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Wer zusammen gewinnt, der auch gemeinsam verliert.

Das sollte unter Sportlern und Fans eigentlich von Haus aus gemeinsamer Konsens sein. Wie wissen aber natürlich alle, dass es leider nicht so ist. Schmerzhaft festzustellen aktuell in den Kommentarspalten nach der ersten Pflichtspielniederlage unserer Mannschaft seit dem 2. Februar 2020. Wenn ich mich in meiner Emotion gerade nicht verrechnet habe, wurde mit dem heutigen Spiel am Flinger Broich seit 389 Tagen wieder das Spielfeld als Verlierer verlassen. Nach dreihundertneunundachtzig Tagen! Soll ich es nochmal schreiben? Bitte: Nach dreihundertneunundachtzig Tagen hat Rot-Weiss Essen mal wieder ein Pflichtspiel verloren.

Und was muss man lesen? Stellvertretend für manch Kommentar darf ich für mich in Auszügen die Krönung der Absurdität vortragen, die ich zu lesen bekam:

„Ihr verspielt uns noch den Aufstieg mit Eurer Rückrunde, dass ist schon vereinsschädigend was Ihr macht. 4 Punkte aus 3 Spielen wie ein Abstiegskandidat. Wenn nicht jetzt was passiert, muss das Konsequenzen haben“.

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Hier möchte man fragen: Was genau ist daran vereinsschädigend (Ich habe mir erlaubt, die Interpunktion hinzuzufügen)? Und macht ein Abstiegskandidat immer vier Punkte aus drei Spielen? Die Blauen nebenan würden für solch eine Punkteausbeute einiges geben. Und vor allem: Was ist daran vereinsschädigend, wenn man nach, ich schreibe es noch einmal: dreihundertneunundachtzig Tagen ein Pflichtspiel verliert? Das ist aller Ehren wert, aber definitiv nicht vereinsschädigend. Dem Verein schaden kann höchstens eine solche, offen zu Tage gelegte Erwartungshaltung, die keine Niederlage akzeptiert. Und wem verspielt die Mannschaft den Aufstieg? Den, der erst im Mai endgültig entschieden wird? Und uns? Natürlich sind wir alle Rot-Weiss Essen, auch wenn nach solchen Spielen diese Kommentarkultur Zweifel daran gestatten. Aber zuallererst hat sich die Mannschaft an diesem Freitag Abend mit einem Negativerlebnis aus Düsseldorf verabschiedet.

Und sie hat es gar nicht schlecht gemacht, war spielbestimmend. Es gab gute Ballpassagen und der Einsatz hat wie immer gestimmt. Es gab halt dummerweise auch noch einen Gegner, der sich auf das Trefflichste darauf verstanden hat, blitzschnell durch unsere Reihen zu stoßen und daraus drei Tore zu machen. So what? Passiert, nennt sich Sport!

Und Mittwoch bekommen wir vielleicht schon die nächste Klatsche. Ich sach`s ja nur, denn dann könnte man die höhnischen Kommentare schon vorher vorbereiten. Gibt nur ein Problem, wenn wir gewinnen sollten. Dann aber bitte nicht versehentlich die falschen Kommentare abschicken. Sicher ist es dann ja wieder die geilste Mannschaft der Welt, die uns nach Berlin bringen wird, und so weiter und so fort.

Ich bin fast froh, dass unsere großartige Serie gerissen ist. Denn die Mannschaft wurde fast nur noch damit verknüpft. Es bedarf aber auch Rückschläge, um daran wieder zu wachsen und erneut eine Serie zu starten. Man sieht das ja in Gelsenkirchen: Eine großartige Serie wurde durch einen Erfolg zerstört. Dann haben sich alle mal wieder den Mund abgewischt, es wurde einmal durchgeschüttelt und weiter ging es mit der Niederlagenserie. Und so machen das Christian Neidhart und seine Mannschaft nun auch. Natürlich andersherum!

Im Ernst: es ist gut, sich der Last des Unbesiegbaren entledigt zu haben, sich wieder neu konzentrieren und aufstellen zu können. Zudem spielen wir die Saison der Unwägbarkeiten in einer Zeit, die gerade allen so viel abverlangt. Vielleicht, ganz vielleicht, kann man sich dann auch manches Mal einen solchen Kommentar sparen (der hier wirklich nur stellvertretend steht, und keinen an den Pranger stellen will), und der Mannschaft stattdessen für diese dreihundertneunundachtzig Tage danken und ihr die vorbehaltlose Unterstützung weiterhin zuzusichern.

Welche Konsequenzen kann diese Niederlage denn nun haben? Was schwebt dem- oder derjenigen vor? Die einzige Konsequenz kann doch nur lauten, noch lauter „Nur der RWE!“ zu rufen.

Es geht nur gemeinsam!

„Ich kann gar nicht alt genug werden, um alle Überraschungen, die der Fußball so parat hat, verkraften zu können“ (Hans Meyer)

Düsseldorf:

Zwischendurch wäre ein Anruf beim Ordnungsamt angezeigt gewesen. Aus Gründen schwer beschäftigt in diesen Tagen hätte es ein weiteres Mal eingreifen müssen, um die Zwote Mannschaft von Fortuna Düsseldorf dicht zu machen. Und den Unparteiischen gleich mit. Immer wieder überschritten beide die Grenze zur Peinlichkeit und sahen Dinge, von denen die überwiegende Mehrheit im Stadion nicht wusste, dass es sie gibt. Und so lagen sie und wanden sich in ihrem Schmerz, die jungen Fortunen. Wir werden wohl auf ewig rätseln, woher dieser kam. Also der Schmerz. Oder die Karten. Da möchte man nur fragen: „Warum?“ Vielleicht war es ein Stück weit der seit Monaten nicht mehr gekannten Begleiterscheinung namens Atmosphäre geschuldet, die zu dieser sehr interessanten Auslegung der Regeln und Fairness geführt haben.

Sei’s drum, die Mannen um Christian Neidhart haben sich dadurch nicht von ihrem Ziel abbringen lassen, diesen Abend zu zelebrieren und mit drei Punkten erfolgreich zu gestalten. Der Abend an der Hafenstraße hatte aber noch weitere Akte zu bieten, die allesamt auf der ziemlich emotionalen Klaviatur gespielt wurden. Kurz vor dem Stadion wähnte man sich eher wie vor einem Rockkonzert, denn vor einem Fußballspiel. Der ansonsten so belebte Vorplatz wurde blickdicht gemacht, um an dieser Rot-Weissen Kulturmeile Ansammlungen zu vermeiden. Unser Boss durfte sich also fühlen wie Mick Jagger, Bono oder René Pascal, denen so vor allzu neugierigen Blicken Sichtschutz gewährt wird. Auch Fancontainer und Stauder Wagen waren somit betroffen und vermittelten so schon bei der Ankunft dieses Gefühl, dass gerade alles anders ist. Der Einlass weitläufig, klar strukturiert und trotz der gebotenen Vorsicht entspannt.

Die Mitarbeiter in den langen Hosen haben Tag und Nacht vorgelegt, damit ihre Kollegen in den kurzen Hosen endlich wieder eine etwas größere Bühne für ihre Fußballkünste betreten konnten. Chapeau und Danke dafür! Im Stadioninneren galt es einen Moment zu überlegen, und dann war der Kontext hergestellt: Boavista Porto mit seinem Estádio do Bessa Século. XXI stand hier Pate, schließlich hat der portugiesische Verein in Reminiszenz an seine Schachabteilung auch alles in selbigem Muster ausgekleidet. Schade, dass es keine roten Müllsäcke gibt, welches Bild hätte das gegeben. Da die gängigen Farben jedoch Blau und Schwarz sind, war Schwarz natürlich alternativlos. Die Sitze dazwischen füllten sich nun langsam mit Fans und bekamen die ersehnten roten Farbtupfer.

Das die Mannschaft mittlerweile schon auf dem Platz war, ging fast ein wenig unter. Als dann aber das Aufwärmen beendet wurde, ging urplötzlich ein Ruck durch das Stadion: Die Mannschaft begrüßte spontan die Fans und diese sprangen direkt auf, klatschten sich die Finger wund. Fast so, als hätten wir justament den Aufstieg geschafft. Der Einlauf ebenfalls ein emotionaler Festakt. Irgendwie überlagerten sich Stadionregie, Gesänge und die drei Tribünen, so dass unter dem Strich Gemengelage und Lautstärke ein leichtes Schaudern zu erzeugen wusste. Im Spielverlauf stimmten immer wieder verschiedene Gruppen Gesänge an, wurde extrem situativ reagiert. Altersunabhängig übernahmen nun auch viele ältere Fans den Part der „West“. Die Stimme konnte sich ja auch Monate auf diesen Moment vorbereiten. Für den Moment des 2:0 hat sich auch Cedric Harenbrock nach vielen Verletzungen immer wieder herangekämpft. Das erste Mal im Kader, eingewechselt und direkt an einem solchen Abend das Tor: Das war die Kirsche auf der Torte.

Bonn

Erste Halbzeit:

Paul Breitner sagte einmal (leicht abgewandelt): „Da kam dann der Livestream. Wir hatten alle die Hosen voll, aber bei mir lief’s ganz flüssig“. In der Tat war der Livestream aus dem Bonner Sportpark die Überraschung des Abends. Kaum Aussetzer in Halbzeit Eins. Im Gegenteil, er lief so stabil wie der RWE auf dem Feld. Das Ambiente am Monitor aufgrund der dunklen Zuschauerränge und des schummerigen Flutlichts in Verbindung mit der Bildqualität ähnlich wie bei der Fernsehübertragung aus dem Jahre 1981 zwischen dem FC Politehnica Timisoara und dem 1.FC Lokomotive Leipzig . Aber egal, man war einmal mehr mit dabei. Spaßig bei Sporttotal ab und an die Kommentatoren: In Lippstadt sah man Simon Engelmann häufig kritisiert in Fankreisen und heute gab es die These, dass Christian Neidhart nach den beiden Unentschieden schon gewackelt hatte. Man sollte vielleicht weniger sozial mediale Kommentare als Grundlage für eine Vorabrecherche nehmen. Das eventuell als ernstgemeinte Bitte. Auf jeden Fall: Danke für entspanntes Zusehen. Unserer Mannschaft gilt dieser bisherige Dank übrigens auch, denn relativ unaufgeregt gestalteten sich diese ersten fünfundvierzig Minuten.

Zweite Halbzeit:

Wer jetzt geglaubt hat, es würde so weitergehen mit der Entspannung, dem wussten die die Bonner nach etwas über fünfzig Minuten auf die Sprünge zu helfen: Die Heimmannschaft verfehlte den Ausgleich nur um Millimeter, und so saß man als Gästefan plötzlich wieder steil und hellwach im Sessel. Das nächste Mal dann erst wieder in der dreiundneunzigsten Minute bei dem finalen Freistoß des Bonner SC. Da dieser aber ähnlich in den Abendhimmel ging wie weiland des Steuersünders Elfmeter in Belgrad, durfte endgültig und erleichtert in sich zusammengesackt werden. Ach so: Dazwischen unterhielt ein munteres Spiel mit bisweilen schönen Ballstafetten und Balleroberungen auf unserer Seite, welches aber trotzdem nicht die großen Emotionen hervorrufen konnte. Grundsolide drei Punkte also auswärts geholt, den Weg nach oben aus dem (für einige) tiefen Tal der Unentschieden Tränen geebnet. Somit gilt die alte Fußballer These 19.07: Hauptsache gewonnen!

Samstag wartet mit Fortuna Köln ein alter Bekannter im allseits bekanntem Südstadion auf unsere Rot-Weissen. Exakt selben Spiel- und Streamverlauf würde ich direkt unterschreiben. Komplett emotionslos.

Spitzengruppe, Spitzengruppe, hey hey……

Stunde der Sieger

Im Showbusiness geht es rasend schnell, und meistens den Berg hinunter. Qualitativ betrachtet! Daher findet ein aufstrebendes Format wie Rot-Weiss Essen ruckzuck Beachtung, werden langfristige Planungen über den Haufen geworfen! Noch am 15. Oktober gab es diese Pressemeldung:

„Inspiriert durch „Landauer – Der Präsident“ werden wir ab sofort mit den Planungen zu dem Film „Georg Melches – Der Papa“ beginnen. Finanziert durch Crowdfunding, werden die Stadionszenen in München an der Grünwalder Stadion gedreht. Wir hoffen, Heino Ferch für das Projekt gewinnen zu können“

Nun aber sieht sich die UFA als ausführende Produktionsfirma mit den aktuellen Ereignissen konfrontiert: Seit 21.15 Uhr möchte Heino Ferch Marc Fascher verkörpern und das Georg Melches Projekt zunächst auf Eis legen. Keine Atempause, Geschichte wird gemacht. Tabellenführer also. Wenigstens für eine Nacht.

Eine UFA Miniserie, anbei der Arbeitstitel und die Besetzungscouch:

Spitzenführer & Tabellenreiter

In den Hauptrollen: 

Heino Ferch als Trainer; Veronica Ferres als Sportdirektor; Til Schweiger als Til Schweiger in einer Rolle als Stadionsprecher; Uwe Ochsenknecht als doofer Schalker; Heiner Lauterbach als Oberbürgermeister, sowie Matthias Schweighöfer und Bastian Pastewka als Spieler. Michael Welling als Dr. Michael Welling steht aufgrund seiner ständigen Dreharbeiten für Stauder Inc. nicht sofort zur Verfügung, so dass möglicherweise Sascha Hehn die Rolle des CEO übernehmen wird.

Vielleicht übernimmt aber morgen auch schon wieder die Alemannia die Tabellenführung und der ganze Showzirkus zieht weiter Richtung Tivoli.

Bis dahin aber geniessen wir diesen Abend, die Tabellenführung und unser Dasein als Fan von Rot-Weiss Essen. Danke Jungs!

Niveau ist keine Creme

Dienst: Liveticker. SMS. Die einzigen Möglichkeiten, dem Auftritt des RWE in Düsseldorf bei der Zweitfortuna einigermaßen Folge leisten zu können. Und, es las sich ja auch wirklich gut, rein numerisch im linken Feld des Reviersport Tickers. Auch noch in dem kleinen Kästchen rechts daneben, in welchem eingeloggte Daheimgebliebene ihre Meinung frei äussern können.

Mit einer 2:1 Führung für den RWE ging es in die Pause, der weitere Spielverlauf ist bekannt, und kann hier nicht näher beschrieben werden, da eben nicht vor Ort. Mit 4:3 verliert der RWE dieses Spiel, der verpatzte Saisonstart ist perfekt. Ich bin mittelschwer geschockt, denn nach dieser guten Vorbereitung hatte ich niemals mit nur einem Punkt aus drei Spielen gerechnet. Zudem mit diesen Unsicherheiten in der Zuordnung, den Problemen im Spielaufbau und in der Abwehr.

Agonie macht sich breit, man möchte einen Wassereimer umtreten oder wenigstens den Klienten des Büros verweisen, welcher Gazprompt gekleidet seiner Schadenfreude Ausdruck verleiht. Richtig fassungslos macht mich dann aber dieses kleine Kästchen auf den zweiten Blick: Schon nach dem 1:2 kippte die bis dato recht gute Stimmung und artete nach Rückstand gar in getippte Hasstiraden einiger User der Mannschaft und dem Trainer gegenüber aus. Unglaublich zum einen der fehlende Respekt, mit welchem da im Schutze der Anonymität agiert wird, unfassbar aber auch, dass die Reviersport dieses so zulässt und nicht regulierend eingreift.

Ich glaube nicht, dass sich diejenigen „User“ nun noch schnell auf den Weg nach Düsseldorf gemacht haben, sich dort unter der Gürtelinie anschleichend, nur um Spieler und Trainer zu bespucken und zu bepöbeln, bei welchen sie doch laut Anfeuerung kein Problem mit der Viertklassigkeit haben. „Wir steh´n zu Dir, auch in Liga Vier……“ Wir sind beim Fußball, das vorneweg, da ist es legitim, seine Enttäuschung herauszuschreien. Auch ein „Scheisse“ oder „Trainer raus“ ist da durchaus nicht fehl am Platze, wenn es denn nun die Meinung des Fans ist.

Aber, es gibt Grenzen, die gilt es nicht zu überschreiten, sind nicht im Eintrittspreis inbegriffen. Wir sind alle sauer, wahrscheinlich sogar Mannschaft und Trainer noch viel mehr. Sie betreten nämlich das Spielfeld um zu gewinnen, und planen eventuell mit der möglichen Siegprämie eine Neuanschaffung. Alles legitim. Sie betreten, genau wie wir Fans, aber sicher nicht ein Stadion, um bewusst schlecht zu spielen und um ein Spiel zu verlieren. Ausnahmen bestätigen leider auch hier die Regel, aber das ist ein anderes Thema. Und ja, wir sind mehr wert, als nur noch ein normaler Viertligist zu sein, können uns auf viel Tradition und manch Mythos berufen.

Geschichte leider, denn nun zählt nur noch das hier und jetzt. Nur, auch dessen aktuelle Tristesse rechtfertigt in keinster Weise, die eigenen Spieler verbal hochnotpeinlich zu beleidigen, anzuspucken. Auch Spieler sind nur Menschen. Spieler, die sich erklären wollten. Ein Trainer aber auch, der sich nun konstruktiver Kritik zu stellen und den berühmten Bock umzustossen hat. Gut, an diesem Bock sind in Essen schon einige gescheitert, wird die Begrifflichkeit bisweilen zum Running Gag. Aber, es klang doch alles so plausibel vor der Saison, liessen sich die Tests recht gut an. Nur, wenn es denn gerade nicht erklärbar ist, dann den Zustand bitte nicht schönreden. Vielleicht sind wir Fans ein Leben lang RWE, Ihr nun laut Vertrag gerade auch. Aber dies in der Gewissheit, das die Gattung der Lamas eine verschwindend geringe Minderheit rund um die Hafenstraße darstellt. Friday on my Mind!