Monatsarchive: Mai 2015

Sehnsucht heißt ein altes Lied der Taiga

Das gemeine Saisonende. Herbeigesehnt und doch wieder verflucht. Schließlich ist nach der Saison ja vor der Saison. Nach der Hoffnung ist vor der Hoffnung; nach dem Trainer ist vor dem Trainer. Was ist mit oder kommt nach „UE“ und warum bringt unser neues Trikot rückwärtig betrachtet direkt Ballast in Form eines undefinierbaren Streifens mit sich? Die Intention des Designers hätte ich an dieser Stelle gerne gehört. Vorne annehmbar; in seiner roten Schlichtheit passend zum Spiel, von hinten jedoch untenherum pfurzhässlich.

Und wann wird`s mal wieder richtig Sommer? Das aber alles sekundär, haben doch unsere zukünftigen Erstrundenteilnehmer die aktuelle Saison ziemlich konsequent mit einer 1:2 Niederlage gegen die Kölner Zweitvertretung beendet. Der finale Schulterschluss blieb diesmal somit aus. Allzu viele Schultern waren aber auch nicht mehr zugegen. Eine Saison, die jedem einzelnen von uns mindestens zehn Fanleben gekostet hat. Der RWE als App, und wir hätten unser Datenvolumen schon zur Winterpause aufgebraucht; müssten „In App Käufe“ tätigen, das Datenvolumen aufstocken oder dergleichen. Knackpunkt Aachen inklusive.

Auf und Ab in einer Achterbahn, die ob zweier Protagonisten von Beginn an nicht wirklich TÜV geprüft wirkte. Sportliche Philosophie anders definiert mit dem Kader dieser Saison, und wir stünden morgen in der Relegation. Behaupte ich einfach mal. Aber, was verstehe ich schon von Fußball, würde ich doch auch einen Tim Hermes nicht wirklich abgeben wollen. Ein Mann wie ein Einwurf.

Ein Einwurf andere Art sei aber an dieser Stelle gestattet: Wir haben den rot-weissen Kessel von allen Seiten dermassen befeuert, so dass dieser dem Druck kaum mehr standgehalten hat. Wenn diese Saison etwas Gutes hat, dann die Erkenntnis, dass der sportliche Ausweg aus dieser Viertklassigkeit nicht erzwungen werden kann. Etwas Geduld würde uns allen gut zu Gesicht stehen. Wir steh`n zu Dir, auch in Liga Vier. So schwer es auch fallen mag. Diese Saison sollte schnell in Vergessenheit geraten. Jetzt gilt es wieder, sich gegenseitig Respekt zu erarbeiten. Auf dem Rasen und auf den Tribünen. Und im Miteinander!

Anderweitig sind nun auch fast alle Würfel gefallen. Natürlich quält uns der „Dino“ mal wieder über Gebühr, hat es Kaiserslautern einmal mehr nicht geschafft und existiert Bielefeld scheinbar doch. Sport1 kann zum eigenen Leidwesen die zweite Liga noch nicht zur Besten aller, aller, aller, aller usw. Zeiten bewerben, ist doch der FC Ingolstadt dieser entronnen. Aber eben auch der SV Darmstadt 98.

Der einzige Verein neben dem VfL Bochum, der trotz seiner Vereinsfarben sympathische Züge trägt. Die Lilien werden gerade bundesweit gefeiert und steigen auf einer Oldschool Welle auf, wie es sie lange nicht mehr gegeben hat. Die Kabinen am Böllenfalltor werden noch viele, der Realität entrückten Fußballer, erden. Dass die sportliche Leistung der Ingolstädter fast untergeht und wohl mehr über die vier Ringe definiert wird, ist nicht wirklich fair den Spielern gegenüber, aber damit war zu rechnen.

Der Aufstieg der Lilien hingegen wird so oft mit Fußball statt Geld begründet, so dass man sich nichts sehnlicher wünscht, als eines Tages auch dieses sportliche Ziel zu erreichen. Und Fußball Deutschland freut sich dann mit mit Rot-Weiss Essen. Realistisch betrachtet spielen nun der FC Ingolstadt und die Lilien die beiden Direktabsteiger unter sich aus. Höchstens noch bedrängt von Schalke 04. In Paderborn jedoch darf man zurecht stolz auf die abgelaufene Saison sein. Man hielt nicht nur am guten Trainer fest, legte sportlich gute Auftritte hin, sondern brachte auswärts auch jedes Mal die halbe Stadt mit. Chapeau!

Und auch wir gehen nun in die Sommerpause. Vielleicht bis bald. Nur der RWE!

Emotional flexibel

Den Staubsauger in der linken, mit der rechten am Schrank abgestützt. Kaum mehr wahrgenommen, was rund um einen passiert. Gefühlte 56 Minuten einen Quadratzentimeter Boden mit genanntem Reinigungsgerät bearbeitet. Solche Extremsituationen bescheren Dir entweder die Vorarbeiterin einer Reinigungsfirma oder ein Elfmeterschießen des eigenen Vereins. Und dann auch noch am Bildschirm. Einem kleinen Bildschirm zudem.

Aber immer noch besser als ein Liveticker, welcher in der 90. Minute noch von einer Großchance berichtet, um dann erst einen Tag später den Abpfiff zu verkünden. Natürlich ist es grundsätzlich im Stadion schöner, aber am Vortag der eigenen Hochzeit galt es noch, diverse Vorbereitungen zu treffen. Die emotionale Flexibilität war bereits um 13:45 Uhr dahin, als es noch kein Bewegtbild aus der Schnäppchenbude Stadion Essen gab. Mit Anpfiff gab es dann jene bewegten Bilder; gut gefüllte Tribünen, eine mir fehlende Zaunfahne und die schönsten Trikots der letzten Jahre auf einem Fußballrasen.

Oberhausen hat wohl jeden Einwohner zwangsverpflichtet, denn sonst ist die Diskrepanz zwischen Liga- und Endspiel im Gästeblock wohl kaum zu erklären. Das einheitliche Bild dort konnte gefallen. Den Pyro Auftritt nach der Halbzeit gab es jedoch schon in der Liga, ist somit geschenkt. Was den jetzt wirklich gravierenden Unterschied ausmacht, ist die Tatsache, keinen „buffen“ zu können. Jemals im Stadion gewesen, ohne den Steh- oder Sitznachbarn „gebufft“ zu haben? Siehste, geht nicht. Vor dem kleinen Bildschirm aber ist keiner da, den es zu „buffen“ gilt. Guckt ja keiner mit, haben alle zu tun. Fürchterlich. Also halt der Staubsauger.

Intensives Spiel da am Bildschirm im eigentlichen Wohnzimmer an der Hafenstraße. Die Augen werden größer, geht es in Richtung Oberhausener Tor und verschwinden ängstlich hinter einem Schrank, nähert sich der Gegner dem eigenen Tor. Man vertraut der eigenen Mannschaft halt nicht wirklich. Die Atmosphäre kommt gut rüber, gefällt sehr. Drei Tribünen, ein Verein. Kurzzeitig fällt der Staubsauger zu Boden, als der Kommentator den aktuellen Trainer erwähnt. Der ja Nachfolger seines besonders beliebten Vorgängers sei. Äh…nee, nicht wirklich. Letzteres jetzt. Dann passiert das Unvermeidliche: Es klingelt an der Tür. Auch wieder etwas, was im Stadion so nicht passieren kann. Vielleicht wird man höchstens für alle vernehmbar aufgefordert, sein Auto umzuparken. Aber auch das dürfte in einer Häufigkeit passieren, die so wahrscheinlich, wie eine Meisterschaft auf Schalke.

Die ersten fünfundzwanzig Minuten der zweiten Halbzeit fehlen somit in der ureigenen Endspielhistorie. Weiterhin torlos Unentschieden. Die Schlussphase nähert sich. Die Phase eines jeden Spiels also, in welcher der RWE sich in schöner Regelmässigkeit seinem tragischen Schicksal ergibt und einen ganzen Verein glanzvoller sinken lässt, als seinerzeit der Eisberg die Titanic. Es gab aber kein Gegentor. Keinen Eisberg. Leider auch kein eigenes Tor. Weitersaugen in der Verlängerung also. Whattsapp meldete sich auch mal zu Wort; zeugte von Hitze in Essen.

Hitze auch im Staubsauger. Abpfiff der Verlängerung und Elfmeterschiessen. Somit war eigentlich klar: RWO gewinnt den Pokal und der RWE schafft das Double [ bereits Zwiebelpokalsieger] nicht. Kenner der Materie wissen um diese Gedankengänge vor einem Elfmeterschiessen mit rot- weisser Beteiligung. Und nein, der FC Bayern ist an dieser Stelle nicht gemeint. Unsere sind da in der Vergangenheit nicht wirklich immer  im Thema gewesen. Union Berlin einmal und ausdrücklich ausgenommen. Der Staubsauger nur noch in Fragmenten auf dem zuvor in 120 Minuten ekstatisch gereinigten Boden.

Hier und jetzt half nur noch Alkohol, auch wenn der erst einen Tag später zum Einsatz kommen sollte. Hingucken oder weggucken, das war hier die Frage. Die Antwort lautet: Das 55er Meistertrikot musste für einiges herhalten. Gab es jemals schöner geschossene Elfmeter? Nein! Gab es jemals eine solidere Antwort darauf? Auch nein! Und gab es jemals einen souveräner gehaltenen Elfmeter durch einen Torhüter, welcher in der ganzen Saison dermaßen auf das Fell bekommen hat, wie kaum einer seiner Kollegen? Nein! Wahnsinnig gemacht hat mich unser Torhüter in der Saison bisweilen. Aber wahnsinnig habe ich mich auch über diesen gehaltenen Elfmeter gefreut. Für ihn. Ok und für mich.

Ja, jaaa, jaaaaa… brüllte es durch die Wohnung. Kinder suchten verschreckt das Weite. Die Zukünftige wähnte sich schon einen Tag später im Standesamt; der Staubsauger erfreute sich inniger Umarmung. Rot- Weiss Essen hat den Europapokal 2015 gewonnen und sich damit die Teilnahme am DFB Pokal 2015/2016 gesichert. Es war ein aufregendes Finale. Kein hochklassiges, sondern schon der Liga entsprechend. Aber spannend. Dramatisch, und mit einer anschließenden Party, die Nachahmer finden wird. Dazu bedarf es lediglich einen Euro oder einen Chip nebst Einkaufswagen. Das nun Oberhausen die Abrechnungsmodalitäten moniert, gehört zur Folklore. Wunschgegner für die erste DFB Pokalrunde meinerseits: Der 1. FC Union Berlin und Frühdienst. Und Aufstieg. Aufstieg wäre wichtig. Herzlichen Glückwunsch, Ihr vielgescholtenen. Nur der RWE!

Ein Double winkt verschüchtert aus der Saisonecke.

Alles wird teurer. Benzin, Milch, das Stadion Essen; natürlich auch Energie. Vieles lässt sich erklären, manches stößt gemeinhin auf taube Ohren, und in punkto Stadion sind wir dann einfach mal sprachlos. Das aber nur am Rande. In einigen Stunden ist nämlich Pokal. Das Finale! Der „wo ihr Ziel nicht erreicht haben“ Pokal, besser bekannt auch als „Niederrhein Pokal“ wird ausgespielt. Dem Gewinner winken einige Euros für die Vereinskasse und das DFB Pokal Finale der kommenden Saison in Berlin. Die Kostenfalle namens Stadion Essen ist gut gefüllt, es gibt Stauder statt Hugo und pfeifen keine Spatzen von den Dächern, sondern singen Fans auf den Tribünen.

Dann noch zwei Spiele gegen Zweitvertretungen und eine weitere Saison ist geschafft. Die war richtig gut. Hat Spaß gemacht. Sind wir doch bereits Zwiebelpokalsieger und können heute das Double perfekt machen. Scherz beiseite: Es kann nur besser werden. Und es wird auch besser. Ob wir das allerdings noch erleben dürfen, das weiss natürlich keiner so genau. In diesem Sinne: Nur der RWE!

Kein Umschaltspiel. Kein durchgesteckt. Kein getunnelt. Kein Aufstieg. Keine Kompromisse. Kein anderes Bier.

Die etwas andere Fastenzeit. Sie dauert keine vierzig Tage. Die Fastenzeit von der hier die Rede sein wird, dauert etwas länger. Viel länger. Es gibt Saures, nicht Süßes. Es gibt die Erkenntnis, dass man sich bei aller Liebe durchaus auf Zeit trennen kann. Von der Mannschaft natürlich. Niemals vom Verein. Es gibt die Ohnmacht einer Tastatur, die dermaßen Gefühle rausgehauen hat, so dass sie schon despektierlich als „Rosamunde Pilcher der Fußballblogger“ bezeichnet wurde.

Hat alles nichts gebracht. Der Blog hat die Spieler nicht erreicht. Da steckt so der Wurm drin, obwohl die beiden, die uns gewurmt haben, vom Hof sind. Hennef also wohl der Wurmfortsatz. Die Träger des Meisterschaftstrikots von 1955 haben eine Saison hingelegt, welche in allen Belangen nur mit „Scheissendreck“ [Pilcher Freunde mögen verzeihen] in die Vereinshistorie eingehen wird. Auf und neben dem Platz; auf und neben den Rängen.

Wenn das gegen Hennef nun passiert ist, weil fokussiert auf Oberhausen, dann bitte ich noch einmal, alle Pilcher Freunde die Ohren zuzuhalten: Dieses „fokussiert auf XY“ und „XY im Kopf“ ist eine solche Kinderkacke, das hat einfach im Sport nichts mehr zu suchen. War nicht der nächste Gegner immer der schwerste? Dieses Pokalfinale rettet keine Saison. Dieses Pokalfinale könnte aber wenigstens finanziell abfedern, was die Saison an Schaden verursacht hat.

Aber mal besser nicht fokussiert sein auf die erste DFB Hauptrunde gegen den FC Schalke, denn dann wird ja das Finale verloren. Weil XY im Kopf. Vielleicht und hoffentlich gewinnen wir den Niederrhein Pokal. Vielleicht und hoffentlich gewinnt aber auch die „West“, denn da ist Platz für alle. Für alle Rot-Weissen. Das aber nur am Rande der Tribüne. Und dann, das ist kein Witz, würde ich mir eben jene aus Gelsenkirchen nicht als Erstrundengegner der kommenden Saison wünschen. Dann nämlich geht die ganze Kacke wieder los: Hans und Franz wollen auf einmal für den ach so tollen Verein von der Hafenstraße auflaufen. Voll fokussiert auf die erste DFB Pokalhauptrunde. Die Liga wird dafür natürlich einmal mehr gnadenlos versemmelt. Kann mich ja gar nicht konzentrieren.

Nun gut, um sich endgültig vom Pilcher Image zu distanzieren ist es noch zu früh, aber es fällt schon extrem schwer, sich als Fan zu ordnen. Zu verstehen und weiter zu leiden. Selbst das Marketing kann nun keine Kampagnen mehr aus dem Hut zaubern, die auf Vereinserfolgen basieren. Auch das nun Geschichte. Der nächste, historisch zu würdigende Anlass, ist der, an dem Lothar auf die Stange stieg. Mann,Mann,Mann…….es schreibt sich gerade so sperrig wie die Mannschaft sich bisweilen auf dem Feld bewegte. Vielleicht bin ich einfach nur fokussiert auf meinen Aufstiegsartikel.

Wenn die Saison aber doch etwas Gutes hatte, dann die bittere Erkenntnis, dass wir tatsächlich nur einer von vielen Viertligisten sind. Nicht wirklich auf eine DFB Reform hoffen können. Der eingereichte und genehmigte Urlaub für die Relegationsspiele ist wieder abgegeben; sollen sich Kollegen an diesen Tagen schöne Stunden machen. Aber egal wohin die Reise gegangen wäre, ob nach Würzburg, Zwickau, Bremen oder Offenbach, kein Weg wäre zu weit gewesen. Unrasiert und fern der Heimat, alles und alle für den Verein. Na ja, verabschieden wir uns schnell wieder von der Romantik. Die Realität sieht anders aus. Weiter hier, in Liga Vier. Keine Pilcher. Eher Tarantino.