder…“ in den Backofen Hafenstraße zu schmettern. Dinge die helfen, die Krone wieder zu richten. Wir gewinnen und verlieren schließlich gemeinsam. Nach dem Abpfiff und auch schon davor wurde dann der Fokus lautstark auf den kommenden Gegner aus Duisburg gelegt. Dort treffen dann zwei angeschlagene Mannschaften des ersten Spieltags in einem Derby aufeinander. Es wird heiß hergehen im Wedaustadion, auf und neben dem Platz. Dafür braucht man kein Prophet sein. Wer dieses Spiel siegreich gestalten kann, darf das verlorene Auftaktspiel getrost als vergessen abhaken und sich ordentlich Rückenwind der Fans für die kommenden Wochen sicher sein. Ich bin schwer dafür, dass wir diejenigen sein werden, die dann Elversberg abhaken und vergessen können. 

Das Titelbild.

Es war die Ausgabe #179 / Oktober 2016 , als das Magazin für Fußballkultur, Branchenintern auch als 11Freunde bekannt, mit einem großen Artikel über den Fußball im Ruhrgebiet jenseits von Turnhalle und börsennotiert all diejenigen zu berühren wusste, die die weitaus wichtigere Mitte des „Sandwiches Marke Pottfußball“ verkörpern. Neben einem wunderbaren Text von Christoph Biermann und Thorsten Scharr gaben die intensiven Fotos von Theodor Barth diesem Artikel seine Ehrlichkeit. Und so kam es auch, dass das Titelbild dieser Ausgabe definitiv eines der schönsten in der nunmehr zwanzigjährigen Geschichte von 11Freunde darstellt. Und nein, dass hat nichts mit meiner Profession als Fan von Rot-Weiss Essen zu tun.

All die markanten Persönlichkeiten auf dem Titelfoto zeigen RWE so authentisch, wie man sich RWE halt vorzustellen hat: Das Bier und die „Kurze Fuffzehn“ in der Hand, Fischerhut und Bauchtasche, spürbare Anspannung. Der RWE Siegelring und die Sonnenbrille keck auf die wettergegerbte Stirn geschoben. Zuzüglich „Schnörres“ und schelmischen Grinsen. Kein Klischee, einfach das normale Leben rund um die Hafenstraße. Leider ist es dem Fan rechts im Bild nicht mehr vergönnt gewesen, mit allen anderen um ihn herum am 14. Mai 2022 den Aufstieg zu feiern. Schon im September 2017 hat er die Hafenstraße und all seine Lieben für immer verlassen müssen. Ich bin überzeugt, dass dieses Cover noch oft angeschaut wird, um sich seiner zu erinnern.

Wie viele wohl hätten diesen Tag gerne im Stadion miterlebt und mussten nun mit einem Platz irgendwo da oben vorlieb nehmen. Man weiß ja nicht, wie es sich dort mit den Übertragungsrechten verhält, aber ich bin mir ziemlich sicher, das vor allem Günter Barchfeld mit einem Berliner in der Hand bei bester Sicht auf das Spielfeld mitgefiebert hat. Sein Todestag jährt sich nun auch schon, wie kann es bei einem wie Günter anders sein, am 19.07. bereits zum dritten Mal. Es wird also so viel mehr Fans gegeben haben, die uns vor diesem großen Tag verlassen mussten, aber nach Abpfiff sicher ebenfalls eine ordentliche Party auf Wolke 1907 hatten. Mit Frank „Mono“ Malz an der Gitarre, und Ruhrmichell am Mikrofon. Irgendwie so dürfte es gewesen sein, genau erfahren werden wir es zu Lebzeiten wohl niemals.

Der endgültige Knackpunkt, dass es vergangene Saison auch wirklich passieren wird, war das Heimspiel gegen Alemannia Aachen. Dieser Siegtreffer in allerletzter Sekunde, dieses Stauder von „Herze“ auf dem Zaun. Danach wusste ich endgültig: Uns kann keiner, diese Saison passiert es. Und es sollte so kommen. Die Eruption der Gefühle im Anschluss an den letzten Pfiff der Saison bekanntermaßen gewaltig. Eine spontane Welle der Freude eroberte Stadion und Fans hier unten und alle Rot-Weissen dort oben. Mit den gesammelten Freudentränen hätte man einige Jahre die Grabstätten von Helmut Rahn und Georg Melches gießen können. Somit haben sich im Anschluss an das Spiel gegen Rot Weiss Ahlen sicher viele legendäre Momente für die Ewigkeit abgespielt, die allesamt einem Titelbild wie diesem hier würdig gewesen wären. Mindestens.

Und doch beinhaltet gerade dieses Foto hier alles, aber wirklich alles, was Rot-Weiss und Essen für die Menschen bedeutet: „Meine Liebe, Mein Verein, Meine Stadt“ steht auf den T-Shirts, die damals möglicherweise nicht ganz auf Kurs mit der Marketingabteilung von RWE lagen, und zu einem Polo der Marke Fred Perry reichte es auch nicht so wirklich. Aber es sagt doch nur aus, was die Fans hinter dem Wellenbrecher auf der Westtribüne eben empfinden: Ob lebendig oder tot, sie lieben Rot-Weiss-Rot!

Nordwesttrilogie. Teil 3.

Unweit des Speicherbeckens Geeste liegt das Landschaftsschutzgebiet Biener Busch. Inmitten des Landschaftsschutzgebietes Biener Busch liegt die Straße „Zum Biener Busch“ die ihrerseits direkt zum Sportplatz Biener Busch des heimischen SV Holthausen-Biene ohne Busch führt.

Am dritten Tag der Nordwesttrilogie von Rot-Weiss Essen gab es zum Abschluss den großen Auftritt des Busfahrers. Wer die Straßenverhältnisse und die räumlichen Gegebenheiten rund um diese wunderschöne Anlage kennt, der weiß: Eigentlich mit einem großen Reisbus nicht zu machen, kommen hier doch meistens klassische Neunsitzer zu Besuch. Wendemöglichkeiten als solche gibt es auch nicht,  und einige Meter hinter dem Stadion Biener Busch würde man direkt in die Ems plumpsen. Stehende Ovationen somit für unseren Fahrer, diese Herausforderung ganz lässig gewuppt zu haben.

Ähnlich wie einen Tag zuvor in Weener kann man diesen liebevoll ausgebauten und top gepflegten Sportplatz durchaus auch als Stadion bezeichnen: Eine sehr schöne Tribüne, drei Stufen auf der Gegengerade, davon zwei auf Stahl gebaut, die große digitale Anzeigetafel und eine gemütliche Stadionkneipe. In der Peripherie zwischen Holthausen und Biene liebt man seinen Sportverein und die Unternehmer der Region tun das anscheinend auch. Lediglich die Kabinen bieten noch den herrlichen Charme der 70er mit ihren Holzbänken, dem Muffmix aus altem Rasen und frischen Schweiss. So müssen Kabinen aussehen und riechen. Fußball pur! Wir hatten damals auch nichts anderes. Dazu noch Asche unter den Stollen.

Es war also eng in den Umkleidekabinen, denn neben dem Landesligisten SV Holthausen-Biene und Rheiderlandauswahlbesieger Rot-Weiss Essen nahm auch der Oberligist SC Spelle-Venhaus an diesem Blitzturnier teil. Das bedeutete vor allem das gewisse Extra mehr an sportlicher Anforderung für den RWE. Konnte hier und jetzt der erste Titel der Saison geholt werden? Der legendäre Bauunternehmer-Schulte-Cup in die aus allen Nähten platzende Siegesvitrine gestellt werden? Wie wir heute wissen, hat es nicht sollen sein. Der Cup ging nach Spelle-Venhaus und bleibt somit in der Region. Es war ein an Toren armes Turnier, denn in drei Halbzeiten wurde ganze dreimal eingenetzt. Und dem freundschaftlichen Charakters des Turniers entsprechend auch noch fair aufgeteilt: Jede Mannschaft bekam einmal die eigene und extra dafür angereiste Torhymne zu hören. Im Klang etwas dezenter und nicht so blechern wie noch zwei Tage zuvor in Emden.

Gar nicht dezent die Trainer-Ikone der Region und aktueller Übungsleiter der Biener, Wolfgang Schütte, im Spiel gegen unsere Rot-Weissen: Ein in seinen Augen divenhaftes Verhalten eines Rot-Weissen veranlasste ihn zu einer lautstarken, ich nenne es mal, Ermahnung: „Spielt 3. Liga, der Ochse und keine Champions League“. Gut, Wolfgang Schütte hat jetzt wahrscheinlich nicht in Gänze eine Ahnung, was für eine vierzehnjährige Ochsentour das war, die wir hinter uns gebracht haben. Dass im selben Spiel der einzige Rother bei den Roten verletzt ausgewechselt werden musste, passte ins Bild, dieses letzte Spiel nach anstrengenden drei Tagen nicht mehr ganz so einfach über die Bühne bringen zu können. Die Bilanz aus Essener Sicht: 0:0 gegen Spelle Venhaus und 1:1 gegen Holthausen-Biene.

Damit war dann aber endlich der Weg frei für den Shantychor Geeste e.V., seine eigene musikalische Bühne auf dem Feld aufzubauen. Und ähnlich wie bei Meisterfeiern in München-Rot wurden auch hier die Zuschauer gebeten, nach Spielende zu bleiben um den Liedern von Wellen, Wind und Meer zu lauschen. Anders als in München hingegen freute man sich hier aber mehrheitlich auf den Auftritt.

Wie tags zuvor in Weener waren auch beim SV Holthausen-Biene mehr als engagierte und nette Menschen unterwegs, um allen einen schönen Nachmittag zu ermöglichen. Zudem möglicherweise mit einem Alleinstellungsmerkmal im deutschen Fußball versehen: Da die Biener Landbäckerei (mindestens) ein großer Förderer des Vereins ist, steht bei jedem Heimspiel ein großes Angebot an frischem Kuchen bereit. Hat man auch nicht so oft. Wie in Teil Zwei schon beschrieben: Der Charme der kleinen Kammerspiele! Das stelle man sich mal anne Hafenstraße vor: Kaffee und Kuchen statt Bier und Bratwurst hinter der Rahn. Eine Vorstellung bei der man durchaus schmunzeln darf. Beenden wollen wir den dritten Teil jedoch mit einem Sprichwort „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbieten“.

Kommenden Freitag steht schon das nächste Spiel der Saisonvorbereitung an: Aus Mönchengladbach kommen die Männer von Farke zu einem Gastspiel in das immer schöner werdende Stadion an der Hafenstraße. Und möglicherweise laufen unsere Roten dann schon in ihren neuen Trikots auf. Die, wir alle wissen, natürlich wie immer die schönsten Trikots aller Zeiten sind. Herrlich! Danke Emden, danke Weener und danke Holthausen-Biene. Es war sehr schön bei Euch. 

Der Spielplan.

Ich gestehe: Warten ist mir ein Graus. Und das, obwohl wir doch schlappe vierzehn Jahre gewartet haben, endlich wieder über die Landesgrenzen hinaus unserem RWE folgen zu dürfen. Da könnte man meinen, Geduld ist eine Tugend geworden. Ja Pustekuchen. Das ist ja schlimmer als das Warten auf das Christkind. Dahinter steckt wohl auch das Bedürfnis, endlich schwarz auf weiß zu lesen, dass wir wirklich dazugehören. Daher sind Rahmenspielpläne in einer neuen Liga der Adventskalender für Fußballfans. Jedes Türchen eine andere spannende Begegnung. Nicht immer das mittlerweile ranzige Türchen Oberhausen oder Ahlen. Jetzt gibt es mal was ganz frisches. Aber, es zieht sich hin. In den Etagen über uns weiß man schon, wann der Knaller gegen Sandhausen oder Hoffenheim ansteht. Bei uns hingegen ist weiter im Trüben fischen angesagt. Also bleiben uns nur zwei Möglichkeiten: A) weiter zu warten oder B) selbst zu handeln.

Da Variante B immer die bessere ist, veröffentlichen wir hier und jetzt den (fiktiven) ersten Spieltag der 3. Liga in der Saison 2022/23: 

Freitag, 22.07.2022 19:00 Uhr

SV Waldhof Mannheim – SV Elversberg

Samstag, 23.07.2022 14:00 Uhr

Dynamo Dresden – FSV Zwickau

VfB Oldenburg – Borussia Dortmund 2

FC Ingolstadt – SpVgg Bayreuth

Rot-Weiss Essen – FC Erzgebirge Aue

SC Verl – SV Wehen Wiesbaden

Hallescher FC – VfL Osnabrück

Sonntag, 24.07.2022 13:00 Uhr

SC Freiburg 2 – 1.FC Saarbrücken

Sonntag, 24.07.2022 14:00 Uhr

SV Meppen – MSV Duisburg

Montag, 25.07.2022 19:00 Uhr

TSV 1860 München – Viktoria Köln

Das war doch jetzt gar nicht mal so schwer, es gab lediglich folgende Parameter zu beachten: 

  • Ein Aufstiegsanwärter und ein Neuling sollten das Eröffnungsspiel bestreiten.
  • Die Dresdener und Zwickauer Freundschaft sollte gleich zu Beginn thematisiert werden.
  • Dem VfB Oldenburg sollte direkt der Umzug nach Hannover erspart bleiben. Zur Strafe gab es dafür allerdings eine Zweitvertretung.
  • Die Bayreuther Fans sollen sich erst langsam an die weiten Entfernungen herantasten.
  • Unser RWE soll im „Steiger-Derby“ direkt schalschwingend aus dem Sattel gehen dürfen.
  • Dem SC Verl wurde der andere Zuschauermagnet zugesprochen, um gleich die Statistik aufzupolieren.
  • Der Hallesche FC hatte zu Beginn um etwas Lila-Weißes gebeten, der Wunsch konnte erfüllt werden.
  • Der 1.FC Saarbrücken wollte unbedingt ein Heimspiel gegen RWE und legt gegen den Spielplan Berufung ein. 
  • Spielt der RWE daheim, muss der MSV auswärts ran. Selbst wenn es einen Tag später ist. So will es die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze. Und in Meppen ist eh egal, wann getrunken wird. 
  • Die Löwen haben in doppelter Hinsicht die Niete dieses Spieltages gezogen: Zum einen den Montag, und zum anderen die Kölner Viktoria. Somit bleibt der Auswärtsblock weitestgehend verwaist. 

Sollte nun auch nur eine Paarung tatsächlich so gesetzt werden, spiele ich noch am selben Tag Lotto. Ja gut, vielleicht reicht auch ein Rubbellos. Aber wahrscheinlich freue ich mich einfach nur darüber, dass es wirklich mit einem Heimspiel losgeht.

Eine neue Liga ist wie ein neues Leben.

Wie heißt es doch so schön: „Eine neue Liga ist wie ein neues Leben“. In Anbetracht der grenzenlosen Euphorie bei der ersten öffentlichen Trainingseinheit zur neuen Saison bleibt einem fast nichts anderes übrig, als diese These mit einem energischen „JA“ zu beantworten. Gute Güte, welch eine Sympathie schlug der Mannschaft an diesem sonnigen Fronleichnam im Juni 2022 entgegen! Die „Alten“ in der Mannschaft genossen diese Zuneigung in dem Wissen warum, und die „Neuen“ durften wohl zunächst große Augen gemacht haben, was das dann erst Recht für die Heimspiele bedeuten würde. Wobei es ja nun mittlerweile auch so ist, dass auch wir in das Regal der gestandenen Fußballprofis greifen konnten und diese  Spieler stimmungsvolle Stadien gewohnt sind.

In Anbetracht des Pro-Kopf Verbrauches an Stauder dürfte jedoch allen eines klar sein: Sie spielen in der größten Trinkhalle des Profifußballs. Und wer kann dass schon von sich behaupten? Willkommen im Büdchen 97a. Rot-Weiss Essen hier also schon sehr gut aufgestellt. Lieber Wegbier als Weghorst, lieber 0,5 als 0,33! Ansonsten erwartet die neuen Spieler natürlich die gesamte Bandbreite zwischen Humba und Pfeifkonzert. Es ist ja nun nicht so, dass die Fans von Rot-Weiss Essen das Spiel der Fußballatmosphäre neu erfunden haben. Es ist hier halt nur ein wenig direkter. Und doch so ganz anders als in den vielen Jahren zuvor. Den Schwung der vergangenen Saison mit in eine Neue nehmen zu können, also dass hatten wir eigentlich schon sehr lange nicht mehr. Vergangene Saison war das ansatzweise schon zu spüren, aber lange nicht damit zu vergleichen, was dieser Quantensprung aus der Regionalliga heraus mit uns allen anstellen würde. Plötzlich wollen alle nach Zwickau. Ich glaube, auf diese Idee kommt man im „normalen“ Leben jetzt nicht unbedingt.

Wie dem auch sei: Wir sind wieder wer, ohne überhaupt jemals einen Schritt in die 3. Liga gesetzt zu haben. Schließlich kennen wir diese Liga ja noch gar nicht, wurde sie doch erst am 25.Juli 2008 gegründet. Und knapp zwei Monate zuvor hatten wir ja auch noch unsere Abschiedsparty aus dem profitablen Fußball. Ist ja auch wurstegal jetzt, denn wir sind endlich drin. In einer Liga, aus der eigentlich auch schon jeder direkt wieder heraus möchte, da ja als Pleiteliga verschrien. Das mag auf einige Vereine auch speziell zutreffen, aber wir als Rot-Weiss Essen müssen jetzt erst einmal dort ankommen und uns angemessen auf und neben dem Platz vorstellen. Ohne Angst, aber mit Respekt. Ohne große Klappe, aber keinesfalls schüchtern. Und endlich hat auch der MSV Duisburg wenigstens bei einem Spiel eine volle Hütte. Meiderich statt Münster. Das klingt nach großer weiter Fußballwelt, auch wenn es direkt um die Ecke ist.

Apropos Münster: Wie der Presse zu entnehmen war, hat der SC Preußen kein Interesse mehr an Dennis Grote, um ihn für die neue Saison unter Vertrag zu nehmen. Wenn es denn so ist, dann war das im vergangenen Winter wirklich eine dusselige Räuberpistole aus Münster, die zum Rohrkrepierer für die eigene Mannschaft wurde. Im Verbund mit der Nachtfrostnummer bei plus 15 Grad und dem Engelmann-Gerücht aus selber Ecke muss man schlicht konstatieren: Diese Trilogie aus Münster hat sich direkt für die goldene Himbeere als schlechteste Serie beworben. Mal sehen, was das Karma dafür nun in der kommenden Saison mit den Adlerträgern vorhat! Schließlich kann ich die Regionalliga-West nicht einfach unbeobachtet lassen, dass klappt nicht von jetzt auf gleich, dafür war es zu lange unsere Heimat.

Unsere Heimat bleibt auf jeden Fall und ein Leben lang die Hafenstraße 97a. Das nur noch mal am Rande erwähnt und abends desöfteren auch weithin sichtbar erleuchtet. Mein Faible für die Mannschaft hinter der Mannschaft und deren Leistung ist seit dem Aufstieg eigentlich nur noch größer geworden. Denn unsere Helden in Stutzen haben den Job bei weitem nicht alleine gemacht. Und daher werde ich einfach nicht müde, um Geduld zu werben. Jede Karte kommt an, jede Anfrage wird bearbeitet und jede Bestellung aufgenommen. Aber dass kann nicht immer in gewünschter Echtzeit funktionieren. Wir haben so viele Jahre auf den Aufstieg gewartet, da dürften ein paar Tage des Wartens auf was auch immer doch kein Problem sein. Auch auf der Geschäftsstelle hat der Tag nur vierundzwanzig Stunden.

Und eigentlich gilt die größte Ungeduld aktuell doch und absolut nur dem Spielplan. Zigtausende Fans und wohl der ganze Verein warten darauf gebannter, als auf die Ziehung der Lottozahlen.  Gibt es zu Saisonbeginn den Jackpot mit Dresden daheim und den Münchner Löwen auswärts? Oder den Royal Flash mit Duisburg auswärts und Waldhof anne Hafenstraße? Eigentlich ja auch egal, denn wir müssen schließlich so oder so gegen jeden Gegner zweimal spielen, also hoffentlich! Aber nach so langer Zeit darf man einfach auch mal Wünsche haben. Der erste Gegner ist mir unterm Strich eigentlich auch egal, aber ein Heimspiel zu Beginn der neuen Saison wäre schon schön. Alle wieder mit an Bord, mit denen wir aufgestiegen sind, zuzüglich einem vollem Gästeblock. Dann dürfte sich auch Magenta Sport kräftig die Hände reiben.

Ob man seitens des WDFV dann auch mal zähneknirschend in die Übertragungen reinschaut, um zu sehen, wie sich der weitere Weg von Rot-Weiss Essen gestaltet? Oder sitzt Magenta TV dort nicht drin, da wir den ganzen Bumms ja nun nicht mehr mitfinanzieren? Man weiß es nicht und eigentlich ist es auch egal. Unglaublich, wir haben uns endlich vom Acker gemacht! Es wird jetzt die Zeit dafür kommen müssen, ein sportliches Gespür für die neue Liga zu entwickeln, um uns selbst dort einordnen zu können. Ich glaube nicht, dass wir Bekanntschaft mit dem Abstiegsgespenst machen werden, dafür ist unsere Mannschaft zu gut und in weiten Teilen zu eingespielt. Aber das hat Viktoria Berlin lange Zeit wohl auch von sich gedacht. Unser RWE wird sicher auch nicht die Rolle des TSV Havelse oder von den Würzburger Kickers übernehmen, die von Beginn an der Musik hinterherlaufen mussten, ohne wirklich jemals ein Bein auf den Boden zu bekommen.

Ich denke, wir alle zusammen auf und neben dem Rasen bekommen eine stabile Saison hin, die am Ende einen einstelligen Mittelfeldplatz und viel Zufriedenheit mit sich bringen wird. Wir werden weiter gewinnen, aber vor allen Dingen auch mehr verlieren als wir es seit einigen Jahren gewohnt sind. Und all das werden wir wünschenswerterweise zusammen tun. Schließlich sind wir Rot-Weiss Essen, die größte Trinkhalle des Profifußballs. 

Osterbolzen.

Die Grafikabteilung der Freaks Essen hat ganze Arbeit geleistet, und uns drei wunderschöne Kleber in ihrer Kurzwarenabteilung angeboten. Auf einem dieser Motive ist unter anderem Obelix inklusive einige unserer „Liebsten“ zu sehen. Bei Obelix ist man bei Asterix und somit auch bei dem Running-Gag namens Piraten. Irgendwann ist im Ausguck immer ein Gegner aus Rom, Gallien oder sonst woher zu sehen und aus Angst davor versenkt man sich lieber kurzerhand selbst.

Auch bei Rot-Weiss Essen saß heute scheinbar jemand im Ausguck und hat mitbekommen, wie tapfere Lippstädter den heiligen St.Preußen einen Punkt abnehmen konnten. Während sich der späte Ausgleich in Lippstadt auf den Rängen der Hafenstraße von Block zu Block fortpflanzte und kurzfristig dieselbe in ein Tollhaus verwandeln konnte, kam die Botschaft bei der Mannschaft gefühlt anders an, als erwartet. Auch hier hat man sich in Anbetracht der möglichen Tabellenführung lieber selbst versenkt, als die Geschehnisse proaktiv anzugehen.

Schon ab 14:00 Uhr steckten die Köpfe der Fans nicht nur im Stauder, sondern auch im Liveticker der Wahl. Beide Tore zur temporären Führung der Lippstädter wurden vor dem Hafenstübchen dermaßen bejubelt, dass erleben die Spieler des SV Lippstadt so wohl nicht einmal bei Heimspielen. Konnte ja auch keiner ahnen, dass der Adler jetzt schon Federn lässt. Geplant war das eigentlich erst gegen Fortuna Köln. Aber wer sich aktuell auf die Fortuna verlässt, der ist wohl auch ziemlich verlassen. Es war also eine durchaus heitere Grundstimmung, die sich nach langen Monaten der Kälte und Nässe bei feinstem Sonnenschein rund um das Stadion an der Hafenstraße zu verbreiten wusste. Den letzten Ergebnissen zum Trotze. Doch leider haben wir, wie schon zu erahnen, mal wieder die Rechnung ohne unsere Mannschaft gemacht. Der kurzen Euphorie inklusive Aussicht auf die Tabellenführung wurde fast umgehend auf dem Feld Einhalt geboten. So geht das jetzt aber auch nicht, als dass wir mal eben in den Euphorie-Modus umschalten. Wir sind doch hier nicht im Camp Nou! Die Euphorie auf den Tribünen hat unsere Mannschaft also ziemlich kalt gelassen und vor allem in der zweiten Hälfte dann wurden die Tribünen erstmal auf ruhig gestellt. . Es war ja schon seit Wochen weiterhin Luft nach oben für die schlechtes Saisonleistung. Also sollte dass doch auch endlich abgehakt werden. Und was kann ich sagen? Das ist eindeutig gelungen!

Lässt aber den geneigten und immer noch aufstiegswilligen Fan dann doch ziemlich fassungslos zurück. Das Pfeifkonzert nach dem Spiel mehr als verdient und vielleicht sogar noch zu moderat um endlich aufzuwachen. Das war wirklich alles, aber nicht das Spiel einer Mannschaft, die noch aussichtsreich im Kampf um den so lang ersehnten Aufstieg in die 3.Liga mitspielt. Das war willenlose Destruktivität in Form von Grütze. Dass war gegen die Abmachung, es gemeinsam zu schaffen, denn die Mannschaft hat nichts anderes getan, als uns komplett im Stich zu lassen. Das tat für den Moment im Stadion gar nicht mal so weh, denn da war man immer noch im Kreise seiner Liebsten, Familie und/oder Freunde und einfach nur konsterniert über das Erlebte. Die Enttäuschung über die abermals verpasste Chance macht sich erst jetzt und in diesen Zeilen breit. Wie konnte das passieren? Und vor allen Dingen: Warum? Warum gerade dann, wenn der hochnäsige Adler endlich wieder Federn lässt? Hat man ernsthaft geglaubt, man müsse selbst die eigene Leistung nicht wieder hochfahren, sondern dass es reichen würde, sich auf eventuelle Ausrutscher der anderen zu verlassen?

Echt jetzt: Was haben wir Euch eigentlich getan, dass unsere Hoffnungen mal wieder dermaßen vor den Kopf gestoßen wurden? Nach den „Glorreichen Sieben“ und „The Sixth Sense“ ab kommenden Dienstag also „Fünf gewinnt“. Nach wie vor ist ja alles möglich, aber wenn auch Ihr keine Helden der Hafenstraße werden wollt, dann teilt es uns bitte schon vor Anpfiff mit. Oder Ihr reißt Euch endlich wieder am Riemen, beim Teutates, und vermöbelt den SV Lippstadt so richtig. Ganz vielleicht spielt uns dann auch die Fortuna mal wieder in die Karten. Es kann ja nur besser werden nach diesem Auftritt! Vielleicht hat ja jemand Zugriff auf das Rezept für den Zaubertrank von Miraculix. Denn etwas in der Art bräuchte unsere sportliche Abteilung gerade ziemlich dringend. Aber bloß keine Kleeblätter darin einrühren.

obstupefacere.

Ich habe mit allem gerechnet: Einem zähen Spielverlauf und vielleicht daraus resultierend reingeeumelten Siegtreffer kurz vor Abpfiff. Auch ein Unentschieden hatte ich auf dem Schirm. Schließlich ist auch der SV Straelen gut in die Saison gestartet und die Kabinenpsychologie ist in manchen Köpfen vielleicht doch noch dabei, mit dem SV Straelen die Legende eines Angstgegners aufzubauen. Ein lässiges 5:0 kam mir also überhaupt nicht in den Sinn! Wir waren somit nicht nur gewappnet, sondern hatten weit vor Anpfiff auch noch unverhofften und zugleich netten Parkplatzsmalltalk mit einem ehemaligen RWE-Profi, der weitgereist nicht nur für RWE, sondern auch für Bayer 04, die Huftiere und den kommenden Gegner aktiv war. Inklusive Fazit, dass die Zeit bei RWE alles andere atmosphärisch zu toppen wusste. Auf den Tribünen und so. Als ob wir das bezweifelt hätten.

Derart gebrieft ging es dann Richtung temporärer Aufenthaltsstätte Rahn-Tribüne. Oder kurzzeitig auch nicht, denn eine neues Handy ist nicht nur wie ein neues Leben, sondern auch ohne die alten Inhalte. Und somit war nichts mehr zu lesen von der eigenen Impfung. Glücklicherweise gab es noch eine andere App, die den Nachweis dann erbringen konnte. Die eigene Vorbereitung auf das Spiel also schon eher ungenügend. Aber wer konnte zu dem Zeitpunkt schon ahnen, dass unsere Mannschaft nahtlos nachlegen würde? Die Einlasssituation ansonsten gestaltete sich relativ entspannt. Das wurde von RWE akribisch und nachhaltig so dezent vorbereitet, so dass man bisweilen fast vergessen konnte, was die Umstände gerade so mit sich bringen.

Die Vorfreude war den Fans in den Gesichtern abzulesen. Die Rückkehr der Fans zugleich auch „The Return of Einkaufswagen“. Irgendwo muss der endlich wieder einzusammelnde Flaschenpfand ja gesammelt werden. Ein schneller Blick auf die gelagerte Pfandware ließ folgende Schätzung zu: 99% Stauder, 1% Fremdartikel. Damit kann man arbeiten. 

Entweder zu viel in der Sonne, oder gar nicht gearbeitet hatte ein Fan, bei dessen Verhalten man im weiteren Spielverlauf direkt aufgezeigt bekam, was in den letzten Monaten definitiv nicht gefehlt hat: Ein Vertreter der Spezies lattenstrammer RWE Fan, der sich über 90 Minuten einfach nur weiter betrinkt, die gegnerischen Fans permanent homophob beleidigt, Bierbecher und Feuerzeuge auf das Feld wirft, um fast selber von der Tribüne zu fallen, seinen Sitzplatz und Umgebung in einem See verschütteten Stauder hinterlässt und sich natürlich auch nicht zu blöd ist, alles und jeden als „Uhrensohn“ zu deklarieren.

Aber, leider war dieses Verhalten immer noch nicht das wirkliche Drama im ersten Heimspiel der neuen Saison.  Dafür sorgte plötzlich und unerwartet tatsächlich unsere eigene Mannschaft mit einer verdienten 1:4 Klatsche gegen den SV Straelen. Die möglicherweise extra für dieses Spiel ins Leben gerufenen Vereinigung der „Hardcore – Bauern“ konnte ihr Glück kaum fassen und spulte via Megafon sämtliches Liedgut der „Best-of-Ultras“ CD ab.

Unsere Mannschaft spulte außer einigen Kilometern auf dem Feld ihrerseits leider nichts nahrhaftes ab. Die Resonanz zur Halbzeit irgendwo zwischen „Wie soll ich denn die nächsten 45 Minuten überstehen“ und „Scheiße, ich habe eine Dauerkarte“. Die fröhliche und geduldige Vorfreude machte Platz für das Entsetzen, was uns schon bald darauf bevorstehen sollte. 

Da passte auf dem Feld an diesem historischen Abend so gut wie nichts. Stürmer, die sich im Weg standen. Bälle, die nicht kontrolliert werden konnten und immer dieses hintenherum. Das kann und wird immer wieder passieren, und ist grundsätzlich ja auch nicht tragisch, wenn unter dem Strich die Ergebnisse stimmen.

Aber an diesem Freitag-Abend war dieses Spiel mehr als tragisch. Es war der ungewollt gefühlt sportliche Schlag ins Gesicht alle derer, die nach langen Monaten endlich wieder ihre Mannschaft im Stadion sehen durften. Sich dafür im neuen Trikot schick gemacht hatten, das Grinsen vor lauter Vorfreude bisweilen gar nicht mehr aus dem Gesicht bekommend.

Und dann das Unerklärliche auf dem Feld….

Es gibt viel zu tun bis Wuppertal. Sehr viel. Auf der langen Rückfahrt wurde vor allem eines: Geschwiegen. Nicht mal mehr mit sich selbst wurde geredet. Vielleicht verstehe ich diese Niederlage erst in einigen Monaten. Glückwunsch an die Mannschaft des SV Straelen, so viel Fairness muss drinsitzen. Und „Feuer frei“ für die chronischen Dauernörgler. In der Szene herrscht heute sicher schon Partystimmung.

AUSWÄRTSSIEG!

Lieferhelden

Die Aussicht, endlich wieder das eigene Wohnzimmer Hafenstraße betreten zu dürfen, versetzt uns alle in kollektive Vorfreude und Aufregung. Dieser eine, kurze Moment, wenn die Mannschaft morgen das Feld betritt, um sich aufzuwärmen, dürfte wieder ein legendärer und zugleich sehr lauter werden. Wie auch schon im Spiel der vergangenen Saison gegen Fortuna Düsseldorf. Sofern die meisten Fans dann schon ihre Plätze im Stadion gefunden und eingenommen haben. 

Man kann sich denken, dass das eine Herkulesaufgabe der Mannschaft hinter der Mannschaft war und weiterhin sein wird, die Hafenstraße erneut den (sich zudem täglich verändernden) aktuellen Gegebenheiten entsprechend vorzubereiten. Allein um das Schachbrettmuster auf die Tribünen zu bekommen, wurde vergangene Saison nicht nur über Tage gearbeitet, sondern auch in Nachtschicht malocht. Und erst die aktuelle Logistik rund um die Dauerkarten: Da konnte ja nicht einfach nur verlängert werden, sondern es musste bei der Platzwahl ganz genau hingeschaut werden, um allen Auflagen gerecht zu werden. Ein wahres Puzzlespiel. Für Damian Jamro als Hauptverantwortlicher Ticketing und ihn unterstützende Kollegen bedeutete das aufgrund der der hohen Nachfrage und weiteren Lockerungen nichts anderes, als vergangenes Wochenende rund um die Uhr zu drucken. Im wahrsten Sinne des Wortes: Rund um die Uhr! Und dann gingen die Karten auch schon in die Post. Da kann man doch nicht meckern, das sind wahre Lieferhelden.

Leider kam es gelegentlich eher semi an, das langjährige „Sofa“ (aka Sitzschale) im eigenen Wohnzimmer nicht mehr in der gewohnten „Hood“ mit der angestammten WG zu teilen, sondern zunächst bei neuen Nachbarn unterzukommen. Das ist eben dem Fakt Schachbrett geschuldet und gilt ja auch nur noch für einige Spiele. Eigentlich ein klassisches Luxusproblem, denn überhaupt wieder dabei zu sein, dass allein sollte doch Freude pur hervorrufen. Die temporäre Versetzung kann man daher doch eigentlich gelassen und emphatisch hinnehmen. Außerdem dachte ich immer, wir sind alle Familie. Da kann man doch locker auch mal andere Verwandte kennenlernen. 

Ich habe ja schon desöfteren dieses so gut wie nie ausgehende Licht in unserem Stadion erwähnt. Aber zu keiner Zeit war ein fettes Dankeschön mehr angebracht, als in diesen Tagen. Die Mannschaft hinter der Mannschaft sorgt schließlich erst dafür, dass die Jungs auf dem Feld fast unbesorgt ihrem Job nachgehen können und im Optimalfall unsere Ovationen dafür entgegennehmen dürfen. Aber die dahinter nimmt man leider viel zu wenig als ebenso wichtig wahr. Mit unserem RWE meinen wir oft nur die Mannschaft. Weil sie hauptsächlich für die Umsetzung unserer sportlichen Sehnsüchte zuständig ist. Sportliche Sehnsüchte kennt man aber genauso auf der Geschäftsstelle und in allen anderen Funktionsbereichen bei Rot-Weiss Essen. Sie deckt sich komplett mit unseren, der Aufstieg ist das Ziel. Zudem ist Rot-Weiss Essen für fast alle mehr als nur ein Job. Das ist oftmals ebenfalls eine absolute Herzensangelegenheit.

Wenn jetzt mal eine Karte nicht sofort den gewünschten Platz ausweist, oder auch gefühlt zu lange auf sich warten ließ. Der Parkplatz noch nicht reserviert werden konnte, oder das Paket aus dem Fanshop noch nicht da ist…usw. usw.: Es gibt fast kein Problem, welches sich bei Rot-Weiss Essen nicht lösen lässt. Mit der gebotenen Geduld natürlich. Außer, es läuft auf dem Feld nicht wie gewünscht. Das können wirklich nur die Trainer und Spieler selbst regeln. 

Apropos Geduld: Wir werden sicherlich morgen beim Einlass ganz viel Geduld aufbringen müssen. Aber das wird schon klappen, und dann läuft es von Mal zu Mal geschmeidiger. Geben wir uns allen einfach die Zeit, uns auch außerhalb des Rasens wieder gut einzuspielen. Außerdem ist Stress auch nicht gut für den Blutdruck. Hafenstraße Essen, wir sind wieder hier. In unserem Revier! 

So schön sind die Reisen niemals gewesen, wie sie in den Augenblicken des Heimkommens sind (Erich Kästner).

Kommenden Freitag dürfte für viele der erste Stadionbesuch seit langen Monaten anstehen. Und möglicherweise stellt sich dem einen oder der anderen die Frage, wie das noch geht, so mit dem Stadiongang. Also ganz langsam und der Reihe nach:

Das Spiel beginnt um 19:30 Uhr. Eine angenehme Zeit, um nach dem Frühstück mal raus zu kommen. 

Man darf natürlich im Jogger kommen. Wenn die Buxe dann auch noch im Fanshop bestellt wurde, reden wir hier von einer klassischen Win-win Situation. Wichtig ist nur, dass man untenherum überhaupt etwas trägt. Was bei Zoom Konferenzen noch durch die Arbeitsplatte gerettet werden kann, kommt im Stadion leider nicht zum Tragen. Daher sollte man also komplett angekleidet erscheinen.

Der Herbst kommt mit aller Macht und es wird abends schon mal frisch. Daher vielleicht lieber den Seidenschal zuhause lassen und schon den Übergangsschal in Balkenoptik umwickeln. Empfehlenswert auch noch der kurze Blick nach unten, bevor die Wohnung verlassen wird: Pantoffel oder Adiletten sind nicht strafbar, könnten aber für frische Füße sorgen.

Die geliebte Fernbedienung muss nicht mitgenommen werden. Der neue Bildschirm ist nicht für Netflix oder Disney+ gedacht, sondern dient als neue Informationsquelle und stellt zugleich ein neues optisches Highlight der Hafenstraße dar. Man kann sich dort also nicht einloggen.

Unbedingt Hartgeld in die Bauchtasche packen. Hartgeld könnte an den Verzehrständen wichtig sein, denn die erste Stadionwurst seit viel zu langer Zeit mit Karte zu bezahlen hat fast was von Frevel und ist wahrscheinlich auch gar nicht möglich. Und vielleicht esst Ihr einfach eine Wurst mehr und gönnt Euch den Extrabecher Stauder. Wir sind beileibe nicht die einzigen, die magere Zeiten durchlebt haben.

Tiefkühl-Pizzen können nirgendwo aufgebacken werden. 

Toilettenpapier hängt wie immer auf den dafür vorgesehenen Toilettenpapierhalterungen. Wer nur noch heimische Feuchttücher gewohnt ist, muss diese selbst mitbringen. Gibt es aber auch in Reisegröße.

Es könnte nach den Monaten der Stille ungewohnt laut werden. Daher empfiehlt der Verband zugelassener HNO`s die Mitnahme von Ohropax, um sich und seine Ohren im Bedarfsfalle zu schützen. 

Wenn sich jemand einen Senflecken einfängt: Senfflecken haben ihren Schrecken verloren. Sie können uns nichts mehr anhaben und gelten ab sofort als Beleg dafür, seinen Verein wieder im Stadion anzufeuern. Übrigens: Wer ungeduscht zum Spiel erscheint, hat in Anbetracht unserer Stürmerqualitäten gute Chancen, frisch (Bier-)geduscht nach Hause zu fahren.

(Und mal ernsthaft: Wir werden uns sicher wieder recht schnell an den „Umstand Stadion“ gewöhnen, der aber in der aktuell abgespeckten Form für viele verständlicherweise nicht die gewohnte Umsetzung der Eigeninterpretation Stadionerlebnis bedeutet. Das gilt es definitiv zu respektieren. Vielleicht können wir es einfach kompensieren, indem wir für alle mitschreien, die mit der Rückkehr noch warten wollen oder schlicht noch keine Karte bekommen konnten)

Endlich wieder Senfflecken auf dem Trikot.

Herzlake:

Erstaunen lag in seinem Gesicht, als Roland Sauskat neunzig Minuten vor Spielbeginn aus dem Hasetal-Stadion kam. War es doch kein Problem, einfach dort hinein zu spazieren. Das Tor sperrangelweit geöffnet, so dass auch die komplette Mannschaft des RWE nebst Entourage über den eigentlichen Gästeeingang Zugang fand, um mit Sack und Pack über den Platz zu den Kabinen zu latschen. Vielleicht war es aber auch so gewollt, denn die beiden großen Busse aus Emmen parkten fein aneinandergereiht vor dem Haupteingang. Wie dem auch sei: Der Gästeeingang blieb geöffnet und jeder zufällig vorbeikommende Fußballfreund hätte so das Stadion betreten können. Was dann tatsächlich doch irgendwann auch einem Verantwortlichen des sehr netten Gastgebers VfL Herzlake auffiel. Und so war genau dann Schicht im Schacht, als eine kleine Essener Reisegruppe Einlass begehrte. Die Handys wurden gezückt wie weiland die Colts in einem beliebigen Western. Und eine Lösung gefunden, die aus Zaun- Tribünengäste werden ließ. Für so dröge Emsköppe war das ein richtig schneller Move. Unter Zuhilfenahme des RWE natürlich, das sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.

So viele neue Gesichter im Kader unseres Herzensvereins. da ist man froh, wenn man direkt einen „Herze“ entdeckt. Oder einen der anderen aus der vergangenen Saison. Die Saisonvorbereitung und seine Testspiele sind immer auch aus der Kategorie „Namen lernen und Gesichter dazu merken“. Vielleicht ist auf dem kommenden Ausweichtrikot daher der Spielername wesentlich größer geschrieben als der unseres Vereins. Ein Trikot welches den Spielern auf den sportlichen Leib geschneidert ist, und sowohl in seiner Schlichtheit als auch der kernigen „Typo“ zu überzeugen weiß. Aber, der Verein steht immer über dem Spieler. Diese kommen und gehen. Der Verein jedoch bleibt. Deshalb wäre meine einzige Kritik an dieser Stelle das minimalistische Rot-Weiss Essen im Verhältnis zum Spielernamen. Ich hoffe da stark auf ein Umdenken im Heimtrikot, welches nach Aussage von Marcus Uhlig das Schönste sein wird, was wir je hatten. Um direkt im Anschluss augenzwinkernd hinzuzufügen, dass er dass ja vor jeder Saison sagt, es diesmal aber wirklich stimmt! Es wird also stofftechnisch spannend bleiben bis zu dem Vorbereitungsspiel gegen den langjährigen Rivalen mit ohne passendem Stadion aus Verl.

Das ist ja schon fast ein Treppenwitz, der uns da aus Verl erreichte: Warum ist man plötzlich geschockt über die (fragwürdigen) DFB-Richtlinien in Sachen Stadionkapazität? An der Zahl von 10.001 hat sich auch durch Corona nichts geändert. Das war also bekannt, und man hätte an der Poststraße reagieren können, oder wie geschehen, eben nicht. Daher wundert man sich eher darüber, dass man sich in Verl darüber wundert. Aber, um auch für den SC Verl zu schreiben: Man hat sich dort ein zweckdienliches und den eigenen Ansprüchen komplett ausreichendes Stadion geschaffen. Designtechnisch gar nicht mal unterste Schublade. Der Zuschauerschnitt passt dazu und überhaupt: Womit ist diese Zahl von 10.001 für die 3.Liga begründet? Nun treten mittlerweile fast alle in Lotte den dortigen Sportfreunden den Rasen kaputt und zu den Hochsicherheitsrisikospielen gegen den TSV Havelse, Türkgücü München oder Viktoria Berlin zum Beispiel muss man wohl auf die Bielefelder Alm ausweichen. Das ist alles teuer und fern jeglicher Realität. Verbandswesen halt.

Aber zurück zu unserem Spiel in Herzlake gegen den Eredivisie Absteiger des FC Emmen. Das war eine gute erste Halbzeit, die unsere Mannschaft gegen die ebenfalls neuformierte Mannschaft aus Emmen gespielt hat. Man hat es geschafft, sich aus anfänglicher Umklammerung zu lösen um seinerseits immer wieder Torchancen zu kreieren. Was die Emmener Mannschaft geritten hat, zwischenzeitlich aus unserer Mannschaft Hackfleisch machen zu wollen, wusste im Stadion kein Mensch. Weder stand ein Derby an, noch musste die Deutsch-Holländische Fußballrivalität belebt werden. Das waren keine Emmentaler, dass waren Emmener Heißsporne. Aber, auch so kann man als Mannschaft lernen, dagegenzuhalten. Was in der zweiten Halbzeit dann nicht mehr so wirklich gelang. Einem Freistoßtor der Marke „Unhaltbar“ folgten zwei eher unglückliche Gegentore.

Das Endergebnis von 0:3 ging somit aufgrund der zweiten Halbzeit in Ordnung. Grundsätzlich und überhaupt sollte man den Testspielergebnissen keine zu große Beachtung schenken. Hier gibt es keine Tabelle, sondern nur Erkenntnisse. Und nur, weil wir im vergangenen Jahr noch gegen denselben Gegner gewonnen haben (damals sogar noch Erstligist), bedeutet dass im direkten Umkehrschluss keineswegs, dass unsere Mannschaft aktuell schwächer ist. Aber wir wissen ja: Selbst Vorbereitungsspiele sind im Ergebnis Wasser auf den Mühlen der Dauernögler.

Wielen:

Die Fünfhundertfünf Köpfe zählende Gemeinde Wielen mit seinem ASC GW 49 Gastgeber und Gegner zugleich für das zweite Vorbereitungsspiel im Rahmen des diesjährigen Trainingslager. Morgens noch trainiert, im Mittag die Koffer gepackt und am Nachmittag raus aus dem Emsland in die schöne Grafschaft. Als der Mannschaftsbus ca. eine Stunde vor Spielbeginn den Sportplatz am Heideschlösschen erreichte, wirkte er in Relation zu dem ländlichen Umfeld viel größer als sonst an der Hafenstraße. Der erste Schock für die Medienbeauftragten des RWE direkt nach dem Aussteigen: In der Niedergrafschaft und besonders in Wielen sind die Tornetze oftmals stabiler als das Funknetz. Ganze Spiele im „offline“ sind hier keine Seltenheit. Vielleicht wirken die Menschen hier daher um einiges entschleunigter. Komplette Entspannung also vor dem Eingang, Smalltalk und nette Begrüßung inklusive. Die aktuell geltenden Einlassmodalitäten wurden mit Grafschafter Bierruhe und Essener Lässigkeit flott erledigt.

Endlich wieder Bratwurst in der Hand und Senfflecken auf dem Trikot. Nirgendwo findet man übrigens lässiger Menschen an einer Spielfeldbande stehen, wie rund um einen Fußballplatz. Meistens ein Bein vorgestellt, den Poppes etwas nach hinten gekippt und eine Bierflasche in der Hand. Bier und Bratwurst, die Essenz des Fußballs umrahmten dieses Testspiel somit ebenso wie die etwa vierhundertfünfzig Zuschauer aus nah und fern. Die aus der Ferne bekamen durch den Stadionsprecher zusätzlich noch neunmal eine Kostprobe für das „rollende R“ der Niedergrafschaft auf die Ohren. Es passte einfach alles.

Damit es auch am Ende einer intensiven Woche für alle Spieler passt, hat Trainer Christian Neidhart gleich zwei Mannschaften aufgeboten. Wenn ich richtig liege, haben bis auf Keeper Daniel Davari und die Rekonvaleszenten alle Spieler in Wielen Einsatzzeit bekommen. Und präsentierten sich überaus spielfreudig und ehrgeizig zugleich. Sowohl die Mannschaft der ersten Hälfte, als auch die Truppe in der Zwoten. Der Kampf um die Plätze in vollem Gange. Da auch die Mannschaft des ASC GW 49 richtig Lust auf das Spiel hatte, war das Geschehen auf dem Platz durchaus interessanter, als es das Endergebnis von neun zu null für unseren RWE vielleicht auf den ersten Blick vermuten lässt.

Der erste Auftritt von Rot-Weiss Essen in der Grafschaft Bentheim überhaupt ein ziemlich gelungener. Und spätestens nach einigen Kilometern auf der Heimfahrt gen Pott (Oder gen Nordhorn) war auch das Netz wieder stabil, was zu Erleichterung bei vielen geführt haben dürfte.

Den Verantwortlichen des ASC GW 49 und den vielen Ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen gebührt der Dank für einen rundum gelungenen und schönen Fußballabend. Und wie wir ja aus der Historie wissen: Immer, wenn der RWE in der Grafschaft zu Gast war, gelang am Ende der Saison der Aufstieg…

Etwas respektlos.

Was mich nach diesem Wochenende abseits der Traurigkeit dann doch verblüfft zurücklässt, ist die subjektive Wahrnehmung, wie sich der fußballerische Wertekompass bei so vielen immer mehr verschiebt. Ein Verein wie Rot-Weiss Essen hat immer schon viele „Gönner“ gehabt, die dem Verein vonne Hafenstraße von Herzen Misserfolg gönnen und sich mit jedem weiteren Jahr Nichtaufstieg hämisch die nächste Kerbe in den Gürtel schnitzen. Die Vereinszugehörigkeit hier breit gefächert, die gegenseitige Freude bei sportlichem Misserfolg ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Auch wir sind immer vorneweg dabei, wenn ein ungeliebter Verein sportlich stolpert. Nennt sich Rivalität, sollte im Rahmen des Normalen ausgetragen werden und macht den Fußball ja auch aus.

Das vergangenen Samstag beendete Titelrennen mit einer Zweitvertretung hingegen hat für mich eine neue Phase der immer mehr um seinen Erhalt fürchtenden Fußballkultur eingeläutet. Je näher die Saison mit ihrem angeregtem Zweikampf zwischen Erstvertretung und Zweitvertretung eines „Global Player“ dem finalen Spieltag entgegensteuerte, umso mehr ergriffen Fans von Borussia Dortmund und erwähnten „Gönnern“ anderer Vereine Partei für die Zweitvertretung.

Der Fairness halber sei erwähnt, das die Zweitvertretung des BVB schon immer von einem festen Kern an aktiven Fans unterstützt wurde. Sofern denn die „Erste“ spielfrei hatte. Man muss ja Prioritäten setzen! Übrigens auch an der Hafenstraße stets gern gesehene Gäste. Zudem waren/sind die aktiven Dortmunder Fans auch bekannt für einen stets kritischen Umgang mit den Auswüchsen im Profifußball. Nur im eigenen Haus, da ist es dann wohl in Ordnung, dass die eigene Zweitvertretung in den Profifußball aufsteigt und sich dazu aller möglichen Ressourcen des „Mutterkonzerns“ bedient.

Die Zwote aus Dortmund hatte plötzlich so viele Befürworter in den Kommentarspalten, von denen die meisten möglicherweise noch nie ein Spiel der Zwoten gesehen haben. Sofern sie überhaupt schon mal im Westfalenstadion zugegen waren. Aber der eigene Verein will unbedingt die eigene Zweitvertretung in die dritte Bundesliga hieven, also bleiben wir in den Kommentarspalten natürlich auf Kurs und ignorieren einfach mal die ganzen Umstände. Der Verein hat immer Recht. Auch viele Fans anderer Rivalen und Traditionsvereine hebeln ihre tatsächlichen Ansichten einfach mal aus. Hauptsache man kann gegen RWE kommentieren. Wen interessiert da schon ein Sachverhalt, der zu Lasten des Fußballs geht. Und Fans der Blauen? Die bekommen in ihrem Abstiegsschmerz nicht mal mehr mit, dass es die schwarz-gelben sind, die den Roten den Aufstieg verbaut haben und bejubeln so quasi eine Dortmunder Zweitvertretung für ihren Erfolg. Was kommt als nächstes? Freundschaftsschals?

Es ist nicht das Problem, dass wir als Rot-Weiss Essen den Aufstieg erneut nicht geschafft haben (OK, irgendwie natürlich schon!). Nennt sich Sport, kann passieren. Manchmal eben auch viele Jahre hintereinander. Das Problem ist der Umgang damit, wie viele Fans eines großen Vereins es einfach hinnehmen und unterstützen, dass ihr Verein unbedingt eine weitere Mannschaft in den (wirklichen) Profibereich etablieren will. Und das auf eine mehrfach fragwürdige Art und Weise. Wo hört denn dann die bisweilen blinde Unterstützung des eigenen Vereins auf? Bei der dritten oder gar vierten Mannschaft? Wird so lange durchgewunken, bis die ersten drei Mannschaften aus Dortmund, München und Leipzig in einer eigenen Neuner-Liga den Meister abspielen? Oder als Elfer-Liga mit den beiden Freiburger Mannschaften als Reminiszenz an die kleineren Vereine?

Übrigens würde ich im umgekehrten Falle nicht wollen, dass der RWE als Bundesligist mit allen Mitteln versuchen würde, seinerseits eine „Zwote“ in die 3.Liga zu hieven. Aber, das ist zum einen natürlich Phantasterei, denn RWE und Bundesliga….. und zum anderen bin ich eh bekennender Anhänger des englischen Ligensystems.

„Denk immer daran: Ein Verein, der Freunde hat, ist nie ein Versager!“

So (oder so ähnlich) sprach Clarence, seines Zeichens Engel Zweiter Klasse in Frank Capras Klassiker „Ist das Leben nicht schön!“ zu dem verzweifelten George Bailey, der seinen Aufstiegsmut nach Köln verloren hatte und sich schon in die renaturierte Berne zu stürzen drohte. Natürlich wissen wir, dass dieser Klassiker aus dem Jahre 1946 ein gutes Ende nahm und der junge James Stewart auch nur zufällig und ganz entfernt dem nicht mehr ganz so jungem Marcus Uhlig ähnelte.

Was hat das nun mit dem heutigen letzten Spieltag zu tun? Ganz viel! Außerdem muss man ja einmal mehr an eine Überschrift kommen und deren Ursprung dann wenigstens kurz erklären. George Bailey also hat in diesem wundervollen Film als Prototyp „kleiner Mann“ gearbeitet und gehofft! Zwischendurch nicht mehr an sich geglaubt und wurde dadurch quasi an die Hand genommen. So konnte er am Ende erfahren, dass es die Freunde sind, die das Leben nicht nur lebenswert machen, sondern auch niemals verzagen lassen.

Rot-Weiss Essen hat viele Freunde. Und alle hoffen mit unserer Mannschaft, dass wir den so lang ersehnten Sprung in die Drittklassigkeit am finalen Spieltag dieser so surrealen Saison schaffen werden. Dass es dazu ausgerechnet der Schützenhilfe aus Wuppertal bedarf, ist einfach der Tatsache Spielplanung geschuldet. Daran hat weder „Clarence“ noch sonst wer gedreht. Und man sollte die Rivalität manchmal auch nicht überbewerten. So ziemlich alle anderen Vereine wollen unsere Rivalen sein. Derbygegner, Traditionsduellist, oder was auch immer! Und so ziemlich jeder wurde mittlerweile dazu befragt. Ich warte jetzt noch auf ein Interview mit dem Grotifanten, ob er sich von Anbetracht der gleichen Vereinsfarben in die Wuppertaler Gefühlswelt hineinversetzen kann. Übrigens: Willi Lippens und Otto Rehhagel wurden noch nicht befragt. Das kann eigentlich auch nur ein Versehen sein. Aber vielleicht kommt das noch in Verbindung mit der Echtzeit-Homestory über Kevin Großkreutz vor dem Livestream von Sporttotal.

Es ist mittlerweile auf Essener Seite ein kollektives Kribbeln zu spüren, welches in jüngerer Vergangenheit dass letzte Mal vor dem Aufstiegsspiel in Siegen zu erleben war. Und das, obwohl sich die sportliche Konstellation damals um einiges einfacher für unseren RWE gestaltet hat. Das heutige Kribbeln ist jetzt aber keine Überheblichkeit oder Phantasterei: Es ist eher dem Wissen um die Stärke unserer Mannschaft in Verbindung mit dem Wahnsinn Pandemie unter Hinzunahme eines guten Schusses Fußballgott geschuldet. Wird das Ganze dann mit einer gehörigen Portion Sehnsucht angereichert, bekommt man halt diesen (mittlerweile wieder) unerschütterlichen Glauben an das Wunder von (der) Bern(e).

In einigen Stunden nun fährt der komplette Tross RWE Richtung abgeriegeltes Wegberg-Beeck los. Allen Anschein nach gebührend verabschiedet. Der Aufruf dazu ein optisches Lehrstück, wie man aktuelle Vorgaben einfordert, ohne den Kern der (Fan-)Sache aus den Augen zu verlieren. Also schreit den Bus Richtung Autobahn, aber haltet Euch bitte an die drei Vorgaben auf dem Aufruf.

Und wie startet man sonst in diesen so entscheidenden Tag? ich befürchte, die Frage lässt sich in vielen RWE-nahen Haushalten gar nicht so leicht beantworten. In nicht wenigen Fällen dürfte es schließlich kaum eine erholsame Nacht gegeben haben, die diese Bezeichnung auch nur annähernd verdient. Wir alle malen uns doch schon seit Tagen aus, was diese finalen Spiele mit uns veranstalten werden. Da fällt ziemlich sicher das ein oder andere gesunde Frühstück aus, um direkt mit der Gerstenkaltschale zu starten. Weitere Optionen: Der Appetit fällt vor lauter Anspannung komplett in sich zusammen und macht sich erst nach Schlusspfiff bemerkbar. Oder man nimmt vor lauter Stress alles zu sich, was der Kühlschrank irgendwie hergibt. Bluthochdruck Patienten sollten unbedingt ihre Tablette nicht vergessen und das WLAN Kabel sollte angeschlossen sein. Das Umfeld zudem darüber informiert werden, dass man zwischen 14:00 und 15:55 Uhr nicht gestört werden darf. Wir sind schließlich in der wichtigsten Mission seit 2008 unterwegs.

Schon jetzt wird diese Saison ein Klassiker in den rot-weissen Annalen werden. Alles anders als sonst. Träumen bis zum Schluss! Hoffnung und der RWE: Haben wir uns sonst Jahr für Jahr schon im Spätherbst beständig voneinander getrennt, spielen wir diese Saison nun schon so lange zusammen, so dass man fast von einer richtigen Beziehung sprechen kann. Das macht Spaß, hat uns endlich wieder den Kopf oben tragen lassen. Und normalerweise würde es auch gerade aus Richtung Dortmund sicher jede Menge Zuspruch in unsere Richtung geben. Wenn man nicht gerade selbst seine „Zwote“ von der Kette gelassen hätte, damit um jeden Preis die Drittklassigkeit gestürmt wird. Braucht man ja auch unbedingt, wenn man selbst mit der Ersten nicht so ganz schlecht in der Bundesliga unterwegs ist. Alles sportlich platt machen, was der eigenen AG im Wege steht.

Aber egal wie es nun heute ausgehen wird: Rot-Weiss Essen wird niemals ein Versager sein, dass Wort möchte ich im Anschluss nirgendwo in Zusammenhang mit unserer Mannschaft lesen! Dafür haben wir zu viele Freunde und geben uns gegenseitig Halt. Zwischen himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt oder fassungslos ob des tatsächlich nötigen Entscheidungsspiels wird es ab ca. 15:55 Uhr kaum mehr andere Facetten geben. Wir sollten daher vorab dieser Dortmunder Mannschaft Respekt zollen für eine ebenfalls bärenstarke Saison. Rein sportlich beurteilt natürlich, denn es gilt weiterhin folgende Prämisse: Ist reglementarisch etwas nicht sauber gelaufen, so wird es an den Tag kommen und anschließend beurteilt werden!

So, und nun? Trikot an, sich von Tommy Jockschies Zeilen auf das Spiel einschwören lassen und darauf hoffen, dass es heute Abend nur zu positiven Schlagzeilen rund um die Hafenstraße kommen wird und alle eine positive Bilanz ziehen können. Und dann schlafen wir nach Wochen endlich mal wieder durch.

Don’t Stop Believin’

Vier!

„Dortmund wird nervös, Dortmund wird nervös…Dortmund, Dortmund, Dortmund wird nervös……“ Soll mir doch keiner erzählen, dass in dem Mehrgenerationen-Spielerhaus an der Strobelallee nicht doch so langsam die Nervosität ausbricht, in Anbetracht der aktuellen rot-weissen Punkteausbeute und zeitgleicher Aufarbeitung der eigenen temporären Torflaute. Unter vier Toren macht man es gerade nicht daheim und das Gegentor der Homburger wurde im Spiel gegen den SV Lippstadt zu einem eigenen umgewandelt, so dass die unzähligen Fans am Stream erneut fünf Tore geboten bekamen. Alle für uns!

Das ist super, denn jetzt wird es sich zeigen, ob die Spieler der Dortmunder „Eins Be“ schon abgewichste Profis sind, die dem Atem des Verfolgers im Nacken kalt lächelnd den Mittelfinger zeigen, oder ob es sich doch um normale Fußballer handelt, die auch schon mal in eine Sinneskrise geraten, befinden sie sich zudem noch teilweise in einem Spannungsfeld zwischen Champions League, Pokalfinale und Regionalliga West. Außerdem ist da ja noch die Isolation aller Profiklubs ab dem zwölften Mai: Gehen Tigges und Companeros mit in die Isolation und dürften demnach nicht mehr unterstützend in der „Eins Be“ wirken, oder wird beschlossen, dass das die Vier komplett für den Aufstieg zur dritten Bundesliga der „Eins Be“ zugeteilt werden?

Wir werden gegen Mitte Mai die Antwort auf diese Frage bekommen und es steht zu befürchten, dass es auch diesmal wieder eine Dortmunder Lösung geben wird. Wie es ja auch schon in der Stadionfrage und in dem Heimrecht regelmäßig Dortmunder Lösungen gab. Grundsätzlich bleibt ja die Frage, wie egoistisch man als Verein sein kann, wenn man auch seine Zweitvertretung auf Teufel komm raus in die dritte Bundesliga befördern will.

Aber, was heißt schon „zu befürchten“, denn aktuell lassen wir mit der Essener Lösung einfach nicht locker und halten kräftig dagegen. So sehr, dass ein Kommentator der RevierSport das Rennen um den Aufstieg wieder als spannend erachtet. Jener Kommentator, der vor Wochen schon dem BVB zum Aufstieg gratulierte. Kann man mal machen, hätte man aber auch lassen können! Denn wenn man ein wenig Ahnung von Fußball und der DNA von Rot-Weiss Essen hat, dann sollte man wissen, dass wir einfach nicht können. Aber einfach auch nicht locker lassen! Niemals holen wir eine Meisterschaft zig Spieltage vor Ende einer Saison. Wir sind die, die am allerletzten Spieltag noch in der Nachspielzeit die Tragödie oder den Triumph erleben.

Klar haben wir aktuell auch mit den personellen Spekulationen für die kommende Saison zu kämpfen. Da wird jeder Name fast im Stundentakt in den Redaktionstopf geworfen, der nicht bei drei auf den Bäumen oder mit einem Langzeitvertrag ausgestattet ist. Rot-Weiss Essen ereilt gerade das Dilemma, zum einen medial immer interessant zu sein, und zum anderen glücklicherweise noch nicht geklärt zu haben, wohin der Weg kommende Saison gehen wird.

Das kennen wir ja schon lange nicht mehr und sollten wir absolut als Luxusproblem betrachten, was es für unsere sportliche Leitung natürlich nicht einfacher macht! Lange Jahre stand bereits im Oktober fest, dass der RWE der Regionalliga sein treuester Verein bleiben wird. Komme, was da wolle! In diesem pandemisch so suboptimalem Jahr ist einfach alles anders. Wir werden aufsteigen. Nur ist das leider noch nicht klar verifiziert und kann noch Wochen dauern. Der Spieler jedoch, dessen Vertrag ausläuft, oder je nach Ligazugehörigkeit ausgerichtet ist, der benötigt Klarheit über seine berufliche Zukunft. Das ist absolut nachvollziehbar und somit wird wohl aktuell ganz viel im Konjunktiv verhandelt.

Eines sollte aber allen klar sein, egal wohin der Weg nach dieser Saison auch führen wird: Ein jeder Spieler des aktuellen Kaders kann zu einer Legende werden, wenn sie diese Saison mit Rot-Weiss Essen aufsteigen. Und mehr gewinnen als nur die Meisterschaft: Steigst Du nach so vielen verdammten Jahren mit Rot-Weiss Essen auf, dann hast Du einen sportlichen Bonus für Dein ganzes weiteres Leben erarbeitet! Du kannst einen Vertrag bei Prollig Pusemuckel oder Barfuß Bethlehem unterzeichnen: Du kommst als Aufsteiger von dem Verein, von dem alle dachten, dass der niemals aufsteigen wird. Die Elf Freunde haben uns mal umschrieben als den Verein, der immer scheitert. Diesmal werden wir nicht scheitern und unser Glück anschließend in Stauder baden.

Geht noch mehr Anreiz? Auch wenn die ganz großen Emotionen aktuell fehlen, da unsere Mannschaft wohl keine Jubeltraubentruppe zu sein scheint, und man nicht in voller Kompaniestärke vor Ort sein kann: Ich glaube weiter fest und unerschütterlich an den Aufstieg, solange dieses Unterfangen rein rechnerisch noch möglich ist.

Nur der RWE!

Eine Tüte Buntes

Sechs Spiele noch für unseren RWE, fünf Spiele noch für die Zwote des BVB, dann wissen wir endlich, was Aufstiegssache ist. Ich gehe weiter fest davon aus, dass die mit Abstand intensivste Aufstiegsparty nicht am Borsigplatz, sondern anne Hafenstraße gefeiert wird. Allen aktuellen Spekulationen zum Trotze. Mittlerweile weiss ich ja, warum mir das exzessive „Wer will wen und vor allem wohin“ Gedöns diese Saison so richtig auf den Wecker geht: In den vergangenen Jahren ging es für uns zu dieser Jahreszeit nur noch um die goldene Ananas. Da war man froh, dass neue Namen in den Ring geworfen wurden, damit man wenigstens hoffnungstechnisch etwas für die kommende Saison zu tun hatte.

Diese Saison liegen die Dinge aktuell etwas anders: Wir können und wir werden aufsteigen. Da stört mich wahrscheinlich gerade deshalb jede Spekulation um Namen und Vertragssituationen. Ich bin ja nicht blöd: Fußball ist auch in unserer Liga keineswegs mehr das Land der Elf Freunde, sondern die Umkleidekabine von zig Vertragspartnern, die sich bestenfalls zu einer erfolgreichen Mannschaft zusammenfinden. Das ist meines Erachtens aktuell passiert und wird die Grundlage für den Aufstieg bilden. Dass die Sause als Freilos und der mehr als Respekt einflössende Punktestand natürlich Begehrlichkeiten anderer Vereine erwecken, die ihrerseits auch schon mal in anderen Sphären (Ligen) unterwegs sind, ist leider normal geworden. Der Profifußballer, egal in welcher Liga, ist schon seit Jahrzehnten ein „Portmonee-Nomade“ geworden. Nachvollziehbar, wir wollen auch alle unsere Brötchen am liebsten dort verdienen, wo es das Meiste zu holen gilt. Für das Schönste Emblem aller Zeiten läuft da leider keiner mehr auf.

Das alles schafft zum Ende einer Saison mit Blick auf die neue Spielzeit Unruhe und macht was im Kopf der Betreffenden. Tja Jungs, da müsst Ihr jetzt durch, denn: So lange Ihr noch bei dem besten Verein aller Zeiten unter Vertrag steht, habt Ihr auch alles dafür zu geben. Natürlich kann man den Verein wechseln, oder muss es sogar, weil vielleicht auch mal die Zeit anne Hafenstraße abgelaufen ist. Alle gut, nachvollziehbar und schmerzt für den Moment. Manchmal den Spieler, und manchmal auch die Fans.

Aber in dieser, eigentlich atmosphärisch so kaputten Saison, sollten sich alle Spieler von Rot-Weiss Essen Tag für Tag eines in Erinnerung rufen: Das ist etwas, was man mit einem neuem Vertrag, oder was auch immer, einfach nicht kaufen kann. Etwas aber, was auf ewig in Eurer Vita stehen wird und Euch zu unsterblichen Helden an der Hafenstraße machen kann: Aufgestiegen mit RWE! Die Börsennotierten sind nervös geworden, genau so, wie wir vielleicht zwischendurch mal daran gezweifelt haben. Lasst den Maßen schreien und den Preuß bei uns werben, dieses Saison werden wir den Titel erben.

Es liegt halt einfach nicht in unserer DNA, dass wir mal eben locker und mit großem Vorsprung zu einer Meisterschaft galoppieren. Wir sind wie dieser Held aus unzähligen Wildwestfilmen, der zigmal angeschossen wird, es aber in der finalen Einstellung doch irgendwie an die Theke schafft, um der neuen Eroberung „dritte Liga“ bei einem Stauder zuzuzwinkern, bevor er bewusstlos zusammenbricht. Wir sind Rot-Weiss Essen, einfach können wir halt nicht. Wir müssen nun gegen das stets positive Lippstadt punkten und mal schauen, wie intensiv sich zum Beispiel der SV Rödinghausen mit seinem ehemaligen Übungsleiter auseinandersetzt.

Allen kritischen Geistern, die sich noch immer daran erzürnen, dass es zum einen die Zwote des endlich absteigenden Astes aus Gelsenkirchen war, die uns unter die Aufstiegsarme gegriffen hat und es sich zum anderen auch nur um ein Unentschieden gehandelt hat, sei noch einmal wärmstens der Spielverlauf empfohlen: Die Blauen haben einen 0:3 Rückstand wettgemacht! Für einen Verein, der sonst nichts kann außer Schulden zu machen und Spiele zu verschieben, ist das schon eine richtig gute Leistung. Außerdem: Was soll das grundsätzlich? Es geht für uns doch nur um einen Verein. Um diese eine Liebe. Da ist es mir doch völlig wumpe, wer da gerade geholfen hat.

Rund um unseren RWE rollt der Ball auch in einigen Ligen weiter und vermittelt bemüht ein Stück Normalität. Gut, dass wir dann immer noch den FC Bayern haben, um uns aktuell das Lehrstück „Demut Pandemie“ in Reinkultur aufführt: In einer Zeit, in der viele kleine Betriebe um ihre Existenz kämpfen, haut der Verein, der zu Beginn der Pandemie noch um seine Existenz fürchtete und sich auch durch Jammern hervortat, einen unfassbaren Betrag raus, um den Schreihals der Liga ( Nein, nicht Maßen) an seiner Seitenlinie zu wissen. Das Thema Demut somit abgehakt. Wir danken für diesen solidarischen Akt.

Abgehakt wohl auch sämtliche Kontrollmechanismen in den Synapsen des DFB Präsidenten. Es gibt viele geschmacklose Vergleiche, um irgendeinen Tatbestand zu erklären. Und es gibt sicher auch viel Kritik am Wirken des DFB-Vize Rainer Koch. Nichts, aber rein gar nichts rechtfertig einen Vergleich zu diesem Monster, das Roland Freisler zu Lebzeiten gewesen ist. Das ist in seiner Dimension erschreckend und komplett verstörend. Hier muss der Keller Fritz in den Keller fix und seien Job an den Nagel hängen. Ist doch eh egal, wer dem Laden vorsteht. Um Fußball als solches geht es doch keinem mehr.

Geld zählt. Am Liebsten mehr und mehr. Ganz viel davon. Bis es zu den Ohren rauskommt.

Geil auch, wenn die UEFA, der solidarische Kämpfer gegen das Ungemach Super League, fordert, dass diese kommende Europameisterschaft unbedingt vor Zuschauern in den Stadien stattzufinden hat. Äh, wo leben die Verantwortlichen eigentlich? In der Liga darf zum Beispiel in München keiner rein. Aber zur Europameisterschaft schon? Und wem genau nützt das dann was? was ein Kokolores!

Gut, dass wir noch den relativ ehrliche Fußball haben. Meine Güte, was warte ich auf den Moment, wo die ersten Takte von Adiole ertönen und die Mannschaft aufläuft. Umjubelt von Elftausend Fans. Egal gegen wen. Das bekommst Du für kein Geld der Welt, dieses Gegröle aus geschmierter Ruhrpottkehle. Auch ein Argument, um Rot-Weiss Essen als den etwas anderen Verein zu betrachten.

Der etwas andere Verein hat auch die etwas anderen Fanbetreuer*innen. Und ein großes Banner der Rude-Fans vor der „West“ war einem von ihnen gewidmet. Mit Roland Sauskat geht ein Fanprojektler vor dem Herrn geht in den wohlverdienten Ruhestand. In allen Themen der komplexen und nicht immer unproblematischen rot-weissen Fanszene über viele Jahre hinweg mindestens so fest verankert, wie Namensvetter Roland als Figur auf dem Bremer Marktplatz. Es existiert ein ganz wunderbares Foto des zwölfjährigen Roland vor der berühmten Ruine Schloss Heidelberg. Ausgerüstet mit Hut, RWE-Fahne und auch sonst komplett in rot und weiss gekleidet, ging es am 3. Juni 1968 mit der Familie in das Ludwigshafener Südweststadion. Die Begegnung der Bundesliga Aufstiegsrunde zwischen dem SV Alsenborn und unserem RWE war das Ziel und der junge Roland brachte ein 1:1 mit zurück an die Hafenstraße. 1968! Man ahnt: Wenn man so lange dabei ist, kann es eigentlich keinen Ruhestand geben. Schließlich gibt es für Leidenschaft und Berufung eigentlich keinen fest definierten Zeitpunkt um sich zu verabschieden. Trotzdem bleiben natürlich in Zukunft mehr Zeit für Familie, Fotografie oder den Reitsport. Egal was die Zeit auch bringt, Roland Sauskat wird sicher weiterhin den Roten ein treuer Fan und den Fans ein integer Ansprechpartner im Schatten der Tribüne bleiben.

Em·pö·rung [Substantiv, feminin /die]

Quasi aus dem Nichts kamen heute die genauen Spielansetzungen und TV Übertragungen für das kommende Viertelfinale im DFB-Pokal auf den Tisch. Und was soll man schreiben, außer: Sie haben es wieder getan! Vier Spiele, davon drei frei zu empfangen. Man ahnt: Das Spiel unseres RWE gegen die Kieler Sportvereinigung Holstein gehört nicht dazu. Unabhängig von allem Quotenwahn und der statistischen Erhebung, dass die drei zwei anderen Paarungen (Borussia Mönchengladbach – Borussia Dortmund ganz klar ausgenommen, das ist de facto der Quotenbringer schlechthin in dieser Runde) schon aufgrund der Ligenzugehörigkeit das meiste Interesse hervorrufen und so auch wesentlich besser zu vermarkten/bewerben sind als unsere Partie.

Man sollte sich aber trotzdem einfach auch mal im Rahmen ordentlicher Wortwahl empören dürfen: Rot-Weiss Essen und Holstein Kiel sind keine Unbekannten im Fußball. Verfügen jeweils über eine außerordentlich große Fangemeinde und speziell im Falle von RWE bröckelt der Putz des jahrzehntelangen Frustes von vielen Altfans ab, die sich wieder zuwenden und mitfiebern. Zuzüglich vieler Neufans, die einfach spüren, was an der Hafenstraße für eine Leidenschaft herrscht. Jahrzehntelang haben wir den Verein durch die zig Krisen getragen, nun wird sich revanchiert und trägt uns Rot-Weiss Essen durch diese tristen Zeiten.

Es gibt also neben einer sicher großen Fangemeinde (Im Vorfeld meiner Buchveröffentlichung 2016 gab es eine These, dass der Verein bundesweit über 1,2 Millionen Fans und Sympathisanten verfügt) auch viele neutrale Fußballfans, die sich alleine schon aus Gründen der sportlichen Anerkennung lieber das Spiel von Rot-Weiss Essen gegen Holstein Kiel angeschaut hätten, als die Begegnung des Leipziger Vertreters gegen den VfL Wolfsburg zum Beispiel. Wohlwissend natürlich, dass sie dort den qualitativ besseren Fußball bekommen hätten. Aber RWE und die KSV stehen in diesem Pokalwettbewerb vor allem auch für Dramatik und Leidenschaft. Für bedingungslosen Kampf und das große Quäntchen Glück, was es braucht um gegen scheinbar übermächtige Gegner weiterzukommen.

Die übertragenden Sender haben hier meines Erachtens eine große Chance verpasst: Sie hätten die sportliche Leistung dieser beiden Vereine mit einem Spiel vor größtmöglicher TV Öffentlichkeit adeln können. Doch stattdessen wurde wieder der zu erwartenden Quote Vorrang gegeben. So wurde einmal mehr die Möglichkeit verpasst, auch den Kleinen eine Bühne zu geben, ihnen zu zeigen, dass sie auch dazu gehören. Und es geht auch gar nicht speziell um RWE oder Holstein: Es geht vielmehr darum, dass unterklassige Vereine eigentlich nur noch geduldet werden.

Man möchte allen jetzt am liebsten ein Finale Rot – Weiss Essen/Holstein Kiel gegen den SSV Jahn Regensburg wünschen. Wahrscheinlich läuft das Spiel dann auch nicht im Free TV. Denn nur die Quote zählt!

Schade.

„Früher war alles gut, heute ist alles besser. Es wäre besser, wenn wieder alles gut wär“ (Heinz erhardt)

Eines ist klar: In einigen Wochen wird keiner mehr über das vergangene Spiel gegen den einzig wirklichen Namensvettern aus Ahlen reden. Es steht dann als schlichtes 3:2 in den Weiten der Spieltagsschemata gängiger Sportportale oder auf der eigenen Homepage. Ebenso wie auch das 1:0 gegen Arminia Bielefeld irgendwann nur noch ein Ergebnis aus der ersten DFB Pokalhauptrunde sein wird. Aktuell aber beschäftigt uns das Spiel vom Mittwochabend wohl mehr, als es uns lieb sein dürfte. Das zudem auf mehreren Ebenen.

Unter dem Strich bedeuten drei Punkte im Fußball zuallererst, alles richtig gemacht zu haben! Schließlich hat man doch die maximale Ausbeute aus den neunzig Minuten herausgeholt. So weit, so gut. Aber der Weg dorthin an diesem Abend gegen Rot-Weiss Ahlen war ein besonders holperiger. Bisweilen unerklärlicher! Sowohl auf dem Platz, als auch vor den Empfangsgeräten. Ein defekter Router, soviel mittlerweile bekannt, der Grund dafür, dass weite Teile des Spiels nicht wie gewohnt zu sehen waren. Das kann passieren und fühlt sich im Nachgang natürlich bei weitem nicht mehr so schlimm an, wie am Abend selbst, wenn man für Übernachtungsgäste aus der Schweiz alles für einen schönen Fußballabend vorbereitet. Der Onkel als leidenschaftlicher FC Zürich und sein Sohn als Grasshoppers Fan sind sportlichen Kummer gewohnt, daher wollte ich ihnen endlich einmal tollen Fußball zeigen. Das die beiden entgegen meiner Planung erst nach Abpfiff von einer weiteren familiären Verabredung zurück waren, war also unter dem Strich so schlecht nicht. Sämtliche emotionale Handlungen meinerseits dem Standbild und zwischenzeitlichen Ergebnissen gegenüber blieben den beiden somit glücklicherweise verborgen.

Man geht heutzutage wohl nur noch davon aus, dass Technik immer zu funktionieren hat. Zumal die Erstausstrahlung gegen den SC Wiedenbrück von „B“ wie Bild bis „K“ wie Kommentierung eine ziemlich runde Sache und jeden Euro wert war. Es war diesmal leider eine frustrierende Angelegenheit, Punkt! Galgenhumor oder der Verweis auf Preis/Leistung in den sozialen Medien nach sich ziehend. Beleidigungen Soccerwatch gegenüber jedoch genau so unangebracht wie Beleidigungen der Mannschaft oder Verantwortlichen des Vereins ob der gezeigten sportlichen Leistung gegenüber. Nur weil es (einmal mehr wohl) in der Liga nicht direkt so läuft, wie erwartet. Wem hilft das außer keinem? Natürlich hat sich der Verein in Anbetracht seines Kaders und dem natürlichen Anspruch weit aus dem Fenster gelehnt und diesmal das Ziel in Großbuchstaben ausformuliert. Kein kleingedrucktes mehr. Und natürlich hat das die Ligakonkurrenz auch dankend angenommen und RWE schon mal vorab zum Meister gekürt ( Wohlwissend warum). Blöderweise führt das jetzt gelegentlich dazu, dass unser heimischer Viertligist mit einem notorischen Dauermeister aus München verglichen wird. Unter 8:0 alles eine Enttäuschung also. Da packste Dich doch an den Kopp, das kann in unserer Realität einfach nicht funktionieren. Auch die ersten Forderungen zur Trainerentlassung können schlicht nicht ernst gemeint sein. Klar, wir haben natürlich schon Herbstanfang, aber man sollte einem Trainer trotzdem erst einmal zehn Spiele Zeit geben, bevor wir seinen Kopf auf das Schafott legen. Die Saison hat doch auch erst später begonnen. Aber klasse, das wir wenigsten wieder einen Torwart wie die berühmte Sau durch das Dorf treiben wollen. Man hatte es ja fast schon vermisst. Applaus, Applaus.

Man kann doch einfach auch mal so enttäuscht sein über die Leistung. Sogar entsetzt über das leichtfertige Entstehen zum Beispiel des ersten Gegentores. Von dem Ding da kurz vor Spielende ganz zu schweigen. Man kann auch sein Unverständnis darüber äußern, warum gegen Bielefeld eine solch knorke Mannschaft auf dem Feld steht, gegen Wiedenbrück und Ahlen dann aber eher ein Arbeitskreis, der noch erarbeiten muss, wer für welche Aufgaben auf dem Feld zuständig ist. Aber das ist doch ganz einfach: Alle für alle natürlich. Hafenstraße Essen ey, da wird malocht und schon mal einer umgehauen, wenn es dem eigenen Erfolg dienlich ist. Nette Abendbegleitungen für den Gegner bedarf es da nicht. Nee, das hat einmal mehr Nerven gekostet. Und doch ist es ganz am Ende ein Dreier für uns geworden. Kein flotter natürlich, denn normalerweise verlieren wir solch ein Spiel. Und wahrscheinlich hätten wir es vor vollen Tribünen sogar wirklich verloren, denn wir alle wissen, welche (verständliche) Unruhe bei solch Spielverlauf auf den Rängen geherrscht hätte. So aber bleibt unter dem Strich doch noch eine kleine Erfolgsgeschichte zu verbuchen. Eine Erfolgsgeschichte, die uns einmal mehr hat altern lassen.

Samstag geht es für unsere Mannschaft nach Lippstadt. Schon in der vergangenen Saison kein leichter Gegner, wird es auch diesmal sicher kein leichter Gang. Jeder will doch dem RWE ein Bein stellen auf dem Weg in die Drittklassigkeit. Für die Mannschaft wird es nun wichtig sein, der vorhandenen Qualität auch die nötige breite Brust und Drecksackmentalität folgen zu lassen, die es als Favorit auf den Titel braucht. Nochmal: Wer uns aus dieser Liga führt, der baut sich sein eigenes kleines Denkmal an der Hafenstraße. Allein dafür lohnt es sich zu rennen und zu kämpfen, bis der Abpfiff ertönt und der Sieg unser ist. Und wir alle da draußen, vielleicht atmen wir einfach noch einmal etwas lockerer durch den Rot-Weissen Schlüpper, bevor wir schon wieder alles in Sack und Asche kommentieren. Der Fairness halber: Das war aber auch wirklich schwere Kost gegen den Aufsteiger aus Ahlen ( Allein schon für deren wildes herumgeschreie hätte es doch mal auf die Socken geben müssen…).

Alles wird gut! Nur der RWE!

Wo Rot-Weiss Essen anfängt, hört der Verstand auf (Frei nach Marie von Ebner-Eschenbach).

Nach exakt einhundertvierzig Tagen trifft unser allseits geliebter RWE an diesem Samstag wieder auf einen Gegner. Und zwar auf dem grünen Rasen. Nix Konsole, nichts mit Geistern. Realer Fußball. Der Bezirksligist VfB Bottrop ist wie so oft erster Gastgeber in der Vorbereitung auf eine diesmal ganz besondere Saison. Es ist eigentlich auch total egal, wer der erste Gegner nach einer solch langen Zeit und unter diesen aktuellen Bedingungen ist. Gefühlt ist um 16:00 Uhr Anpfiff der wichtigsten Begegnung seit was weiß ich. Hundertvierzig Tage ohne Aufregung rund um ein Spielergebnis mit Rot-Weisser Beteiligung. Balsam für den Blutdruck möchte man meinen. Weit gefehlt, kümmert sich um den doch seit Monaten ausgiebig ein Virus. Treibt ihn hoch, wenn die Zahlen hochgehen und Menschen meinen, sich darüber stellen zu müssen. Wie aktuell geschehen.

Es gab in den vergangenen Wochen Momente, da war Ich sehr positiv gestimmt, dass wir uns bald alle im Stadion wiedersehen werden. Doch dann begannen die Sommerferien und die Urlauber schwärmten aus. Die Mitbringsel in diesem Jahr allerdings alles anderes als willkommen und folglich steigen Infektionszahlen und Sorge im Gleichschritt wieder an. Wir sollten uns also darauf gefasst machen, dass die neue Saison uns erst einmal außen vor lassen wird. Für einen Verein wie Rot-Weiss Essen ein weiteres Horrorszenario zu all denen der letzten Monate. Ich glaube, dass wir nicht einmal ansatzweise wissen, wie sehr im Verein um das Überleben unser aller Heimat gekämpft wurde. Doch, eigentlich wissen wir es alle. Und deshalb an dieser Stelle ein ganz ganz fettes Dankeschön an diejenigen, die Rot-Weiss Essen über Wasser gehalten haben. Die im coronaren Alltag weiter an der Mannschaft gebastelt haben. Die uns medial in den Fokus bringen konnten und die, die auf eine Rückforderung in Sachen Dauerkarte verzichteten.

Hätte Rot-Weiss Essen einen Balkon, wir würden drauf stehen und klatschen. Und der Applaus wäre ehrlicher gemeint als die Verarsche in Richtung Pflegeberufe. Die Saison der Unwägbarkeiten geht also irgendwann los, und unser Ziel ist klar formuliert: Endlich raus aus der Regionalliga. Rein in das Stiefkind dritte Bundesliga. Für uns aktuell der Sehnsuchtsort schlechthin, für den FC Bayern und seine Zweitvertretung auch schon wieder nicht gut genug. Corona hat nicht nur unsere Leidenschaft zum Erliegen gebracht, sondern auch viele charakterliche Eigenschaften zu Tage gefördert. Der Award einer Boulevard Sportzeitung ziemlich dümmlich, die Allüren der Bayern bezüglich ihrer Zweitvertretung schlichtweg anmaßend. Man wollte sich bisweilen übergeben ob all der Peinlichkeiten. Getoppt wurde das Ganze dann noch von der Ankündigung, dass im Konstrukt eine Rückennummer ob der Verdienste selbiger nicht mehr vergeben würde. Ihr habt doch echt nicht mehr alle Latten am Zaun an der Säbener Straße oder in Fuschl am See. Der Fußball kann wirklich ohne Euch. Auch wenn Ihr das genau anders herum seht.

Wir können aber nicht ohne Rot-Weiss Essen, und deshalb wurde für das Testspiel in Bottrop tatswahrhaftig ein kostenpflichtiger Stream geordert. ich hoffe, der funktioniert dann auch. Aus Bottrop vom VfB selbst habe ich leider keine Antwort auf die Anfrage bezüglich Spielbesuch bekommen. Es ist also nicht mehr allzu lang bis zum ersten Spieltag. Zur Erinnerung: Ein Verein wie Rot-Weiss Essen lebt fast ausschließlich von den Tageseinnahmen und dem Verzehr. Vom Merchandising und natürlich von Emotionen. Auch wenn die die Kasse nicht klingeln lassen. Wir kommen also zur Frage aller Fragen: Wie kann es der RWE gestalten, dass Zuschauer anne Hafenstraße dabei sind, ohne ein Hygienekonzept zu sprengen? Bei einigen Fanszenen der Bundesliga ist die Haltung diesbezüglich eindeutig: „Alle oder keiner“. Die Formulierung lässt sich fast leicht aussprechen bei bestehenden TV Verträgen in üppiger Höhe. Hilft uns aber gar nichts.

Rot-Weiss Essen braucht Zuschauer. Ansonsten gehen wir doch noch über den Jordan. Ich glaube, die Fans von RWE müssen ein weiteres Hilfspaket in nie gekanntem Ausmaß schnüren um der Reihe nach auf Heimspiele zu verzichten, damit andere dabei sein können. Wir können nicht einfach auf Plakate schreiben „Alle oder keiner“. So gerne wir es auch würden. Wir müssen uns verständigen auf einen Akt des Miteinanders, der Absprache und des Ausloten auf allen Tribünen, was gerade geht und was nicht. Lieber wechselweise 3.000 Fans auf vier Tribünen verteilt als gar keine Einnahmen. Lieber nur jedes vierte Heimspiel sehen, anstatt gar keins.

Ich habe so eine Sehnsucht nach meinem Verein, nach den Menschen dort. Den Gesängen. Nach Melli, Andreas, Olli, Nikki und all den anderen, die mein Leben so bereichern. Aber ich weiß auch, dass der unsichtbare Feind noch nicht bezwungen ist. Noch lange nicht. Und das ich vielleicht abwägen sollte, was mir lieber ist: RWE oder nicht RWE. Die Antwort liegt auf der Hand: ich vermisse RWE so sehr, so dass es schon schmerzt. Aber ich kann es weiter verschmerzen, ihn nicht zu sehen, wenn ich damit die Chancen erhöhe, dass wir uns eines Tage alle Wiedersehen und mit Inbrunst unsere Lieder singen werden. Harren wir also dem Konzept, welches dem RWE vorschwebt. Und nun freue ich mich sehr auf das Spiel VfB Bottrop – Rot- Weiss Essen. Inklusive kaltem Stauder vor lauwarmen Monitor. Machste nix dran. Geht endlich wieder los!

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