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Herze, Du Torrakete!

Manchmal fällt einem doch die Last von der Schulter einfach so ins Tor. Dachte wohl Felix Herzenbruch im Spiel gegen die SpVgg Bayreuth und erarbeitete sich mit seinem ersten Profitor weiteren Kredit unter den Fans. Von wegen nur Grätschen und sonst nix. Die Konditionen konstant im 1907er Bereich bleibt nun zu wünschen, dass sich auch die Laufzeit verlängert. Abbezahlt wird dann wie immer mit Leistung, Ratenpause inklusive.

Für Trainer Dabrowski eröffnen sich nun im Trainingsalltag ganz neue Möglichkeiten in der Methodik: Anstatt an Taktiken zu tüfteln wird eine Liste erstellt, wer ebenfalls im sogenannten professionellen Fußball noch ohne Torerfolg ist. Oder in dieser Saison. Das hilft sicher auch schon weiter. Wenn also passionierte Trainingskibitze diese Woche Christoph Dabrowski flachsend mit, sagen wir mal, Kevin Holzweiler, Oguzhan Kefkir, Torben Müsel oder Niklas Tarnat am Rande des Trainingsplatzes erleben, dann bedeutet das nur Gutes für den „Unter-Tage-Classico“ gegen ehemals Wismut Aue.

Manchmal spornt man sich auch ohne Trainer (fiktiv) mannschaftsintern an: Der WhattsApp Gruppe „Die Nominierten“ von Thomas Eisfeld und Isaiah Young möchten scheinbar mehr Spieler angehören als nur die genannten beiden. Dachte sich zumindest Björn Rother und bewarb sich schon einmal sehenswert für die Aufnahme in dieser exklusiven Gruppe. Ob sein Tor gegen die Olschdod letztendlich der Türöffner sein wird, entscheiden aber immer noch die Admins der Sportschau. Aber hier haben wir mal wieder schön erlebt, wie erfolgreich man auch von Weitem sein kann. Ob der zweite Ball oder aus der zweiten Reihe: Einfach mal machen.

In der Bewertung unseres Trainers sind wir auf Fanebene ja nicht immer ganz einer Meinung. Gerne wird sich an den unterschiedlichsten Dingen abgearbeitet. Manchmal helfen aber auch Vergleiche zu ehemaligen Übungsleitern um festzustellen, dass wir das Glück haben, einen wirklich guten Trainer auf unserer Seite zu wissen. Noch unter Marc Fascher zum Beispiel, der lebenden Taxofit-Kappe, wäre kein Spieler zurückgekommen, der nicht von Anfang an gesetzt gewesen war. Da gab es eine erste Elf, und zwei bis drei potentielle Einwechselspieler. Fertig! Der Rest war nur Trainingsfüllsel. Eine ganz gefährliche Melange für eine Mannschaft und zudem Gift in Perioden mit vielen Verletzten. Gut, die Ära Fascher hat dann ja auch nicht lange gedauert.

Da können wir uns doch wirklich glücklich schätzen, wie sich das aktuell darstellt und der Begriff Mannschaft interpretiert wird. Für mich der Qualität von Christoph Dabrowski und seinem Trainerteam geschuldet. Überhaupt: Wie wohltuend ist es doch, endlich mal nicht zu den (nur noch wenigen) Vereinen zu gehören, die schon den Trainer gewechselt haben, oder im internen Chaos versinken. Man frage mal bei den Fans der Münchner Löwen nach.

Und dann gibt es ja noch den SV Meppen: Also da ist die Lage seit gestern aber mal so richtig Ernst. Wer auch immer dort im Verein den Bielefelder Jahrhundertrainer und RWE-Langzeitikone Ernst Middendorp aus dem Trainingsnirvana ausgebuddelt hat, der hat entweder die schrillen Reaktionen darauf vorab eingeplant, oder schüttelt sich immer noch, um diese zu verarbeiten. Das wird lustig. Ich würde mich aber auch nicht wundern, wenn die Emsländer nun ausgerechnet bei der SV Elversberg gewinnen. Dem Titelrennen würde es eine unverhoffte Wendung bieten, auch wenn der 1.FC Saarbrücken trotzdem wieder verlieren wird. Die Woche darauf dürfte der Middendorp-Effekt dann wahrscheinlich auch schon wieder verpufft sein.

Was gab es noch? Zum Beispiel eine weitere Ausgabe des neuen Formats „Vonne Hafenstraße“. Ich höre und sehe da sehr gerne rein, bleibe aber immer wie gefesselt an den Mikrofonen hängen, die an den Gesichtern baumeln wie einst die Antennen an „Mein Onkel vom Mars“. Diesen Trigger ausgeblendet hat es wirklich Freude bereitet, unserem Kapitän Felix Bastians zuzuhören. Ich freue mich schon auf seine Autobiografie, die da möglicherweise heißen wird: „Mein letzter Verein war der Beste“. Bei einem Spieler, der schon für so viele Vereine aktiv war, eine solche Identifikation mit unserem Verein zu spüren, dass ist nicht mehr alltäglich. Aber genau unser Pluspunkt in dieser Saison, denn wir haben noch einige Spieler mehr mit einer solch ausgeprägten Identifikation zu Rot-Weiss Essen. 

Hall of Fame.

Drei Punkte. Die geholt, macht es exakt den gravierenden Unterschied zu einem oder gar keinen Punkt aus, mit welcher Laune man nach dem Spiel das Stadion verlässt. Drei Punkte tun gut, sind Balsam für die Seele und wichtige Bausteine für den Klassenerhalt. Der Abpfiff im Spiel gegen die Zwote der Borussia somit nicht nur ein Moment des Arme in die Höhe reissen, sondern ganz besonders auch einer der Erleichterung. Da lag mal wieder jede Menge Druck auf unserer Mannschaft und dem Trainerteam. Und das trotz der erstaunlichen Tatsache, dass wir uns wohl zu sehr an der beinahe glorifizierten Zeit ohne Niederlage festgehalten haben.

Die mittlerweile fast ebenso lange Zeit ohne einen Erfolg fand dadurch gefühlt eher unter dem Radar statt. Es war dann der spielerische Auftritt inklusive verdienter Niederlage bei der Kölner Vikki, welcher in Windeseile auf den Schirmen der rot-weissen Fluglotsen aufploppend, für Alarm sorgte. Nun galt es also gegen die Anzahl der sieglosen Spiele zuzüglich mal wieder aufkommender Unruhe anzukämpfen, und was soll man schreiben: Das ist Rot-Weiss Essen vorzüglich gelungen.

Exkurs:

  • Wie sehr auch Spieler unter einer langen erfolglosen Serie leiden, konnte man eindrucksvoll an den TV-Bildern nach dem Spiel SV Meppen – 1860 München sehen, als die Emsköppe nach sage und schreibe siebzehn Spielen ohne Sieg wieder gewinnen konnten: Gleich mehrfach sanken die Spieler des SV Meppen zu Boden und konnten ihre Tränen nicht zurückhalten. Wir können also wirklich damit aufhören immer direkt so zu tun, als ob sieglosen Phasen ausschließlich an unserer Fanseele kratzen. Da leiden ganz viel mehr. Besonders auch die Protagonisten auf dem Feld.

In der ersten Halbzeit gegen den BVB war unserer Mannschaft deutlich anzumerken, dass sie es diesmal besser machen würde, auch wenn manch gut gemeinter Pass einfach nicht dem Laufweg des angedachten Empfängers entsprechen wollte. Es war eine engagierte Leistung, die sich die (wenigen) unüberhörbaren Pfiffe zur Halbzeit nicht verdient hatte. Vielleicht pfiffen auch nur diejenigen, die schon unter der Woche ständig via verbaler Kommunikation daran arbeiten, alles schlecht zu schreiben. Sei’s drum, das wird es immer geben, da muss man sich ein dickes Fell anschaffen.

Exkurs:

  • Was ich mich in diesem Zusammenhang gerade frage: Wieso wurde eigentlich „Engel“ eingewechselt? Nach gesicherten geheimdienstlichen Erkenntnissen und geknackter RWE-Chiffriermaschine sollte er doch nie mehr für RWE auflaufen. Echt jetzt: Auf Nichts ist mehr Verlass!

Leider kann ich nicht pfeifen, bekomme das motorisch nicht wie gewünscht hin. Ansonsten hätte ich voller Freude dem 1:0 von Thomas Eisfeld hinterhergepfiffen: Welch eine Schönheit von einem Schuss. Der Erweckungsmoment für die Mannschaft, das ganze Stadion und die Redaktion der Sportschau. Das Tor des Monats Februar: Nur echt mit Rot-Weiss! Das 2:0 in Entstehung und Vollendung ein weiterer Hingucker: Balleroberung – butterweiches Zuspiel – aus dem Lauf geköpft…alles zusammen wie eine perfekte Kombination auf dem Laufsteg. Den sogenannten zweiten Ball festmachen oder auch mal beherzt aus zweiter Reihe pöhlen, es sind manchmal die einfachen Zutaten, die einen auf der Tribüne erfreuen und eigentlich ja auch schon in Halbzeit Eins das ein oder andere Tor verdient gehabt hätte. Da die Gottschalk Tribüne bei diesem Spiel ja wieder mehrheitlich von RWE-Fans bevölkert wurde, war die Freude über diese beiden Tore so direkt vor Augen sicherlich noch den Tacken größer.

Die Gottschalk-Tribüne an sich ist mittlerweile das Chamäleon der Hafenstraße: Je nach Gegner wird ständig die Farbe gewechselt, aber auch der Charakter wandelt sich durchaus schon mal. Den Block „G1“ als dauerhaft festen Heimbereich auszurufen war eine gute Idee. Nicht nur, um dadurch die Kapazität im sogenannten Heimbereich zu erhöhen. Zwar stellen wir Stammgäste in „G1“ mit Dauerkarte noch den kleinsten Anteil der Fans (im Gegensatz zu den anderen drei Heimtribünen), was eine gewachsene Struktur erschwert, aber dafür bekommen wir ständig was geboten:

Regelmäßige Gäste mittlerweile eine Truppe niederländischer Groundhopper. Zuerst noch in Zivil, dann schüchtern mit Fischerhut wird mittlerweile in vollem RWE-Outfit supportet, was die niederländischen Stimmbänder hergeben. Noch nicht immer ganz textsicher wird aber das R von RWE dermaßen landestypisch gerollt, da dürfte selbst „Ruthe“ bei seiner Version von José-Enrique Ríos Alonso blass vor Neid werden. Standesgemäß, wie Niederländer das nun mal so machen, knubbelt man sich natürlich auch auf engstem Raum beieinander und verteilt somit nicht nur fleißig Stauder sondern auch Viren in der Luft. Was für den einen oder die andere schon mal positive Folgen hatte. Fazit: Man muss sie einfach mögen, denn dem guten Virus, dem von RWE, dem sind sie direkt verfallen.

Eine weitere Spezies in „G1“ ist die der Inkognito-Besucher bei Spielen mit vielen Gästefans. Dem Gastverein zugehörig dürfen sie ja offiziell nicht die Farben des eigenen Vereins vertreten. Doch als geübter Dauergast erkennt man sie trotzdem: Manchmal spricht schon der Dialekt für sich, denn wir könnten uns noch so anstellen: Nur Sachsen beherrschen sächsisch perfekt. Und so wurden zwei komplette Sitzreihen unter uns durch laut gemurmeltes „Dünamö“ schnell dem Gastverein zugeordnet. Aber die taten nichts, sie wollten nur dem Spiel zuschauen. Wie wir auch.

Weiterhin ist der Versuch, möglichst unauffällig zu wirken, genau die auffälligste Art und Weise und somit kontraproduktiv. Irgendwie dem eigenen Verhalten in den 80ern bei einem Tagesbesuch in Ostberlin ähnlich. Nur nicht auffallen. Regelrecht ungeniert hingegen die vier Fans der SV Elversberg, die ihrer Freude beim ersten Saisonspiel dermaßen freien Lauf ließen, so dass sie nach dem dritten Tor dann doch zur eigenen Sicherheit aus dem Block begleitet wurden. Im Spiel vergangenen Sonntag wiederum eroberten einige Narren „G1“ und ließen ihre karnevalistischen Gefühle einfach mal raus. Polonaise inklusive.

Eine kleine „Hall of Fame“ gibt es auch schon und die beiden ersten dafür in Frage kommenden Fans im internen „G1“ Ranking sind natürlich Rot-Weisse! Zum einen würden wir gerne eine Heavy Metal Kutte unter das Stadiondach hängen, dessen Träger stilecht im Modus der 80er im Block aufschlug. Dauerwelle, Schnorres, rot-weiße Kordel und eine dermaßen enge Jeans mit Schlag, so dass die eigenen Hoden Phantomschmerzen verspürten. Altenessen rules! Und zum anderen hängen wir direkt daneben den Kassenzettel desjenigen Fans, der schon vor einem Spiel sagenhafte zwei Pommes plus zwei Bratwürste zuzüglich mindestens fünf Stauder verzehrt hatte. In ca. sechzig Minuten vor dem Spiel. Respekt an dieser Stelle und weiterhin guten Hunger.

„G1“, so ganz lange noch nicht Rot-Weiss. Aber schon längst Geschichten schreibend. 

Satz mit X!

Vor dem Spiel:

Ach was ist das frustrierend: Erneut ein punktloses Wochenende für unseren RWE. Aber, dem vermeintlichen Frust kann natürlich heute an einem flachen Montag entgegengewirkt werden. Gut, dass diese Montagsspiele bald Geschichte sind. Nicht, dass die „Fanlogistik“ für das den Montag ablösende Sonntagabend Spiel eine einfachere werden wird, schließlich ist der DFB nicht umsonst eine durch und durch fanunfreundliche Organisation. Aber der Sonntag gehört im Gegensatz zum heutigen Montag wenigstens noch zum Wochenende. Am Montag daddelt man gefühlt nur für sich selbst, während die Spiele des Wochenendes schon Geschichte sind. 

Heute also Höhenberg auf der falschen Kölner Rheinseite. Vertrautes Terrain, ein Hauch langer gemeinsamer Regionalligahistorie macht sich breit. Der in die Ecke gefrickelte Sitzplatzblock auf Stahlrohr ist der Montag des Spieltages: Man steht alleine dar. Was nicht für die Spezies RWE-Fan als solches gilt, denn auch bei der Viktoria ist man natürlich auf jeder sich bietenden Tribüne vertreten. Kulinarisch für alle Auswärtsfahrer und Fahrerinnen ein ganz hartes Brot: Ist das Nationalgetränk Kölsch schon in der normalen Variante schlimm, alkoholfrei ist es noch schlimmer. Dann doch lieber ein Wasser. Ist ja auch Montag.

Während des Spiels: 

[Der angedachte Humor wohl schon zu Spielbeginn nicht wirklich lustig. Passte sich dann aber auch noch nahtlos an die Leistung der Mannschaft an.]

Felix Götze recht flott wieder auf Werbekampagne Karte unterwegs, Isi bekommt sie. Der Rest der Mannschaft hingegen zu Beginn etwas planlos. Kommt aber zeitweise besser ins Spiel, erste Pässe werden auf der ballschweren (neue Wortkreation, vergangenes Wochenende im TV gehört) Seite von polyvalenten (auch neu) Spielern durchgesteckt (nicht mehr neu). Allerdings ist der sogenannte „zweite Ball“ weiterhin unser Sorgenkind. Die Möglichkeiten, die sich aus dessen Eroberung bieten lassen wir viel zu oft liegen.

Bei Ron Berlinski alles wie immer: Rennt hin und her, zofft sich mit Gegenspielern oder liegt am Boden. Was einmal mehr fehlt sind spielerisch entwickelte Torchancen, die man der Vikki glücklicherweise selbst und stets vielbeinig zu verwehren weiß. Die erste Halbzeit somit eine müde Veranstaltung beiderseits, die so gar keine Leidenschaft zu entfachen wusste. Das konnten einige Anhänger der Roten nach der Halbzeit nicht auf sich sitzen lassen: Getreu dem Motto: „Wenn Ihr kein Feuer für uns entfacht, fackeln wir für Euch ab“ wurde das Stadion erleuchtet. Leider einmal mehr zu Lasten unserer Vereinskasse.

Die Inszenierung hat als Motivation auf dem Feld bestens funktioniert: Wunderlich macht direkt im Anschluss das 1:0 für die Viktoria….

Christoph Dabrowski hingegen verlässt gewohnte Pfade und wechselt für seine Verhältnisse schon erstaunlich früh rund um die sechzigste Minute. Isi Young hingegen wechselt sich nach einem Foulspiel selbst aus, denn zweimal Gelb bedeutet nun mal Ende im Gelände. Nun also nur noch zu zehnt und es fehlt rund um die siebzigste Minute weiterhin endgültig die Idee, wer für uns überhaupt nochmal das Tor treffen könnte.

Zeit also, um den Vorteil TV-Spiel vollends auszureizen: Ein Stauder aus dem Kühlschrank zu holen wird damit verbunden, Gattin und Hund nebenan kurz das eigene Leid zu klagen. Verbale Höchststrafe derweil aus dem Essener Block: „Wir woll`n Euch kämpfen seh`n“. Geht inhaltlich für mich am Thema vorbei, denn am Einsatz hat es bis dato nicht gelegen. Unsere Mannschaft spielt einfach keinen Fußball. Folglich würde ich verbal dagegen halten und singe vor mich hin „Ich will Euch spielen seh`n“. Puh, kaum diesen Gedanken zu Ende gedacht, verhindert Schnapper Golz mit einer fantastischen Parade den zweiten Gegentreffer und wohl das endgültige Aus.

Zehn Minuten noch zu spielen. Luca Wollschläger kommt. Ein gelernter Stürmer, mit bislang aber Einsatzzeiten, die gegen Null tendieren. Wenn überhaupt im Kader. Er hätte nun mal die Gelegenheit, Werbung in eigener Sache zu betreiben. Hat er natürlich nicht. Schade, dass ein Spieler mit dermaßen Null-Bock-Mentalität einen Kaderplatz blockiert! Dreiundachtzigste Minute: Rot-Weiss Essen hat in Form von Ennali einen Kopfball auf das Tor gebracht. Was fast verwundert, denn Lawrence Ennali bringt als Einwechselspieler gefühlt eine Lustlosigkeit mit auf dem Platz, die mich genauso auf die Palme bringt, wie der Auftritt des Herren Wollschläger.

Die RWE-Fans sind mittlerweile von der eigenen Mannschaft lethargisch gespielt worden und verstummen immer mehr. Es ist aber auch ein Fluch in dieser Saison: Egal wann Christoph Dabrowski auswechselt, und egal wer auch eingewechselt wird: Dieses Stilmittel, eine Mannschaft im Spielverlauf positiv zu verändern, verpufft bei RWE dermaßen zuverlässig, so dass es einen am Spielfeldrand fast verzweifeln lässt. Wir hätten also noch Tage weiter „spielen“ können, ein Tor wäre daraus nicht entstanden. Und somit geht das schlechteste Saisonspiel verdient verloren. I don`t like Mondays!

Nach dem Spiel:

Den Stream direkt mit Abpfiff ausgeschaltet. Einerseits erleichtert, dass das Spiel endlich ein Ende gefunden hatte, mag ich aber auch nicht mit ansehen, wie sich der verständliche Fanfrust nun über unserer Mannschaft entlädt. Das geht zu oft unter die Gürtellinie! Schließlich muss man zudem erstmal selbst damit klarkommen, was ein solcher Auftritt nun für die nahe Zukunft bedeuten könnte. Mir fehlt die Phantasie, dass es mit diesem Matchplan zu einem Erfolg gegen die Zwote aus Dortmund reichen könnte. Der wäre aber dringend erforderlich, denn ansonsten sind wir wieder mitten drin in der Verlosung Abstiegskampf. Und ob wir das können, wage ich aktuell ganz ernsthaft zu bezweifeln.

Mir schüttelt es bei dem Gedanken daran, dass unsere Mannschaft nun in kurzer Zeit alles einreissen könnte, wofür vor allem der Verein und wir alle lange, lange vierzehn Jahre gekämpft haben. Na ja, jetzt werden erstmal aus Gründen die „Boomtown Rats“ gehört, bis sich der Blutdruck wieder auf ein normales Level eingependelt hat. Und da, wie ich gerade festgestellt habe, justament die „Reds“ und „Toffees“ ihr Merseyside Derby spielen, besteht ja noch die Hoffnung auf einige Minuten guten Fußball. 

Der Auftritt von Rot-Weiss Essen an diesem Montag Abend: Machste nix dran, muss man aber nicht verstehen.

„Der Fußball ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie wer wann geht“ (Frei nach Forrest Gump)

Auch Aufstiegshelden bleiben nicht ewig. Aber sie werden auf ewig Aufstiegshelden bleiben. Diejenigen, die uns nach so vielen vergeblichen Versuchen endlich diesen einen Traum erfüllt haben, den wir gerade alle leben!

Gut, im Falle von Daniel Heber, seines Zeichens amtierender Kapitän der Hafenstraße, kam es dann doch überraschend. Wohlwissend, was unsere Nummer vierzehn schon in der Vergangenheit auch anderswo an Begehrlichkeiten ausgelöst hat. Es scheint fast so, als ob Rot-Weiss Essen den Fluch der Kapitänsbinde ereilt hat. Auch wenn sich die beiden Vorgänger von Daniel Heber selbst ins Abseits gestellt hatten und der Verlust der Binde natürlich nicht den selben Grund hatte. Vielleicht ja mal eine Verfilmung wert: „Der Fluch der Binde“ mit Henning Baum und Dietrich Hollinderbäumer in den Hauptrollen. Als was weiß ich noch nicht!

Was wir aber nun wissen ist, dass Daniel Heber schon am Freitag im Kader des 1.FC Magdeburg stehen und möglicherweise schon im Gastspiel bei Fortuna Düsseldorf auflaufen wird. Als absoluter Freund seines unglaublich elegant wirkenden Spiel- und Abwehrstils zuzüglich immenser Sprungkraft und guter Spieleröffnung musste ich doch erst schlucken, als die Meldung kam. Der zweite Gedanke war: Nicht schon wieder der Käpt`n. Diesmal konnte man sich im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern schließlich hundertprozentig damit identifizieren. Als dann aber doch schnell rationales Denken die Emotionalität eingeholt hatte, kam Freude auf. Nicht weil er geht, sondern weil Daniel Heber sich nun einen weiteren Traum nach dem Aufstieg mit RWE erfüllen darf und (temporär wenigstens) eine weitere Stufe im schnelllebigen Profifußball erklimmen kann.

Das hat er sich durch seinen guten Job hier bei uns erarbeitet. Dafür bin ich dankbar, und deshalb freue ich mich für ihn. Ja und klar, am Ende des Fußballertages geht es auch ums Geld. Auch dieser Mehrwert sei ihm von Herzen gegönnt. Außerdem lief intern alles dem Vernehmen nach glatt und in gegenseitigem Respekt ab. So muss das, so tritt man als Kapitän ab, wenn es denn schon innerhalb der Saison sein muss. Was das nun alles sportlich für uns bedeutet, werden wir ebenfalls am Freitag sehen, wenn das erste von zwei Gastspielen dieser Saison im Saarland ansteht. Die SV Elversberg als relativ unangefochtener Tabellenführer, damit hat vor Saisonbeginn wohl kaum jemand gerechnet. Aber deswegen bedeutet das noch lange keinen fest definierten Spielausgang gegen unseren RWE. Irgendwie machen wir ja doch immer, was wir wollen, und nicht das, wovon alle ausgehen. Also wird es ein knapper Auswärtssieg. Irgendwann ist ja auch mal gut mit den ewigen Unentschieden. Bei Sieg oder auch Niederlage emotionalisiert es sich halt einfach besser. Aber klar, tabellarisch betrachtet ist ein Punkt immer noch besser als kein Punkt.

Aber zurück zu unseren Aufstiegshelden: Auch Simon Engelmann ist so einer, der aktuell über seine weitere Karriere nachdenkt. Das muss er sogar, läuft doch das Arbeitspapier bei Rot-Weiss Essen zu Saisonende aus. Und auch hier würde ich persönlich eher auf einen Weggang tippen. Schließlich ist „Engel“ dann eine weitere Saison mehr auf „Montage“ in Essen als abends zuhause bei der Familie. Und somit ist es völlig legitim, in seinem Alter die eigene Lebensplanung über die Wünsche der Fans und möglicherweise des aktuellen Vereins zu stellen. So sehr ich mich über einen Verbleib freuen würde, aber ein Wechsel in die Regionalliga vor Ort daheim absolut nachvollziehbar. Und sicher eine Entscheidung, die uns dann nicht so spontan und schwer treffen wird, wie jetzt bei Daniel Heber. Und sollten wir dann wirklich nicht mehr das schöne Engelmann-Lied auf den Tribünen trällern dürfen, auch dafür gäbe es eine Lösung: Bei der Dritten des Hamburger SV spielt tatsächlich ein gewisser Timon Engelmann. Gut, das wäre rein sportlich betrachtet jetzt wohl keine Alternative. Aber sangestechnisch eine richtig gute Nummer.

Würde also Simon Engelmann zu Blau-Weiß Lohne wechseln, was ja allerorten spekuliert wird, so droht ihm allerdings das selbe Ungemach, welches auch Daniel Heber ereilt hat: Blaue Trikots stehen einfach keinem, der von Rot-Weiss Essen kommt. Da muss man sich erst einmal kräftig die Augen reiben. Der nächste Kapitän der Hafenstraße (mittlerweile ist der Begriff fast negativ besetzt) ist dann logischerweise Felix Bastians, seines Zeichens bislang ja Erster Offizier auf der Brücke und somit Vertreter von Käpt`n Heber. Ob er dann auch….? Ich hoffe nicht, sondern würde mich bei ihm so richtig über eine Vertragsverlängerung freuen. Dann geht uns nicht direkt der nächste Kapitän flöten.

Es nimmt also seinen Lauf an der Hafenstraße, nennt sich Fußballgeschäft. Schon seit vielen Jahren zu schnelllebig für uns Fans, tun wir dann einfach das, was wir immer tun, egal wer geht: Wir bleiben! Wie heißt es doch: „Unser ganzes Leben“. Danke Daniel und egal, wie Du Dich entscheidest, einfach so: Danke Simon. Auf ewig Aufstiegshelden von Rot-Weiss Essen. Das wird für immer Eure sportliche Vita vergolden!

Grünkohlcup.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde Rot-Weiss Essen Zwiebelpokalsieger in Rödinghausen. Kommenden Sonntag kann dem Wimpel ein weiterer Titelgewinn hinzugefügt werden: In der selbsternannten Kohltourhauptstadt Oldenburg startet auf dem dortigen Rathausmarkt nichts geringeres als die Grünkohlsaison 2022. Und somit wird das Gastspiel des RWE beim Mitaufsteiger VfB Oldenburg direkt als das inoffizielle Endspiel um den „Grünkohlcup“ in die Geschichtsbücher eingehen. Aufgrund der frühen Anstosszeit um 13:00 Uhr schafft man es also nach Spielende locker zurück auf den Rathausplatz, um den Interviews zum Thema „Mythos-Grünkohl“ (kein Scherz) beizuwohnen.

Ebenso ist in Oldenburg verkaufsoffen an diesem Sonntag. Das noch als zusätzliche Information für alle mitreisenden Fans des RWE. Anders also als noch vor Jahren in Rödinghausen lebt man in Oldenburg sein normales Leben weiter und verlegt kein Spiel, nur weil sich Rot-Weiss Essen in der Stadt vorstellt. Der RWE in Deiner Stadt bedeutet in dieser Saison so gut wie immer auch einen ausverkauften Gästeblock. Und somit waren selbst die Karten für das zugige und weitläufige Marschwegstadion einmal mehr schnell vergriffen.

Einziger Wermutstropfen: Auch in Oldenburg gab es offiziell keine Sitzplätze für die auswärtigen Fans. Das ist sehr schade und hält sicher manch RWE-Fans davon ab, ihrerseits dem RWE hinterher zu fahren. Ein kompakter Auswärtsblock unter dem Diktat der Schwenkfahnen beinhaltet einfach immer auch ein gewisses Maß an Sichtbehinderung. Ich liebe Fahnenmeere, aber während des Spiels würde ich mir manchmal einfach etwas mehr Toleranz der Schwenkenden wünschen. Wenigstens dann, wenn der Ball Richtung gegnerisches Tor rollt. Und das wird er diesen Grünkohlsonntag hoffentlich oft und effektiv.

Nach Oldenburg geht es dann schon Mittwoch unter Flutlicht gegen den SV Meppen weiter. Meppen hat weder Zwiebel- noch Grünkohlfest zu bieten, aber glücklicherweise dafür eine stattliche Anzahl an Auswärtsfans im Gepäck, so dass das letzte Heimspiel im Jahre 2022 nochmals eine stimmungsvolle Angelegenheit werden dürfte. Das letzte Heimspiel eines Jahres am 9. November! Das muss man sich mal vorstellen. Alles nur der überflüssigsten WM aller Zeiten geschuldet. Gegen was auch immer wir alle in den vergangenen Jahren demonstriert haben, um dem modernen Fußball unsere rote Karte zu zeigen: Die WM in Quatar ist die Spitze all dessen. Aber klar, sie wird natürlich die Beste aller Zeiten…

Wir müssen diese WM nicht schauen, aber können auf jedem Fall noch einmal unserem Verein die Hütte vollmachen. Ausverkauft gegen den SV Meppen an einem kühlen Mittwochabend unter Flutlicht. Eine bessere Ansage für den Fußball, wie wir ihn lieben, könnte es eigentlich nicht geben. Gut, da wäre dann ja noch das Auswärtsspiel im legendären Grünwalder Stadion bei Münchens wahrer Liebe. Auch hier ist der Gästeblock schon wieder ausverkauft. An einem Montag! Man kann hier getrost einen Satz von Kommentator Edgar Mielke aus dem Spiel der vergangenen Woche gegen den FSV Zwickau zitieren: „Wie konnte die 3. Liga jemals ohne RWE auskommen?“. Lieber Edgar, das haben wir uns viele Jahre lang auch immer wieder gefragt. Kannste uns glauben!

Einen Tag später Im neumodischen „Re-live“ nochmal angeschaut war das schon ganz interessant: In einer Tonlage kommentiert, die auch der Beerdigung der Queen angemessen wäre, wurde von Edgar Mielke immer wieder die Atmosphäre an der Hafenstraße gelobt, obwohl diese nicht ganz an die Dynamik aus dem Dynamo Spiel anzuknüpfen wusste, und auch das heimische Empfangsgerät diese leider nicht in die Wohnzimmer vermitteln konnte. Aber alles zusammen genommen bedeutet immer wieder und jedes Spiel auf`s Neue: RWE rockt die Liga! 

„Es ist besser, eine Brücke als eine Mauer zu bauen“ (Sir Elton John)

Das hat man sich wohl auch 1933 in Osnabrück gedacht, und das Stadion an der Bremer Brücke erbaut. Wohl eines der schöneren Ereignisse in diesem ziemlich bescheidenen Jahr. Die vergangenen drei Auswärtsspiele in der ersten und hoffentlich nicht vorerst letzten Saison in der 3. Liga brachten den reisefreudigen RWE-Fans Stadionerlebnisse, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Und sie wurden, einmal abseits der sportlichen Ergebnisse betrachtet, von Mal zu Mal schöner. Rein subjektiv betrachtet natürlich. Dem Monumentaltempel Westfalenstadion folgte das Oldschool-Erlebnis „HaWaWi“ in Bayreuth und mündete vergangenen Freitag im Osnabrücker Ortsteil Schinkel. Man hätte aber auch an der Kenilworth Road in Luton sein können, so tief die Tribünen der Brücke, und fast so nah die umgebenden Häuser.

Im Stadion selbst ist jede noch so kleine Ecke für Steh- oder Sitzplätze genutzt, alles was machbar war, wurde mittlerweile verbaut. Und auch „Omas Ecke“ nicht mehr die legendäre Stadionlücke, sondern mittlerweile fester Bestandteil der Gegengeraden, dem Pendant zu unserer „Rahn“. Von außen wurde viel in der Farbe Lila und all ihren Abstufungen gearbeitet, sowie den Vereinslegenden massig Platz zugesprochen. Es mangelt nicht an Gittern drumherum, die manchmal paradox willkürlich ineinander übergehen und die dröftausend Kabelschächte an den Decken der Umläufe dürften jedesmal die Herzen passionierter Hobbyelektriker höher schlagen lassen. Spätestens an den vergitterten Verpflegungsständen, von denen nicht selten der Lack abblättert, wirkt das bargeldlose Bezahlprinzip fast wie aus der Zukunft gekommen. Ein Hauch „Outlander“ in Osnabrück.

Ja und wenn dann auch noch das Flutlicht an, und die Sonne untergeht, beide gut aufgelegten Fanlager das ganze Szenario auch noch in etwas „Herbstnebel“ hüllen, dann weiß man, das man in einem der schönsten Stadien der Republik zu Gast ist. Auf jeden Fall das für mich zweitschönste der Liga. Ganz oben thront natürlich die Hafenstraße. Weil es zuhause immer am schönsten ist! Der Osnabrücker, die Osnabrückerin auf den Sitzplätzen im Spielverlauf übrigens etwas vornehmer unterwegs, als das bei uns der Fall ist. Es wird zwar genau so schnell gemeckert, aber es bedarf seine Zeit, bis man auch mal aus dem Sattel geht und sich an der allgemeinen Stimmung beteiligt. Mag ganz eventuell daran liegen, das definitiv und unwiderruflich viel weniger Bier konsumiert wird, als das an der Hafenstraße der Fall ist. Was sich möglicherweise dadurch erklären lässt, dass in Osnabrück Herforder Pils ausgeschenkt wird. Und man kommt natürlich auch schlecht wieder raus, wenn erstmal der Platz eingenommen wurde.

Eine ähnliche Liebeserklärung wie an die Brücke selbst kann es für das Spiel natürlich nicht geben. Dafür hätten wir mindestens einen Punkt mitnehmen müssen. Aber der leidenschaftliche Kampf auf dem Rasen passte zum Stadion und auch das Wetter reihte sich nahtlos in einen Brückenabend ein, der alle Attribute beinhaltete, warum man nicht aufhören sollte, den Fußball zu lieben. Dringend anfangen hingegen muss unser RWE nun mit ruhiger und konstanter Spielweise. Das war abermals viel zu hektisch und zerfahren auf dem Feld. Jetzt stehen wir hinten viel sicherer als zu Beginn der Saison, dafür wurde dem Spiel nach vorne der Stecker gezogen. Irgendwas ist halt immer, was uns momentan daran hindert, etwas entspannter in die sportliche Zukunft von Rot-Weiss Essen zu schauen. Und meistens ist es das Endergebnis. Nur der RWE!

„Am besten überzeugt man mit den Ohren – indem man anderen zuhört.“ (Dean Rusk)

Die vielen Gemälde auf den Körpern nicht weniger Fans von Rot-Weiss Essen brachten die vornehmlich für die Wagner-Festspiele angereisten, distinguierten Passanten aller Herren Länder in der schönen Bayreuther Innenstadt weit vor Spielbeginn in Verzückung. Als Teil der selbsternannten Fußball-Unterschicht war man sich der vorsichtig neugierigen Blicke der kulturellen Oberschicht sicher, sobald man bei einem Hellen und einer Meerrettich Bratwurst in der Fußgängerzone verweilte, um sich die Zeit bis zum Anpfiff zu vertreiben.

Vor diesem Anpfiff machten wir Fans von Rot-Weiss Essen das mit den Fähnchen, was so herrlich zu diesem Oldschool-Ambiente des Hans-Walter-Wild-Stadions in Bayreuth passte. Durch einen Pufferblock waren jedoch die Auswärtsfans in der Gästekurve und die auf der Sitzplatztribüne soweit voneinander entfernt, dass man gar nicht auf die Anfeuerungen der jeweils anderen RWE-Fans eingehen konnte. Man hörte sich einfach so gut wie gar nicht. RWE einmal mehr mit Akustikproblemen.

Der verbindende Faktor zwischen den Rot-Weissen somit Glockenhorst, platzierte er sich doch mittig auf der Tartanbahn. Möge er ewig für seinen RWE und uns die Glocke schwingen. Es zaubert immer ein Lächeln in viele Gesichter, wenn er keck mit seinem Glockomobil angebraust kommt. Und wenn er dann auch noch, wie zugetragen wurde, mit dem 9€ Ticket (Ruhe in Frieden) von Essen angereist ist, dann ist Glockenhorst einfach der Gewinner eines Spiels, das unter dem Strich keinen Gewinner hatte. Halleluja!

Der sportliche Turnaround in der neuen Liga, er konnte in Bayreuth noch nicht vollzogen werden. Kein Dreier in der Liga, dafür aber gleich vier Neue im Kader. Jörn Nowak dürfte sicherlich nun an „Telefonarm“ laborieren. Von Abwehr bis Sturm: Für jeden Mannschaftsteil war etwas dabei. Einer der neuen Spieler hat sogar einen Bruder. Erzgebirge Aue nun der nächste Anlauf, um unter Flutlicht an einem Freitagabend endlich den…..nä, das schreibe ich jetzt nicht….ersten Sieg zu erringen.

Und es hat tatsächlich geklappt: Eine starke Mannschaftsleistung, hintenraus wieder mit der (fast verständlichen) Angst, doch noch am Erfolg zu scheitern. Gepaart mit einer nimmermüden Unterstützung von den Rängen konnte das Punktekonto somit verdoppelt werden. Der erste Sieg im Profifußball seit ganz langer Zeit. Damals, als der Deutsche Meister noch nicht zwingend aus München kam. Eigentlich war also der Boden bereitet für eine erleichterte Atmosphäre zwischen Mannschaft und Fans. Doch da gab es ja die Vorfälle nach Bayreuth und die darauf resultierende Reaktion der Mannschaft nach Abpfiff des Spiels gegen Aue. Einhergehend mit einer Atmosphäre, für die es dann auch hier keine launigen Worte mehr geben kann. Die aber trotzdem beschäftigt und auch als komplett Unbeteiligter verarbeitet werden möchte.

Wir erinnern uns: Im Nachgang an das Bayreuth Spiel gab es auf einem Rastplatz einen Übergriff von RWE-Fans auf andere RWE-Fans. Das alleine für mich schon ein Anachronismus. Bekomme ich im Kopf nicht hin: Bestehende Probleme kann man doch auf dem kurzen Dienstweg kommunikativ beheben. Unfreiwillige Zeugen der Auseinandersetzung waren Spieler & Staff des RWE. Sichtlich geschockt. Unser aller Verein gab anschließend ein kurzes Statement zu dem Vorfall ab, verurteilte diesen zurecht und gab auch zu verstehen, sich verständlicherweise erstmal nicht weiter äußern zu wollen. Soweit so korrekt, Spekulationen und Gerüchte sind einer unklaren Sachlage selten dienlich gewesen.

Womit jetzt aber wohl keiner bei RWE gerechnet hatte, war einerseits die Reaktion der Mannschaft nach dem Sieg, die ihrerseits ein möglicherweise wohl nur (Mannschafts-) intern abgesprochenes Zeichen gegen die Aggressionen setzen wollten und einfach auch die Tatsache, dass ein Großteil der Fans auf den Tribünen wahrscheinlich gar nichts von der Problematik mitbekommen hat. Es kam also eher mittelprächtig an, dass die Mannschaft den Gang zur „West“ unterbrach um sich dann ebenfalls eher halbherzig applaudierend an die anderen Tribünen zu wenden. Man merkte allen das Unwohlsein dabei an. Und was mögen wohl die neuen Spieler gedacht haben, wo sie da gelandet sind? Etwas spöttisch könnte man jetzt anmerken, dass die Mannschaft so gemerkt hat, auch von der Gottschalk aus angefeuert zu werden. Die mittlerweile vielen Kinder und Familien in Trikots dort haben es dankbar zur Kenntnis genommen.

Es war also eine unwirkliche Atmosphäre, die sich da in alle Richtungen Luft verschafft hat. Und es wirft zudem noch eine große Frage abseits des aktuellen Kontexts auf: Was hat die Mannschaft nach einem Sieg, zudem noch einem so historischen, an Feierlichkeiten abzuleisten? Auch da scheint ja eine unglaublich große Erwartungshaltung bei vielen Fans zu existieren, die aber weder auf unserer Eintrittskarte, noch im Arbeitspapier der Spieler fest geregelt ist. Fakt ist: Ein guter Grundgedanke, nämlich die Vorkommnisse nochmals und vor allem als Mannschaft zu verurteilen, wurde maximal unglücklich ausgeführt. Das Dumme aktuell: Da man ja nie wissen kann, ob alle Tribünen über die Boxen erreicht werden, wäre eine kurze Ansage vor dem Spiel natürlich sinnvoller gewesen, aber hätte auch akustisch im Nirvana landen können. Es hätte aber die schöne neue LED-Anzeige dafür genutzt werden können, oder ein der „Kurzen Fuffzehn“ beigelegte Flyer. Am ehrlichsten wäre aber auch mal eine „Tapete“ von den Aggressoren selbst gewesen mit der Aufschrift „Das war Scheiße, es tut uns leid“. Sofern sie denn am Freitag überhaupt im Stadion waren.

So nahm also alles eine ganz falsche Richtung, die sicher keiner so gewollt hat und zigtausende Fans fühlten sich abgestraft für etwas, das sie weder begangen haben oder von dem sie bisweilen schlicht keine Kenntnis hatten. Hier konnte wenigstens Mundpropaganda für Abhilfe und Verständnis sorgen. Irgendwie stehen wir uns bei Rot-Weiss Essen letztendlich doch immer wieder selbst im Weg. Aber in jedem Streit steht auch eine Chance auf einen Neuanfang. Und hier heißt das Zauberwort wie so oft im Leben Kommunikation. Und wohl auch zielgerichtete Absprachen.

Viele Gesten und Gesänge hat unsere Mannschaft einfach nicht verdient, auch in der Erregung der Missachtung nicht. Sie hat zuvor für uns die Knochen hingehalten und alles für diesen so wichtigen Sieg gegeben. Und wir können zudem festhalten, dass sie Charakter hat. Auch das haben wir uns in Essen immer gewünscht: Eine Mannschaft mit Charakter. Nun deshalb, wie vereinzelt zu lesen war, aus dem Verein austreten oder die Dauerkarte abgeben zu wollen, ist vielleicht auch eher der ersten Erregung in diesem emotionalen Schmelztiegel nach Abpfiff geschuldet.

Freitag nun geht es zum VfL Osnabrück. Wieder Flutlicht, erneut ein gut gefülltes Stadion, sehr eng und laut zudem. Dazu ein uns noch sehr vertrautes Gesicht und ein neuer Trainer auf der VfL Bank. Dessen Einstand ist vergangenen Samstag nicht so gut verlaufen. Aber auch er hat einen Bruder. Und nach dem Spiel, da gehen wir einfach wieder gemeinsam einen Schritt aufeinander zu. Im besten Sinne und am besten mit einem Auswärtssieg im Rücken!

Bayreuth. Konradsreuth. Weißdorf.

Das war ja schon recht früh, dieser Aufbruch zu einem Spiel von Rot-Weiss Essen um 5:30 Uhr. Aber man konnte ja gar nicht anders, als diesem historischen Ereignis im Hans-Walter-Wild-Stadion zu Bayreuth beizuwohnen. Um die Reisestrapazen zu minimieren, wurde bei der Familie in Konradsreuth übernachtet. Ein schöner Ort, um von dort aus am Sonntagmorgen in Weißdorf dem Frühschoppenspiel des 1.FC Waldstein gegen die SpVgg Selbitz beizuwohnen. Weißdorf, Weißwurst und Weißbier. Die heilige bayerische Trilogie um 11:00 Uhr morgens in einer herrlichen Naturarena. Die Fahrt gen Bayreuth war eine entspannte Reise durch NRW, Hessen und Bayern. Lediglich auf dem Parkplatz Spitzberg-Süd brachte das Anbringen einiger Kleber ein gestrenges, älteres Paar aus Sachsen auf den Plan. Der Rückweg einen Tag später hingegen durch Thüringen, Hessen und NRW brachte die A44 und mit ihr viele Fragen. Vor allem die, warum diese Autobahn andauernd unterbrochen wurde! Das gelobte Land dann die A33 und selbst Paderborn konnte so etwas wie Verzückung hervorrufen. Die obligatorischen 30 Bilder in chronologisch unsortierter Reihenfolge, beginnend mit einer roten Karte. Zu den Fakten: SpVgg Bayreuth – Rot-Weiss Essen 1:1 / 1.FC Waldstein – SpVgg Selbitz 2:0

Götterdämmerung.

Der Drucker quält sich mit dem Ausdruck der Bayreuth-Tickets. Möglicherweise liegt das unter anderem wohl daran, dass ich für jedes der fünf Tickets einen extra Druckauftrag erteilt habe, obwohl diese in einer PDF zusammengefasst kamen. Und so wird der Schreibtisch mittlerweile überflutet von Eintrittskarten in Tapetengröße, einige gar doppelseitig bedruckt. Ja, auch dieser Haken wurde zunächst nicht rausgenommen. Der Sparansatz hier somit der komplett falsche Weg. Aus den überzähligen Drucken könnte ich nun Konfetti für das Spiel produzieren.

Diesen Samstag geht es also endlich über die Landesgrenze hinaus zum ersten Pflichtspiel von Rot-Weiss Essen außerhalb Nordrhein-Westfalens seit dem 24.03.2012. Die Wagnerstadt Bayreuth der wochenendliche Sehnsuchtsort. Wenn auch ohne Wagner, der musste ja unbedingt in das kulturbefreite Hoffenheim. Und da sowohl unser RWE als auch die „Oldschdod“ als Aufsteiger bislang viel Lehrgeld in der großen Unbekannten 3. Liga zahlen musste, wird es nicht nur ein Spiel um den imaginären „Bestes-Bier“ Pokal, sondern direkt der erste Abstiegskracher der noch jungen Saison.

Und wenn man dann auch noch den Wettervorhersagen Glauben schenken darf, wird es im weiten Rund des Hans-Walter-Wild-Stadions auf den unbedachten Plätzen zudem auch noch richtig nass werden. Es wird sich aktuell wohl keiner über Regen beklagen wollen, daher weckt die Mischung aus Abstiegskrimi, 80er Jahre Gästeblockfeeling und eben die Option auf klatschnass werden so richtig Vorfreude auf ein epochales Auswärtserlebnis. Welches aber Bitteschön mit einem Erfolgserlebnis für unsere Farben gekrönt werden möchte. Schließlich ist man schon vergangenen Samstag gegen die Schanzer ziemlich kurz davor gewesen, eine über weite Strecken des Spiels einwandfreie Leistung mit diesen drei Punkten für ein Halleluja zu krönen.

Der Ausgang nur zu gut bekannt und schmerzt durchaus noch etwas, denn es ist lange her, dass wir auf den Rängen zwischenzeitlich so von den Sitzen gerissen wurden (sofern wir denn Sitzplätze hatten) und gelungene Aktionen unserer Spieler wie Tore bejubelt haben. Das war noch etwas ganz anderes, als die neunzigminütige Party am letzten Spieltag der vergangenen Saison gegen RW Ahlen. Da haben wir ja eigentlich nichts anderes mehr als einen Sieg nebst Aufstieg erwartet und sind auch allesamt mit solch breiter Brust in das Spiel hineingegangen. Das war aber auch eine herrlich fröhliche Dauerparty.

Dieses Spiel eine Liga höher gegen den Favoriten aus Ingolstadt hingegen war schon wieder ein Kulturkampf, den wir wohl verlernt hatten zu kämpfen. Das Schicksal aus zig Jahren Dauerfavorit hat vergessen lassen, dass wir alles andere sind, aber nicht mehr das Nonplusultra der Liga. Gegen die Schanzer jedoch konnte der Hebel endlich umgelegt werden und wurde auf Pokalmodus umgeschaltet. Exemplarisch für diesen Kampf und einigen spielerischen Befreiungsmomenten stand für mich folgende Aktion nach exakt einundsechzig Minuten und zehn Sekunden (Das weiß ich deshalb so genau, da das Spiel mehrmals am TV nachbetrachtet): Niklas Tarnat klärt mit einer mustergültigen Grätsche aus dem Lehrbuch dermaßen hafenstraßenmässig, so dass es die in der Nähe sitzenden Fans auf der Haupttribüne nicht nur aufspringen ließ, sondern diese am liebsten vor Begeisterung auf das Feld gehüpft wären.

Nach einundsiebzig Minuten und diesmal exakt 25 Sekunden konnte Jakob Golz bravourös gegen Jalen Hawkins klären. Auch für diese Aktion brandete Jubel auf und dürfte dieser unserem Schnapper neben weiteren guten Paraden gut getan haben. Er ist nunmal aktuell etwas in der Bredouille, und es bedarf wohl 1907 absolut unhaltbar gehaltener Bälle, bis der Fauxpas von Dortmund und der Abstimmungswackler zum Anschlusstor der Schanzer vergessen werden wird. Torwart bei Rot-Weiss Essen, daneben dürfte der Job eines Wirtschaftsministers in aktuellen Zeiten ein Klacks sein. Es waren also fantastische Minuten, in denen wir von unserer Mannschaft viel Leidenschaft und noch mehr Hingabe erfahren haben. Mindestens mit gleicher Münze in Gesang und Lautstärke haben wir auf den Rängen auch über die gesamte Spieldauer zurückgezahlt. Die perfekte Symbiose eben. Dafür sind wir zusammen aufgestiegen, dafür geht man nach Rot-Weiss hin.

Dass uns dann ziemlich abrupt der Stecker gezogen wurde, tat sicher nicht nur der Wasserkiste, die von Simon Engelmann durch die Coachingzone getreten wurde, sondern allen im Stadion zutiefst in der Seele weh, die es mit unserem RWE hielten. Musste man nach dem Spielverlauf zwischen zwei verlorenen oder einem gewonnen Punkt wählen, nahm wohl der Großteil die erste Möglichkeit. Und dabei wäre man vor dem Spiel mit einem Punkt mehr als zufrieden gewesen. Ein wichtiger Faktor für diesen bisweilen tollen Auftritt unserer Mannschaft war natürlich die Führung. Psychologie ist im Sport manchmal so einfach: Mit dem 1:0 gingen die Köpfe hoch, die Brust wurde gefühlt breiter und auch Isi Young bekam endlich wieder die Körpersprache der vergangenen Saison. Phase 1 der einfachen fußballerischen Küchenpsychologie also umgesetzt: In Führung gehen.

Samstag in Bayreuth steht dann Phase 2 auf dem Lehrplan: In Führung gehen und die Führung nach Hause bringen. Mit der Leistung des vergangenen Samstag sollte das machbar sein. Unter einer Bedingung: Die SpVgg Bayreuth darf nicht unterschätzt werden. Dieses Spiel in Bayreuth ist der Europapokal für den reisefreudigen RWE-Fan. Ist das nicht mehr für möglich gehaltene Überschreiten einiger Landesgrenzen. Das Spiel, eingebettet zwischen Walküre und Siegfried, ist unser persönliches Festspiel. Daher sollte es unsere Mannschaft erneut wie ein Pokalspiel angehen, um dann nach Abpfiff vor dem Gästeblock eine fröhliche Version der Götterdämmerung dargeboten zu bekommen.

Apropos Gästeblock: Ich bin gespannt, wie viele Fans unsere Mannschaft in die Wagnerstadt begleiten werden. Am dritten Spieltag wurde die Zwote aus Freiburg von ganzen drei Fans unterstützt, während den VfL Osnabrück schon stattliche 424 Fans auf den weiten Weg gen Oberfranken begleitet haben. Schaffen wir wieder vierstellig? Oder ist der Weg doch zu weit? Es wird spannend. Grundsätzlich sollten bei einem Fassungsvermögen im HaWaWi von 21.500 unter Berücksichtigung des aktuellen Zuschauerschnitts von aktuell 2411 Fans alle im Namen des RWE Reisenden auch Zugang finden. Ach, eine Bitte hätte ich noch, liebe Bayerischen Einsatzkräfte: Immer schön locker bleiben. Wir tun nichts, wir wollen nur gewinnen. 

Gegnerspionage Ingolstadt.

Es geht tatsächlich so langsam los mit den anderen Bundesländern, die für uns mal wieder den Duft der großen weiten Fußballwelt bedeuten. Auch wenn wir aktuell noch den Mief weitestgehender Punktelosigkeit einatmen, soll uns das nicht in unserer Vorfreude hindern. „Wir lassen uns die 3. Liga nicht vermiesen, keine Angst, keine Angst, RWE!“. Die Bayern also, sie kommen tatsächlich nach Essen. Glücklicherweise nicht der FC Bayern, sondern die „Schanzer“ des FC Ingolstadt von 2004.

Clever eigentlich, sich offiziell FC Ingolstadt 04 zu schreiben, so manch einer könnte ja denken, dass 04 auch für 1904 als Gründungsjahr stehen könnte. Aber investigativ wie ISDT nunmal ist, decken wir gnadenlos auf, dass der FC Ingolstadt natürlich erst 2004 aus einer Fusion der beiden finanziell klammen Platzhirsche MTV Ingolstadt und ESV Ingolstadt entstanden ist. Klamm ist man in Ingolstadt seitdem eigentlich nicht mehr, auch hier greift ein Autobauer dermaßen kräftig unter die Arme, so das der gelegentliche Vorwurf, nun ein Werksverein zu sein, emotional nicht immer glaubhaft entkräftet werden kann. Uns eigentlich egal, aber allein bei „04“ gehen die Synapsen schon mal steil.

Aber kommen wir zu dem wichtigsten Punkt, der einen Artikel wie diesen hier eigentlich schon im Ansatz überflüssig macht: Es gab bisher nicht ein Spiel von Rot-Weiss Essen gegen einen Ingolstädter Verein! Daran konnten auch monatelange Recherchen bis an die Grenze der Belastbarkeit nichts ändern. Ein Spiel Rot-Weiss Essen – FC Ingolstadt 04 wurde bis dato noch nie angepfiffen. Und auch gegen die Vorgängervereine MTV oder ESV Ingolstadt wurde seitens des RWE niemals gegen den Ball getreten.

Kurioserweise haben der MTV und der ESV in ihrer langen Historie ihrerseits selbst nur zweimal gegeneinander gespielt, sofern die Informationen letztendlich stimmen. Sehr ungewöhnlich für Lokalrivalen. Es war in der Saison 1979/80 der 2.Bundesliga Süd, als beide Vorgängervereine aufeinandertrafen. Im Hinspiel 1979 bezwang der MTV vor 6.500 Zuschauern auf der heimischen Bezirkssportanlage Mitte den ESV mit 2:1. Das Rückspiel 1980 wurde gar vor 7.000 Fans im ESV Stadion ausgetragen, man trennte sich 2:2 Unentschieden. Der MTV somit ewiger Stadtmeister. Dumm nur, dass man am Ende der Saison absteigen musste, während der ESV die Klasse halten konnte. Wenn auch nur noch eine weitere Saison.

Die Wege der baldigen „Fusionistas“ trennten sich somit recht schnell wieder. Also auch hier also keinerlei sportliche Besonderheiten, bei denen unser geliebter RWE irgendwie hätte mitmischen können. Ingolstadt gegen RWE, das ist wie der Frost im Preußenstadion oder die Meisterschale auf Schalke: Es hat nie existiert. Nicht aufgebend konnten dann trotzdem noch drei kleine Querverbindungen aufgedeckt werden: So war zu lesen, dass die Bezirkssportanlage Mitte des MTV eine Eigenheit mit dem legendären Georg-Melches Stadion aufweisen konnte: Die Bezirkssportanlage bestand ebenfalls nur aus drei Tribünen. Ob eine vierte Tribüne in Ingolstadt niemals gebaut, oder wie in Essen durch Substanzverlust abgerissen wurde, konnte hingegen nicht ermittelt werden.

Und dann gab es da noch den Peter: Peter Dietrich, seines Zeichens einmaliger Deutscher Nationalspieler (1970) , wechselte 1966 vom ESV Ingolstadt an die Hafenstraße, um dort für unseren RWE achtundzwanzig Mal gegen den Ball zu treten. Drei Tore inklusive. Hans Krostina ging den entgegengesetzten Weg, zudem zum Lokalrivalen und über eine Zwischenstation: 1977 verließ Hans Krostina nach fünfzehn Spielen Rot-Weiss Essen, um sich über den Umweg FC Bayern Hof 1978 dem MTV Ingolstadt anzuschließen. Dort explodierte er allerdings so richtig und steigerte seine Torquote von null in Essen auf vierundzwanzig in Ingolstadt.

Wie es sich nun für einen Fusionsverein eigentlich auch gehört, gestaltete sich das Wachstum der eigenen Fanszene in Ingolstadt seit 2004 eher langwierig. Zudem erreicht der heimische Eishockeyverein ERC Ingolstadt seit jeher zuerst die Herzen der Fans vor Ort und kann auf einen großen aktiven Kern setzen. Nicht zuletzt aufgrund der Entfernung dürfte sich die Anzahl der Gästefans somit irgendwo zwischen Elversberg und Viktoria Köln einpendeln. Der Aufsteiger empfängt den Absteiger. Zehn Punkte treffen auf einen Punkt, Null Gegentore stehen eindrucksvoll ganz vielen Gegentoren gegenüber. Auf dem Papier dürfte somit alles klar sein. Aber wenn Rot-Weiss Essen wirklich mal wieder Rot-Weiss Essen Dinge macht, und die Loyalität der Fans so richtig im Sturm belohnt: Ja warum eigentlich nicht den ersten Sieg ausgerechnet gegen einen der Ligafavoriten einfahren?

Und dann, ja dann geht es endlich zu einem Pflichtspiel außerhalb von Nordrhein-Westfalen! Es geht nach Bayreuth, ins dortige „HaWaWi“ zur Altstadt. Das erste Pflichtspiel in einem anderen Bundesland seit dem 24. März 2012. Aber darum kümmern wir uns in der nächsten Folge der Gegnerspionage.

La Familia.

Tabellenletzter nach vier Spieltagen in unserer neuen Bude 3. Liga! Die aktuelle Situation komplett neu nach einigen Jahren diverser Punkterekorde und epischen Titelkämpfen. Sie wirkt allein dadurch schon komplett befremdlich, war so auch nicht geplant und überfordert uns fast in Gänze, einen zielführenden Umgang damit zu finden. Und das, obwohl wir doch alle wussten, höherklassig mit einigen bis vielen Niederlagen rechnen zu müssen. Alle anderen Mannschaften sind schließlich unsere Gegner und nicht umsonst im Profifußball zuhause. Für die ist das komplett egal, wie sehr man uns endlich wieder herbeigesehnt hat und wie viele Artikel sich vor Saisonbeginn lobpreisend mit Rot-Weiss Essen beschäftigt haben.

Das die Artikel aber allesamt nicht zu Unrecht aufgesetzt und veröffentlicht wurden, definiert sich ja nicht nur über den aktuellen Tabellenplatz. Man könnte es auch an einer ganz anderen Beobachtung festmachen: Das Spiel unseres RWE bei der Zwoten von Borussia Dortmund hatte etwas von einem gigantischen Familienausflug! Die Liebe zu Rot-Weiss Essen definiert sich also weiterhin nicht allein über sportlichen Erfolg. Sie ist vielmehr der Staffelstab von Generation zu Generation. Unglaublich viele Jungs und Mädchen haben Rot-Weiss Essen an der Seite ihrer Eltern, Verwandten, Geschwister oder wen auch immer in das Westfalenstadion begleitet. Und genau das ist auch der Grund dafür, dass Rot-Weiss Essen einfach nicht unterzukriegen ist, der aktuellen sportlichen Situation zum Trotze.

Und ich bin optimistisch, dass diese vielen jungen Fans auch nach Niederlagen einen anderen Zugang zum Netz finden werden, anstatt dieses dafür zu nutzen, unter der Gürtellinie und bisweilen hemmungslos zu beleidigen. Ein leider nicht geringer Anteil älterer Generationen vergisst nach Niederlagen bisweilen den Anstand und sieht das Internet eher als kompensatorische Plattform für eigene Unzulänglichkeiten. Nur weil ich am Rechner oder Handy irgendwelche Beleidigungen in Kommentarspalten reinhacke, oder gar als private Nachricht verfasse: Es ändert sich dadurch auch nichts am Punktestand. Und wer sich danach besser oder cool fühlt, der wird im realen Leben sowieso niemals was gewinnen.

Es bedarf vielleicht eines grundsätzlich neuen Umgangs mit den sozialen Medien. Solange die Kommentarspalten geöffnet bleiben, wird die Reaktion immer in alle Extreme ausschlagen. Als Verein kannst Du es Dir natürlich nicht mehr leisten, keine Internetpräsenz zu zeigen, sondern musst mittlerweile viele Plattformen bespielen, um möglichst viele Fans mit Deinem Output zu erreichen. Das bedeutet schließlich nicht nur Raum für Aktualität, sondern in hohem Maße auch jede Menge Möglichkeiten zur Werbung in eigener Sache. Man will die Fans also erreichen und tut das auch. Doch dabei kommt es leider immer wieder je nach Spielausgang oder grundsätzlichen Inhalten zu Reaktionen, die schwer verdaulich sind, einfach nur stumpfe Beleidigungen oder fast schon einen Strafbestand beinhalten. Das Schlimme daran: Man kann sich als Verein (zurecht) daran aufreiben und auch anprangern. Man verschließt sich aber möglicherweise auch der konstruktiven Kritik, die vielleicht überlesen wird.

Ein ganz schwieriges Feld also, welches man da tagtäglich vorfindet. Schließt man die Kommentarspalten, unterbindet man den Diskurs mit den Fans. Lässt man sie offen, könnte man den Verfasser, die Verfasserin direkt blockieren, wenn gegen die Netiquette verstoßen wird. Aber wer soll das bewerkstelligen? Es ist schwierig und wird es wohl leider auch noch einige Zeit bleiben, bis eben nachfolgende Fangenerationen den von mir erhofften respektvolleren Weg im Umgang mit sozialen Medien pflegen, da von Kindesbeinen damit aufgewachsen. Aktuell würde ich mir von Rot-Weiss Essen wünschen, diese Kommentare nicht zum Gegenstand des Tagesgeschehens zu machen. Man kann keinen Faktencheck für jedes überhitzte Fangerücht leisten. Lasst die Kommentare ins Leere laufen, lest sie gar nicht erst. Wer sich mit irgendwelchen Angeblichkeiten wichtig tun will: So what? Ich wünsche mir, dass kein Spieler, Trainer oder Mitarbeiter*Innen jemals wieder einen eigenen Account löschen muss, nur weil man darüber persönlich beleidigend angegangen wird. Das geht gar nicht. Niemals! Und wenn der aktuelle Punkt der einzige bis Saisonende bleiben sollte! Die Familie Rot-Weiss hat sicher viele Subkulturen unterschiedlichster Prägung, aber in diesem Punkt sollten wir uns einig sein!

Zurück zum Familienausflug nach Dortmund: Die ganze Familie war also einmal mehr beisammen, auch wenn der Weg ins Stadion selbst aus dem nahen Essen bisweilen ein ganz weiter werden sollte, wie in der Halbzeitpause zu erfahren war. Die Bahn machte es einmal mehr möglich! Das Westfalenstadion ein durchaus beeindruckendes Stadion mit einem Schattenwurf, der den Stehplatzbereich der Gästefans komplett zu missachten wusste. Und so lieferten die dort stehenden Fans des RWE in der prallen Sonne über die gesamte Spielzeit und weit darüber hinaus schweißtreibende Maloche ab. Viel Wasser, weniger Bier das Getränk der Stunde dort. Im Kuchenstück Oberrang/Ecke hingegen war es zwar schattig, doch staute sich die Hitze dort, so dass die Melange aus stickiger Luft, Bierdunst etc. eine ganz andere Anforderung darstellte.

Auch unsere Spieler stellten sich den Anforderungen des Spiels und der Temperaturen und zeigten sich dem Vernehmen taktisch versierter Fans nach deutlich verbessert, im Gegensatz zu den Spielen davor. Eine homogene Mannschaft suche ich leider noch vergebens. Der Einsatz einmal mehr makellos gab es auch die besseren Chancen für unseren RWE, doch das Tor des Tages erzielte nun mal der BVB. Nach dem Spiel zeigte sich dann recht deutlich, dass wir eigentlich gar nicht so richtig wissen, wohin gerade mit uns und unseren Emotionen. Während „unten“ unisono lautstarke Aufmunterung gespendet wurde, gab es „oben“ glücklicherweise keine verbalen Entgleisungen a`la Kommentarspalte, aber es herrschte schon eine große Enttäuschung vor.

Ich urteile nun nicht nach taktischen Systemen, maße mir das auch gar nicht an, denn die Umstellungen kann ich schlicht auch nicht immer direkt erkennen. Ich erlebe Spiele sicher anders als der Fachmann oder die Fachfrau. Und schon gar nicht jage ich jedes Spielergesicht nach Auswechslung direkt durch den Gesichtsscanner oder dergleichen. Für mich ist ein Fußballspiel wie eine filmische Handlung, die ich stets mit allen Sinnen und Emotionen durchlebe. Alles in allem war es vergangenen Samstag in Dortmund somit eine intensive Folge der neuen RWE Serie „3. Liga“. Vielleicht kommt nun ausgerechnet gegen den Tabellenzweiten aus Ingolstadt die erhoffte, bisher beste Folge der neuen Staffel. Gerne auch mit den Fahnengirls. Wir müssen uns ja nicht jeder lieb gewonnenen Tradition länger entledigen als notwendig, nur um modern zu sein. Und dann, ja dann dürfen wir endlich raus aus NRW. Den weiten Weg über die Landesgrenze hinaus nach so langer Zeit fährt es sich sicher leichter mit vier Punkte. Man hat ja schließlich auch seine Erwartungen an so eine Serie.

Die Stille nach dem Spiel.

Würde man unken wollen, so könnte man auf das nächste Heimspiel gegen den FC Ingolstadt einen richtig guten Tipp abgeben: Mit einem 1:3 würde man tendenziell gar nicht mal so schlecht liegen. Natürlich tippt man niemals gegen den eigenen Verein, aber nach diesem zweiten Heimspiel, welches im Backofen an der Hafenstraße doch so gut begonnen hatte, hilft gerade nur Galgenhumor.

Dabei begann alles sehr vielversprechend: Wir bekamen fast die mehrheitlich gewünschte Aufstellung (Warum Oguzhan Kefkir wieder nicht in der Startelf stand, erschließt sich mir einmal mehr nicht) und eine furiose Anfangsviertelstunde, in der Viktoria reichlich Schnappatmung bekam. Unsere Mannschaft wollte also nahtlos an die letzten Minuten im Wedaustadion anknüpfen. Doch diesmal ging der Spielfilm den umgekehrten Weg: Bevor sich unsere Mannschaft nun auch noch mit einem Tor belohnen konnte, zogen die Steuerberater von der Schäl Sick einfach den Stecker aus unserem Spiel und begannen, das Spiel nicht nur zu beruhigen, sondern auch zu verwalten. Inklusive dem dazugehörigen Tor. So geht eben die 3. Liga. Wer da aufmüpfig wird, bekommt erstmal was vor den Latz. Zumindest, wenn man Rot-Weiss Essen heißt und aktuell oft einen Schritt zu spät kommt.

Auch, weil die Zuordnung einfach nicht stimmt. Das ist manchmal ein wildes Durcheinander auf dem Feld. Und dabei stimmt eigentlich alles: Wille, Einsatz, Fitness: Alles im Rahmen. Aber wenigstens spielerisch muss das jetzt ganz dringend auf die dritte Ebene gehoben werden, sonst etablieren wir uns nicht in der Liga, sondern weit abgeschlagen in dessen Keller. Und dann bekommen wir doch alle wieder die Krise. Wir kennen das nur zu gut.

Es bedarf jetzt einer ruhigen, ordnenden Hand, denn so, wie viele Spieler aktuell drauf sind, droht zudem eine Kartenflut. Irre, wie beispielsweise Ron Berlinski immer wieder den Torwart anläuft, oder sich durch die gegnerische Hälfte grätscht. Aber wenn daraus zu viel Testosteron wird, und man das Gefühl bekommt, der Mann haut gleich einen Gegenspieler um, dann ist dass das gewisse Etwas drüber. Wir brauchen keinen Enforcer, sondern Tore. Aber Karten bekommt man ja nicht nur durch übermotiviertes Handeln, sondern oft auch, um schlechtes Stellungsspiel durch ein taktisches Foul zu kompensieren. Wir brauchen eine funktionierende Taktik.

Es steht mir als Laie in taktischen Dingen eigentlich nicht zu, sportlich Kritik zu üben, aber als Fan, dessen Vorfreude sich gerade gespenstisch auflöst, sieht man natürlich auch Sachen auf dem Feld, die so sicher nicht geplant waren. Was zum Beispiel ist mit der Spielfreude von Isi Young passiert? Die sogenannte Körpersprache macht mir bei ihm Sorgen. Und sollte nicht unser eingespielter Kader das Faustpfand für eine relativ ruhige Saison sein? Liebe Leute, es hat sich ausgefeiert, nun ist auf dem Trainingsplatz mehr Arbeit denn je zuvor angesagt. Wenn jeder nur für sich spielt, dann wird das nix mit dem Klassenerhalt. Und da kann man besser viel zu früh und nur gut gemeint den Finger in die Wunde legen, als zu spät. Auch wenn das vielleicht alles jetzt undankbar erscheinen mag.

Es ist ja auch nicht das Problem, ein Spiel zu verlieren. Das Problem ist, wie die beiden Heimspiele und die erste Halbzeit in Duisburg verloren wurden. Das macht ratlos. Im Strom der aus dem Stadion eilenden Fans mitzuschwimmen bedeutet auch auch, Teil der Meinungen zum Spiel zu werden. Wenn gemotzt wird, kann man mitmotzen, oder dagegen anstänkern, ist die eigene Meinung komplett konträr. Wenn aber überall Ratlosigkeit über das Erlebte herrscht, dann ist das ein noch viel fragileres Gefühl, und sorgt für Kummer. Der erste Sieg in dieser Saison würde sicher viele Kräfte freisetzen und der Mannschaft Aufwind geben, sofern er zeitnah erfolgen mag natürlich. Aber dafür braucht es Pässe die ankommen. Standards die Torchancen kreieren und eine Abwehr, die eine gemeinsame Linie spielt. Und eben auch einen roten Faden, den der Trainer vorgibt.

Den Kredit auf den Rängen, den darf Rot-Weiss Essen weiterhin genießen. Lieber Mannschaft und Verein bis zum Abpfiff besingen, als pöbelnd auf den Zaun springen. Aber das kann auf dem Feld so trotzdem nicht weitergehen und würde bei weiteren Niederlagen auch definitiv nicht so weitergehen. Bis Samstag im Westfalenstadion bleibt nicht wirklich viel Zeit, aber es ist definitiv an der Zeit wirklich viel aufzuarbeiten. Dann wartet wieder eine ganz neue Herausforderung auf unsere Mannschaft: Nach vollen Stadien in den ersten drei Spielen geht es diesmal in das größte Stadion der Republik, welches aber trotzdem nicht wirklich gefüllt sein wird. Es ist nach dem gestrigen Spiel sehr schlecht zu schätzen, wieviel Fans unsere Mannschaft in das Westfalenstadion begleiten werden.

Das ist aber auch schon wieder eine Achterbahn der Gefühle, die so hat keiner kommen sehen. Wir sollten dieses Etablissement 3. Liga so schnell nicht wieder verlassen. Wir haben alle zusammen doch viel zu viele Jahre drauf gewartet, es endlich betreten zu dürfen. Es ist nicht weit nach Dortmund. Machen wir also rüber und helfen unserer Mannschaft dabei, wenigstens dort den ersten flotten Dreier einzufahren. Offensichtlich hat sie alleine gerade nicht die richtigen Mittel parat, um siegreichen Fußball zu spielen.

Unterstützung, klare Ansage und Vorgabe benötigt aber nicht nur unsere Mannschaft, sondern auch unser Verein durch die GVE: Es braucht endlich eine Lösung für die Boxenproblematik im Stadion. Es kann doch nicht sein, dass der RWE sich nun andauernd für etwas zu entschuldigen hat, was gar nicht in seiner Verantwortung liegt. Es dürfte doch kein Hexenwerk sein, eine ausbalancierte Beschallung hinzubekommen, die für moderate Lautstärke sorgt. Das hat doch seit Eröffnung des Stadions vor zehn Jahren bis Ende der vergangenen Saison eigentlich ganz gut funktioniert.

Mit welchen Gefühlen wird wohl Andreas Rettig das Stadion nach Spielende verlassen haben? Man weiß es nicht. Weit vor dem Spiel aber genoß er seine Wurst am Grillstand des Hafenstübchens. Er weiß eben, was schmeckt und wo der Fußball Zuhause ist. Wahrlich ein Mann, der im Gegensatz zu so vielen Fußballfunktionären mit beiden Beinen fest am Boden geblieben ist. Eine lukullische Randnotiz an einem Fußballabend, der eher weniger schmackhaft war. Nur der RWE! 

Punktlandung!

Jetzt weiß ich langsam, welcher Irrglaube mich nach diesem so herrlichen Aufstieg als Fan ereilt hat: Ich dachte tatsächlich, nun wird das Leben mit Rot-Weiss Essen endlich viel leichter und entspannter. Eine Saison als nie enden wollender, milder Frühlingsabend. Die Sonnenbrille keck auf der Nase, während das Resthaar von einer frischen Brise zerzaust wird. Noch im Spiel gegen die SV Elversberg schnell geerdet wurde klar: Hier und jetzt hat uns zunächst einmal der Gegner und keine erhoffte Leichtigkeit des Seins zerzaust.

Ja und dann dauerte es auch gleich mal zwei ganze Wochen, bis das nächste Ligaspiel anstand. Zu allem Überfluss auch noch direkt nebenan in Duisburg. Der Wichtigkeit dieses Spiels entsprechend, wurde ordentlich auf vielen Kanälen darüber geschrieben, gesprochen und gesendet. Medial schon eine ganz andere Hausnummer als noch eine Etage darunter. Kein vierzehntätiger Frühlingsabend von Elversberg bis Duisburg also, eher ein ebenso lange andauerndes Stahlbad bei täglich wachsender Anspannung und Hitze. Diese leicht erklärt: Verliert man auch das zweite Spiel in der 3. Liga, zudem in Duisburg, und vielleicht sogar auf ähnliche Art und Weise wie noch zwei Wochen zuvor: Dann ist relativ früh gleich wieder Schicht im Schacht mit unserer Euphorie und fahren wir in den Keller der Liga ein.

Wir wir nun erleichtert wissen, ist nichts dergleichen eingetreten. Der erste Punkt in der 3. Liga wurde eingesackt. Quergelesen leidet man darüber im MSV Portal wie nach einer Niederlage, während wir noch nicht genau wissen, wie das Spiel einzuordnen ist. Das Forum schwankt in seiner Beurteilung. Genau genommen haben wir ja auch zwei verschiedene Spiele in einem bestritten. Da kommt selten ein gemeinsamer Konsens auf. Wie sollte er auch? In einem war, beziehungsweise ist man sich dann aber doch einig: Mit der selben Aufstellung wie noch gegen die SV Elversberg zu beginnen war sicher eine hehre Absicht unseres Trainers, brachte aber zunächst nicht den gewünschten Effekt der Wiedergutmachung, sondern gefühlt eine Fortführung des ersten Spiels.

Daraus aber direkt abzuleiten, dass wir einigen Spielern zwar unendlich dankbar für den Aufstieg sind, ihnen aber nach einem (anderthalb) Spiel(en) direkt die Drittligatauglichkeit absprechen, das halte ich nicht nur für vermessen, sondern auch viel zu verfrüht. Wir wollten alle zusammen in der Liga ankommen und dort Fuß fassen. Daran sollte auch das Elversberg Spiel nichts ändern, welches die gültige Einarbeitungszeit aber leider direkt außer Kraft gesetzt zu haben scheint. Die 3. Liga ist auf so vielen Ebenen eine ganz andere Hausnummer, da müssen wir akzeptieren, dass das auch für das Spiel an sich gilt. Keiner unserer Spieler hat in der Sommerpause und Vorbereitung das Kicken verlernt.

Glücklicherweise haben ja die Reaktionen im Stadion nach Elversberg gezeigt, dass wir zusammen verlieren, so wie wir auch in Duisburg zusammen den Punkt geholt haben. In Duisburg nun hat unser Trainer das getan, was wir noch gegen die SV Elversberg vermisst haben: Die Schlüsse aus der ersten Halbzeit gezogen, personell reagiert und taktisch umgestellt. So geht Coaching und es tat mir fast leid, selbst lautstark zu monieren, wie denn der Matchplan unseres Trainers aussieht, und ob die Mannschaft auch davon in Kenntnis gesetzt wurde, beziehungsweise ob überhaupt einer existiert. Aus der Erregung heraus bei 0:1 Rückstand. Irgendwie, ach quatsch, absolut nicht fair von mir, aber dem Treiben unserer geliebten Mannschaft auf dem Feld geschuldet.

Somit geht der Punktgewinn definitiv auch auf das Konto von Christoph Dabrowski. Waren nun die beiden Vorgänger bei uns zu erfolgreich, oder sind die sportlichen Meriten als Trainer von „Dabro“ insgesamt noch zu gering? Und warum bleibt der doch so gelobte Kefkir beispielsweise zunächst auf der Bank? Natürlich beschäftigen uns Fans all diese Fragen und bewegen über Gebühr die rot-weissen Synapsen. Die ja bekanntermaßen im Falle von RWE immer anders ticken, als es vielleicht rational der Fall sein sollte. Die hoffentlich positiven Antworten werden wir noch im Verlaufe der aktuellen Saison bekommen. Da bin ich mir sicher.

Wir sind also zurückgekommen im Stimmungshochofen Wedaustadion und durften uns aufgrund eben jenes Spielverlaufs als moralischer Sieger fühlen. Was unter dem Strich natürlich nicht einen einzigen Punkt mehr bedeutet. Aber wir konnten uns trotzdem um drei Plätze vorarbeiten und bewegen uns tabellarisch in die richtige Richtung. Was der Deutschen Bahn bei der An- und Abreise der vielen Fans einmal mehr nicht gelungen ist. Chaos auf den Schienen vor und nach dem Spiel. Aber bevor die Deutsche Bahn tatsächlich jemals effektiv und kundenorientiert in die richtige Richtung funktionieren sollte, wird ein Verein aus Gelsenkirchen deutscher Meister. Und das wird ja niemals passieren. Das kann auch keiner wollen.

Ganz hochoffiziell will ja eigentlich auch keiner Pyrotechnik im Stadion. Und leider wird der RWE direkt zweimal zur Kasse gebeten. Das ist einerseits mehr als ärgerlich, wir sind nicht auf Rosen gebettet, hatte aber in Duisburg tatsächlich auch diesen einen Moment, bei dem man zugeben muss, das der Umgang damit an diesem atmosphärisch überhitzten Abend letztendlich sogar verantwortungsvoll war. Keine Leuchtspur auf dem Rasen oder idiotisches und gefährliches Ballern auf das Feld und gegnerische Fans, sondern gut verteilt und im Block entsorgt. Ja, es ist und bleibt verboten und wird teuer. Und viele Fans überlegen sich langsam zweimal, ob eine Spende letztendlich wirklich einer Choreo oder doch der Anschaffung von Pyromaterial dient. Aber vielleicht muss man sich auch hier irgendwo in der Mitte annähern. Bei aller Brisanz, Vereinzelungsanlagen und schlechter Anreisebedingungen haben sich die Fans beider Vereine doch grundsätzlich so verhalten, wie es dem Spiel angemessen war. Die Schlagzeilen danach gehörten dem Spiel.

Zur Wahrheit gehört übrigens auch, dass in den Medien bei den „besten Fotos“ des Spiels mindestens immer „drölf“ atmosphärische Fotos einer jeden Pyroaktion zu sehen sind. Auch so eine Ambivalenz in der Fußballberichterstattung.

Schon Dienstag nun beginnt also der jetzt aber mal so richtig wirkliche harte Alltag in der 3. Liga. Es geht an der Hafenstraße gegen die von uns nicht sonderlich gemochte „Vikki“ aus Köln. Wir verharren also immer noch in NRW, und auch der Gästeblock ruft ein weiteres Mal „Oh weh“. Aber es wird allein schon dadurch hochspannend, wie Trainerteam und Mannschaft sich dann aufstellen werden. Jedes Spiel also ein eigener Lernprozess. Bis dahin werde ich in meiner Playlist ziemlich oft „Easy Livin`“ von Uriah Heep anschmeißen. Direkt so zu zweifeln, das war nicht in Ordnung. 

Das erste Kapitel dritte Liga.

Jetzt dauert es wirklich nicht mehr allzu lange, und unsere erste Saison in der 3. Liga wird angepfiffen. Noch dazu in unserem Wohnzimmer, das sich ständig anpassende Stadion an der Hafenstraße. Wobei anpassend in diesem Falle auf die vielen Auflagen des DFB gemünzt ist. Ansonsten ist eine eher unangepasste Hafenstraße natürlich weiterhin das Faustpfand von Rot-Weiss Essen. Das Stadion an der Hafenstraße hingegen hat sich einfach seinerseits schick gemacht für den ersten Flirt mit der neuen Fußballbekanntschaft. Hier etwas „Rouge“ hinter der West, dort schicke „Aufnäher“ mit Leuchtkraft an Haupt und West. Handwerker und Fans mit handwerklichem Geschick haben unisono einmal mehr dafür gesorgt, dass unser Zuhause auch immer mehr ein Stück Heimat wird. Zehn Jahre nach dem ersten Anpfiff sollte man auch wirklich meinen, dass die Zeit dafür gekommen ist.

So wirklich ist das wohl noch immer nicht greifbar, dass es nach so langer Zeit ernsthaft geglückt ist. Unglaublich, wie viele Jahre das waren! Wann fällt da wohl der eigene Groschen? Wahrscheinlich und tatsächlich erst am morgigen Samstag, wenn die Fans aus allen Richtungen nicht mehr angespannt, wie so oft in der Vergangenheit, sondern ausschließlich erwartungsfroh gen Stadion pilgern werden und der Anpfiff ertönt ist. Stand heute ist der Heimbereich unserer Bude noch nicht ganz ausverkauft. Aber so gut wie, was in Anbetracht der Sommerferien doch schon wieder mehr als beachtlich ist.

Man sollte nun auch nicht immer gleich ausverkauft erwarten, hatte das vorerst (und hoffentlich auf ewig) letzte Spiel in der Regionalliga-West gegen Rot Weiss Ahlen schließlich seine ganz eigene Dynamik. Am 14. Mai 2022 dabei gewesen zu sein, davon werde ich noch meinen Urenkeln erzählen: Von den im Auto vergessenen Eintrittskarten, der Pommes irgendwo im Nirgendwo, zubereitet von einer netten Dame aus Oberhausen. Von der Choreo, dem begeisternden Spiel unserer Mannschaft und den anschließenden Tränen der Umstehenden. Von der Party im Anschluss und einer langen Heimfahrt mit glücklicherweise noch Stauder in der Kühltasche. Sportlich betrachtet dürfte anschließend die entspannteste Nacht seit vierzehn Jahren begangen worden sein. Ganz genau weiß ich das aus Gründen nicht mehr.

Was uns nun erwartet ist auf jeden Fall eines: Wir sind nicht mehr der ultimative Titelfavorit. Wir sind sogar gar kein Favorit mehr auf einen der optionalen drei Aufstiegsplätze. Und wir tun gut daran, das auch so anzunehmen. Aufstiegsphantasien, besser bekannt auch als „Durchmarsch“ sollten wir uns noch nicht einmal ausmalen. Das wäre nicht nur vermessen, sondern auch kontraproduktiv. Einfach erstmal „Tach“ sagen, positive Spuren hinterlassen und so viele Punkte wie irgendwie geht einsacken. Der Dreiklang von Rot-Weiss Essen für die kommende Saison, wie ich ihn mir wünschen würde. Und alles mit welpenhafter Neugier einatmen.

Was nun das Drumherum angeht: Die einen sehen vermehrt Risikospiele auf sich zukommen, ich sehe darin eher Fußballfeste, die auf uns warten. Immer in Einklang mit einer gewissen Rustikalität der Wortwahl. Alles also eine Frage der Perspektive. Einen Perspektivwechsel hat ja am (wie konnte es für eine so treue Seele wie ihn auch anders sein) 19.07. 2019 leider auch Günter Barchfeld vornehmen müssen. Wir können nur grob erahnen, dass auch er am kommenden Samstag wieder mit am Start sein wird, wenn sein Rot-Weiss Essen endlich den ersten Ball in einer Profiliga spielen wird. Und vergessen werden wir ihn sowieso niemals.

Der SV Elversberg als Gegner und Mitaufsteiger ist so schwer einzuschätzen, nominell betrachtet bringen die Saarländer zwar nur wenig Fans mit an die Hafenstraße, dafür aber die wesentlich größere Erfahrung an Drittligaspielen. Was ihnen wenig nutzen wird, wenn Isi & Co. sie erstmal schwindlig spielen werden. Aber ganz ernsthaft: Beide Mannschaften agieren so auf Augenhöhe, hier eine seriöse Prognose abzugeben: Wer sich das traut, der hat wirklich Ahnung von der Materie. Für alle andern gilt: Nur der RWE!

Epilog: Ab sofort gedenken wir im Zeitraum rund um den 19.07. herum nicht nur Günter Barchfeld, sondern seit dem 21.07.2022 auch dem wunderbaren Uwe Seeler. Uwe Seeler wurde 85 Jahre alt und hat sich weit über seinen HSV hinaus den Respekt und die Sympathie so vieler Menschen verdient. Oft ist nur von den sportlichen und kulturellen Verdiensten die Rede, wenn uns bekannte Persönlichkeiten verlassen. Bei Uwe Seeler bleibt vor allem der Mensch in den Herzen zurück. Der größte Verdienst, der erreicht werden kann. Bei Günter ist „Uns Uwe“ aber bestens aufgehoben, sie werden sich viel zu erzählen haben.

Kickstart My Heart (Mötley Crüe)

Es ist nun nicht mehr lange hin, und dann geht es tatsächlich los: Am 23. Juli 2022 um 14:00 Uhr erfolgt der Anpfiff für unsere erste Saison in der 3. Liga. Der Gegner heißt SV Elversberg. Wir waren zuvor durchaus auch schon oft genug drittklassig unterwegs, nur hießen die Spielklassen in diesen insgesamt vierzehn Jahren anders und waren wie in den letzten leidigen Jahren ebenfalls geographisch eingeschränkt: Vier Saisons liefen wir in der Amateur-Oberliga Nordrhein auf, drei in der Regionalliga West/Südwest und deren sechs in der damaligen Regionalliga Nord. Die Drittklassigkeit von heute hat somit mit den damaligen Spielklassen auf gleicher Ebene der Ligenpyramide herzlich wenig zu tun.

Die Fesseln der Regionalität konnten abgestreift werden, endlich geht es wieder raus in die große weite Welt der Republik. Und gegen Verl. Dieser Aufstieg, er ist für mich auch heute noch ein in Watte gepacktes Zeugnis der Glückseligkeit. In Zeiten zumeist dystopischer Aussichten hat tatsächlich Rot-Weiss Essen für das gewisse Momentum an positiven Ausblicken in die Zukunft gesorgt. Zumindest bei all diejenigen, die es dann auch mit Rot-Weiss Essen halten. In Münster somit eher nicht. Der Verein selbst bereitet sich aktuell auf mindestens zwei Ebenen auf die neue Spielzeit und die nicht gerade wenigen Anforderungen des nun zuständigen DFB vor. Zum einen auf der sportlichen, aber vor allem auch auf der administrativen Ebene.

Und ich behaupte gerne weiter, dass Letzteres mindestens genau so viel Anstrengung erfordert, wie die Arbeit auf dem Trainingsplatz. Wenn der DFB sagt „Unverzüglich“, dann heißt das auch „Unverzüglich“ und bedeutet nicht das „Unverzüglich“ eines Herrn Jades vom WDFV. Die Vorgaben straff, der Maßnahmenkatalog gefühlt dicker als seinerzeit der selige Otto-Katalog im Briefkasten. Alles wird geregelt, selbst der Sohlenabrieb des Ordners vor dem Gästeblock dürfte Vorgabe sein. Nur bekommt die Geschäftsstelle aber nicht zu sofort die Zugänge, wie sie die Mannschaft an Zahl erfährt. Was das bedeutet, ist leicht erklärt: 24/7! Deshalb werde ich auch einfach nicht müde, eine Lanze für die administrative Arbeit zu brechen und um Geduld zu bitten, wenn es mal nicht so schnell geht wie gewünscht. Denn gewünscht ist leider viel zu oft…genau…unverzüglich!

Verständnis und auch mal ein nettes Wort, das ist aber aktuell die Erfolgsprämie für all diejenigen, die auf der Geschäftsstelle ackern. Wir werden alle pünktlich unsere Dauerkarten bekommen, davon bin ich fest überzeugt. Keiner wird den Auftakt gegen die Saarländer von der Kaiserlinde verpassen. Wahrscheinlich fallen mit Anpfiff eher einige Köpfe vor Erschöpfung auf die Schreibtischkante. Unser Erlebnis Hafenstraße haben wir wirklich nicht nur den Männern in Stutzen zu verdanken. Die legen Ihrerseits eine ebenfalls dichte Saisonvorbereitung hin. Es wirkt in sich stimmig und die Mannschaft ebenso punktuell gezielt verstärkt. Hier und heute schon eine sogenannte Startelf zu benennen, das allerdings wäre wohl eine gewagte und zu steile Expertise.

So lange ist das ja auch noch gar nicht her, als viele der drölftausend Regionalliga-Trainer des RWE lediglich eine Stamm-Elf nebst drei potentiellen Einwechselspielern zuzüglich kaum beachteter Tribünenhocker für den heiligen Gral der Fußballmythen hielten. Ich möchte diese kommenden Entscheidungen nicht treffen, wer denn nun für unser wunderbares Emblem auflaufen darf, und wer gerade nicht. Deshalb könnte ich den Trainerjob auch niemals machen: Ich würde alle aufstellen, nur um keine enttäuschten Gesichter zu produzieren. Gut, dass ich kein Trainer bin!

Was ich aber weiß ist, dass alle Spieler der vergangenen Saison ihren neuen Kollegen stolz davon berichten können, was es bedeutet, mit Rot-Weiss Essen aufgestiegen zu sein, und dass sie nun ebenfalls Teil einer Erfolgsgeschichte werden können, an dessen Ende immer die Liebe und Zuneigung von zigtausenden Fans steht. Sie sollten ihren neuen Kollegen aber ebenfalls davon erzählen, wie schnell notorische Unzufriedenheit an der Hafenstraße einziehen kann und dass Meckern unser zweiter Vorname ist. Rein prophylaktisch natürlich nur. Ab irgendeinem Spieltag der kommenden Saison wird auch die Aufstiegseuphorie ihren Geist aufgegeben haben und der Tagesaktualität weichen. Die öfter auch mal null Punkte als deren drei beinhalten könnte. Dessen sollten wir am besten schon jetzt bewusst sein, und entsprechend an unserer Frustrationstoleranz arbeiten, um diese deutlich anzuheben.

Wir werden aber alle miteinander eine richtig tolle Saison erleben, dessen bin ich mir sicher! Es wird Sonderzüge geben, flatternde Schals aus vielen Autos auf den Autobahnen in alle Himmelsrichtungen. Und gen Zwickau. Ja, es wird Pyro gezündet werden und auch manchmal leider Gottes negative Schlagzeilen geben. Fast jeder Gästeanhang wird wenigstens einmal Rot-Weiss Essen lieben und danach vergessen wollen. Aber vor allem wird es ein großes „WIR“ geben, welches uns kommende Saison durch alle Spiele tragen wird. München meldet doch jetzt schon ausgebuchte Hotelzimmer und in Duisburg überlegt man wahrscheinlich fieberhaft, wie man mit uns den großen Reibach machen kann, ohne die eigene Fangemeinde zu verprellen. In Saarbrücken ist man direkt genervt davon, an einem Montag anne Hafenstraße reisen zu müssen. Da wäre in der Tat ein Spiel gegen Verl oder Viktoria Köln besser gewesen. Der Montag leider der saure 3. Liga Apfel.

Aber nun Elversberg. Sicher nicht der erhoffte große Name, zudem ebenfalls euphorischer Mitaufsteiger und mit einem erfahrenen Kader. Aber vor allem haben wir ein Heimspiel. Auf diesen einen Moment, wenn die Mannschaft den Platz betritt, um sich aufzuwärmen, da freue ich mich jetzt schon wie Bolle drauf. Da hat man direkt beim Schreiben schon die Geräuschkulisse vor Augen. Und vielleicht kommen dann endlich die dicken Freudentränen, die am 14.5. noch ausblieben, da mit allem irgendwie überfordert. Spätestens bei Anpfiff weiss ich dann definitiv: Wir sind endlich eine Klasse besser!

Nordwesttrilogie. Teil 3.

Unweit des Speicherbeckens Geeste liegt das Landschaftsschutzgebiet Biener Busch. Inmitten des Landschaftsschutzgebietes Biener Busch liegt die Straße „Zum Biener Busch“ die ihrerseits direkt zum Sportplatz Biener Busch des heimischen SV Holthausen-Biene ohne Busch führt.

Am dritten Tag der Nordwesttrilogie von Rot-Weiss Essen gab es zum Abschluss den großen Auftritt des Busfahrers. Wer die Straßenverhältnisse und die räumlichen Gegebenheiten rund um diese wunderschöne Anlage kennt, der weiß: Eigentlich mit einem großen Reisbus nicht zu machen, kommen hier doch meistens klassische Neunsitzer zu Besuch. Wendemöglichkeiten als solche gibt es auch nicht,  und einige Meter hinter dem Stadion Biener Busch würde man direkt in die Ems plumpsen. Stehende Ovationen somit für unseren Fahrer, diese Herausforderung ganz lässig gewuppt zu haben.

Ähnlich wie einen Tag zuvor in Weener kann man diesen liebevoll ausgebauten und top gepflegten Sportplatz durchaus auch als Stadion bezeichnen: Eine sehr schöne Tribüne, drei Stufen auf der Gegengerade, davon zwei auf Stahl gebaut, die große digitale Anzeigetafel und eine gemütliche Stadionkneipe. In der Peripherie zwischen Holthausen und Biene liebt man seinen Sportverein und die Unternehmer der Region tun das anscheinend auch. Lediglich die Kabinen bieten noch den herrlichen Charme der 70er mit ihren Holzbänken, dem Muffmix aus altem Rasen und frischen Schweiss. So müssen Kabinen aussehen und riechen. Fußball pur! Wir hatten damals auch nichts anderes. Dazu noch Asche unter den Stollen.

Es war also eng in den Umkleidekabinen, denn neben dem Landesligisten SV Holthausen-Biene und Rheiderlandauswahlbesieger Rot-Weiss Essen nahm auch der Oberligist SC Spelle-Venhaus an diesem Blitzturnier teil. Das bedeutete vor allem das gewisse Extra mehr an sportlicher Anforderung für den RWE. Konnte hier und jetzt der erste Titel der Saison geholt werden? Der legendäre Bauunternehmer-Schulte-Cup in die aus allen Nähten platzende Siegesvitrine gestellt werden? Wie wir heute wissen, hat es nicht sollen sein. Der Cup ging nach Spelle-Venhaus und bleibt somit in der Region. Es war ein an Toren armes Turnier, denn in drei Halbzeiten wurde ganze dreimal eingenetzt. Und dem freundschaftlichen Charakters des Turniers entsprechend auch noch fair aufgeteilt: Jede Mannschaft bekam einmal die eigene und extra dafür angereiste Torhymne zu hören. Im Klang etwas dezenter und nicht so blechern wie noch zwei Tage zuvor in Emden.

Gar nicht dezent die Trainer-Ikone der Region und aktueller Übungsleiter der Biener, Wolfgang Schütte, im Spiel gegen unsere Rot-Weissen: Ein in seinen Augen divenhaftes Verhalten eines Rot-Weissen veranlasste ihn zu einer lautstarken, ich nenne es mal, Ermahnung: „Spielt 3. Liga, der Ochse und keine Champions League“. Gut, Wolfgang Schütte hat jetzt wahrscheinlich nicht in Gänze eine Ahnung, was für eine vierzehnjährige Ochsentour das war, die wir hinter uns gebracht haben. Dass im selben Spiel der einzige Rother bei den Roten verletzt ausgewechselt werden musste, passte ins Bild, dieses letzte Spiel nach anstrengenden drei Tagen nicht mehr ganz so einfach über die Bühne bringen zu können. Die Bilanz aus Essener Sicht: 0:0 gegen Spelle Venhaus und 1:1 gegen Holthausen-Biene.

Damit war dann aber endlich der Weg frei für den Shantychor Geeste e.V., seine eigene musikalische Bühne auf dem Feld aufzubauen. Und ähnlich wie bei Meisterfeiern in München-Rot wurden auch hier die Zuschauer gebeten, nach Spielende zu bleiben um den Liedern von Wellen, Wind und Meer zu lauschen. Anders als in München hingegen freute man sich hier aber mehrheitlich auf den Auftritt.

Wie tags zuvor in Weener waren auch beim SV Holthausen-Biene mehr als engagierte und nette Menschen unterwegs, um allen einen schönen Nachmittag zu ermöglichen. Zudem möglicherweise mit einem Alleinstellungsmerkmal im deutschen Fußball versehen: Da die Biener Landbäckerei (mindestens) ein großer Förderer des Vereins ist, steht bei jedem Heimspiel ein großes Angebot an frischem Kuchen bereit. Hat man auch nicht so oft. Wie in Teil Zwei schon beschrieben: Der Charme der kleinen Kammerspiele! Das stelle man sich mal anne Hafenstraße vor: Kaffee und Kuchen statt Bier und Bratwurst hinter der Rahn. Eine Vorstellung bei der man durchaus schmunzeln darf. Beenden wollen wir den dritten Teil jedoch mit einem Sprichwort „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbieten“.

Kommenden Freitag steht schon das nächste Spiel der Saisonvorbereitung an: Aus Mönchengladbach kommen die Männer von Farke zu einem Gastspiel in das immer schöner werdende Stadion an der Hafenstraße. Und möglicherweise laufen unsere Roten dann schon in ihren neuen Trikots auf. Die, wir alle wissen, natürlich wie immer die schönsten Trikots aller Zeiten sind. Herrlich! Danke Emden, danke Weener und danke Holthausen-Biene. Es war sehr schön bei Euch. 

Nordwesttrilogie. Teil 2.

Ach, ich bin ja immer so zwiegespalten: Zum einen liebe ich das große Kino RWE mit vollem Stadion und sportlichen Erfolgen. Es war ja auch wirklich an der Zeit. Andererseits gibt es da aber auch diese kleinen Kammerspiele, zumeist als Vorbereitungsspiele bekannt. Irgendwo im Nirgendwo steigt man nach langer bis längerer Fahrt aus, um bekannte Gesichter in überschaubarer Zahl zu begrüßen, und sich schon alsbald an der Gastfreundschaft „kleinerer“ Vereine zu erfreuen. Zumeist gibt es noch schöne Platzanlagen mit ganz besonderem Charme als Zugabe und spätestens nach einer Platzumrundung wird man von mindestens einem oder einer Einheimischen angesprochen. Nicht selten verbunden mit der Einladung auf ein Kaltgetränk.

Fußball ist für einen Verein wie Rot-Weiss Essen somit wohlwollend konträr: In der Vorbereitung das laue Sommerlüftchen und entspannte Miteinander, in der Liga hingegen ab sofort wieder gegnerische Fans en Masse und der jeweilige Ordnungsdienst und Polizeiapparat. Will sagen: Vorbereitung ist schon geil! Zumal, wenn sie dann auch noch im Nordwesten unserer Republik stattfindet. Ziemlich hinter Nordhorn in Emden, Weener und in Holthausen-Biene. Den Auftakt der Nordweststory Freitagabend in Emden noch am heimischen Stream verfolgt und aufgrund Leistung und Ergebnis wohlwollend abgenickt, ging es nicht allzu viele Stunden später über die alte B70 gen Norden. Der „Friesenspieß“ aka A31 wurde wohlweislich gemieden, verhieß doch der Ferienanfang im Lieblingsbundesland NRW zu viele Mitbewerber auf gerader Strecke. Somit ging es also nicht nur vorbei am Stadion des zukünftigen Kontrahenten aus Meppen, sondern auch an der Meyer Werft.

Und dann war sie auch schon erreicht, die hochherrschaftliche Kommerzienrat-Hesse-Straße mit dem Enno-Beck-Platz des TuS Weener am Straßenrand. Ich kenne mich jetzt in Groundhopping Kreisen nicht so aus, aber mit einer überdachten Tribüne versehen, dürfte der Enno-Beck-Platz durchaus schon als Stadion durchgehen. Dieses Spiel in Weener verdankt Rot-Weiss Essen nicht zuletzt einem berühmten Sohn der Stadt: Eberhard Strauch hat zwischen 1972 und 1977 seine Fußballstiefel an der Hafenstraße geschnürt. Fünf Jahre RWE und vier davon im Verbund mit Willi Lippens, das dürfte für ein ganze Leben reichen. Und war sicher auch der Grund dafür, dass unsere geliebte Ente zugegen war, um gemeinsam mit Eberhard Strauch als Schirmherr der Begegnung Rheiderlandauswahl gegen Rot-Weiss Essen zu fungieren.

Im Rahmen der Belastungssteuerung ließ RWE extra für dieses Spiel sieben U19 Spieler einfliegen, während den Herren Profis lediglich ein karges Nachtlager in der Jugendherberge von Leer zugestanden wurde. Den Stadionsprecher in Weener jedoch dürfte die Kadererweiterung kalt erwischt haben, denn keiner der jungen Spieler stand schlussendlich auf der vorab gedruckten Spielerliste. Dafür kennen wir aber  nun die Heimatvereine der Spieler aus der Rheiderland-Auswahl. Und was soll man schreiben: SV Ems Jemgum, Teutonia Stapelmoor oder SV Wymeer-Boen liest sich doch allemal schöner als Gelsenkirchen! Man hätte sich auch so richtig heimisch fühlen können auf dem Enno-Beck-Platz, aber „Uschis Imbiss“ am Spielfeldrand hatte ausgedient und wurde durch einen modernen Imbisswagen ersetzt.

Wie nach Spielende zu erfahren war, wurde die Rheiderland-Auswahl auch deshalb ins Leben gerufen, um verdiente Spieler der Region zu würdigen, die sich schon im Herbst ihrer Karriere befanden. Und die wollten es noch einmal wissen und machten es der „Jugend forscht“ Truppe von Rot-Weiss Essen so richtig schwer. Schwer zu kämpfen hatte auch die Ersatzbank am Spielfeldrand, die gefühlten siebenundachtzig Mitglieder der RWE-Jugendherbergstruppe mussten schließlich auch den Statuten entsprechend untergebracht werden. Übrigens sind ja Fußballer, die gerade nicht spielen, sich aufwärmen oder trainieren ein Phänomen: Man schleppt sich geradezu von einem Ort zum anderen, nur um sich dann schnell wieder hinzuflegeln. Der Fußballer im Ruhemodus ruht tatsächlich und ausdauernd. Am liebsten mit Beine hoch.

Diejenigen auf dem Feld kamen im Laufe der neunzig Minuten noch zu einem deutlichen 5:0 Erfolg für unseren RWE. Sportlich möglicherweise ein Muster ohne Wert, inhaltlich aber eine ganz tolle Begegnung, die ich jederzeit direkt wieder besuchen würde. Und wenn es nur der herrlichen Bratwurst wegen ist. Vergesst Wattenscheid als Titelträger des goldenen Senfordens am Bande: Die Wurst in Weener ist besser. Und dann war da noch der ältere RWE Fan, dessen Vita aufhorchen ließ: Er war schon 1955 bei der Meisterschaft in Hannover dabei, lebt nun im nahegelegenen Ihrhove und wünschte sich nichts sehnlicher als ein gemeinsames Foto mit Willi Lippens. So seine Bitte vor dem Spiel, die mir ehrlicherweise erst kurz vor Spielende wieder einfiel. Aber es gab Entwarnung, denn stolz berichtete er mir davon, schon jemand anderes mit Kamera gefunden zu haben, der seinen Fotowunsch realisieren konnte. Gottseidank, dass hätte ich mir nie verziehen. Gerne hätte ich aber noch herausgefunden, ob sein getragenes Baumwolltrikot lediglich ein Replikat aus dem Fanshop war odertatsächlich dem Meisterjahr entsprungen. Wir werden es wohl nie erfahren. Lerneffekt einmal mehr: Die Fans von Rot-Weiss Essen sind überall verteilt!

Die Möwen flogen über das Feld, die Seeluft war schon zu riechen und überhaupt: Es war schön in Weener. An Tagen wie diesen braucht es eben kein großes Kino.

Der Spielplan.

Ich gestehe: Warten ist mir ein Graus. Und das, obwohl wir doch schlappe vierzehn Jahre gewartet haben, endlich wieder über die Landesgrenzen hinaus unserem RWE folgen zu dürfen. Da könnte man meinen, Geduld ist eine Tugend geworden. Ja Pustekuchen. Das ist ja schlimmer als das Warten auf das Christkind. Dahinter steckt wohl auch das Bedürfnis, endlich schwarz auf weiß zu lesen, dass wir wirklich dazugehören. Daher sind Rahmenspielpläne in einer neuen Liga der Adventskalender für Fußballfans. Jedes Türchen eine andere spannende Begegnung. Nicht immer das mittlerweile ranzige Türchen Oberhausen oder Ahlen. Jetzt gibt es mal was ganz frisches. Aber, es zieht sich hin. In den Etagen über uns weiß man schon, wann der Knaller gegen Sandhausen oder Hoffenheim ansteht. Bei uns hingegen ist weiter im Trüben fischen angesagt. Also bleiben uns nur zwei Möglichkeiten: A) weiter zu warten oder B) selbst zu handeln.

Da Variante B immer die bessere ist, veröffentlichen wir hier und jetzt den (fiktiven) ersten Spieltag der 3. Liga in der Saison 2022/23: 

Freitag, 22.07.2022 19:00 Uhr

SV Waldhof Mannheim – SV Elversberg

Samstag, 23.07.2022 14:00 Uhr

Dynamo Dresden – FSV Zwickau

VfB Oldenburg – Borussia Dortmund 2

FC Ingolstadt – SpVgg Bayreuth

Rot-Weiss Essen – FC Erzgebirge Aue

SC Verl – SV Wehen Wiesbaden

Hallescher FC – VfL Osnabrück

Sonntag, 24.07.2022 13:00 Uhr

SC Freiburg 2 – 1.FC Saarbrücken

Sonntag, 24.07.2022 14:00 Uhr

SV Meppen – MSV Duisburg

Montag, 25.07.2022 19:00 Uhr

TSV 1860 München – Viktoria Köln

Das war doch jetzt gar nicht mal so schwer, es gab lediglich folgende Parameter zu beachten: 

  • Ein Aufstiegsanwärter und ein Neuling sollten das Eröffnungsspiel bestreiten.
  • Die Dresdener und Zwickauer Freundschaft sollte gleich zu Beginn thematisiert werden.
  • Dem VfB Oldenburg sollte direkt der Umzug nach Hannover erspart bleiben. Zur Strafe gab es dafür allerdings eine Zweitvertretung.
  • Die Bayreuther Fans sollen sich erst langsam an die weiten Entfernungen herantasten.
  • Unser RWE soll im „Steiger-Derby“ direkt schalschwingend aus dem Sattel gehen dürfen.
  • Dem SC Verl wurde der andere Zuschauermagnet zugesprochen, um gleich die Statistik aufzupolieren.
  • Der Hallesche FC hatte zu Beginn um etwas Lila-Weißes gebeten, der Wunsch konnte erfüllt werden.
  • Der 1.FC Saarbrücken wollte unbedingt ein Heimspiel gegen RWE und legt gegen den Spielplan Berufung ein. 
  • Spielt der RWE daheim, muss der MSV auswärts ran. Selbst wenn es einen Tag später ist. So will es die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze. Und in Meppen ist eh egal, wann getrunken wird. 
  • Die Löwen haben in doppelter Hinsicht die Niete dieses Spieltages gezogen: Zum einen den Montag, und zum anderen die Kölner Viktoria. Somit bleibt der Auswärtsblock weitestgehend verwaist. 

Sollte nun auch nur eine Paarung tatsächlich so gesetzt werden, spiele ich noch am selben Tag Lotto. Ja gut, vielleicht reicht auch ein Rubbellos. Aber wahrscheinlich freue ich mich einfach nur darüber, dass es wirklich mit einem Heimspiel losgeht.

Achttausender!

Mir ist da die letzten Tage etwas aufgefallen, und ich weiß nicht, ob es nur mir so geht: Die schwere Last der Unaufsteigbarkeit ist weg, drückt nicht mehr auf den Schultern. Es fühlt sich aktuell einfach leichter an als all die Jahre zuvor, Fan von Rot-Weiss Essen zu sein. Die ständige Erfolglosigkeit hat schon was mit einem gemacht, das muss man einfach auch mal ganz ehrlich so konstatieren. Irgendwo zwischen ständig zermürbt und doch noch/nicht mehr daran glaubend, so unser Bewegungsprofil der letzten Jahre. Jetzt fordern wir aktuell nicht mehr den Aufstieg, sondern eher den Spielplan und Anpfiff zum ersten Pflichtspiel in der 3. Liga. Heiß auf Rot-Weiss, eine platte Floskel, die aber exakt den Umstand rund um unseren Verein und die Mannschaft zu beschreiben weiß.

Und um das zu dokumentieren nutzen viele Fans aktuell scheinbar vor allem das Anmeldeformular und werden Mitglied von Rot-Weiss Essen e.V. Ich habe jetzt den Verlauf der letzten, sagen wir einmal, zwei- bis drei Jahre nicht im Kopf, und kann daher mit keiner Steigerungsrate dienen. Aber gestern, einen Tag vor der Sommersonnenwende, wurde das achttausendste Mitglied registriert. Das liest sich schon beachtlich. Und wenn all diese Mitglieder nun das Vorkaufsrecht auf eine Dauerkarte nutzen sollten, zuzüglich zu den bisherigen Dauerkarteninhaber*Innen, die verlängert haben, ohne Mitglied zu sein: Dann dürfte schon relativ früh vor der Saison feststehen, dass es kommende Saison in unserer Jubiläumsbude immer kuschelig voll werden wird.

Aber wo stehen wir mit unseren achttausend und all denen, die da noch folgen werden, überhaupt im Kontext der ersten drei Fußballligen? Nach längerer Recherche konnte nur transfermarkt.de im Bereich Daten und Fakten die Mitgliederzahlen in Gänze auswerfen. Diese aber sicher nicht auf dem aktuellsten Stand, sondern so rund um 2020/21 angesiedelt. In der Fußball-Bundesliga ist die Sache ganz einfach: Wir würden einen stabilen (ab sofort bedienen wir uns der Ziffernschreibweise) 17. Platz belegen. Würden wir, wenn es nicht einige Besonderheiten zu beachten gäbe: Der kommende Deutsche Meister aus München hat numerisch ja schlappe 293.000 Mitglieder. Aber davon sind auch 285.000 Erfolgsfans, Kunden oder Karteileichen abzuziehen. Also hat auch der FC Bayern wie RWE 8.000 Mitglieder. So einfach geht das!

Mit uns im Pott buhlen ebenfalls viele Vereine um Mitglieder: In Gelsenkirchen stehen daher 160.023 Mitglieder im Register und auf der anderen Seite des Reviers in Dortmund 157.000 Angehörige. Wer’s glaubt, denn es gibt auch hier das Haar in der Suppe: Sowohl in Gelsenkirchen als auch bei Borussia Dortmund gibt es ganz viele Doppelmitgliedschaften bei jeweils dem anderen Verein. Und das, obwohl man doch eine solche Rivalität pflegt. Diese gehören also abgezogen und somit bleiben in Gelsenkirchen und Dortmund erstaunlicherweise auch jeweils 8.000 Mitglieder übrig. Das befeuert nun erst Recht die These, dass unser RWE auf lange Sicht die Nummer drei im Pott werden wird.

Schauen wir uns also die beiden Erstplatzierten unserer Region an: Der VfL Bochum wird mit 17.726 Mitgliedern geführt, und daran gibt es nichts zu deuten. Alles korrekt! In Duisburg bei unserem zukünftigen Ligakonkurrenten freut man sich über 8.439 Mitglieder. Und auch diese Zahl ist definitiv und faktisch richtig. Erfolgsfans gibt es in Duisburg nicht, sondern trägt auch hier der Mitgliedsausweis sadomasochistische Züge. Das ist ebenfalls aller Ehren wert. Somit liegt also der VfL Bochum im Revier vor dem MSV Duisburg und RWE (mittlerweile zeigt der Counter 8.001 Mitglieder an), dicht gefolgt von den Schwarz-Gelben und den Blauen. Das Ziel, welches es also als nächstes zu erreichen gilt ist, die Zebras zu überholen!

Nach dem Firlefanz der bisweilen nicht ganz korrekten Zahlenspielerei nun ein paar Dinge, die in Sachen Mitgliedschaften wirklich erstaunen: Wir liegen gleichauf mit den Lilien aus Darmstadt. Dort hätte ich mehr Mitglieder erwartet, ist man am Böllenfalltor doch auch sehr eng miteinander verbandelt. Das wiederum die TSG Hoffenheim schon fünfstellig mit 10.275 Mitgliedern gelistet wird, überrascht mich dann doch sehr. Vielleicht ist das ausgefüllte Mitgliedsformular Bedingung bei SAP, um dort arbeiten zu dürfen. In Sandhausen beim dortigen Sportverein hat auch der Glanz von Dennis Diekmeier keine Auswirkungen auf das positive Wachstum gehabt und stehen lediglich 950 Mitglieder zu Buche. Allerdings liegt man damit noch vor so Mitgliedsmonstern wie TSV Havelse, SV Wehen-Wiesbaden und unserer heißgeliebten Vikki aus Köln.

Was fällt sonst noch auf? Nun, an Standorten, wo die Mitgliederzahl das Fassungsvermögen des heimischen Stadions übertrifft, kommt man mit einem Vorverkaufsrecht für Mitglieder dann auch nicht weiter. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was das für die Hafenstraße bedeuten würde, kippt eines Tages das Verhältnis zwischen Mitgliederzahl und Stadionkapazität. Dafür wurde dann wohl der Begriff „Härtefälle“ geschaffen. Wird das zum Beispiel bei Union, in Frankfurt oder Köln gelost? Oder gilt da weiterhin das Erbrecht unter den Dauerkarten? Stell Dir vor, Du bist Mitglied, aber hast keine Chance auf einen festen Stadionplatz. Kannst nur auf den freien Verkauf hoffen, den Du Dir aber auch noch mit zigtausend anderen Fans teilen musst. Nee, keine gute Sache. Gibt es sonst noch Auffälligkeiten? Bei der Braunschweiger Eintracht, da hätte ich aufgrund der großen Loyalität der Fans wesentlich mehr Mitglieder als jene aufgerufenen 5.304 erwartet. Was im umgekehrten Falle für den VfL Wolfsburg zutrifft: Kaum atmosphärische Dichte, aber 21.500 Mitglieder. Das passt auch nicht wirklich zusammen, aber wenn jede Familie dort Drillinge hat, dann passt das eben doch. Der Waldhof auch nicht wirklich auf Mitglieder gebaut und in Heidenheim wird der sportliche Erfolg einfach nicht am Verein honoriert. Spannend, diese Zahlenspielereien.

Aber sie kommen doch nur zu einem Ergebnis: Aufgrund unserer so langen Zeit im sportlichen Untergrund ist die aktuelle Mitgliederzahl einfach phantastisch. RWE war wer – RWE ist wer – RWE wird noch viel mehr! 

Stadion an der Hafenstraße.

Es war Freitag, 10. Juni 2022, kurz vor 16:00 Uhr. Fast ehrfürchtig rollt ein betagter Saab die Hafenstraße hinauf, die er vor gar nicht allzu langer Zeit als frischer Drittligist verlassen hat. Im Umkreis der Berne wird immer noch gebaggert und auch sonst ist aus der Hafenstraße kein optisches Ruhmesblatt geworden, was sie dann wiederum von einem Saab unterscheidet. Hier kannst Du von erste bis vierte Liga kicken, doch die Straße bleibt sich immer treu. Und das ist auch verdammt gut so! Der Grund des Besuches ein ganz einfacher: Das Stadion an der Hafenstraße macht sich weiter schick und bekommt zuzüglich zur Türklingel nun auch seinen Hausnamen weithin sichtbar angebracht. Und das sogar zweimal: Der erste Schriftzug am Warmgebäude ist vollständig angebracht, darüber prangt ein LED Bildschirm, der den Paten der Hafenstraße aufzeigt, dass sie auch Paten der Hafenstraße sind. Der weitaus präsentere Schriftzug anne „West“ war noch nicht ganz fertig, hier fehlte noch ein Wort. Aber auch dem Betrachter fehlten erstmal die passenden Worte, denkt man zurück an die Zeit ziemlich genau vor zehn Jahren: Seinerzeit durfte Rot-Weiss Essen nicht mal einen Nagel im Stadion in die Wand schlagen, um einen kleinen RWE Wimpel aufzuhängen.

Mit dem Auszug aus dem Georg-Melches- Stadion wurde der Verein in diesem neuen Stadion der Stadt Essen lange Zeit absichtlich klein gehalten, um in der kritischen Öffentlichkeit ja nicht den Eindruck zu erwecken, das Stadion sei auch noch als Belohnung für die sportlichen und finanziellen Pleiten der Jahre ab 2008 dort hingestellt worden. Nun, im zehnten Jahr nach Eröffnung stellt sich die Gemengelage glücklicherweise ganz anders dar: Unser RWE zwar nicht Eigentümer, sondern weiter Mietezahler und in einer WG mit der SGS Essen lebend, aber man hat diesem Stadion von Jahr zu Jahr mehr seinen Stempel aufgedrückt, es Innen wie Außen mit Devotionalien der stolzen Vereinshistorie und erfolgreichen Dingen aus dem Hier und Jetzt zuzüglich der Herkunft als Arbeiterverein versehen. Man durfte sich nach nicht immer leichten Gesprächen Stück für Stück mehr verwirklichen. Und nun eben die großen Hingucker. Noch lange nicht das Letzte, was sich in Zukunft im Stadion an der Hafenstraße tun wird. Aber auf Gefühlsebene wohl das Wichtigste. Es braucht eben immer einen Namen, mit dem man sich identifizieren kann. Und nun läuft man, flankiert von der so wichtigen „Kleinen Gruga“ auch noch drauf zu, wird in der dunklen Jahreszeit schon von weitem sichtbar willkommen geheißen. Es hätte also alles weitaus schlechter kommen können, dessen sollten wir uns immer mal wieder bewusst sein.  

PS: Bevor hier berechtigte Kritik kommt: Natürlich heißt es Stadion an der Hafenstraße. Und in der Maske selbst war Hafenstraße auch noch Hafenstraße. Leider macht WordPress in der Überschrift dann doch Hafenstrasse draus. Ärgert mich kolossal, und versuche ich weiter zu ändern.

Bayreuther Festspiele.

Morgen an Fronleichnam ist Trainingsauftakt im Stadion an der Hafenstraße. Diesmal wohl wirklich im Stadion, da nebenan auf dem Willi-Lippens Areal ja noch ordentlich gerödelt wird. Gefühlt kommt der Trainingsauftakt so früh wie noch nie zuvor. Gerade erst ergriffen begriffen, dass wir tatsächlich aufgestiegen sind, geht es auch schon wieder los. Vielleicht war der Zeitraum zwischen alter und neuer Saison immer gleich kurz oder gleich lang, aber in den vergangenen Jahren war gerade die Sommerpause zu oft auch Balsam für die geschundene Fanseele, und konnte daher meistens gar nicht lange genug dauern. Dieses Jahr jedoch kann die Sommerpause nun gar nicht kurz genug sein, denn wir wollen endlich loslegen mit der 3. Liga und scharren bildlich betrachtet mit den Hufen.

Mag sein, dass die Regionalliga in Form des Spielplans noch einmal Nachtreten wird und uns in den ersten drei Begegnungen den SC Verl auswärts, Borussia Dortmund daheim und Viktoria Köln auswärts beschert. Ja dann soll es halt so sein. Kratzt uns jetzt auch nicht mehr, denn irgendwann geht es dann endlich über die Landesgrenze hinaus in die große weite Welt der besten dritten Liga aller Zeiten. Und sicher wird alle zwei Wochen eine Rot-Weiße Karawane dem Mannschaftsbus hinterher ziehen. Je nach Spielort und Saisonverlauf entsprechend größer oder kleiner in Summe. Aber wir Fans werden auf jeden Fall unser ABC, unser grosses Einmaleins in die Stadien nach Mannheim, Meppen, München tragen. Werden in Zwickau, Halle und Dresden unser heiliges St.Auder lobpreisen und wenn es denn schon sein muss, auch nach Duisburg fahren.

Es könnten reine Sternfahrten zu den Auswärtsspielen werden, denn es gibt sie bundesweit, die Fans von Rot-Weiss Essen. Und auch für die vielen niederländischen Fans des RWE tun sich mit Oldenburg, Meppen und Osnabrück ganz neue Möglichkeiten auf. Es könnte also zumindest zu Beginn der Saison ziemlich voll in den Stadien werden. Viele Fans sind gelangweilt von, genau, der relativen (sportlichen) Langeweile in der Bundesliga und wandern immer öfter ab in die gefühlten Niederungen der zweiten und dritten Bundesliga mit ihren dramatischen Auf- und Abstiegskämpfen, die sich oftmals erst am letzten Spieltag auflösen oder in unselige Relegationen verlängert werden. Und so rücken ab sofort auch Spiele mit Beteiligung von Rot-Weiss Essen vielfach in den Fokus jener Fans, die sich eben lieber Rot-Weiss Essen gegen den TSV 1860 München anschauen, als zum Beispiel einen VfL Wolfsburg gegen die TSG Hoffenheim. Na klar, natürlich hat dieses nicht nur sportliche Gründe, sondern lockt vor allem auch das Fluidum drumherum in den Straßen, vor den Kneipen und die Folklore auf den Rängen während der neunzig Minuten.

Was nun unsere Aufwärtsfahren angeht, so hat sicher jeder/jede Rot-Weisse seine Präferenzen für die kommende Saison schon lange klar, sofern man nicht „Allesfahrer“ oder „Allesfahrerin“ ist. Für mich stehen zwei Spiele im tiefen Süden ganz oben auf der Wunschliste: Die Löwen aus familiären Gründen auswärts! Am liebsten eine Halbzeit im Grünwalder und eine im „Oly“. Und, jetzt wird es etwas irrational: Ich möchte unbedingt das Auswärtsspiel bei der SpVgg Bayreuth besuchen. Da gibt es zum einen das Altstadt-Museum, in welchem die Vereinsgeschichte inmitten vieler Devotionalien liebevoll gehegt und gepflegt wird. Dann ist da das Hans-Walter-Wild-Stadion, im Volksmund „HaWaWi“ gennant, irgendwie noch den Hauch der Zweitliga-Spielstätten der 80er Jahre verkörpernd, und es gibt vor allem auch das Bayreuther Hell! Neben unserem Stauder ist das Bayreuther Hell definitiv das beste Bier der Liga und stellt wie Stauder alles andere in den Schatten, was es in den Stadien so als 0815-Bier zu trinken gibt. Nun fährt man ja grundsätzlich Rot-Weiss Essen hinterher, um die Mannschaft siegen zu sehen und diese dabei zu unterstützen. Aber in Bayreuth könnte auch die Fankultur im allgemeinen ein Komplettpaket erfahren. Bayreuther Festspiele sozusagen. Rot-Weiss Essen irgendwo zwischen Tristan und Isolde, Walküre und Lohengrin. Unter dem Strich bliebt also festzuhalten: Wann endlich Spielplan? die Playlist für lange Auswärtsfahrten ist schließlich auch schon fertig.

Fertig in der Kaderplanung dürfte man an der Hafenstraße auch so langsam sein. Ein zweiter Schnapper zwischen Jakob Golz und Raphael Koczor steht noch auf der Dringlichkeitsagenda, auf der mit Ron Berlinski, Meiko Sponsel, Björn Rother und Aurel Loubongo schon vier Unterschriften gesammelt werden konnten. Eine moderate Anzahl an Neuverpflichtungen im Vergleich zu ach so vielen vergangenen Jahren, als man Namen von Spielern in Kompaniestärke auswendig zu lernen hatte. Die epochale jawattdenn Familiensaga als Mehrteiler über die vergangenen vierzehn Jahre ist an dieser Stelle übrigens sehr zu empfehlen. Vielleicht eines Tages verfilmt mit Heino Ferch als Dr. Uwe Harttgen und Christoph Walz als Andreas Winkler! In weiteren Rollen Christoph Maria Herbst als die Fascher Kappe und Henning Baum als Benni Baier. Irgendwann hat man also einfach aufgehört, sich an Namen zu gewöhnen, sondern nur noch an Positionen auf dem Spielfeld orientiert. Daher tut es richtig gut, diese Sause in der 3. Liga mit einer Mannschaft anzugehen, die im Großen und Ganzen zusammengeblieben ist, sofern sportliche Attribute das zulassen (es wird mit Sicherheit noch weitere Abgänge geben). Wir dürfen nicht viele neue Namen lernen, weiter „Isi“ oder „Engel“ zu „Give It Up“ besingen (und uns schon mal nette Melodien für die Neuen ausdenken). Das ist eigentlich mit das schönste Geschenk nach dem Aufstieg, unsere Mannschaft bleibt eine von Herze(n). Und wenn dann der Waldhof anne Hafenstraße kommt, dann können wir auch noch mal einen donnernden Applaus Richtung Christian Neidhart loslassen. Bis der Anpfiff ertönt natürlich nur. Man man man, es kribbelt merklich!