Original & Diskrepanz #252
Die nächste sogenannte englische Woche bescherte uns den großen Taxiteller vieler Imbisse irgendwo in Essen: Einmal mit alles dabei! Auf die Niederlage in Mannheim folgte der Sieg gegen Hoffenheim, ergänzt durch das Unentschieden in Aue ohne heim. Es hätte in Aue vor allem aufgrund der Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit endlich der erste Auswärtserfolg überhaupt im Erzgebirge werden können, aber die erste Halbzeit wusste dieses noch zu verhindern. Auf jeden Fall wurde die kuriose Serie der 1:2 Niederlagen seit dem Aufstieg in die 3. Liga beendet und somit brauchen wir in Zukunft die Punkte nicht per Post in den Schacht schicken. Aber diese Idee seinerzeit von Paul Breitner in Richtung Kaiserslautern formuliert ist ja auch schon einige Jahre älter.
Es war auf jeden Fall ein Dreiklang der Emotionen für alle Fans von Rot-Weiss Essen, die einen gemeinsamen Nenner weitestgehend zu verhindern weiß. Auf Schlagdistanz zur Tabellenspitze sehen sich die einen, weit hinter den Ansprüchen zurück die anderen. Wieder andere fordern einen Trainerwechsel noch in der Länderspielpause und nicht wenige sind mit den ganzen unterschiedlichen Meinungen schlichtweg überfordert. Es ist schon schwierig in dieser Gemengelage immer entspannt zu bleiben und sich nicht beeinflussen zu lassen. Egal aus welcher Richtung. Ein weiterer Aspekt ja auch immer die These, wer überhaupt über die Spiele von Rot-Weiss Essen diskutieren darf.
Bisweilen wird da im Forum regelrecht eine Klassifizierung vorgenommen, wer an erster, zweiter und hinterster Stelle der Fanhierarchie steht und sich somit ein Urteil erlauben darf. Das sollte man tatsächlich nicht zu ernst nehmen, was da bisweilen fabuliert wird, denn es gibt immer nur eine Option: Als Fan von Rot-Weiss Essen ist man automatisch immer der höchsten Kaste angehörig, die ein Fußballfan im Leben erreichen kann. Alle, die sich beispielsweise vergangenen Sonntag mitten in der Nacht in den Bus gen Aue gesetzt haben, nur um kurz vor Mitternacht wieder in Essen aufzuschlagen, sind Heldinnen und Helden, getrieben von ihrer Leidenschaft. Sie haben für 90+ Minuten im Stadion fast mehr als einen ganzen Tag Freizeit geopfert. Aber selbst der Fan am heimischen Empfangsgerät bei Magenta-Sport, die Hörer von Radio Essen und Radio Hafenstraße oder die Fans an den diversen Liveticker sind mit der gleichen Leidenschaft dabei, wie die mitgereisten Fans im Stadion. Und die hatten wenigstens die Chance auf den Nudeltopf.
Es gibt also keine Fans erster oder zweiter Klasse bei Rot-Weiss Essen. Es gibt nur eine gemeinsame Leidenschaft, die bisweilen Leiden schafft. Leider ist nun einmal mehr Länderspielpause, vielleicht aber auch ganz gut so. Die Diskrepanz der Halbzeiten kann analysiert werden und dann wartet ja auch noch das Zweitrundenspiel des Niederrheinpokals auf unsere Mannschaft. Dort sollte man von Beginn an hellwach sein, denn für das Kleeblatt ist es einmal mehr das Spiel der Saison.
Hellwach im Schutze der Dunkelheit leider wohl auch diejenigen, die unserem Boss das Sprunggelenk durchsägen wollten. Was um alles in der Welt stimmt nicht mit denen, die ernsthaft versucht haben, den Boss zu entwenden? Und wie sähe die weitere Verwertung aus, um die uns liebgewordene Statue zu Geld zu machen? Die Georg-Melches Straße, der Helmut-Rahn-Platz und die kleine Gruga sind Bestandteil unserer rot-weißen Kultur, die selbst von allen Rivalen akzeptiert wird. Die auch auswärtige Fans gerne bestaunen, ohne jemals die Kettensäge schwingen zu wollen.
Der Inhalt der Kolumne wurde diesmal in der WAZ komplett durcheinandergewürfelt. Hier also das Original.