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„Sobald man in einer Sache Meister geworden ist, soll man in einer neuen Schüler werden“ [Gerhard Hauptmann]

Vor dem alles entscheidenden Spiel gegen die gleichnamigen ohne Bindestrich aus Ahlen war schon lange vor dem Spiel alles voller als sonst. Egal ob die Tribünen, die Hafenstraße selbst, Parkplätze, Zufahrtswege, der Stadionvorplatz. Alles voll. Manch Fan auch. Und das schon zu früher Stunde. Aus Sicherheitsgründen wurde wegen nervösem Magen vielfach das Frühstück ausgelassen und gleich mit der Hauptmahlzeit an diesem Tag begonnen. Das Geschäftsmodell Pfandflasche somit ein außerordentlich ertragreiches. Trotz der Tatsache, dass rund um das Hafenstübchen nur Plastik erlaubt war.

Die Grundstimmung für ein quasi-Endspiel ungewohnt heiter und vorfreudig erregt. Die vergangene Woche mit den Ereignissen in Wiedenbrück und Lotte hatte alles an negativen Gedanken auch aus der hintersten Hirnrinde verbannt und gefühlt sogar die letzten DauernörglerInnen milde gestimmt. In der DN-Szene wurden weitere Aktivitäten somit zunächst einmal bis nach Spielende vertagt. Es herrschte ein lange nicht mehr gekanntes, also wirkliches Wir-Gefühl rund um die Hafenstraße. Wohl auch der Erkenntnis geschuldet, dass die mitunter nach außen nicht immer ganz glatt wirkenden Entscheidungen doch die Richtigen im Sinne des sportlichen Erfolges und somit im Sinne des Vereins gewesen sind. Und dadurch natürlich uns allen zugute kamen. Trotzdem, und bevor ich dass vergesse: Vielen Dank Christian Neidhart für Deine klasse Arbeit bei uns an der Hafenstraße. Das war mehr als die Grundsteinlegung für den Aufstieg! Du bist Aufstiegstrainer.

Unglaublich aber auch, was die „Impro-Combo“ um Jörn Nowak und Vincent Wagner nebst Trainerteam in kurzer Zeit für Verspannungen lösen konnte. Schon in Lotte gegen Rödinghausen wurde klar: Dass was da nicht mehr nur auf dem Rasen, sondern auch auf und neben der Bank abgeht, das ist Willen und Leidenschaft. Hier wird keiner mehr plötzlich und unerwartet am Lübeck-Syndrom erkranken. Die Vorlage aus Wiedenbrück wurde also aufgenommen, Samstag drauf in Leidenschaft umgewandelt und anschließend in mehrtägige Vorfreude veredelt. Vorfreude. Bei uns! Das allein hat es ja schon jahrelang nicht mehr gegeben. Keine „Wir verkacken es eh wieder“ Gesichter rund um das Stadion an der Hafenstraße. Je näher man dem Stadion kam, desto mehr zog einen der Sog der Masse Richtung Tribünen, die aber ihrerseits auch schon gut gefüllt waren. Gesänge hallten bereits von drinnen nach draußen, was jetzt bei offenen Ecken auch nicht so problematisch ist.

Eine motorische Meisterleistung, die bei mir immer wieder Momente der Bewunderung auslöst, ist übrigens der Umgang mit dem Wegbier: Laufen, reden und dabei trinken….ich bin da irgendwie nicht für gemacht. Außerdem verlangte die Aufregung viel zu viel kompensatorisches reden. Getrunken wurde halt später. Irgendwann war das Stadion also bis auf den letzten Platz gefüllt, und die Mannschaft wurde mit einem Jubelsturm begrüßt. Warmmachen der ganz besonderen Art. Eigentlich überflüssig, so heiß wie alle waren! Wetter, Choreo (danke dafür!), Stadionmusik: alles stimmig und die heiligen St. Preußen waren fast kein Thema. Hier, heute und jetzt: Das erledigen wir als Rot-Weiss Essen ganz alleine. „Seit wir zwei uns gefunden“ eben! Und so kam es dann ja auch. Mit jeder gespielten Minute wich die Anspannung einer inneren Ruhe und spätestens bei Abpfiff erschien alles surreal. Das konnte einerseits an den vierzehn langen Jahren liegen, andererseits aber auch an der latenten Cannabis Wolke, die sich immer wieder ihren Weg durch den Block zu bahnen wusste.

Menschen lagen sich in den Armen. Freunde, Fremde und sogar wildfremde. Strahlende Gesichter bahnten sich ihren Weg auf den Rasen und machten aus unserer blitzeblanken (sie wird mit Liebe gepflegt) Zaunfahne eine „Matchworn“ Zaunfahne, da sie nun als Art Sprungtuch zu dienen hatte. Der Umgang von Walter Ruege am Mikrofon mit dem Platzsturm dann doch sehr väterlich moderat. Eigentlich wusste doch jeder, dass es passieren wird. Im übrigen blieb die sogenannte „aktive Szene“ noch lange Zeit auf ihren angestammten Plätzen. Da waltete dann Verständnis über Emotion. Null Verständnis allerdings für diejenigen, die einen Platzsturm als Aufforderung verstehen, den eigenen Verein mit Plünderung zu überziehen. Wie bekloppt muss man eigentlich sein, um sich alles unter den Nagel zu reißen, was nicht niet- und nagelfest verankert ist? Das ist keine Freude, dass ist spätestens dann kriminell, wenn man zum Beispiel Mischpulte von den Presseplätzen klaut. Und ganz dämlich wird es dann, wenn sich spätestens am Tag danach Grasbüschel auf Auktionsplattformen wiederfinden. Je nee iss klar. An Geboten finden sich dann: Aufstiegsrasen aus Essen neben Klassenerhaltsrasen aus Stuttgart neben Europapokalrasen aus Köpenick und so weiter und so fort. Eine bedenkliche Mitnahmekultur, die sich da ihren Weg in die Stadien gebahnt hat. Dass man den Spielern nicht gleich den Kopf abreisst, ist alles!

Doch zurück zu den positiven Dingen, denn die überwältigende Masse an RWE-Fans hat wirklich einfach nur einmal gesittet den Rasen betreten wollen, auf denen ihre Lieblinge gerade dass vollbracht haben, auf dass wir alle so elend lange Jahre gewartet haben. Einfach auf den Rasen setzen und versuchen zu verarbeiten, was hier und heute historisches passiert ist. Das hatte in den Ecken fast was von einem Sommerfestival in der Gruga oder dem Stadtpark Nordhorn: So viele Kinder in roten Trikots saßen bei ihren Eltern auf dem Rasen und genossen miteinander versonnen den Moment. Ich weiß nicht, wie hoch die Anzahl der jungen Fans in anderen Stadion der unteren Ligen ist: Aber in Zeiten, wo Kinder fast automatisch mit Bayern Trikots gequält werden, oder sich eines Tages, warum auch immer, PSG Trainingsanzüge kaufen, da ist es schlicht Wahnsinn, wie sehr Rot-Weiss Essen innerhalb der Familien weitervererbt und schon in ganz jungen Jahren gelebt wird.

Wer vereinsintern jetzt auf die glorreiche Idee gekommen ist, die Pokalverleihung auf der Gottschalk-Tribüne in dem noch nicht freigegebenen Sitzplatzbereich durchzuführen, der ist auf jeden Fall mein Held, oder meine Heldin. Ist diese sogar noch recht spontan entstanden, dann war das einfach nur genial und dem ganze Szenario komplett angemessen. Schließlich konnte man vor dem Spiel noch nicht von einem Aufstieg ausgehen. Dann sind wir ja doch eher Rot-Weiss Essen und wäre uns eine lange im Vorfeld geplante und vor dem Stadion schon aufgebaute Bühne mit allem Zipp und Zapp definitiv vor die Füße gefallen. Wir haben so lange im Dreck gelegen, da braucht ein Aufstieg am letzten Spieltag keinen Hochglanz, sondern genau dass Szenario, welches wir weit nach Spielschluss erleben durften. Alles richtig gemacht RWE!

Das hatte dann endgültig was von einem kleinen Spontankonzert vor begeistertem Publikum. Ungeahnte Rampensäue innerhalb der Mannschaft inklusive. Wer hier etwas anders erwartet hat, der muss halt nach München fahren und sich jedes Jahr die langweilige Meistersause abholen. Es ist ja schon auch total schräg: Da erwarten wir Fans die Mannschaft zur Pokalübergabe irgendwo auf der Haupttribüne, und dann muss diese nicht nur über den Stadion-DJ in die Kabine gerufen werden, sondern latscht hinter der Tribüne teilweise mit Beatbox, hässlicher Perücke und knackiger Radler zumeist auf Badelatschen in Aufstiegsshirts auf den temporären Pokalbalkon. Mannschaft und alle die dazugehören…sie wurden besungen und gefeiert. Und am meisten hat die Mannschaft sich selbst gefeiert. Was hat sie sich das verdient. Und ich bin so unendlich glücklich, dass diese Mannschaft im Kern mit uns weiter gemeinsam den Weg gehen wird.

Wir sind endlich wieder in der 3. Liga. Danke Mannschaft, Danke „Staff“, Danke Marcus Uhlig. Danke Geschäftsstelle und Fanshop. Danke Fanprojekt und Ehrenamtliche. Danke Ihr Fotografen und Ihr da auf den Kommentatorenplätzen für Stream und Webradio. Danke alle, die ich vergessen habe. Und danke, Michael Welling. Ich denke, auch Du hattest mehr als eine Träne der Freude im Knopfloch. Und nicht nur deshalb, weil Osnabrück Münster erspart bleibt. So langsam habe ich es begriffen: Wir sind tatsächlich aufgestiegen.

Verl, wir kommen!  

Fermentierter Rosenkohl Weihnachtsbaum

Als sich an einem Freitag, den 15. August 2008, eine lange Rot-Weisse Blechkarawane aus aller Herren Bundes- und anderen Ländern auf den Weg gen Lotter Kreuz machte, waren die Tränen des unnötigen Abstiegs getrocknet. Der Verein stand wieder über allem, die Verachtung über einige Spieler und deren (Wechsel-)Mentalität jedoch als tiefe Falte in die stets markanten Gesichter der Hafenstraße eingegraben. An jenem Sommertag waren wir der festen Überzeugung, das es das erste und zugleich letzte Mal sein würde, dass wir auf dem Acker von Bauer Ewald parken müssen. Dort, wo die Polizeiwagen eher schüchtern hinter angrenzende Scheunen hervorlugten. Das Spiel der neuformierten Mannschaft befeuerte diesen leichten Anflug von Arroganz auf das Trefflichste, wusste sie doch mit Vier zu Eins zu gewinnen. Der Wiederaufstieg somit nur noch Formsache. Es war ein wunderbarer Abend mit der damals äußerst sympathischen, frisch aufgestiegenen, Lotte. 

Gut, dass damals noch keiner ahnen konnte, dass es bis zum 12. Dezember 2020 dauern wird, ehe die Kicker von der Hafenstraße mal wieder bei denen vom Lotter Kreuz gewinnen. Eine lange Zeit also, die uns zudem eine ziemlich wechselhafte Beziehung zur Lotte beschert hat. Das einstmals schüchterne Ding wurde zwischendurch eine ziemlich arrogante Zicke. Der einsetzende Erfolg tat ihr nicht immer gut. Uns natürlich auch nicht! Ziemlich fassungslos mussten wir leider ansehen, wie die mittlerweile „Tante Lotte“ getaufte Olle uns und unsere Ambitionen kalt lächelnd zu überholen wusste. Aufstieg in die Dritte Liga mit den paar Fans, während die Tausendschaften rund um die Hafenstraße weiter in der Regionalliga Frust schieben. Dazwischen gab es in gemeinsamen Ligazeiten immer mal wieder Unstimmigkeiten, geniale Mottofahrten und die ständigen Versuche, alle Rot-Weissen in heimischen Gefilden der Haupttribüne zu verweisen. Es war also immer was gebacken in der Beziehung zweier (Spiel-)Partner, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Zwischenzeitlich hatte man sich so lieb wie fermentierten Rosenkohl Weihnachtsbaum. Nach dem Abstieg aus der Dritten Liga stand es dann einige Zeit gar nicht gut um die Lotte, interne Familienstreitigkeiten hatten Existenzängste zur Folge. Vielleicht war das aber auch der Starschuss dafür, allmählich wieder etwas sympathischer rüberzukommen. Und als dann auch noch mit Timo der zweitliebste Essener Brauer nach Stauder bei Tante Lotte anheuerte, da mochte man sie fast schon wieder knuddeln. Schließlich kann man sich ja auch nicht ewig streiten. Zudem ist das schon eine ziemlich feine und knuffige Bude, die sie da ihr eigenes Stadion nennt (Es ist jetzt aber nicht so, dass wir da kommende Saison gleich wieder hin wollen, iss klar). 

Es war also eine lange Reise bis zum aktuellen Auswärtserfolg. Und kein Essener musste diesmal damit rechnen, hinauskomplimentiert zu werden. Die Rituale rund um aktuelle „Spielbesuche“ haben sich ja temporär etwas verschoben. Da kann bis kurz vor Anpfiff noch mit dem Hund um den Block gegangen, oder in der Halbzeitpause Wäsche aufgehangen werden. Die Bierdusche nach einem Tor muss man sich schon selbst verpassen und natürlich wird zuhause auch im Sitzen gepinkelt. Wenigstens das Ritual der morgendlichen Spielvorbereitung durch Tommy Jockschies ist geblieben. Das Spiel zu Beginn ein ziemlich wildes Gebolze, wohl auch dadurch bedingt, dass Lotte ziemlich heiss war. Also im übertragenen Sinne jetzt.

Gab es im Spiel gegen Straelen unter der Woche den ersten Eckball erst nach einer Viertelstunde, dauerte es Samstag keine zwei Minuten. Und so ging es auch ziemlich ansehnlich weiter. Mit zunehmender Spieldauer kam aber einmal mehr die unglaubliche Qualität von RWE zum Tragen. Wenn der Gegner nicht durch Überzahlspiel zum Ballverlust gezwungen wird, hilft der absolute Einsatz im Eins gegen Eins, den Ball zu erobern. Gepaart mit einer hohen Ballsicherheit gelingt es dann, diesen ziemlich lange in den eigenen Reihen zu behalten. Das ist solide Handwerkskunst, die die Jungs von Christian Neidhart da aktuell abliefern. Und alle haben das Zeug, noch in dieser Saison den Meisterbrief zu machen. Fast schon erfrischend bei dieser hochwertigen Spielweise die Momente, in denen „Isi“ Young mit dem Kopf durch die Wand und an Freund und Feind vorbei auf das Tor zustürmen will. Möglicherweise nicht zur Freude des Trainers oder des besser postierten Mitspielers. Auf jeden Fall aber immer emotionale Momente für den Fan am Monitor. 

Tja, jetzt sitz ich hier, bin Tabellenführer und schreib auf teurer Tastatur ein Lied über Lottes Vergangenheit, damit ich keine Lust verlier. Ha, geniale Adaption von Westernhagens „Mit 18“. Aber es ist doch so: Wir sind Tabellenführer, eilen von Spiel zu Spiel und müssen trotzdem aufpassen, gerade nicht die Lust zu verlieren. Schließlich sind wir trotz unglaublicher Erfolgsserie immer noch kein alleiniger Tabellenführer im eigentlichen Sinne, sondern haben weiterhin die Zwote der Dortmunder im Nacken. Oder die mittlerweile uns! Auf jeden Fall hat uns das zeitgleiche Unentschieden der Borussen beim VfB Homberg ziemlich in die Karten gespielt. Selbst wenn die Jungs vom Borsigplatz nun all ihre Nachholspiele gewinnen würden, wären sie nur noch einen Punkt vor uns. Und den knackt man dann im Heimspiel. Fertig ist die Laube. Dass das Spiel gegen die Kleeblätter nicht weitergeführt werden konnte, steht übrigens außer Frage. Dass dann aber wieder bei Null zu Null begonnen wird, sollte man durchaus hinterfragen. Aber, wir sind auch hier nicht bei wünsch Dir was, sondern bei bestehenden Statuten. Die Homberger haben ja eine ziemliche Abwehrschlacht abgeliefert, wie man so liest. Vielleicht war dort die Aussicht auf das erste Duisburger Lokalderby seit Schimanski Gedenken die Motivation. 

Wir Fans von Rot-Weiss Essen sind aktuell endlich einmal auf der Sonnenseite angekommen. Es sieht sportlich mehr als gut aus. Aber wahrscheinlich wird das nächste Unentschieden schon wieder Weltuntergangsstimmung bei einigen hervorrufen. Oder die erste Niederlage erst. Aber, soweit sind wir noch lange nicht, so wie die Jungs gerade die Liga rocken. Diese Mannschaft, wir würden sie im Stadion verbal auf Händen tragen, sie zeitgleich mit Verein mit Inbrunst besingen. Da wir damit aber noch warten müssen, können wir vielleicht allen Beteiligten über Marcus Uhlig als aktuellem Chef und somit Rot-Weisser Rampensau ausrichten lassen, wie stolz wir auf sie sind. Denn das, was da gerade auf dem Platz passiert, ist Hafenstraßenfußball pur. Und sogar erfolgreicher! Also, lass auch mal Aufsteiger werden.

Der hat schon Gelb!

Laut übereinstimmenden Berichten beteiligter Personen waren meine letzten Worte, bevor ich der Sedierung zum Opfer fiel: „Rot-Weiss Essen steigt auf“. Zu weiteren Erkenntnissen hat es dann nicht mehr gereicht. Warum ich ausgerechnet noch dieses loswerden musste; man weiß es nicht. Vielleicht war es dem dringenden Bedürfnis geschuldet, dem RWE so mitzuteilen, wie sehr mir neben Familie und Freunden der Verein und vielfältige Zuspruch von der Hafenstraße Kraft und Mut gegeben hat.

Und was soll ich sagen:

„Raus,raus,raus…..der Tumor ist raus“.

Der hatte nämlich schon Gelb. Dunkelgelb sogar. Ein Treter vor dem Herrn. Ein selten blödes und unfaires Arschloch geradezu. Wer verpflichtet so jemanden überhaupt?

Heute morgen, drei Tage danach und doch einen Tag früher als geplant kam dann die alles erlösende Nachricht, welche das Ja-Wort bei Schweinsteigers noch an Freude übertreffen dürfte: Die Pathologie kam um die Ecke und mit ihr der endgültige Befund:

„Der Tumor hat nicht gestreut, herzlichen Glückwunsch, alles TOP“ Die Herrschaften konnten gerade noch das Zimmer verlassen, als der eigene kleine Zusammenbruch der Freude und Erlösung erfolgte. Ich befürchte, meine Mimik war der eines Ronaldos nach einem Foul nicht unähnlich. Hat zum Glück keiner mitbekommen und mein Trikot blieb natürlich auch an.

Nun beginnt der langsame Weg zurück in das sogenannte „normale Leben“ und hoffentlich auch schon bald wieder in das Stadion. Die nächsten Freudentränen möchte ich dann bei einem Aufstieg des RWE vergießen. Egal wann.

Danke! Danke! Danke! Nur der RWE!

Nasse Füße!

Trockenen Fußes hat keiner zu Spielbeginn die Hafenstraße erreicht. Gewohnte Stände vor dem Stadion wurden erst gar nicht aufgebaut, die ordnenden Helfer unter ihren Plastikponchos konnten einem fast leid tun. Hafenstraßenwetter, meinten die einen, während die anderen angsterfüllt an Drainage und Verl dachten. Das Wetter blieb, die Angst vor Wasserball war dagegen unbegründet: Unser Platz in einem besseren Zustand als der Lotte ihr Acker eine Woche zuvor. Zudem auch unsere Mannschaft wesentlich verbessert im Gegensatz zur Vorwoche.

Eines kann dieser Verein: Er nimmt uns immer wieder mit in eine Gemengelage, welche ständig zwischen Euphorie und Frustration schwebt. Hier kannst Du nicht einfach in Ruhe Fußball gucken, hier lebst Du Fußball. Mit Herz und Emotion. Und so wurde vor dem Spiel August Gottschalk gedacht. Sich zu seinen Ehren erhoben; nicht geschwiegen, sondern applaudiert! Ich mag diese Applausminuten. Habe das Gefühl, mit einem Lächeln Danke sagen zu können für das Geleistete.

Danke auch denjenigen, welche uns nach Georg Melches nun auch August Gottschalk flächendeckend in Erinnerung gerufen haben. Ganz groß! Wie passend gerade jetzt  die Meistertrikots. Zumal bei diesem Wetter. Vielleicht auch ein Quantum Motivation. Wir wissen doch alle, dass Fußball auch in den Köpfen stattfindet [In den Köpfen angekommen wohl auch die Botschaft, dass ein Spiel weder durch Böller noch durch „Give aways“ positiv entschieden wird. Das kostet nur!].  Wie dem auch sei, es war wieder einmal ein Abend wie kein anderer.

In der Halbzeit dann noch die Verabschiedung eines besonders verdienten Mitarbeiters des Vereins. Die Anwesenheit und Herzlichkeit aller Mitarbeiter des RWE hierzu auf dem Rasen verdeutlichte nur eins: Es gibt auch ein stimmiges Team hinter dem Team. Der so herzlichst verabschiedete brachte auf den Punk warum: Nur der RWE!

Wie in Lotte geriet der RWE zwar auch in Rückstand, scheint aber zur Zeit auf Selbstqual zu stehen, kommt erst danach so richtig in die Puschen. Dann aber werden jene schon mal gegen eleganteres Schuhwerk getauscht: Raumgreifende Pässe, Solis auf tiefem Boden und Kampf bildeten die Grundlage für drei wunderbare Tore. Eines schöner anzuschauen als das andere. Wobei eigene Treffer immer schön sind, auch reingestolpert. Als Garnitur obendrauf noch zweimal der Pfosten und andere Torschüsse. Die Gäste aus Wiedenbrück rechtfertigten ihren Tabellenplatz ebenso. Kurzum: Ein herrlicher Fußballabend. Es braucht halt nicht immer Sonnenschein und 20 Grad. Rot-Weiss Essen war somit nach dem Schlusspfiff wieder Tabellenführer, mindestens für eine Nacht.

Und da wir uns nun in die Winterpause begeben, vielleicht noch einige abschließende Gedanken: Fast nicht mehr nachvollziehbar, wie wir uns alle miteinander nach hoffnungsvollem Saisonbeginn in den Abwärtstsrudel begeben haben. Mahnung für die Zukunft. Dann aber durch miteinander reden so aus dieser Krise herauszukommen: Das schaffen auch nicht viele. Stilbildend für die Zukunft. Und Ihr wisst Bescheid: Vor jeder Saison mal eben „Tach“ sagen. Kostet nicht viel, kann aber unbezahlbar sein! Für alles andere gibt es Gelsenkirchen.

Überhaupt bietet diese saisonale und adventliche Jahreszeit eine gute Gelegenheit grundsätzlich einmal Danke zu sagen. Und zwar völlig subjektiv: Danke allen Fans, die immer und überall vor Ort sind, denen kein Weg zu weit scheint. Danke Dir am Megafon, dass Du ein gutes Gespür dafür hast, dass Fans aller Couleur auf der Westtribüne stehen und somit von Haus aus eine breite Mischung an traditionellen und neuen Fangesängen mitbringen. Für mich passt das! Danke auch für den unermüdlichen Einsatz an Trommel und Stimme. Danke Fanprojekt, Fanvertreter, Sangesbarden und rot-weissen Rappern. Danke  Vereinshistoriker, Autoren und Bewahrer der Tradition. Danke Fanradios, Fanzine und uralte Ultras!

Natürlich gefällt nicht automatisch jedes Lied, nur weil es von einem RWE Fan kommt oder steht jedes Buch direkt im heimischen Regal. Die Vielzahl und Vielschichtigkeit ist es, welche beeindruckt. Und dass alle sich unter dem Strich immer wieder auf einen gemeinsamen Nenner einigen: Nur der RWE!

Und weil es gerade so schön und frisch aus dem Adventskalender gekullert kommt: Danke FC Hennef 05. Der RWE, am Ende eines langen Jahres doch noch Spitze.

Nun Pacht mal hinne da!

Gibt man in Langley, beim Secret Intelligence Service oder zur Not bei handelsüblichen Suchmaschinen die Begriffe „RWE – Stadion – Pacht“ ein, so ist der erste Treffer auf den 5. Januar 2012 datiert. Schon da waren sich Stadt und Verein uneins über den Pachtvertrag, dessen Inhalte und seine Zahlen.

Was natürlich stutzig macht: Wir schreiben nun den 25.Juni 2013, eine ganze Saison im neuen Stadion Essen liegt hinter uns. Wie gestaltet sich denn so ein Jahr vertragslos zwischen zwei Parteien ? Oder geht es nun wirklich in letzter Instanz  darum, wer nun den Nagel in die Wand schlagen darf, und wer nicht? Dann kann hier vielleicht eine Tatsache beruhigen, die so sicher ist wie das Prost beim Pils: Das Stadion Essen wird vielleicht in 70 Jahren abgerissen, weil nicht mehr den Anforderungen entsprechend! [Direkt nebenan auf dem Parkplatz wird während des laufenden Spielbetriebes daher das #Stadionessen2 gebaut]

Den RWE aber, den wird es ewig geben. Will sagen: Ein Verein ist nicht nur größer als seine Spieler, sondern auch größer als sein Stadion. Wir wissen alle, wie oft die Stadt für Pleiten, Pech und Pannen des RWE geradestehen durfte oder musste. Wohl eher letzteres! Aber, das muss nun auch mal ein Ende haben. Allein Rot Weiss Essen ist in der Lage, dieses Stadion adäquat zu nutzen, seine Kapazitäten auszuschöpfen und über die Stadtgrenze hinweg bekannt zu machen. Von daher ist es ausgemachter Humbug, das über Bilder an den Wänden überhaupt diskutiert werden muss.

Wenn wir in dem Stadion Essen nun in Zukunft Sportgeschichte schreiben wollen, geht das in erster Linie nur über den RWE. Wie eben in der Vergangenheit auch. Meine Güte, hier könnte man ja glatt den Hoeneß machen: Ja wen wünschen sich denn die Fußballfans in Umfragen in den Profifußball zurück ? Ja wer steht denn in der Zuschauertabelle über einigen Zweitligisten ? Und warum habe ich Steuergesetze nötig ? Gut, das tut jetzt hier nichts zur Sache, aber unter dem Strich bleibt folgendes festzuhalten: Lasst den Verein mal machen.

Nur gebt uns Fans die großen und kleinen Erinnerungen, die wir brauchen, um uns jetzt so richtig heimisch einzurichten. Wir wohnen doch nun da! Es wird doch möglich sein, einen Pachtvertrag so zu verifizieren, dass unter dem Strich eine Win-Win-Situation herauskommt. Dann können wir auch endlich wieder auf den Spielern herumhacken, wenn diese dann nicht unsere Wünsche erfüllen.

Davon abgesehen haben hier viele Menschen einen tollen Job gemacht, um das neue Stadion zu realisieren. Haben viele Menschen einen tollen Job gemacht, um unseren Verein am Leben zu erhalten und dahin zu bringen, wie ihn die letzte Jahreshauptversammlung eindrucksvoll und mit schwarzen Zahlen präsentiert hat. So hat die GVE  mit Engelsgeduld immer wieder unsere Fragen beantwortet, Fototermine ermöglicht und sich auch der Kritik gestellt. Danke!

So hat sich der Verein endlich seiner Basis besinnt und sich bisweilen konträr zur öffentlichen Meinung in Sachen Fans aufgestellt, die Wertigkeit der Seele eines Vereines aufpoliert. Das der Lippens vom alten Melches in seiner Kammer beim (beißaufdieZunge) erwischt wurde, ist Mythos. Wenn aber 12:12 ansteht, so ist das Realität und Gegenwart. Danke!

Tja, es scheint, als ob nach vielen Jahren nun eine Saison an der Hafenstraße ansteht, in welcher es nur um die jeweils 90 Minuten auf dem Platz gehen könnte. Was ein Problem für „ISDT“ werden wird: Wir hatten Stadionbauten in Nordhorn und Essen; Insolvenzen in Nordhorn und Essen; Fanmassen in, ok: Essen; Wir konnten uns über den Hickhack zwischen Verein und Stadt austoben; Dem Mythos huldigen.

Aber, was wird denn jetzt aus uns? Wir haben doch eigentlich gar keine Ahnung vom Fußball! Wir lassen uns etwas einfallen und sagen bis dahin einfach auch mal ganz herzlich: DANKE! Ach so: An den Pachtvertrag denkt Ihr, ja?