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Against All Odds. Oder auch: 14!

Rückblende: Am 5.Juni des vergangenen Jahres waren wir zur Halbzeit aufgestiegen. Der Wuppertaler SV führte zur Halbzeit gegen den BVB und unsere Mannschaft lag in Wegberg und sogar auch in Beeck vorne. Unsere Mannschaft wurde an der Hafenstraße gebührend verabschiedet und auch zahlreich begleitet, um von außerhalb anzufeuern. Man könnte also meinen, dass die Euphorie schon damals grenzenlos war. Aber das war sie natürlich nicht. Aufgrund der Pandemie mussten Schutzmaßnahmen her und sportlich lag eine Dortmunder Niederlage rational betrachtet einfach nicht im Rahmen des Möglichen. Die meisten von uns blieben somit in der Halbzeit als Fans eines temporären Drittligisten relativ gelassen. Vor den heimischen Monitoren in kleiner Runde eskalierte es sich halt doch nicht so schön. In der zweiten Halbzeit nahmen die Dinge in Wuppertal ihren Lauf und die anderen stiegen auf. Zurück blieben bei uns der Stolz auf die Mannschaft, den Verein und eine unglaubliche Saison. Alles ganz entspannt.

Fast ein Jahr weiter stellt sich die Situation nun ganz anders dar. Alle, die es aktuell mit Rot-Weiss Essen halten, stehen gerade emotional komplett neben der Spur. Eine Eruption der Gefühle schon vor dem letzten, entscheidenden Spieltag. Diesmal sind wir wirklich dran, diesmal kommen wir endlich wieder zurück. Woher rührt nur dieser grenzenlose Optimismus? Schließlich sind wir doch Rot-Weiss Essen, der Verein mit seiner ganz eigenen DNA des finalen Scheiterns. Klar, bislang stimmte das ja auch. Wir sind immer mal gerne an uns, den anderen, oder besonderen Umständen gescheitert. Sehr zur Freude sämtlicher Konkurrenten aus den diversen Ligen. Da wurde auf unsere Kosten immer gerne Popcorn gereicht. Aber damit ist nun Schluß, das ist Vergangenheit. Es ist doch so: Allein was in dieser Saison schon wieder an Bergen von Problemen bis hin zu Stöckchen der Konkurrenz aus dem Weg geräumt wurde, dass zeugt mittlerweile von einer gesunden Mentalität, die sich nach vielen Jahren ihren Weg zurück an die Hafenstraße gebahnt hat. Kleine Rhythmusstörungen natürlich inklusive. So ganz ohne Auswärtsniederlage in Ahlen oder dem Pokal-Aus im Halbfinale würde uns ja auch was fehlen.

Nun ist also seit dem vergangenen Wochenende doch noch alles angerichtet für das große Spiel der noch größeren Möglichkeiten und auch Phil Collins feilt sicher schon an einer neuen Version von „Against all Odds“. Vielleicht ja im Duett mit Siw Malmkvist. Preußen Münster – 1.FC Köln und Rot-Weiss Essen – Rot Weiss Ahlen. Wahrscheinlich würde eine Konferenz der beiden Spiele im WDR mehr Zuschauer haben, als die Einzelbuchung der Bundesligabegegnung FC Augsburg – SpVvg Fürth auf Sky Ticket. Auf Seiten von Preußen Münster ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie wenig sich eigentlich mit dem eigenen Verein beschäftigt wird. Während man rund um die Hafenstraße komplett auf RWE fokussiert ist und die Preußen höchstens in Nebensätzen thematisiert werden, ist man bei Preußen Münster, genau, auch auf RWE fokussiert. Egal, welcher Artikel auf Fanebene über die Adlerträger veröffentlicht wird, man schafft es dieser Tage nicht ein einziges Mal, uns außen vor zu lassen. Sie bekommen es einfach nicht hin. Gebetsmühlenartig werden immer wieder die selben Textbausteine benutzt um der Öffentlichkeit noch einmal zu verdeutlichen, dass man selbst das Gute im Fußball ist, während Rot-Weiss Essen alles andere verkörpert. Das ist fast schon putzig. Aber irgendwann einfach nur noch nervig. Daher bietet die aktuelle Tabellenkonstellation schon vor den beiden entscheidenden Spielen ein Erfolgserlebnis: Die Wege von RWE und Preußen Münster werden sich endlich wieder trennen.

In Münster kann man sich dann wieder den traditionellen Rivalen aus Bielefeld und Osnabrück Ahlen und Verl widmen und wir haben dann nach einigen Tagen der Klagen oder Häme  (je nach Ausgang) endlich wieder unsere Ruhe. Das war ja nicht mal ansatzweise gelebte Rivalität, die auch Spaß machen kann. Das waren einfach nur plumpe Versuche, Unruhe zu stiften gepaart mit ewiger „Du,Du,Du“ Jammerei. Egal, auch das ist ja bald überstanden.

Aber wie übersteht man nun die Nacht vor diesem so wichtigen Spiel? Wahrscheinlich wird sich tausendfach einfach nur im Bett von links nach rechts und umgekehrt gewälzt und darauf gehofft, dass man irgendwann das erste Stauder ans Bett gereicht bekommt. Überstanden nun auch dieser Text, denn er gestaltete sich ehrlicherweise ziemlich zäh. Nach der WAZ Kolumne und einem Gastbeitrag für die 11Freunde war dann auch wohl Schluß mit der Kreativität oder noch weiteren Formulierungen um irgendwie den morgigen Tag auf den Punkt zu bringen. Es zählt jetzt nur Samstag ab 14:00 Uhr! Ich bin ziemlich vorfreudig aufgeregt. Das kenne ich so seit vielen, vielen Jahren nicht mehr. Es kann endlich passieren. Es wird passieren!

Eines noch in eigener Sache: Den Facebook-Ableger von „Im Schatten der Tribüne“ wird es nicht mehr geben. Ich mochte einfach nicht mehr pflegen, was sich in seiner Gesamtheit als soziales Medium einfach nicht mehr als gesellschaftlicher Konsens erweist. Es hat viel Spaß bereitet, die Texte auch dort einzustellen. Fotos, Dummsinn oder Grafiken zu erstellen und zu teilen. Aber nach so vielen Jahren hat es sich einfach überholt. Wer also den Blog weiter verfolgen möchte, der kann das ganz weiter und puristisch über imschattendertribuene.com. Ich würde mich freuen. Nur der RWE!

Es hätte alles nur schön sein können.

Bei dem ersten Entwurf für diesen Artikel sollte dieser noch flapsig „Stirb langsam. Die Küsters Chroniken“ heißen. Der tagelange Versuch des RevierSport, dass Spiel Preußen Münster – Rot-Weiss Essen ausschließlich als Remake des Skandalspiels von 2002 zu bewerben musste schließlich irgendwie kanalisiert werden. Wie dreist kann man eigentlich sein, ein Spiel von solch sportlicher Tagesaktualität fast ausschließlich auf den damaligen Platzsturm zu reduzieren? Das leidvolle Ding hat ja nicht einmal zwanzigjähriges Jubiläum. Es musste also ein anderer, uns allen unbekannter Redaktionsauftrag existieren, der diese befremdliche Art von Vorberichtserstattung an den Start gebracht hat. Selten zuvor habe ich einen solch massiven Versuch erlebt, längst vergessene schwarze Stunden wieder in Erinnerung zu rufen und gleichzeitig die so erfreuliche Gegenwart auszublenden.

Es dürfte somit ja fast redaktionelle Hochstimmung geherrscht haben, als das Nachspiel im Preußen Stadion begann und die Laufduelle sich vom Rasen auf die Tribünen verlagerten. Das Remake von 2002, es fand tatsächlich statt. In kleinerem Rahmen zwar, aber immer noch viel zu groß, um die anschließenden, bundesweiten, Negativschlagzeilen für unseren RWE zu verhindern. Ein hart erarbeiteter sportlicher Erfolg wurde in wenigen Minuten nach Abpfiff zu einer gefühlten Niederlage gewandelt. Menschlich betrachtet. Die Frage nach dem „Warum“ wird wohl niemals eine zufriedenstellende Antwort bekommen, denn es gab ja nicht einmal einen irrationalen Grund für diesen Gewaltausbruch. Wir hatten doch gewonnen. Einen deutlichen Rückstand in einen knappen Sieg umgewandelt. Der erste Sieg in Münster seit was weiß ich.

Es ist nun passiert und lässt sich leider nicht mehr ändern. Der Imageverlust für RWE enorm, schließlich werden nun vielerorts ziemlich unreflektiert die vielen RWE-Fans komplett über einen Kamm geschert. Allein auf Twitter hat sich so ein Preußen Account endlich und vollumfänglich in seiner Abneigung gegen unseren Verein bestätigt gesehen und diese eigentlich auch nur als komplette Beleidigung formuliert. Für ihn sind wir alle so wie diejenigen, die vergangenen Dienstag keinen guten Auftritt hingelegt haben. Es gibt nun auf vielen Ebenen ganz viel aufzuarbeiten, was sich rund um dieses Spiel zugetragen hat. Und das ist definitiv nicht nur Sache von Rot-Weiss Essen. Das fängt beim RevierSport an und hört bei der Polizei auf. Mindestens! Und wenn jetzt irgendeiner der Beteiligten doch noch mal anfängt, über die Geschehnisse zu grübeln, dann legt einfach zusammen und schickt dem älteren Herrn einen dicken Blumenstrauß als Entschuldigung. Er wollte einfach nur Fußball schauen.

Fußball schauen wollten auch viele, die keine Karten für das Stadion bekommen konnten. Leider klappte dass dann online nicht so, wie im Vorfeld angepriesen. Wir „Onliner“ bekamen Standfußball, gar keinen Fußball oder bisweilen nicht einmal eine Verbindung geboten. Das lief nicht mal ansatzweise so flüssig wie das Spiel des RWE in der zweiten Halbzeit. Was hier einfach sauer aufstösst ist die Vorankündigung, dass mit drölf Kameras, bester Qualität und was weiß ich gestreamt wird und wir ein TV Erlebnis nahe an „Anpfiff“ oder „Ran“ zu erwarten haben. Und dann kommt Gelsenkirchen bei raus. Eine realistischere Einschätzung der gegebenen (Leitungs-) Möglichkeiten hätte hier einfach für mehr Klarheit gesorgt. Eine Kamera in SD Qualität, die dafür das ganze Spiel über stabil läuft, hätte es dann auch getan. Wir waren durch Corona doch auch ganz andere Übertragungsmöglichkeiten gewohnt. Dann einen Fünfer verlangen, und alles ist gut.

Ach, das Spiel. Nach dem 0:2 aus unserer Sicht musste wieder der Hund herhalten, um an frischer Luft einen klaren Kopf zu bekommen. Nein, ich war kein sogenannter Vogel, der gleich die komplette Saison in die Tonne gekloppt hat, aber das Spiel habe ich zu dem Zeitpunkt einmal mehr als Münster-Verschwörung zu den Akten gelegt. Bei 0:2 in Münster durchaus legitim, diese Enttäuschung. Ich konnte doch nicht ahnen, dass in der Halbzeitpause die Erkenntnis der bisher falschen Taktik direkt eine Korrektur zur Folge hatte. Diese Selbstkritik bei Christian Neidhart und seinem Trainerteam gefällt mir extrem. Und die Reaktion der Mannschaft auf diese taktische Erkenntnis noch mehr. Unglaublich, welche Wucht da bisweilen Richtung gegnerisches Tor auf den Weg gebracht wird. Das ist „Isi-living“ vom Feinsten.

Es hätte alles einfach nur schön sein können.

Supercalifragilisticexpialigetisch

Samstag geht es endlich wieder für uns los. Keine neue Liga ist eben auch wie ein neues Leben. Dort wo einstmals der große Helmut Schmidt mit seiner Loki eine nach der anderen durchgezogen hat, beginnt für Christian Neidhart und seine Mannen der abermalige Versuch, dieser Regionalliga zu entfliehen. Es wird auch wirklich an der Zeit, diesen Schritt zu gehen, denn wenn seriöses Finanzgebaren Hand in Hand mit Uerdingen funktionieren soll, dann fragt man sich manchmal schon, was dass alles eigentlich noch für einen Sinn hat. Aber dem Hören nach bekommt man in Krefeld doch noch kurz vor knapp eine Mannschaft auf die Beine gestellt. Hat halt nicht jeder Verein mal eben siebenundfünfzig Spieler auf dem Deckel. Ist ja auch alles wumpe, denn wir schauen einmal mehr nur auf uns.

Am Samstag im Sportpark Nord zu Bonn schauen wir nicht mehr alle in die Glotze, sondern dürfen tatsächlich auswärts wieder unser Unwesen treiben. Bier trinken, Bratwurst essen und den Duft der Stehtraversen einatmen. Je mehr Pieks, desto besser. Der Bonner SC ja immer eher der Kandidat für die unteren Regionen, aber durchaus daheim auch unangenehm zu spielen. Das wird also nicht einfach für unsere Roten, die auswärts nun eher in Weiss auflaufen dürften. Dem Vernehmen nach gilt ja der RWE einmal mehr zu den Topfavoriten auf den Aufstieg. Das hat man ja ganz selbstbewusst und insbesondere nach der famosen letzten Saison auch so kommuniziert. Wir haben mit dem Aufstieg halt einfach kein Problem. Das Problem liegt eher darin begründet, dass er einfach nicht gelingen will. Der diesjährige Preis des „In die Suppe spucken“ Pokals soll laut Expertenmeinung nach Münster zu den dortigen Adlerträgern gehen.

Gerne geben wir die Favoritenrolle an die Hammer Straße ab und gönnen dem SC Preußen noch weitere Runden im DFB-Pokal. Natürlich nur zum Zwecke, dass die Konzentration auf die Liga darunter leidet. Das war aber schon ein beeindruckendes Spiel gegen die Radkappen aus Wolfsburg und wahrscheinlich wird die Niederlage ja noch gewandelt, da es der VfL an der Seitenlinie ja irgendwie verbommelt hat.

Unsereins konnte sich parallel zur ersten Runde im DFB-Pokal an einem erfrischenden Offensivauftritt gegen den SC Verl erfreuen (Die Älteren mögen sich erinnern: Der SC Verl hat mal ziemlich lange mit uns in einer Liga gespielt.). Acht Tore in dem Premierenspiel für die neue LED Anzeige über der noch mehr geteilten Gottschalk-Tribüne. Das war doch geplant, um der Stadionregie mit dem ersten Spiel so richtig an den LED-Reglern einzuheizen. Das Teil ist schon beeindruckend. Möge es oft für unsere Farben aufleuchten. Und nur für unsere Farben! Ich glaube, dass wir in dieser Saison noch schneller unterwegs sind als in der vergangenen. Dass sich einige Spieler individuell verbessert haben und wir weniger Rückpässe erleben werden. Gut, dass ich nicht die Aufstellung vornehmen muss. Aber egal, wer da in unseren neuen Trikots auch aufläuft: Sie alle freuen sich, dieses endlich wieder vor Fans tun zu dürfen.

Wenn ich das Gebaren von PSG und einigen anderen Vereinen (?!) auch heute wieder so anschaue, dann ist unsere Liga doch gar nicht so schlecht und um einiges realistischer. Leider eben viel zu schlecht wahrgenommen und vergütet. Wenn, wie in der vergangenen Woche geschehen, in der 3.Liga Viktoria Berlin auf Viktoria Köln und der SC Verl auf Türkgücü München trifft, dann kann man emotional um einiges entspannter sein, als wenn zeitgleich in der Regionalliga West der Wuppertaler SV auf Preußen Münster und Rot-Weiss Essen auf Alemannia Aachen treffen würde. Dummerweise sind wir nicht in der 3.Liga, sondern eine darunter und haben kein Magenta oder ähnlich an der Seite. Im Stadion selbst und zu normalen Zeiten, da würden die letztgenannten Partien natürlich einiges mehr an Fans im Stadion begrüßen dürfen.

Fans und Stadion. Es war ja sehr entspannend, die erste Runde im DFB-Pokal am heimischen Empfangsgerät zu verfolgen. Das ist schon interessant: Ein RWE Spiel auch ohne Zuschauer vor Ort lässt mich völlig entnervt und mit allen Emotionen zurück, während ein Spiel vor Fans und mit Atmosphäre bei anderen Vereinen doch eher gelassen verfolgt werden kann. Das hat aber allein schon deshalb Spaß gemacht, weil eben Fans in den Stadien waren. Man spürte förmlich den Duft der Bratwurst und sah wie Hanswurst seinen Bierbecher durch die Gegend schmiss. Welch eine Verschwendung.

Wir sind also auf dem Weg zur Normalität, auch wenn dieser noch ein beschwerlicher sein wird. Mit Rückschlägen versehen und mit viel Solidarität durchgeführt. Das würde ich mir auf jeden Fall wünschen. Und ich wünsche mir nicht nur einen gelungenen Saisonauftakt beim Bonner SC, sondern viel mehr auch ein Umdenken in den Kommentarspalten. Dies ist unser Verein. So ziemlich das Größte, was es für uns gibt. Und wir wollen alle zusammen hoch.

Quarterback.

Das Spiel war gerade einmal drei Minuten jung, da dröhnte es lautstark aus einer der dreihundert Rot-Weissen Fanseelen heraus: „Das Schwert ham wir immer noch“. Nicht das die Spieler dort unten sich großartig für diesen Sachverhalt interessiert hätten, aber es ist einfach faszinierend, wie die Legende aus 2002 immer weiter Bestandteil unserer Fanfolklore ist und wohl auch sein wird. Das Richtschwert ist weg, dabei bleibt es. Und Punkte für die Preußen gab es im ersten Aufeinandertreffen nach zehn Jahren auch nicht als Wiedergutmachung . Verabschiedet wurden die eigenen Spieler in Münster übrigens, als ob es gegen Bielefeld oder Osnabrück gehen würde. Rot-Weiss Essen einmal mehr Everybody’s Darling Rivale.

Rückblende:

Wir schreiben den 24.Oktober 2009. Das Georg-Melches Stadion liegt in seinen letzten Zügen. Aus den Dächern bröckelt der Putz und an der Nord knabbert schon der Bagger. Preußen Münster ist zu Gast und 10.022 Fans beider Lager wollen in der alten Kabachel GMS dabei sein. Die zwei Gruppen der aktiven Szene bei den Preußen zu jener Zeit innig in „Freundschaft“ vereint. Etwa so wie Trump & Biden, Daum & Hoeneß oder auch Celtic & Rangers. Anreiz genug für die Essener Fanszene, ihrerseits mittels Spruchband dazu aufzufordern, die Dinge doch einmal „sportlich“ zu klären. Der Spielverlauf auf unserer Seite, ein gewisser Sascha Mölders zeichnete für das 1:0 verantwortlich.

Man ahnt nicht nur, sondern weiß natürlich, dass das Spiel im Gegensatz zu Samstag nicht erfolgreich über die Bühne gebracht werden konnte. In der Nachspielzeit kamen die Preußen zu ihrem Ausgleich, im Gästeblock purzelte alles durcheinander. Man munkelt sogar, auch eigentlich unsympathische Preußen stolperten einander in die Arme. Nach dem Spiel gab es nicht nur Nettigkeiten für die Mannschaft am Zaun, sondern auch Verspätungen in der Abreise, da erst die Abreise der Fans aus Münster sichergestellt werden musste. Die Atmosphäre geladen.

Soweit der kleine Ausflug in die letzte gemeinsame Saison mit den Adlerträgern. Die hatten nun ihren Ab- und wir immer noch keinen Aufstieg, was erneut für gemeinsame Zeit in ein und derselben Liga sorgt. In einer Zeit vor oder nach viraler Belastung hätte das Spiel sicher locker für eine fünfstellige Kulisse gesorgt. Aber, da wir nicht bei „wünsch Dir was“, sondern bei „So isses“ sind, sollten wir darüber aktuell nicht nachdenken.

Ich hätte es jedoch schön gefunden, wenn ein funktionierendes Hygienekonzept weiter angewandt werden darf. Die Nachverfolgung ist gewährleistet, der prinzipiell notorisch unbeugsame RWE Fan hat sich gegen Düsseldorf absolut vorbildlich an alle Auflagen gehalten. Letztendlich wohl eine wesentlich geschütztere „Baustelle“ als stellvertretend zum Beispiel der Planwagen, der mir auf dem Rückweg in Bottrop an einer Ampel begegnete: Das Zugpferd hatte noch den größten Abstand. Auf dem Wagen feiernde Menschen im direkten Gegenüber. Vielleicht aktuell nicht die beste Idee. Meine Fresse, als Verein legst Du Dich rund um die Uhr krumm, um die Sicherheit der Fans zu gewährleisten, hoffst und bekommst deren Mithilfe, aber darauf hat man natürlich keinen Einfluss. Mögen sich die Zahlen bis Oberhausen stabilisieren.

Somit also die berühmten dreihundert im Stadion. Nicht die aus Sparte, sondern deren aus Essen. Freudlos das Ambiente vor dem Stadion, aber auch hier absolute Disziplin und Einhaltung der wirklich wichtigen Vorgaben wie NMS und Abstand. Unser Verein hat von Spiel zu Spiel dazugelernt und löst eine Herkulesaufgabe nach der anderen.

Vermutlich hat Joe Cocker nichts von der Existenz von Rot-Weiss Essen gewusst. Und somit ist wohl gesichert, dass seine Darbietung von „You Are So Beautiful“ nicht der aktuellen Mannschaft des RWE gewidmet ist. Allerdings stellte sich bei mir direkt eine Verbindung zu dem Spiel gegen die Preußen aus Münster her, als das Lied auf dem Heimweg im Autoradio dudelte. Der bisweilen gequälte Ausdruck in Cockers Stimme hatte jetzt aber nichts mit der Chancenverwertung der Rot-Weissen zu tun, dass ist schlicht sein Markenzeichen gewesen. Auch wenn es das knappste aller knappen Erfolgsergebnisse vielleicht nicht so aussagen mag: Vergangenen Samstag war die Mannschaft aber mal so richtig beautiful zu uns. Und da auch die Preußen aus Münster ihren Teil zu einem schönen Spiel beitragen wollten, bekamen die wenigen im Stadion und die vielen vor den Monitoren ein ziemlich hochwertiges Fußballspiel geboten.

Das war absolut professioneller Fußball mit allem was das Herz begehrt. Und es war eine Heimmannschaft, die in punkto Ballbesitz und Ballbehandlung Maßstäbe zu setzen wusste. Man weiß gar nicht, welchen Spieler man herausheben könnte, so gut waren die Spieler von Christian Neidhart an diesem Samstag insgesamt auf dem Platz unterwegs. Alexander Hahn und Daniel Heber vereitelten was zu vereiteln war. Marco Kehl-Gomez auf dem Platz einmal mehr unglaublich präsent, ließ dem Gegner keine Ruhe, um am Ball zur Entfaltung zu kommen. Löste immer wieder enge Spielsituationen auf und gab zur Not auf die Socken. Cedric Harenbrock, dessen Karriere schon in jungen Jahren vor dem Aus stand: Der Verein hat immer an ihn und sein Talent geglaubt, ihn weiter an sich gebunden und in Ruhe wieder „aufgebaut“. Samstag dürften allen Beteiligten daran vor Freude die Augen geleuchtet haben, als es Cedric in die Anfangsformation geschafft hatte und  diese mit bravouröser Leistung zu rechtfertigen wusste.

Und dann erst Dennis Grote: Man stelle sich ihn im Football typischen Spieleroutfit vor, und wir haben den perfekten Quaterback vor uns. Wie er den Angriff zur Führung einzuleiten wusste, da würden Joe Montana oder Tom Brady anerkennend den Helm ziehen und durch die Beißschiene pfeifen. Schon faszinierend zu beobachten, wie Spielertypen unter einer Trainerphilosophie schon mal in ein Abseits gestellt werden, oder auch aufblühen. Ebenfalls neu in der Anfangself Isaiah Young. Welch ein An- und Auftritt. Der „Youngster“ wuselte so ziemlich überall herum und brachte immer wieder ein Durcheinander über die Preußen Abwehr. Vielleicht war der Wunsch, sein erstes Tor für den RWE zu erzielen zu ausgeprägt, so dass er bisweilen zu ungestüm sein Ziel erreichen wollte. Und auch alle hier Nichtgenannten reihten sich nahtlos ein in ein Ensemble, welches das relativ ruhige Auditorium zu begeistern wusste. Man kann diesbezüglich den dreihundert im Stadion keinen Vorwurf machen, ist gesundheitlich vielleicht sogar von Vorteil. Dafür wurden sich die Hände wund geklatscht, denn es gab oft Grund dazu. Auch von Kevin selbst.

Feine Ballstafetten oder die Grätsche von hinten in Perfektion umgesetzt ließen das Fußballerherz jauchzen. In der langen Nachspielzeit kam noch mal kurz der 24.Oktober 2009 in Erinnerung, als die Preußen seinerzeit ausgleichen konnten und der Auswärtsblock kollektiv auszurasten wusste. Kollektiv ausrasten geht grad nicht, aber kollektive Erleichterung darüber, dass Daniel Davari im Schlussakt einen erneuten Ausgleich nicht zulassen konnte, sehr wohl. Die Null blieb stehen. Und drei Punkte auch.

Ausblick:

Nun warten die Jungfohlen und der strauchelnde Nachbar aus Oberhausen. Atmosphärisch wohl leider auch relativ unbedeutend die beiden beide Spiele, und doch so wichtig. Spätestens seit Samstag wissen wir, dass unsere Mannschaft bereit für den heißen Ligatanz ist. Nur der RWE!