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Vatertag. Pfingsten. WDFV. Ole Ole.

Es war am sogenannten Vatertag. Tagsüber verbracht nicht nur mit der Liebsten, sondern abends auch mit Fans des SV Werder, des FC St. Pauli und von Borussia Mönchengladbach. Allesamt langjährige Freunde und Väter. Daher trafen wir uns mit gebotenem Abstand zueinander. Wir haben kaum über Fußball geredet. Eigentlich gar nicht. Schließlich sind die drei Freunde keine „aktiven“ Fans (Sprich Stadiongänger) wie ich es einer bin. Sondern eher TV Konsumenten. 

Aber selbst der vergangene Geisterspieltag war jetzt nicht so wirklich von Interesse, viel zu unwirklich das Ganze. Somit war ich wohl der einzig wirklich leidende Fan von uns Vieren. Schließlich ist für mich Fußball weiterhin Rot-Weiss Essen. Ist Frikadelle und Freunde. Findet im Stadion statt statt nur anderweitig dabei. Geht bis ins Mark anstatt auf der Mattscheibe dahin zu vegetieren. 

Unser diesjähriger Urlaub war geplant rund um die Relegationstermine zwischen dem Vertreter aus dem Westen und dem Nordosten. Grundsätzlich eine aberwitzige Ansetzung, denn Meister müssen aufgrund der gebotenen Saisonleistung zwingend aufsteigen. Nun wollte unser designierter Meister jetzt nicht wirklich, was kurzfristig die Hoffnung nährte, dass unser aller RWE für die Küchenjungs aus Rödinghausen einspringt. Hätten wir natürlich auch sehr gerne gemacht.

Ich glaube übrigens weiterhin fest daran, dass sich der weitere Saisonverlauf insofern positiv für uns entwickelt hätte, so dass wir spätestens Mittwoch vor Vattertach eine Rot-Weisse Karawane auf der Autobahn Richtung Leipzig, Cottbus oder Berlin hätten erleben dürfen.

Man darf ja gar nicht daran denken, was ein erstes Pflichtspiel außerhalb der eigenen Landesgrenzen für Euphorie rund um die Hafenstraße ausgelöst hätte. Von Kategorie A bis Z wäre so ziemlich alles auf der Bahn, was jemals die Buchstaben RWE aufsagen konnte oder irgendwie damit sozialisiert wurde. Mit im Reisegepäck die Euphorie der Stunde, aber auch die Angst des Scheiterns. 

Naturgemäß und allseits bekannt wurde nichts aus diesen erträumten Sternstunden Rot-Weisser Fußballkultur.  Zwischen uns und unseren Plänen steht immer noch ein Westdeutscher Fußballverband. Ja gut, und die Tabelle. Wattenscheid hin oder her. 

Im Norden und Südwesten der Regionalligarepublik wurden mittlerweile Entscheidungen getroffen: Aus dem Südwesten hat es der 1.FC Saarbrücken in die dritte Bundesliga geschafft. Aktuell ohne eigenes Stadion und in Völklingen zu Gast. Herzlichen Glückwunsch an die Saar. Der Parforceritt durch den DFB Pokal hat gezeigt, das da eine gute Truppe am Start ist. Aus dem Norden hat es via Anordnung der VfB Lübeck zurück geschafft. VfB Lübeck…da dreht sich mir als Erstes der Magen um und macht es mehr als nur „Örks“. Der VfB kann nichts für unseren charakterlosen Haufen vom 31.5.08. Aber er wird stets damit in Verbindung gebracht werden. Die Lohmühle ein schöner Fußballort. Alles Gute zum Aufstieg.

Bleiben unter anderem wir. Also die Regionalliga hier. In unserem Revier. Liga Vier. Mit dem Angebot einer sportlichen Auseinandersetzung ist der RWE wie erwartet beim WDFV gescheitert. Das muss man verstehen, denn sportliche Entscheidungen sind nicht so das Ding da im Verband. Das wäre ja auch alles zu einfach. Nee, wir warten einfach ab, bis der SC Verl eine entsprechende Spielstätte präsentiert und bekommen die Geschichte dann wie folgt abgenickt: „Aufgrund der aktuellen tabellarischen Aktualität unter Berücksichtigung aller punktuellen Punkte nebst temporärer Tabellensituation unter Missachtung der Wattenscheid Tragödie und unter vollkommener Vernachlässigung weiterer Spiele haben wir vor, wie folgt zu entscheiden: Mit sofortiger Wirkung werden wir spätestens am 20. Juni den SC Verl zum Relegationsteilnehmer bestimmen. Sollen die Verler dort machen, was sie wollen, aber wir benötigen weiter den RWE in der Regionalliga, um mit den Abgaben unsere Rechnungen zu bezahlen“. 

Und somit harren wir also nun der Dinge, um endlich Klarheit zu bekommen. Die wir ja eigentlich schon haben. Seien wir ehrlich: Wir werden auch kommende Saison Viertklassig erstklassig unsere Lieder singen. Und in Anbetracht der Tatsache, wie sich der DFB und seine Dritte Bundesliga gerade präsentieren, vielleicht nicht einmal die schlechteste Idee. Das dortige „Alle gegen Alle“ ist nicht mehr so unsere Sache. Bei uns ist gerade und einmal mehr Zusammenhalt gefragt. Die Mitgliederzahl tendiert Richtung „Allzeithoch“ und ganz nebenbei wurde auch noch der Engelmann aus Rödinghausen verpflichtet. Auch nicht schlecht, cooler Move!

Meine Güte, was vermisse ich die Hafenstraße. Diesen Moment, wenn die Mannschaft aus den Katakomben kommt, um sich vorzubereiten. Die ersten Gesänge angestimmt und unsere Fahnen geschwenkt werden. Wenn sich Vorfreude auf das Spiel mit wohliger Aufgeregtheit abwechselt. Der letzte Blick vor dem Anpfiff über die Tribünen. Der gewunkene Gruß Richtung „R4“. Das sind die Momente, in denen Rot-Weiss Essen völlig losgekoppelt von jeder Liga agiert. Momente, in denen RWE stets erstklassig ist. Neunzig Minuten nur der RWE!

Alles wird gut! 

 

 

 

 

Wir denken selten an das, was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt (Arthur Schopenhauer)

Ich kann nicht für Fans von hochklassigen Vereinen sprechen. Ich kann das nicht einmal für die vielen Fans von Rot-Weiss Essen. Ich kann einfach nur meine viertklassigen Gedanken niederschreiben. Und die drehen gerade emotional so ziemlich am berühmten Rad. Rational betrachtet machen wir gerade alles richtig. Am vergangenen Donnerstag wurden jetzt sogar Reisende aus den benachbarten Niederlanden daran gehindert, in unsere Grafschaft Bentheim einzureisen, sofern sie denn keinen triftigen Grund vorweisen konnten. Zwischen Nordhorn und Denekamp herrscht normalerweise mehr zwischenmenschlicher Verkehr als in jedem Puff der Republik, das zur Erklärung!  Diesen zu unterbinden zeigt einmal mehr den Ernst der Lage und ist auch richtig so. Irrational betrachtet jedoch fehlt uns gerade so ziemlich alles, was unser Leben als Fan ausmacht. Dabei ist übrigens ein schönes Phänomen zu beobachten: Je mehr uns der Alltag momentan im direkten Miteinander an Distanz auch abverlangen mag, umso mehr steigt die emotionale Bindung zu unserem Verein. Also zu Rot-Weiss Essen. Ich denke, dass renommierte Robert Koch-Institut käme zu der selben Erkenntnis, würde sie diesbezüglich Untersuchungen anstellen.   

Auch der allerletzte Fan, der sich in den Kommentarspalten vergangener Tage selbst nach knappen Erfolgen noch hämisch über den Verein ausgelassen hat, dürfte langsam aber sicher verspüren, dass ihm etwas ganz wichtiges im Leben fehlt. Was zuvor im normalen Ligabetrieb so nicht zugegeben werden konnte, galt es doch in erster Linie zu lästern und kundzutun, was für Schwachmaten da Saison für Saison auf dem Feld herumstolpern. Keine Liga, kein pöbeln! Tut uns anderen natürlich auch mal gut. Man kann einen Verein übrigens auch mögen, ohne ihn runterzumachen. Das aber nur so am Rande. 

Unseren stolzen Verein Rot-Weiss Essen besuchen diese Saison bislang durchschnittlich aktuell 10.934 Fans. Unser Verein lebt von diesen Fans. Lebt von den Tageseinnahmen (abzüglich der Dauerkarteninhaber*innen). Lebt davon, was die Fans im Fanshop und an den diversen Tresen an Geld lassen, um sich ihr eigenes Stadionerlebnis zu schaffen. Natürlich lebt ein Verein wie RWE auch von der Unterstützung der Sponsoren, ohne Zweifel! Aber hier an der Hafenstraße zählt und zahlt der Fan noch! Das ist nicht zu vergleichen mit dem Zirkus Bundesliga, wo der Fan oftmals zum Kunden deklariert wird, und ansonsten gerne seinen Mund oder Feindbild zu halten hat. Hier in der Regionalliga lebst Du nicht nur Deinen Verein, sondern dieser lebt auch durch Dich und Deinen Besuch. Das schafft schon mal eine Nähe, die vielen Vereinen speziell der ersten Bundesliga abhanden gekommen ist. 

Zudem bin ich sehr erschrocken darüber, wie schnell das finanzielle Kartenhaus dort im Verbund „Verein und Übertragungsrechte“ zusammenzubrechen droht. Ganz wichtig auch die Botschaft handelnder Personen: Während zum Beispiel bei unserem RWE recht schnell alle Beteiligte Kurzarbeit und Gehaltsverlusten zugestimmt haben, um Verein und Arbeitsplätze zu retten, liest man recht wenig darüber in den oberen Etagen. Im Gegenteil, wird doch eher Rettungsschirm an Rettungsschirm herbeigerufen, um den Bumms am Laufen zu halten. Dumm nur, dass den Bumms wohl kaum einer sehen will, findet dieser zwar am TV, aber in leeren Stadien statt. Hier überschätzt sich der Bundesliga Fußball meines Erachtens gerade gewaltig. Der wirkliche Fußballfan guckt lieber im Stadion Rot-Weiss Essen gegen den „1.FC Wenauchimmer“ als beispielsweise die TSG Hoffenheim gegen den 1.FC Köln als Geisterspiel am Bildschirm. 

Und weil der RWE eine solche Anziehungskraft auf den Fan hat; im hiesigen Fußball immer noch eine gute und emotionale Adresse darstellt, ist er auch ständig mit dabei, wenn in Funk und Fernsehen von den wirtschaftlichen Problemen der Vereine die Rede ist. Marcus Uhlig dürfte sich mittlerweile den Mund fusselig geredet haben, um das Dilemma Corona für den RWE erklärt zu bekommen. Auch dem RWO sein Hajo Sommers in diesen Tagen ein gern gesehener Interviewpartner mit guten Ansichten. Gute Ansichten, die aber immer dann an die Grenzen stoßen, wenn es wirklich um eine Entscheidung geht. Wenn es wirklich um den Tag X geht, an dem die Saison für beendet erklärt wird.

Und nun sitzen wir hier und schreiben auf teurer Tastatur einen Text über unsere Vergangenheit, damit ich den Frust verlier. Ich möcht wieder singen, nicht schön, sondern geil und laut. Denn RWE find man bekanntlich im Dreck und Heimspiele sind aus Dreck gebaut. 

ja gut, dass war jetzt die Abwandlung von Marius Müller-Westernhagens „Mit 18“. Aber genau so sieht es doch aus. Wir haben Frust ob der Situation, möchten wieder für unseren Verein singen, diesen malochergeprägten und eingetragenen Verein. Aber keiner kann uns sagen, wann wir uns an der Hafenstraße 97a wiedersehen. Ich glaube, dass ist etwas, was am meisten an uns nagt: Es fehlt nicht am Bewusstsein daran, dass alle Maßnahmen aktuell wichtig und richtig sind. Es fehlt an der für uns einzig wirklich wichtigen Entscheidung: Was ist mit der aktuellen Saison? Wer erklärt sie endlich für beendet? Und zu welchen Bedingungen? Wer hat die Lösung parat um allen Vereinen auch nur annähernd gerecht zu werden? 

Gibt es überhaupt eine gerechte Lösung? Oder, ist eine sportliche Lösung überhaupt wichtig, wenn zigtausende Menschen um ihr Leben kämpfen? Ist es vielleicht sogar anmaßend, seinen eigenen Verein über die Belange der Allgemeinheit zu stellen? 

Ich weiss es nicht mehr, zu schwierig eine passende Antwort. Was ich aber in den letzten Wochen gespürt habe ist, einmal mehr zu empfinden, wie sehr ich Rot-Weiss Essen liebe. Der RWE ist Teil meiner Familie. Ich kann nicht ohne, mag mir das auch gar nicht vorstellen. Die Spiele fehlen; die Menschen fehlen. Wir haben aktuell doch nur den Verein als solches. Und den dürfen wir nicht auch noch verlieren.  Ich habe solch eine Sehnsucht nach der Hafenstraße. Aber, ich halte das aus! 

Wenn ein Verein unkaputtbar ist, dann wohl Rot-Weiss Essen. Eher friert die Hölle zu, als das Corona Helmut Rahn vom Sockel holt. Aber wir sollten trotzdem auf unseren Verein aufpassen. So als ob er Teil unserer Familie wäre. Denn eigentlich ist er das ja auch. Seit 1907.

Frohe Ostern. Bleibt gesund. Und bitte bleibt zuhause!

Wir alle leben mit einer an unseren Sehnsüchten gestrandeten Seele…(Elmar Kupke)

Zitate sind was schönes, lassen sie doch ab und an sogar auf einen intellektuellen Text hoffen. Um dann doch eher der Vertiefung eigener Gedanken zu dienen. Als Fan von Rot-Weiss Essen leben wir ja schon lange mit unserer gestrandeten Seele. Allerdings war die Sehnsucht bis vor wenigen Wochen noch eine ganz andere. Diese tief in uns verankerte Sehnsucht nach was Besserem. Eine Sehnsucht zudem, die bei zuverlässiger Nichterfüllung der vergangenen Jahre zu oft in zu vielen von uns Verhaltensmuster zu Tage brachte, die einem guten Miteinander nicht förderlich waren. Was haben wir die Mannschaft verbal lang gemacht; uns von ihr und Verein abgewandt. Natürlich gerne verbunden mit dem Satz aller Sätze frustrierter Fußballfans: „Hier komme ich nie wieder hin, nächsten Samstag wird gegrillt…“

Ach, was waren das noch für Sehnsüchte. Wie schön war es doch, den eigenen Verein Scheiße zu finden. Es konnte doch keiner ahnen, dass es mal eine Zeit geben wird, in der  wir uns nicht damit befassen „müssen“, was unser aller RWE Woche für Woche so anstellt. Hans-Christoph Neuert (Wer kennt ihn nicht…) hat irgendwann mal geschrieben:

„Seit Du nicht mehr da bist vermisse ich auch mich“.

Ich denke, dieser Satz trifft es ganz gut, unsere Sehnsucht mit der aktuellen Situation zu verbinden. Der Fußball ruht, die Gesellschaft pausiert und unser RWE (Wie  so viele andere auch) steht somit an einem dramatischen Scheideweg! Sein oder nicht sein ist vielleicht noch nicht die Frage, aber sie kann eines Tages eine werden. Natürlich ist der RWE aktuell noch da, und befeuert unsere Sehnsüchte nach ihm auch ziemlich vortrefflich mit Einspielungen im leeren Stadion, Spielszenen und dergleichen online. Die Medienabteilung zeigt dem Virus den Mittelfinger und uns, was uns fehlt.

Uns fehlt der RWE, den wir besuchen und „anfassen“ können. Er ist gerade nicht da (Den Umständen entsprechend ist das auch mehr als gut so) und somit vermisse ich auch mich. Also mindestens den Teil von mir, der Rot-Weiss Essen lebt. Was ist das denn für ein Leben, wenn man sich nicht mehr auf ein Spiel freuen darf, nur um sich danach doch nur darüber aufzuregen? Was macht man nun mit den Tagen und Stunden, in denen man ständig „Opa Luscheskowski“ oder anderes vor sich hin gesummt hat?

In seinen Antworten auf ausgewählte Fragen zur aktuellen Situation lässt „Zeheoh“ Marcus Uhlig mehr als nur durchblicken, dass die Lage ernst ist. Denn es betrifft nicht nur einen (unseren) Verein als solches. Es betrifft auch Sponsoren, die schlimmstenfalls ihrerseits seit Wochen ohne Einnahmen sind. Wie will man da seinen Verpflichtungen nachkommen, auch wenn das Rot-Weisse Spenderherz noch so gerne sein Füllhorn über den Verein ausschütten würde? Und wie soll der Fan seinen Verein aktuell virtuell oder via Online Shop unterstützen, wenn er ebenfalls in Kurzarbeit geschickt wurde; vielleicht sogar kurz davor steht, seinen/ihren Job zu verlieren? Wir sind Essen, da hat man außer seinem RWE nicht allzu viel auf der Tasche!

Aber, noch ist nicht aller Tage Abend und ich glaube, dass wir eines Tages wieder anne Hafenstraße pilgern werden! Das am Fancontainer frisch erworbene „Rot-Weiss Essen, Corona ficken & vergessen“ Shirt in der einen und das reelle Stauder in der anderen Hand. Vielleicht haben wir Probleme, die üblichen Bekannten zu entdecken, da das Haupthaar eher an Siebziger Jahre Parties erinnert denn an aktuelle Frisuren und manche Matte die Augen trübt. Aber, egal gegen wen das erste Spiel „danach“ auch stattfinden wird, und egal in welcher Liga: Unsere Lieder dürften so intensiv gesungen werden, wie lange nicht mehr.

Geht man dieser Tage mit dem gebotenen Abstand  vor die Tür, so ist festzustellen, dass die Natur einen so freundlich begrüßt, wie schon seit Jahren nicht mehr. So bedrohlich das Szenario auch ist, so beunruhigend zudem…so sehr sehe ich auch eine Chance darin, daraus zu lernen. Zu reduzieren; Wertschätzung zu zeigen. Respekt und Zusammenhalt zu leben. Und dann kann auch Rot-Weiss Essen weiterleben. Als Einheit zwischen Verein, Fans und Finanzen. In der Gewissheit, dass unsere Seele alles verkraften würde: Außer einem Leben ohne Rot-Weiss Essen. Und vielleicht gucken wir einfach noch mal auf unser Konto, ob nicht doch noch ein Besuch im Online Shop drinsitzt. Jeder Cent hilft unserer Perle vonne Hafenstraße.

Bleibt gesund!

 

 

 

An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser (Charlie Chaplin).

Es sind schwierige Tage für alle. Dieser Virus, der noch vor wenigen Wochen so weit weg war, erreicht nun auch unseren Alltag. Ist spürbar, messbar und verleitet zu Übersprungshandlungen aller Arten. Die Verbreitung muss gestoppt werden, dass gebietet allein der gesunde Menschenverstand. Demzufolge ist es nur richtig, dass auch das angedachte Spiel des RWE gegen den Nullvierten Fußballclub aus Gelsenkirchen abgesagt wurde. Dass es mehr Sinn macht, Spiele gänzlich abzusagen, anstatt sie vor leeren Tribünen auszutragen, haben die Beispiele in Gladbach und Paris gezeigt: Dem rationalen Denken nicht mehr mächtig, sobald es um das Allerheiligste geht, haben sich die Fans eben vor dem Stadion einander angenähert und Fackel gezeigt. Grundsätzlich löblich, aber leider der falsche Ansatz. Verbreitung vermeiden bedeutet viele Menschen auf einem Fleck zu meiden. Und nicht Nudeln kaufen. Warum eigentlich Nudeln? Was ist mit Reis? Der hält auch ewig! Und aus der beruflichen Praxis kommend, darf ich sagen: Wascht Euch die Hände. Desinfektion zu horten hilft da nicht wirklich weiter. Ganz normale Handwäsche mit Seife ist wesentlich effektiver. Ehrlich!

Was aktuell weiterhelfen kann, darüber streiten sich die Gelehrten und wie immer auch die Kommentarspalten. Man sollte letztere übrigens meiden wie aktuell Menschenansammlungen, denn sie könnten auch ansteckend wirken. Es bedarf jetzt einfach die gebotene Gelassenheit der Gemeinschaft; es bedarf Empathie und Ruhe. Ruhe also auch im Stadion Essen vergangenen Samstag. Ein Wochenende ohne Heimspiel für die vielen Fans der Rot-Weissen, und ein Wochenende ohne Einnahmen für alle anderen. Ein Wochenende ohne Punkte zudem. Die Regionalliga 2019/20 gefühlt eine ganz fürchterliche Saison, denn wann läuft ein Spieltag eigentlich noch normal ab? Wattenscheid geht das Geld ganz aus, Wuppertal gefühlt jede Woche. Verl hat ständig Wetter, die beste Mannschaft kein Umfeld. RWE hat Zuschauer ohne Ende, aber auswärts selten spieltaugliches Gelände.

Eigentlich war ja auch vor dem „Hustensohn“ alles schon sehr kompliziert. Nun ist es für viele Vereine nicht mehr nur kompliziert, sondern geradezu existenzbedrohend. Die Bayern und BvB`s dieser Fußballwelt, die werden das durchstehen, möglicherweise mit der Konsequenz, mal auf einen Millionentransfer zu verzichten; Ebenso der Verein aus Gelsenkirchen, der auch bei noch so vielen Schulden Jahr um Jahr durchgewunken wird. Aber was ist mit den kleinen Vereinen, und vor allem: Was ist mit den Menschen, die in und für diese Vereine arbeiten? Die an Spieltagen unsere Frikadelle bruzzeln und das Bier zapfen? Die bei Wind und Wetter die Fahrzeuge einweisen oder mit Ordnerweste vor dem Block stehen. Es geht also nicht nur primär um den Verein als solches. Es geht auch um denjenigen, um diejenige, dessen/deren Lebensunterhalt gefährdet ist, wenn vielleicht 450€ im Monat wegbrechen. Es geht um den Fußballer in unteren Ligen, der auch seine Fixkosten zu zahlen hat. Ach, es geht um so viel. Aber trotzdem und zuallererst geht es um die Eindämmung!

Deshalb wäre es eine gute Sache, wenn der DFB wirklich ein finanzielles Unterstützungsprogramm auf den Weg bringen würde, welches die monetären Folgen für alle Beteiligten etwas abpuffern könnte. Angenehmer Nebeneffekt: Der wirklich kritikwürdige DFB könnte sich inhaltlich auch mal wieder in die richtige Spur bringen. Allerdings dürfte sich Hilfe nicht wie ein Schwall über wenige ausbreiten, sondern sollte nach dem Gießkannenprinzip über alle verteilt werden, die monetärer Hilfe bedürfen. Machen wir uns nichts vor: Die Saison wird wohl nicht zu Ende gespielt werden, und es sollte einen Plan B geben. Was auch immer der bedeuten könnte. Marcus Uhlig hat kürzlich vorgerechnet, welche Konsequenzen es in Summe für unseren Herzensverein haben kann, und jene Summe hat mich ängstlich stocken lassen. So ist das eben, wenn Du als Verein von Zuschauern und nicht (nur) von TV Geldern abhängig bist: Bei Geisterspielen rollt der Rubel trotzdem, weil genug Konsumenten die Glotze einschalten. Bei RWE aber, da musste den Arsch hochbekommen, um den besten Fußball zu sehen. Und mit diesem Arsch finanziert man eben auch diesen wunderbaren Verein. So einfach ist das!

Rot-Weiss Essen lebt in großen Teilen (Danke an alle großen und kleinen Sponsoren)  durch die vielen Fans im Stadion, während die Bundesliga mittlerweile auf diese verzichten kann, um zu überleben. Kurioserweise kann auch der SC Verl ohne Zuschauereinnahmen überleben. Aber, dass ist wieder eine ganz andere Geschichte.

Es wird also nicht mehr gespielt. Der Kampf auf dem Rasen und den Tribünen; manchmal auch der hinter den Kulissen, er ist dem Kampf gegen einen Virus gewichen, für dessen Bekämpfung ein probates Gegenmittel noch nicht erfunden wurde. Wir können aktuell nur atemlos zusehen, was er mit uns anrichtet und den Empfehlungen Folge leisten. Und das sollte man auch tun! Alles andere ist albern, peinlich und fahrlässig. Und noch etwas können wir tun: Wir können der Gesellschaft helfen, indem wir uns um unsere Mitmenschen kümmern, die vielleicht gerade besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Ein Zettel im Hausflur mit dem Angebot, für diejenigen einzukaufen, die nicht so gut zu Fuß sind, wirkt Wunder. Ein „bleiben Sie gesund“ sorgt für ein Lächeln und die Erkenntnis, dass auch ein Buch bei guter Musik etwas herrliches sein kann, für viel Reduktion.

Und trotzdem sind da natürlich auch diese eventuellen Forderungen, die im coronarem Raum stehen: Ein Dauerkarteninhaber hat für eine ganze Saison bezahlt, nicht nur für zwei Drittel. Was also, wenn manch einer der geneigten RWE Dauerkarteninhaber bei abgebrochener Saison Schadensersatz fordert? Keiner kann es ihm verdenken, keiner wäre deshalb böse.. Aber ich würde mir trotzdem wünschen, dass ein solches Szenario wirklich nur so wenig wie möglich eintreten würde. Ein Hoch auf das Konjunktiv! Für den „Hustensohn“ kann selbst der RWE doch nichts! Im Gegenteil: Wir sollten uns  also überlegen, wie wir dem RWE auch ohne Spiel zu Einnahmen verhelfen, um auch in der kommenden Saison noch feste zubeißen zu können: Die Mitgliedschaft ist eine solche Option. Ebenso wie die Sichtbarkeit des eigenen Namens auf der „alte Schule Anzeigentafel“. Natürlich kann man auch online den RWE Fanshop leerkaufen, und ebenso natürlich auch zugleich den Paketboten schützen, indem man einen alternativen Übergabeort vereinbart.

Ach, hätte ich doch einen Bestseller geschrieben, und nicht nur 111 Gründe, den RWE zu lieben….dann könnte ich mit einem signierten Buch bei einer privaten Lesung viel Geld verlangen und dieses dem RWE zugute kommen lassen. Aber vielleicht fällt mir trotzdem noch etwas ein, um meinen Verein im bescheidenen, machbaren Rahmen zu unterstützen. Um daran teilzuhaben, Rot-Weiss Essen fit zu halten. Um keinem Virus dieser Welt zu erlauben, einen großen Teil des eigenen Lebens zu nehmen. Es gibt eine Zeit nach dem Hustensohn. Und dann wird es auch wieder RWE auf dem grünen Rasen geben. Wird es all das geben, was wir mit RWE verbinden, was wir an RWE lieben und was wir RWE zu verdanken haben. Aber, bis es wieder soweit sein wird; bis wir wieder auf der Hafenstraße flanieren und staudern werden….bis dahin müssen wir aus- und durchhalten. Es ist wie es ist!

Bleibt gesund und kauft realistisch ein.

Tränen sind der Augen edle Sprache Robert Herrick (1591 – 1674), englischer Pfarrer und Dichter

Ja meine Güte, was soll ich auch lange drumherum schreiben: Als Oguzhan Kefkir in der einundachtzigsten Minute das Tor traf; unser aller RWE somit endlich in einem Heimspiel wieder einen Treffer verbuchen konnte, da hob es mich nicht nur aus der eh kaum genutzten Sitzschale, sondern verwässerte fast zeitgleich auch die Augen. Ich habe mir dieses Tor so sehr für unseren Verein und für uns alle gewünscht, so dass ein rationaler Umgang damit kaum mehr möglich war. Ich wollte nach diesem schrecklichen Rödinghausen Spiel  endlich wieder dieses rumpelnde „Ene mene miste, es rappelt in der Kiste“ hören. Wollte spüren und sehen, dass es noch immer nicht vorbei ist mit all unserer Sehnsucht und mit all unseren Träumen. Ich glaube, ich habe auch gar nicht sofort realisiert, dass das Tor auch wirklich gezählt hat, gab es doch vorher den Stolperer mit Rot-Weisser und Rot-Weißer Beteiligung. Vielleicht suchte ich in dem Moment den unseligen VAR, damit mir einer Halt und Sicherheit zu geben vermochte. Glücklicherweise blieb der Blick auf den Monitor fern, der Torschrei von drei Tribünen aber umso intensiver. Das Tor zählte somit tatsächlich, wir führten.

Am Geländer festgehalten, konnte ich endlich schluchzen. Meine Güte wie peinlich, es war doch nur ein profanes Tor in einem ganz normalen Ligaspiel. Es war ja nicht einmal ein Derby oder dergleichen.  Falsch gedacht, es war unter dem Strich definitiv mehr in diesem Moment: Es war das Tor dafür, dass es weitergeht. Weitergeht mit unseren Hoffnungen und Sehnsüchten. Weitergeht mit der Liga und dem unwahrscheinlichen Augenblick, den SC Verl oder auch RWO noch zu überholen, was den unseligen Relegationsplatz anbelangt. Der SV Rödinghausen hat sich seinerseits in den letzten Tagen selbst aus dem Spiel genommen und auf das aufwendige Lizensierungsverfahren zur dritten Bundesliga verzichtet.  Rein sportlich betrachtet ein Katastrophe, denn wenn bescheuerte DFB Regularien über Wohl und Wehe entscheiden, bleibt der Sport leider auf der Strecke. „Meister müssen aufsteigen“, so zeugt ein RWE Transparent Woche für Woche darum, worum es wirklich geht. Nun aber ist die Liga ein weiteres Mal um ihre sportliche Identität beraubt worden. Erst Wattenscheid, nun Rödinghausen. Die beim DFB haben scheinbar wirklich nur noch Watte im Kopf. Ein Verein wie Rödinghausen spielt eine geile Saison. Leider, aber Punkt! Aber er wird niemals ein 10.000 Zuschauer fassendes Stadion benötigen, füllen oder was auch immer. Was seit Ihr nur für ein realitätsfremdes Volk da in den DFB Stuben.

Rödinghausen, das sind aber auch die mit den sterbenden Schwänen zwei Wochen zuvor, also nun raus aus dem Rennen. Bleiben noch die stabilen Verler, die Nachbarn aus Oberhausen und eben wir. Glücklicherweise noch wir, denn die Trefferquote von 1,7 Toren pro Spiel lässt nicht unbedingt auf eine souveräne Offensive schließen. Oftmals reicht das eine Tor aus, um die anwesenden Rot-Weissen in Ekstase zu versetzen. Minimalprinzip at it`s  Best! Gut, zurück zu Kefkir und dem Tor gegen RWO: Endlich realisiert, das es wirklich passiert, waren die nächsten Minuten bis zum Abpfiff wieder einmal die schlimmsten, die es bislang zu überstehen galt. Wie immer natürlich. Aber es hat zum Schluss tatswahrhaftig gereicht, und RWO wurde erneut bezwungen. Herrgott von Bentheim, welche Erleichterung nach Abpfiff.

Aber grundsätzlich und überhaupt: Was ist das eigentlich für eine Saison? Die Tabelle so schief wie der schiefe Turm von Suurhusen/Ostfriesland, unser RWE aktuell scheinbar nur noch im zweiwöchigen Heimrhythmus unterwegs. Klarheit gibt es da keine, außer der Gewissheit, dass prinzipiell der SC Verl durch ist. Selbst wenn wir an deren Poststraße gewinnen, bedarf es noch einiger Ausfälle ostwestfälischer Natur, bevor bei uns oder in Oberhausen die Post abgeht. Und was ist nur mit unseren geklauten drei Punkten aus dem Wattenscheid Spiel? Normal ist das also alles nicht mehr aktuell, und so können auch Reaktionen nicht mehr normal ausfallen. Das hat dann schlicht schon mal ungeplante Tränen zur Folge. Tränen der Erleichterung.

Wo mein Verständnis dann jedesmal aufhört ist unter anderem, wenn Stauder durch die Gegend geworfen wird. Mit Stauder wirft man nicht! Das gehört getrunken. Ohne wenn und aber! In Maßen natürlich und bewusst genossen! Jetzt ist wieder spielfreies Wochenende. Das bedeutet, wir können wieder nur zugucken. Und doch bin ich auf irgendeiner Art optimistisch, was das Erreichen dieses bekloppten Relegationsplatz angeht. Einfach mal so aufsteigen, das können wir nicht. Wir brauchen die kleinen und großen Dramen, die der Fußball in all seiner Güte und Strenge zu bieten hat. Wir brauchen das Komplettprogramm an Schmerz und Leidenschaft.

Wir brauchen weiter weiter Hoffnung!

Der Schuh des Manitu

Die Vorfreude steigt, die Aufregung noch viel mehr: Die Küchenjungs aus Rödinghausen kommen an die Hafenstraße und wollen weder Dunstabzugshaube noch Kühlschrank liefern, sondern drei Punkte mit zurück in die ostwestfälische Fußballhochburg nehmen.  Rein statistisch betrachtet steht es ihnen sogar zu, davon auszugehen: Sie liegen doch in der gemeinsamen Historie um vier Mikrowellen vorn. Der „Reviersport“ sieht nun Vorteile beim Gast; die „Welt“ uns wenigstens auf Augenhöhe und ein automatisch generierter  Bericht auf „T-Online“ schwadroniert gar von einem Showdown. Da sieht man mal, wie bescheuert automatisch erstellte Texte sind! Am 23. Spieltag von einem Showdown zu sprechen, ist albern. Egal, wer am Samstag die Show macht oder wer am Ende Down sein wird: Auch dann ist noch lange nichts entschieden. Gibt ja auch noch den SC Verl, die vom Kanal, weitere Spieltage und überhaupt. Kein Showdown also und zu 100% ein Mensch hier hinter der Tastatur.

Um 14:00 Uhr mit Anpfiff ist dann jede Vorberichterstattung endlich Makulatur; interessieren Prognosen keinen mehr im Stadion. Dann heißt es Handy aus und Stimme an. Übrigens wurde (erstaunlicherweise) in fast allen Vergleichen und Vorberichten etwas ganz essenzielles vergessen: Wir alle zusammen haben doch Samstag Geburtstag, und werden 113 Jahre jung. Auf das Spiel bezogen kann das eigentlich nur eines bedeuten: 1 RWE Tor erste Halbzeit + 1 RWE Tor zweite Halbzeit = 3 RWE Punkte als Geburtstagsgeschenk aus Rödinghausen. Kann ja auch gar nicht anders: Denn wer Geburtstag hat, bekommt schließlich Geschenke. Gerne natürlich auch in Form eines Unparteiischen, der der Bedeutung dieses Spieles gewachsen ist und mit seiner Pfeife umzugehen weiss. Und mit seinen Linienrichtern am Spielfeldrand. Da wir also Geburtstag feiern, sind wir selbstredend auch gute Gastgeber und verwöhnen unsere Gästefans (gegen Gebühr) mit allen Köstlichkeiten der Hafenstraße. Als da wären: „Vierzehntausendfache Emotionen mit einem Hauch an Ungeduld und einer Prise an Leidenschaft, angerichtet auf einem Bett voller Gefühle für unseren Verein“. Dazu das Beste was eine Brauerei hierzulande abfüllen kann. Und Wurst. Und Frikadelle. Mit oder ohne Senf. Wir lassen es also richtig krachen.  Welcher Gast würde da so dreist sein, und die Punkte mitnehmen wollen?

Am kommenden Samstag können wir alle aber noch etwas mehr geben. Wir können Hoffnung geben und Glauben schenken. In den Arm nehmen, applaudieren und gut zusprechen: Vergangenen Mittwoch hat unser erster und langjähriger Fanvertreter im Aufsichtsrat, zudem ein oller Platzproll, öffentlich mitgeteilt, dass er an einer speziellen Form von Lymphdrüsen-Krebs, dem sogenannten „Mantelzell- Non Hodgkin Lymphom“ erkrankt ist. Dieses Arschloch von Krebs hat also wieder ein Opfer gefunden. Einen Rot-Weissen durch und durch. Das lassen wir uns nicht gefallen, dem nehmen wir uns an und stehen bei! Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass ein offener Umgang mit einer solch belastenden Krankheit zunächst kein leichter ist. Aber jetzt, drei Jahre danach, kann ich sagen: Es war der beste Weg! Zu unsicher in einem solchen Fall stets das eigene Umfeld, Kollegen und Bekannte. Darf man den Betroffenen darauf ansprechen? Muss ich ihn bemitleiden?

Ach, einen Scheiss muss man! Offenheit ist wichtig. Humor ist lebenswichtig. Verkriechen gilt nicht. Im Gegenteil, hier stehe ich und habe Krebs! Und ich nehme den Kampf an. Das hat uns Ralf geschrieben, so wie er uns auch jahrelang geschrieben hat, wie es um unseren RWE steht. Im Gegensatz zu seinen Berichten aus Trainingslager und AR-Sitzung habe ich den letzten natürlich nicht gerne gelesen. Aber der Humor und der Optimismus dieser Zeilen hat direkt wieder ein Lächeln ins Gesicht des Lesers gezaubert. Ab sofort sind wir nicht nur RWE und kämpfen um den Aufstieg, sondern wir sind auch Ralf und sind alle anderen Erkrankten aus der großen RWE Familie. Wenn die Mannschaft am Samstag aufläuft, applaudieren wir nicht nur ihr, sondern auch Dir und Euch. Ab sofort gilt noch mehr: „Kämpfen und siegen“.

Und deshalb ist es mir momentan undenkbar, dass wir nach dem Spiel die Hafenstraße erfolglos verlassen werden. Auf und neben dem Platz. In der Tabelle und in unseren rot-weissen Herzen. Wir werden feiern: Den Geburtstag, das Leben und die drei Punkte. Rund um den RWE ist immer auch viel Mist passiert, aber letztendlich sind wir Familie. Wie heisst es doch so schön: „Die Familie Rot-Weiss hält zusammen…“. Besonders jetzt, wo der Schuh drückt.

Die Schwierigkeiten scheinen nur da zu sein, um überwunden zu werden (August Heinrich Hoffmann von Fallersleben).

Ich denke, wir sind uns alle einig: Den Stadionbesuch als solches kann nichts ersetzen. Niemals. Kein noch so großer Flachbildschirm zuhause; kein Kneipen- oder Rudelgucken. Das wirkliche Erlebnis Fußball mit allen „Aaaaahs“ und „Oooooohs“ gibt es nur am Platz oder im Stadion. Außer in Gelsenkirchen. da hat man weder Platz noch Stadion. Die Vorfreude auf der Hinfahrt und die Stille oder der Singsang auf dem Heimweg. Die Wurst und das Stauder. Die Sanitäranlagen, die man sich im Gegensatz zur heimischen Kachel mit Hunderten anderer Drangwütigen teilt. Es gibt eigentlich keine Alternative zum Spielbesuch vor Ort. Außer man ist sauer auf den eigenen Verein und benötigt eine Auszeit. Oder, man muss arbeiten.

Also kein Stadion. Doch was dann? Videotext? Klar, geht immer. Also, wenn dieser überhaupt noch existiert. Liveticker und Radio Hafenstraße gehen auch. Der Liveticker des RS hatte bisweilen das Problem, dass es sich zutrug, den letzten Eintrag in der 90. Minute bei 1:0 Führung RWE abzusetzen. Dann kam die Stille. Der hektische Klick auf „aktualisieren“. Nichts. Minuten der Verzweiflung. Was tun? Das Herz bubbert, die Pochen schläfen. Oder andersherum. Dann endlich, nach gefühlten 35 Minuten aktualisiert sich der Liveticker. Doch plötzlich steht da: Abpfiff in der 90. +8 Endstand: 1:2. Der RWE hat in der Nachspielzeit verloren und seine Fans am Ticker sind wahrscheinlich in ein Zeitloch gefallen.

Das Zeitloch bei Radio Hafenstraße gab es nicht, dort gibt  man gefühlt nichts auf Zeiten. Kommentiert wird das, was unten auf dem Rasen geschieht. Mit Leidenschaft. Leider schaffte dieses gelegentlich auch Leiden, nämlich immer dann, wenn die erforderliche Technik nicht bereitgestellt werden konnte. Mit „Edge Technologie“ war man manche Saison vielleicht auf Spielhöhe mit dem RWE, aber für eine flüssige Übertragung aus dem Stadion reichte es in dem Falle dann doch nicht. Trotzdem: Vielleicht auch mal eine Gelegenheit, um einfach nur Danke zu sagen für die ehrenamtliche Leidenschaft, uns alle am Spiel teilhaben zu lassen.

Seit nicht allzu langer Zeit gibt es nun eine weitere Alternative, nämlich die des Streaming. Unterm Dach hängt eine Kamera, die nicht von Kameramännern oder -Frauen geführt wird, sondern die auf den Ball programmiert ist. Beim Aufwärmen schon eingeschaltet bedeutet das für die Kamera zunächst eine komplette Überforderung in Anbetracht der vielen Bälle zeitgleich auf dem Platz. Man bekommt also keine Totale, oder Schwenks in die Zuschauer, sofern welche  vor Ort sind. Was im Falle der Auswärtsspiele des RWE  ja immer der Fall ist. Man bekommt den Laufweg des Balls. Aber, man ist irgendwie auch dabei, kann mitreden.

Nach der Winterpause nun stand das enorm wichtige Spiel in Köln bei der U23 des Effzeh an. Ebenso wie ein Spätdienst. Daher die komplette Technik eingepackt und den einzigen fußballaffinen Klienten schon seit Tagen auf das Spiel eingeschworen.  Wie üblich an Spieltagen mit irgendwas an RWE Bekleidung zum Dienst und entsprechend nervös. Die Erholung der Winterpause war gänzlich vorbei; zu sehr lastete der Dreiklang  von Effzeh, Röding- und Oberhausen auf meinen schmalen Schultern. Doch die gedankliche Vorbereitung und vermeintlich gute Planung im Dienst wurde durch einen Notruf gestört, den wir zu tätigen hatten. Und so fand ich mich alsbald zur Betreuung im Krankenhaus wieder. Empfang? Keiner! Die wirklich wichtigen Dinge des Lebens erledigt, gab es dann doch noch die Chance, in einem Krankenzimmer kurz vor 19:00 Uhr auf „Sendung zu gehen“. Bei geöffnetem Fenster konnte ich sogar auf LTE zurückgreifen. Der Klient war eingeschlafen und ich war drin. Auf Kleinstbildschirm auch in Köln dabei. Wenn auch nicht mittendrin.  Die 18% Akku bereiteten mir bis dorthin noch keine Sorgen. die 10% nach zwanzig Minuten Spiel hingegen schon.

Der Anfang gestaltete sich für unseren RWE ganz gut; zielstrebig ging es Richtung gegnerisches Tor, welches man seinerseits jedoch nicht zu treffen wusste. Hinten stand man dafür um so sicherer. Die Arbeit im Trainingslager schien sich auszuzahlen.

Derweil waren im Krankenhaus die Modalitäten geklärt und es ging flott zurück zur Einrichtung. In Köln war nun Pause, Zeit also für Übergabe und notwendige Eintragungen. Zeit auch für den Feierabend und einem kurzen Sprint zum Auto. Die zweite Halbzeit begann justament. Bei nur noch 1% Akkuladung. Kaum vom Hof gefahren war klar: Hier und jetzt wird das nichts. Handy tot. Kein Kontakt während der dreißig Minuten Heimfahrt zu irgendjemanden, der mich auf dem Laufenden halten könnte. Eine Mischung aus Panik, Sorge und Befreiung machte sich breit. Was erwartet mich zuhause? Liegen wir hinten und ist alle Vorfreude dahin? Führen wir vielleicht schon und die Rödinghausen Karten gehen weg wie die berühmten warmen Semmeln? Und warum fährt das Auto vor mir so langsam? Das macht der doch extra! Man ey!

Derweil zeigte die Uhr im Auto irgendwas um 20:29 Uhr an, als das Zuhause erreicht wurde. Jetzt galt es den stets freudig erregten Hund zu umgehen, was wunderbar gelöst wurde, als mir zum einen meine Tasche aus der einen Hand genommen und in die andere direkt ein Lekekerli gereicht wurde, welches ich fast Staffelähnlich direkt an die Fellnase weiterzugeben wusste. Hund abgelenkt, der Weg zum Rechner war frei. Dort lief auch schon das Spiel, Gattin sei Dank. Welch Vorbereitung. Und es stand noch 0:0. Riesengroße Freude und minimale Enttäuschung zugleich. Aber ich konnte das Spiel noch 14 Minuten plus Nachspielzeit verfolgen. Dankbarkeit, die sich einige Minuten später in Jubel entlud, als Amara Condé nicht nur zur Führung sondern auch zum Endstand traf. Rot-Weiss Essen mausert sich immer mehr zu einem „Last Minute Anbieter“. Das war man schon mal für einige Jahre, aber dann bekam man das Gegentor. Aktuell erzielt man es selbst, bleibt ruhig und glaubt an seine Chance, auch wenn zu viele Torchancen weiter und leider ungenutzt blieben.

Der Jahresauftakt 2020 ist also geglückt. Das extrem wichtige Spiel in Köln wurde gewonnen, was sicher Auswirkungen auf den Kartenvorverkauf gegen die Küchenjungs auf Rödinghausen haben dürfte. Dann ohne Stream, RH oder Ticker, sondern dort, wo es am Schönsten ist: An der Hafenstraße, RWE!

Ein Optimist ist ein Mensch, der alles halb so schlimm oder doppelt so gut findet (Heinz Rühmann)

Es hatte für alle was von den berühmten „begossenen Pudeln“ , die es an diesem letzten Spiel vor der Winterpause 2019/20 mit dem RWE hielten. Nicht nur dass das Wetter ziemlich demonstrativ eine bessere Kulisse zu verhindern wusste; allein das Endergebnis hat die Rot-Weissen mal so richtig nass gemacht.

Die Häme blühte direkt nach Abpfiff wie sonst nur Lippenherpes oder anderes unnützes Zeugs. Ein Journalist der Reviersport zum Beispiel „zwitscherte“ direkt im Anschluss an das Spiel auf Twitter, dass man ja gegen den VfB Homberg nicht zu verlieren hätte; es typisch RWE und nun alle Euphorie dahin sei. Nö, diesbezüglich halte ich dagegen: Man spielt in einer Liga; man kann immer gegen einen Ligakonkurrenten verlieren. Auch, wenn es die tabellarische Situation vielleicht gerade nicht so vorherbestimmt. Übrigens ist es auch nicht mehr typisch RWE! Natürlich haben wir lange Jahre immer dann „verkackt“, wenn es darauf ankam. Aber, es kommt noch nicht darauf an. Wir holen uns diese Punkte an anderer Stelle wieder, während einer der Mitbewerber vielleicht seinerseits gegen den VfB Homberg verliert.

Die Glaskugel ist gerade in der Reinigung, daher können wir diesbezüglich natürlich noch keine gesicherte Prognose abgeben. Fakt aber: Das Spiel war in seiner Historie und Endergebnis ein richtiger, ungeplanter Schlag in die vielzitierte Ihr wisst schon. Oder einmal auf die Zwölf. Wie auch immer: Diese Niederlage sollte so eigentlich nicht vorkommen. Vielleicht war genau das der Knackpunkt: Waren die Unseren zu selbstsicher in ihrem Bestreben, der Hafenstraße mit drei weiteren Punkten das schönste Weihnachtsfest seit vielen Jahren zu bescheren? Macht die Tabelle möglicherweise arrogant und nachlässig, geht es gegen einen Verein aus der unteren Region? ich glaube, es war nichts davon! Es war einfach dieses eine Spiel, welches passieren kann und auch passiert. Dieses eine Spiel, in welchem der vermeintliche „Underdog“ alles raushaut; dem erklärtem Favoriten das Leben aber auch so was von schwer macht. Zudem das Schussglück, etwas Schusseligkeit in Rot und Weiss nebst bestens aufgelegtem Schnapper auf seiner Seite weiß. Abpfiff inklusive Niederlage!

Nun mag der Verdacht naheliegen, dass in Anbetracht der Punktverluste das Rennen um den Relegationsplatz schon zu Weihnachten gelaufen ist. Das Stauder anne Hafenstraße zu Weihnachten also doch wie immer halbleer? Nee, es ist nicht wie immer. Es ist anders. Deshalb werden wir am Saisonende auch auf diesem verfluchten Relegationsplatz stehen. Einfach deshalb, weil wir nicht einfach können! Aber eben auch deshalb, weil wir unerschütterlich daran glauben. So hoffe ich jedenfalls (Ich für meinen Teil habe Urlaub beantragt). Und weil wir Lust auf diese zwei (an sich so ungerechten) Relegationsspiele haben. Weil wir das Stadion dafür haben, und unser Stauder am Ende des Jahres 2019 tatswahrhaftig endlich halbvoll ist!

Betrachten wir die Relegationsdinge einmal realistisch: Der SC Verl auf Platz 1: Das Heimspiel könnte nicht ausgetragen werden, da der Platz unbespielbar. Der SV Rödinghausen auf Platz 1: Die Heimstätte würde nicht genehmigt werden, da der Gästeblock eigentlich nicht einmal Rindviechern zugemutet werden darf. Rot-Weiß Oberhausen auf Platz 1: Rot-Weiß wer? Also müsste sich eh unser aller RWE erbarmen und diesen so wichtigen ersten Tabellenplatz am Ende der Saison belegen. Von Gästeblock, über Rasen und Kapazitäten: Wir könnten Relegation. Also rein organisatorisch jetzt.

Gut, soweit ist es noch lange nicht, aber die Messe ist auch noch lange nicht gelesen. Wir durften seit dem Amtsantritt von Jörn Nowak Ende Mai und dem von Christian Titz Mitte Juni einiges an Veränderungen erleben. Zumeist zum Besseren. Haben viele neue Spielernamen auswendig und manchmal sogar lieben gelernt. Wissen nun, dass die Rotation eindeutig gegenüber der Stammformation in Führung liegt und auch Königstransfers nicht immer Machthaber darstellen. Wir haben im Pokal, statistisch betrachtet, Tor um Tor erzielt; in der Liga daran gespart und in Testspielen bisweilen „wilde Sau“ gespielt: Einmal Rot-Weiss mit alles dabei bitte. Der Zuschauerschnitt konnte fast verdoppelt werden und auswärts habe wir den bisher gastgebenden Vereinen selbstredend die höchste Saisoneinnahme beschert. Muss der Haltener Marketingmann irgendwie vergessen haben zu erwähnen! Es läuft also eigentlich alles ganz gut bis hierhin.

Ok, sind wir ehrlich: In der Liga fehlt uns definitiv das ein oder andere Tor. Der souveräner Erfolg. Diese komplette Euphorie in der ganzen Stadt. Aber, wem wollen wir das verdenken, noch nicht euphorisch zu sein? Wir haben so lange im (Liga-)keller gehockt, da bedarf es wohl nicht nur einer Saison, um endlich wieder aufrecht gehen und selbstbewusst von „Nur der RWE“ singen zu können. Aber wie geschrieben: Wir haben da eine tolle Mannschaft, sind auf einem guten Weg und ich glaube fest daran, den eigenen Urlaub für einen Tag irgendwo im Osten der Republik zu Relegationszwecken zu verbringen. Ich will das einfach. Ich will endlich aufsteigen. Und ich habe einfach Freude an dieser aktuellen Mannschaft meines Vereins. Mein RWE ist gerade nicht halbleer, sondern halbvoll!

Das Foto.

Die Berufsbekleidung des Fußballers ist sein Trikot. Natürlich gehören auch noch die anderen Dinge wie passende Hose, das Paar Stutzen und jede Menge atmungsaktives Zeugs in lang oder kurz, je nach Witterung, dazu. Nicht zu vergessen natürlich die Fußballschuhe. Das Trikot jedoch ist das Stück Stoff (Polyester), welches die so ziemlich emotionalste Verbindung zwischen Fan und Verein darstellt. Genaugenommen erst, seit es die Möglichkeit gibt, Trikots auch käuflich zu erwerben. Ganz früher, wir hatten ja nichts anderes, war die selbstgenähte Fahne und der selbst gestrickte Strickschal in den Vereinsfarben das Nonplusultra. Den passenden Wimpel dazu konnte man oft auf der Kirmes, am Schießstand treffend, bekommen.

Das Trikot heutiger Tage kommt im Stadion auf den Rängen vorzugsweise in den warmen Monaten des Jahres zur Geltung. Interessante Details inklusive: Manchmal stellt es eine spannende Beziehung zwischen Textil und Bauch dar. Zudem unterscheidet der Schnitt nicht zwischen den Geschlechtern: Ein Trikot kleidet den Fan jeden Geschlechts stets mit Stolz und Hingabe. Egal wie es dann sitzt! Oftmals ist die Frage des neuen Trikots für die kommende Saison wichtiger als die eines weiteren Spielers. Die Präsentation der neuen Spielkleidung hat schon so manch Vorfreude getrübt.

Solch ein Trikot hat also mittlerweile einen unschätzbaren emotionalen Wert für uns Fans. Und es gibt nicht wenige, die sie sammeln. Es gibt Bücher über Trikots. Der Fußball hat legendäre Trikots; hat schöne Trikots. Leider auch königsblaue Trikots. Die sind weder schön, noch legendär!

Im Job getragen (also während der neunzig plus x Minuten) ist es für uns auf den Rängen durchaus wichtig, dieses emotionale Kleidungsstück frei von Senfflecken oder Bierduschen zu halten, schließlich schadet zu häufiges Waschen dem Flock. Auf dem Platz hingegen schadet ein sauberes Trikot nach Abpfiff dem Ansehen seines Trägers. Die einfache Gleichung: Sauberes Trikot: Kein Einsatz! Dreckiges Trikot: Sauber, was ein Einsatz!

Unser aller RWE hat nach dem erfolgreichen Spiel in der Kampfbahn Rote Erde ein Foto online gestellt, welches unseren Zeugwart eventuell vor Probleme, und Freunde von sogenannten „Matchworn“ Trikots schlaflose Nächte bereiten dürfte: Fein aufgereiht hängen dort die pottendreckigen Trikots unserer Spieler, zeugen von einem großartigen Einsatz. Belegen einen nimmermüden Kampf für die so wichtigen drei Punkte. Natürlich waren die Platzverhältnisse in Dortmund auch optimal für ein solch emotionales Kleiderständerfoto. Auf Kunstrasen bekommt man derlei nach Abpfiff nicht geboten, egal wie sich die Spieler auch wund grätschen mögen. Vielleicht waren die hellen Heimtrikots auch nur deshalb gewollt, um möglichst dreckige Trikots präsentieren zu können.

Dem ist natürlich nicht so, und wenn, dann wäre es natürlich auch völlig wumpe! Denn dieses Foto ist eines der schönsten, Rot-Weiss Essen betreffend, der letzten Dekade. Ein einfaches Foto nur, aber doch eine Botschaft: Hier wird malocht für den Verein, bis der Abpfiff ertönt. Hier sind aktuell Kumpels am Werk, die sich für den anderen dreckig machen.

Dieses Foto ist mehr Mannschaft, als es das offizielle Mannschaftsfoto vor einer Saison jemals sein könnte. Dieses Foto ist ein Teil von uns. Dieses Foto zeigt den Charakter von Rot-Weiss Essen dieser Tage. Die Legende besagt, dass Rot-Weiss Essen ein Arbeiterverein ist. Ich würde, stand heute, sagen: Die Legende lebt! Hier wird für den Erfolg gearbeitet. Freitag nun kommt der VfB Homberg. Unter Flutlicht. Welch ein Omen…

Es gibt eine Zeit für die Arbeit. Und es gibt eine Zeit für Rot-Weiss Essen. Mehr Zeit hat man nicht (Frei nach Coco Chanel).

Prolog:

Erinnert sich noch jemand an die Stadioneröffnung? Also an die unserer jetzigen Spielstätte? In den letzten Jahren hab ich mir oft das Foto angeschaut, welches ich an jenem Tage von der Titelseite einer in Essen beheimateten Sportgazette knipste: „RWE: Mit breiter Brust ins neue Heim“ stand in weiß auf schwarz geschrieben. Und darunter, wesentlich größer, in weiss auf Rot: „Wir sind auf lange Sicht nicht aufzuhalten“. An jenem Tag konnten wir alle noch nicht ahnen, dass die Brust oftmals schmal, die lange Sicht eine sehr lange Sicht, und wir uns Saison für Saison selbst aufhalten würden

Einer allein kann kein Dach tragen:

Sieben Jahre später, zweiter Advent: Es ist nass. Nicht unbedingt kalt. Kälter jedoch das Zwischenmenschliche. Alles so laut und schrill geworden. Man hört einander nicht mehr zu, will seine Meinung durchbringen. Die Waagschale hat so viel zu tun, so dass sie gar nicht mehr weiß, wie sie denn überhaupt noch annähernd gerecht wiegen soll. Alles wird drauf geworfen. Jedes Wort, jede Geste im Alltag; jede Abseitsposition und unnatürliche Armbewegung im Fußball. Dazu dieses unsägliche Bedrängen der Unparteiischen durch hochgezahlte Profikicker; dieses verbale Angehen der Spielleiter. Es bricht sich runter bis in die untersten Klassen, wo jene direkt umgehauen werden, pfeifen sie nicht zugunsten der eigenen Mannschaft. Es hat sich also vieles zum Negativen verändert. Und was unseren regionalen Verband und den allmächtigen DFB eine Etage darüber angeht: Nicht gut. Völlig am Fußball vorbei! Merken die leider nur nicht. Wollen die auch nicht.

Alles also schlecht gerade? Nein, nicht alles. Noch lange nicht alles! 

Denn ausgerechnet Rot-Weiss Essen, dieser unser aller RWE, beschert uns seit einiger Zeit die schöneren Momente. Lässt uns tatsächlich auch kurz vor dem nominellen Rückrundenstart noch auf den unseligen Relegationsplatz hoffen und macht gerade ganz viel richtig. Die Regionalliga West der Saison 19/20: Im oberen Bereich eine sehr ausgeglichene Liga und selbst unten darf sich eigentlich noch keine Mannschaft so wirklich aufgeben. Es sei denn, man wird aufgegeben. Da wollen wir mal hoffen, dass im Tal und am Lotter Kreuz über die Feiertage Lichter auch feierlich leuchten, anstatt sportlich auszugehen. Wäre ja erneut unser sportlicher Schaden. Aber Hauptsache, die Karten aus annullierten Spielen werden trotzdem gewertet. Das muss mir einer vom Westdeutschen Fußballverband mal erklären, wie das zu erklären ist. Da nützt aber auch keine Waagschale mehr. Das ist albern!

Es hat allgemein den Anschein, als ob dem Westdeutschen Fußballverband der sportliche Erfolg von RWE Fluch und Segen zugleich ist: Spielt der RWE oben mit, ziehen auch die Fans nach und bescheren den Spielern zum Dank einen Zuschauerschnitt von aktuell 11.088 Fans pro Heimspiel. Schöne Sache für den WDFV, ist er doch an 5% der Spieltagseinnahmen abgabetechnisch beteiligt. Dumm nur, sollte unser aller RWE (oder auch die Alemannia zum Beispiel ) endlich den ersehnten Sprung in die 3. Bundesliga schaffen: Da brechen Abgaben weg, so viel können die anderen Vereine gar nicht spielen. In zehn Jahren nicht. Da ist es kein Wunder, dass wir als Rot-Weiss Essen sowohl im Verein als auch auf den Rängen ab und an das Gefühl haben, gerne mal den ein- oder anderen Stein in den sportlichen Weg gelegt zu bekommen. Und das, obwohl wir den ganzen „Bumms“ Verband fast allein aus eigener Tasche Einnahme mitfinanzieren. Unverständlich auch: Der Verein hätte selbst alles dafür getan, dass ein zweites Mal in Haltern gespielt wird…..jegliche Hilfe wurde abgelehnt. 

Aber vielleicht ist genau das der Antrieb, der diese Saison diese eine werden lässt, von der wir noch unseren, wem auch immer, erzählen werden. Vielleicht brauchen wir diese Ecken und Kanten, diese Widrigkeiten. Schon dieser Auftakterfolg gegen eben jenen  aktuellen Gegner aus Dortmund hat Emotionen geweckt und Erinnerungen an den letzten Aufstieg aus der NRW Liga hervorgekramt, die so manch einer längst in der geistigen Aservatenkammer verstauben ließ. Rot-Weiss Essen kann wohl alles, aber eben nicht einfach! Wir brauchen die Dramatik, die letzten Minuten. Den Gegenwind der anderen und die Hoffnung der eigenen. Einhergehend also mit dieser sportlich so hoffnungsfrohen (und doch etwas chaotischen, nicht beendeten) Hinrunde hat die Mannschaft des RWE nicht nur Punkte gewonnen: Sie hat auch uns, die Fans, wieder erreicht. Etwas, was vielleicht noch höher zu bewerten ist, als manch Sieg. 

Der Spott ist verstummt, der Gang wieder aufrechter und das Rot-Weisse Herz ein wenig erwärmter. Die Fußballöffentlichkeit nimmt uns wieder mit Respekt und nicht als Vorzeigeverein für Misserfolg wahr. Zudem haben wir, wenn mein Bauchgefühl nicht trügt, eine wirkliche Mannschaft beisammen, die sich auch selbst als eine solche versteht. Tolle Typen sind da in unseren schönen Trikots unterwegs. Mit Witz und Herz bei der Sache, nicht nur auf dem Feld. Einhergehend mit immer noch großem Erstaunen und fast unbändiger Freude darüber, was sie als aktive Fußballer auf den Rängen für ein Spektakel miterleben dürfen. Das hat so viel mehr als Regionalliga; dass ist gefühlt so viel mehr als vielleicht manch Euro am Monatsende auf dem Gehaltskonto mehr bei einem potenten Verein ohne Zulauf. Rot-Weiss Essen dieser Tage ist der Fußball, wie ihn sich so manche von ganz oben und auch von ganz unten wünschen. Da ist alleine schon unser Umfeld, welches keinem Hochglanzmagazin entsprungen ist. An der Hafenstraße….RWE!

Epilog:

Das Spiel in der Roten Erde zu Dortmund könnte auf ähnlichem Geläuf stattfinden wie dass gegen Zweitgelsenkirchener in Wanne. Kommt dem technischen Können unserer Spieler also nicht wirklich zugute. Aber, die Unseren können nicht nur „Hacke – Spitze“, sondern auch ganz vorzüglich ihr Trikot dreckig machen und den Acker umpflügen. Dabei (und hoffentlich) auch so zielstrebig das Runde in das Eckige befördern, wie noch unter der Woche im Pokal gegen Burgaltendorf. Ohne dass dabei auch nur annähernd die Anzahl an Treffern erwartet wird. Ein Tor mehr schießen als der BVB, dass reicht schon! Dann sind wir weiterhin allesamt frohen Mutes und dürfen den aktuell gelebten, bisweilen unerschütterlichen Optimismus beibehalten. Mehr Wünsche zu Weihnachten kann eigentlich keiner haben.  

Wenn du den Regenbogen willst, musst du mit dem Regen klar kommen.

Es hat am Sonntag viel geregnet. Bisweilen sogar vertikal und somit auch auf die eigentlich überdachten Sitzplätze verschiedener Bereiche in unserem Stadion. Es werden schon sehr viele Fans nass, die für einen überdachten Tribünenplatz bezahlt haben. Das muss man einfach auch mal so kommunizieren, denn es hält bei ähnlichem Wetter zukünftig Fans ab. Und das kann keiner wollen. Ich hoffe trotzdem, dass die beiden Fans, die eher mit dem Wetter als mit dem Spielergebnis haderten, trotzdem wiederkommen. Ich kann ihren Ärger verstehen, aber wir sind nun mal keine Turnhalle. In einer solchen will kein Mensch Fußball schauen.

Warum startet man ausgerechnet zu einem Spiel gegen den SC Verl euphorisch? Das vermag ich jetzt auch nicht mehr zu schreiben; heute morgen jedoch erschien es mir irgendwie recht logisch: Heute verliert Verl. Gegen uns! Vielleicht war das der Denkfehler. Egal! In der aktuellen Euphorie befindlich, musste sogar mal wieder ein Schal außerhalb des Fensters vom Ziel der Fahrt zeugen. Das ging soweit auch ganz gut, doch leider war es der schwere Strickschal, der von außen und von Regen getränkt, bei Tempo 140 dermaßen gegen den Lack knallte, als wollte er diesen vom Chassis lösen. Nee, da fing das also schon mal an mit den schlechten Omen. Ein Parkplatz musste her und wurde gefunden. Gut, wenn man stets ein Arsenal an RWE Fanschals mit sich führt: Der klatschnasse Strickschal wurde gegen ein leichteres Modell ausgetauscht.  Schlechtes Omen abgewehrt.

Doch das Nächste tat sich auf, denn 450 Meter vor der Ausfahrt Essen/Gladbeck verhinderte eine Vollsperrung nach Unfall die nun wieder euphorische Weiterfahrt. Da knallte gar nichts mehr gegen den Lack, alle Räder standen still. Vorbildlich wurde übrigens die Rettungsgasse eingehalten. Es geht also! Und es ging alsbald auch weiter. Proppenvoll mittlerweile der Parkplatz an der Hafenstraße, die selbst nicht so voll war, wie vielleicht erhofft und/oder erwartet. Was allerdings ein Luxusproblem darstellt, war es doch trotzdem wieder fünfstellig. Möglicherweise hielten Wetter und Kuchen manch weitere potentielle Besucher an diesem usseligen Sonntag ab. Unsere Mannschaft dürfte jedenfalls keinen Hinderungsgrund mehr darstellen, die Konstellation der Begegnung schon mal gar nicht.

Die erstaunlich vielen Verler an Deck hatten Fahnen im Gepäck; auf dem Feld schwor die Unseren ein der Ruthenbeck. Grundstimmung immer noch leicht euphorisch, das Ganze leicht durchnässt. Die Fahne hing. Was sich jedoch schnell wandelte, also das mit der Euphorie, wurde unsere Abwehr doch schon nach fünf Minuten ihrerseits nass gemacht. Das ging eindeutig zu leicht für die Verler Sportskameraden und wurde zunächst noch durch einen verwandelten Elfmeter korrigiert. Gefühlt die Stimmung auf den Rängen noch bei „Uns kann keiner“ und auf dem Feld ein wenig Laissez-faire. Vielleicht würden wir hier auch das Wort pomadig in Erwähnung ziehen. Auf jedem Falle herrschte alles andere als Unsicherheit auf dem Feld. Bei den selbsternannten Bauernlümmel schon mal gar nicht, und auch bei den Unseren herrschte noch relative Ruhe. Unser Trainer hingegen, der ging schon das ein oder andere mal aus dem Sattel und beorderte das nicht mehr ganz so geheime Geheimrezept Ersatzbank mit Auftrag „warm machen“ in den Regen. Ran an die Schüppe also für alle.

Das Signal kam an bei den Ostwestfalen (Kommen mittlerweile eigentlich alle Vereine aus Ostwestfalen?), so dass sie nach einer guten halben Stunde erneut in Führung gingen. Eine Rot-Weisse Drangperiode folgte, der Lautstärkepegel war bisweilen eng an die Pfiffe des Unparteiischen gekoppelt. Wäre die Begegnung eine höherklassige gewesen, so hätte sich möglicherweise das ein oder andere Mal die Kölner Unterwelt eingeschaltet. Glücklicherweise zählt bei uns noch der Tatsachenentscheid. Und das ist auch gut so, selbst wenn es dann gegen uns ausgelegt wird. Fußball passiert in Echt- und nicht nach Wartezeit. Applaus zur Halbzeit. Etwas gemäßigt, aber aufmunternd. Das ist der erspielte Kredit.

Die zweite Halbzeit hatte nicht nur fünfundvierzig plus X Minuten parat, sondern durchaus auch eine Drangperiode unserer Rot-Weissen. In jener auch die Kulisse ohne wenn und aber wieder zu 1907% bei der Sache. Aber irgendwie fehlte das letzte Quäntchen Glück; die entscheidende Idee. Außerdem  waren die Verler Bauernlümmel einfach zu abgewichst. Die hatten ihren Fuß ständig im Weg und wussten einen Weg heraus aus dem eigenen Sechzehner. Und nicht nur das: Sie fanden auch noch zweimal recht einfach den Weg in den unseren. Inklusive Abschluss. 1:4 somit nach 82. Minuten. Trübsal in den Gesichtern rundherum, alle irgendwie ein wenig nass gemacht. Von oben und von Verl. Auf der West wurde derweil für Fans ohne Eintrittskarte und gegen einen Verein aus der Nachbarstadt gesungen. Auch wenn heute nix ging, zum Ende ging es doch raus mit Applaus.

Dass ist möglicherweise die wichtigste Erkenntnis des gebrauchten Spiels gegen den SC Verl: Es war nur eine Frage der Zeit, wann auch uns die erste Niederlage ereilen wird. Aus unserer Regionalliga kommt diese Saison keine Mannschaft, ohne mal aufs Auge zu bekommen, oder sich eine Beule einzufangen. Die Beule heute tat natürlich nicht nur weh, sondern verletzte sich mit David Sauerland (Gute Besserung!) auch noch ein Abwehrspieler von Format. Ein gebrauchter Tag also. Kennen wir. Glücklicherweise können wir uns direkt Donnerstag schon wieder gen Mönchengladbach aufmachen, den Regenbogen in Form von drei Punkten zu suchen. Und wir werden ihn finden!

Nur der RWE!

 

Ja! Ich will!

Haben wir schon diesen Lauf, dieses gewisse Etwas, welches im Laufe einer Fußballmannschaft vielleicht nur alle zehn Jahre einmal vorkommt? Haben wir diese Mannschaft, die es schaffen könnte, uns allen einen langgehegten Traum zu erfüllen? Haben wir eine Mannschaft, die uns aufsteigen lassen könnte? Man könnte versucht sein, mit „JA“ zu antworten, so schön ist es gerade rund um die Hafenstraße. Und wir sollten jede Sekunde mit dieser, unser aller, Mannschaft genießen. Denn natürlich werden auch Rückschläge kommen. Nicht, dass ich mich darauf freue, aber ich finde es schlicht nur fair uns allen gegenüber, daran zu erinnern.

Es droht kommendes Frühjahr sogar der Supergau aller Rückschläge, nämlich die Meisterschaft in der Liga und die darauf folgende Niederlage in der größtmöglichen Perversion des DFB, der Relegation. Man frage hierzu gern auf dem Waldhof nach. Nun kickt der Waldhof endlich ebenso wieder in der dritten Liga wie auch die geldgeführte Viktoria aus Köln. Beide mischen mittlerweile erstaunlich gut in der dritten Bundesliga mit. Es gilt also irgendwie diesen schmalen Flaschenhals zwischen Regionalliga und dritter Liga zu überwinden, und es lässt es sich wesentlich befreiter aufspielen. Margarine wäre eine Möglichkeit, dann flutscht es besser. Gleitgel, immer gut. Hat aber den Touch des Verruchten.

Hilft also alles nichts, der eigene sportliche Erfolg muss es richten. Nebst einer gehörigen Portion Glück und den passenden Ergebnissen der Konkurrenz. Betrachtet man nun den bisherigen Saisonverlauf und das Auftreten der eigenen Mannschaft, so kommt man nicht umhin zu sagen: „Ja, ich will!“. Ach quatsch, ich sage es nicht, sondern ich rufe es, so laut ich kann heraus: „ Ja, ich will diese beiden Relegationsspiele (diese Perversion) erreichen“. Gegen wen und wann auch immer. Und warum sage, beziehungsweise rufe ich das? Weil ich mittlerweile davon überzeugt bin, dass es diese eine Saison sein wird, wie sie eben nur alle zehn Jahre nur einmal vorkommt, und bei einem Verein wie RWE auch wohl  nur vorkommen kann.

Wir haben aktuell enorme Qualität auf dem Platz und an der Seitenlinie. Wir haben eine Mannschaft. Wie haben Spieler, die es genießen, die Hafenstraße zum Leben zu erwecken und Teil dieses schlafenden was auch immer sein wollen. Unsere aktuellen Vertragsspieler haben nicht nur Blut, sondern auch Rot-Weiss geleckt! Wollen hier endlich, wieder oder immer noch gemeinsam durchstarten. Und wer auch immer diese Mannschaft gescoutet hat, dem gebührt ein ganz großes Lob: Selten wurden alle Positionen bei RWE qualitativ so gleichwertig und hochwertig besetzt. Da wurde mit großem Fachwissen gepuzzelt.

Und da das geneigte Publikum an der Hafenstraße über ein ebenso großes Fachwissen auf sportlicher und emotionaler Ebene verfügt, honoriert es den Auftritt der eigenen Mannschaft endlich wieder und belohnt es mit ständig fünfstelligen Kulissen. Für Spieler, die zum Beispiel in Wolfsburg bei der dortigen Zwoten vor fünf Zuschauern gespielt haben, ein emotionaler Quantensprung. So wie die Hafenstraße in schlechten Zeiten die Beine lähmen kann, so sehr beflügelt sie diese auch in guten Zeiten. Nun haben wir gute Zeiten. Endich haben wir sie wieder. Und wir sollten alle gemeinsam daran arbeiten, dass es auch noch länger sportlich gute Zeiten bleiben.

Das nächste Spiel ist wieder zuhause; Ist wieder an der Hafenstraße. Gegner im wirklichen Spitzenspiel dann der SC Verl. Ein unangenehmer Vertreter seiner Zunft. Kategorie Angstgegner. Aber keine Angst, diesmal machen wir dem Angstgegner Angst: Weil wir ihn von Anpfiff an verbal in Grund und Boden „stampfen“, indem wir unsere Mannschaft ohne Unterlass anfeuern und zum Erfolg tragen werden. Dies wird unsere Saison!

Leserbrief, die Frühstückslektüre.

Es gibt ja schon erste Stimmen, denen der aktuelle Zuschauerschnitt an der Hafenstraße Kummer bereitet, da man sich möglicherweise von Erfolgsfans umgeben sieht. Ich denke, es ist noch verfrüht, um von Erfolgsfans zu sprechen. Und wenn doch….ja warum soll sich denn keiner ganz frisch und unverdorben von unserem RWE angezogen fühlen? So viele Jahre wurden die alten Fans aus dem Stadion gespielt, da wäre es doch schön, wenn sich überhaupt noch jemand angespielt fühlt, anstatt reflexartig zur Bayern oder Dortmund Bettwäsche zu greifen. Und bevor die nächste Stufe die ist, dass sich auch noch Rasendosendoof in heimischen Schlafzimmern breit macht, dann doch bitte lieber ehrliches Bier statt ekeliger Brause.

Aber, um direkt wieder zu deeskalieren: Der aktuelle Zuschauerschnitt beinhaltet meiner Meinung nach nicht einen einzigen Erfolgsfan! Die aktuelle Mannschaft hat sich lediglich langjährige Fans zurückerspielt und gibt sie hoffentlich nicht so schnell wieder auf. Erst wenn an der Hafenstraße die Lücken bebaut werden, dann hält auch der Erfolgsfan Einzug in die Selbsthilfegruppe 97a. Und dann sollten wir alle sie sozialisieren. Darauf vorbereiten, dass Erfolg und Freude bei Rot-Weiss Essen im Anschluss auch eine lange Leidensphase bedeuten kann. Und wer dass dann mitträgt, ja Mensch, da freut sich sicher auch der olle Melches einen Pin in die Wolke.

Es gibt aber auch diejenigen, die mit Rot-Weissen ganz alter Schule das Leben teilen und nun endlich aufgehört haben, sich zu wehren. Sind mit an die Hafenstraße und haben einen schönen Abend gehabt, wie diese Mail im Anschluss belegt. Und da diese auch noch so herrlich geschrieben ist, darf ich sie mit Erlaubnis der Verfasserin hier veröffentlichen. Zeit zu schmunzeln. Auch das relativ neu rund um unseren RWE!

Hallo Herr,

heute habe ich in der NRZ ihren Kommentar „Mythos Hafenstraße 97a“ gelesen und was soll ich sagen?

Nur der RWE! Was sonst?

Das muss „Frau“ nur erst mal verstehen.

Vor Jahren hätte mir das mal einer erzählen sollen, dass ich als Essen-Stadtwälderin mal in Borbeck wohne und nen Rot-Weissen heirate. Das ist das eine.

Das andere, dass ich damals auch nie geglaubt hätte, mal mit einer Flasche Stauder in der Hand vor dem Hafenstübchen zu stehen und die Massen zu sehen, die sich Richtung Stadion bewegen. Selbstverständlich auch mit lecker Stauder in der Rechten. Wie der Gang zur heiligen Messe, nur besser besucht.

Vor dem Stadion noch schnell eine kurze fuffzehn ergattern. Der Rentner vor mir sagt lautstark: „Ey Nobby gib ma eine, ich muss noch kacken“. Nee is klar. Hier wird das wichtigste auf den Punkt gebracht. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen.

Gegen Wattenscheid am letzten Freitag „musste“ ich mit. Jahrelang habe ich mich widersetzt. Aber jetzt: Unser Sohn im Feriencamp und mein Ehemann hat schon Wochen vorher kleine Stiche gesetzt mich zu überzeugen mitzugehen. Gibt es eigentlich einen größeren Liebesbeweis einer Frau an ihren Angetrauten? Ich habe mich natürlich breitschlagen lassen. Nicht zuletzt, weil auch meine Berufskollegen auf mich eingeredet haben wie auf einen sturen Esel. Das darfst du dir nicht entgehen lassen und wenn du erst mal Stadionluft geschnuppert hast … So könnte ich es jetzt endlos weiterführen.

Und was soll ich sagen? Tolles Spiel, großartige Stimmung, eine grandiose Familie! Alles findet sich da harmonisch zusammen. Der Vater mit den Kindegartenknirpsen vor uns, denen ich eine Fanta mitgebracht habe und er es irgendwie nicht verstanden hat, dass die kids was trinken wollen und ich ihnen das Getränk einfach so mitbringe. Sagt der Mittvierziger neben uns: „Musse nich kapiern, so is dat halt bei Rot Weiss, nimmet einfach“.

Und ich komme natürlich wieder, keine Frage. Nicht ständig aber dann und wann. Die Jungs müssen ja auch etwas eigenes haben. Meine größte Sorge vorher, der Seuchenvogel zu sein, hat sich zum Glück nicht bestätigt.

Auf ein Neues

Nur der RWE

Mit besten Grüßen

SAABine aus Borbeck

(das ist natürlich mein „Künstlername“)

Möge nun unser RWE Ihr in Zukunft ein ebenso treuer Begleiter sein, wie der geliebte Saab in der Garage.

Heute, also gleich, geht es für viele einmal mehr in das nahegelegene Niederrheinstadion. Die letzten Jahre sportlich und atmosphärisch eher als Nullnummer verbucht, könnte es vielleicht doch mal wieder etwas werden mit dem ersten Dreier seit sieben Jahren. Ganz sicher sollte es etwas mehr werden an Gastfreundschaft und definitiv wenig an Pfeffer. Gesprüht natürlich nur. Das Spiel als solches darf ruhig mit ganz viel Pfeffer aufwarten. Am Ende zusätzlich mit einem richtigen Sahnehäubchen für unsere Rot-Weissen. Alles geben RWE!

„Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck“!

Es sind nicht immer die spannenden und toll anzuschauenden Fotos während der neunzig Minuten, um die aktuelle Gesamtgemengelage einer Mannschaft darzustellen. Hochwertige Einblicke in die Dynamik unseres so geliebten Fußballs allemal; aber sie zeigen das Spiel an sich und nicht das Zwischenmenschliche innerhalb einer Mannschaft. Wie sollten sie das auch können. Dafür gibt es die Fotos zwischen den Zeilen.

Die Fotos, wenn der Ball ruht; das Spiel kurz bevorsteht oder die Minuten danach. Schöne Minuten des gemeinsamen Jubels oder traurige Minuten nach einer Niederlage. Diese Fotos zwischen den Zeilen: Auch sie einer der vielen Kernkompetenzen der Fotografen, die für „Jawattdenn“ Spieltag für Spieltag einfangen. Seit dieser Saison dürften diese ihren ehrenamtlichen und unermüdlichen Einsatz am Auslöser so richtig mit Freude ausüben, durften sie bislang doch nur strahlende Rot-Weisse ablichten. Die Sonne scheint uns direkt aus dem Allerwertesten mitten in das Objektiv und öffnet geradezu das Herz der Hafenstraße.

Dieses „raue Pflaster“, welches nicht wirklich zimperlich mit seinen Helden umzugehen vermag, verrichten diese ihren Job nicht hart und erfolgreich zugleich. Dieses „raue Pflaster“ wird gerade fast zu einem Ort der Gemeinsamkeit, des Miteinanders und aktuell gelebter Herzlichkeit! Kehrt zurück zu den Wurzeln, zu diesem „Ihr für uns und wir für Euch“. Unter den Fans, gerade älteren Datums, platzen gerade reihenweise Knoten, werden Böcke umgestoßen und Kühe vom Eis geholt. Da wird auf den Rängen mindestens genau so malocht wie auf dem Rasen. Die Fußballunterschicht macht sich momentan mal wieder schick und begibt sich auf eine gemeinsame Reise, die in punkto Hoffnung auf was Besseres vielleicht länger anzuhalten vermag als noch vergangene Saison.

Genießen wir also den Augenblick und bleiben optimistisch, auch wenn mal ein Rückschlag kommt. Denn erst dann wird sich der wahre Wert des neuen Miteinanders zeigen. Aber, zurück zu den Fotos zwischen den Zeilen: Mein Lieblingsfoto der aktuellen „Jawattdenn“ Strecke ist jenes, wo ein versonnen dreinblickender Trainer auf dem Rasen inmitten einiger Kinder und Jugendlicher sitzt und lächelnd dem Treiben auf der „West“ zuschaut. Vielleicht auch darüber schmunzelt, wie sich ein Marcel Platzek so auf dem Vorsängerpodest macht. Ein feines Gespür der dort ihren Job verrichtenden übrigens, „Platzo“ hochzubitten. Schöne Geste für einen Spieler, dem aktuell etwas das Fortune fehlt.

Andere tolle Fotos zeigen, dass dort schon eine Mannschaft inmitten vieler Kindern auf dem Rasen sitzt als lediglich eine Belegschaft, die erst vor kurzem gemeinsam die Arbeit aufgenommen hat. Es scheint zu stimmen. Es wirkt entspannt. Spannend dann aber vor einem Spiel die jeweilige Aufstellung. Christian Titz hatte bislang noch in jedem Spiel eine Überraschung parat und rotiert bisweilen mit einer Verve, so dass man ihn fast für einen Vertreter der Rotarier halten könnte. Aber, der Erfolg gibt ihm Recht und da die frischen Spieler auch noch in schöner Regelmäßigkeit treffen: Das riecht nach Geheimrezept.

Kein Geheimrezept dagegen gab es auf der „West“, als der verdiente Glückwunsch an 15 Jahre „Jawattdenn“ präsentiert wurde. Keiner konnte doch ahnen, dass justament ein Tor für den RWE fiel und die Glückwünsche somit schwer zu halten waren, da alles durcheinander purzelte. Und doch war es das beste Geschenk, was diesem Fanzine zuteil werden konnte: Glückwunsch plus Tor! Danke „Jawattdenn“ für die vielen Jahre! Es gibt wohl kaum einen anderen Verein, der eine solch Konstante als Fanzine vorzuweisen hat. Und wenn man mal ganz ehrlich ist: Ein Erfolgsdingens ist Jawattdenn bei weitem nicht, gab es vorzugsweise schmerzhaftes zu berichten. Dies also auch ein Geburtstag, der Anlass dazu gibt, dass unser aller RWE endlich wieder auf die positive Seite des runden Leders zu kommen scheint. Dass sich aktuell etwas anbahnen könnte, was momentan ja auch diejenigen mitbekommen, die professionell über den Fußball berichten und sich auch den unterklassigen Fußball gerne als eigene Nische auf die Fahne schreiben.

So gab sich am vergangenen Freitag gegen den Nachbarn aus Wattenscheid ein Team von Zeiglers wunderbarer Welt des Fußballs an der Hafenstraße die Ehre. Der Kontakt gestaltete sich sehr nett, das Bekenntnis auch zur Liga 4 wirkte sehr ehrlich. Bleibt allein die Tatsache, dass sich „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ nach diesem Abend in „Zeiglers waren in der wunderbaren Welt des Fußballs“ umbenennen möchte.

Es ist halt aktuell alles ein wenig verklärt, so rund um die Hafenstraße. Man mag es noch nicht richtig glauben, dass uns eine wirklich gute Saison bevorstehen könnte. Denn trotz aller momentaner Euphorie gilt es noch viele, viele enttäuschte Fans zurückzugewinnen. Eine ganze Dekade lang wurden Fans verloren. Gewinnt man diese nun sukzessive zurück, dann könnte dauerhaftes „fünfstellig“ auf den Tribünen bei anhaltendem sportlichem Erfolg keine Utopie bleiben. Holt der Verein jemals alle zurück und begeistert zudem neue Fans für dieses wundervolle Emblem, das kannste Dir nicht ausdenken. Aber noch ist es lange nicht soweit! Zuvor wartet kommenden Sonntag ein weiterer Nachbar: Einmal mehr geht es nach Oberhausen, in dieses für Gäste eher leider ungastliche Stadion. Was helfen könnte, wären mal wieder wieder drei Punkte dort.

Das wird ein weiteres, spannendes Wochenende. Ein Wochenende, an welchem man sogar Tupperwal die Daumen drückt. Was soll man sagen: Nur der RWE!

Love Will Keep Us Alive!

Während meiner kurzen Karriere als Jugendkicker war ich definitiv ein Unterschiedsspieler: Es machte überhaupt keinen Unterschied, ob ich mitspielte, oder eben nicht. Vielleicht auch das ein Grund für mein recht kurzes Leben als aktiver Fußballer.

Oguzhan Kefkir indes scheint aktuell einer dieser Unterschiedsspieler zu sein, für den diese relativ neue Fußballbegrifflichkeit erfunden wurde. Eingewechselt zur zweiten Halbzeit im Spiel beim SV Rödinghausen, gelang ihm direkt eine Minute später das so wichtige Tor zum Ausgleich und anschließendem Endstand. Der in der ersten Halbzeit noch fehlende Zug zum Tor war spürbar geworden, sorgte auch im weiteren Verlauf des Spiels noch für Torchancen, die in der ersten Hälfte noch Mangelware waren. Das natürlich ein Verdienst aller auf dem Feld befindlichen Rot-Weissen, ohne Frage. Es ist schön, dass wir eine richtige Mannschaft haben!

Zwar hatte unser aller RWE auch in der ersten Hälfte spielbestimmende Phasen, diese beschränkten sich aber ungefähr auf die ersten Minuten nach Anpfiff und die letzten vor dem Pausenpfiff. In der Zwischenzeit machte der SV Rödinghausen unseren Spielern das Leben auf dem Feld vermehrt richtig schwer und ungemütlich. Versäumte es glücklicherweise seinerseits jedoch, dem Führungstreffer in der 25. Minute ein weiteres Tor folgen zu lassen. Und dann war da ja auch noch ein Unparteiischer, welcher unseren Farben das Spielen bisweilen schwer machte. Gingen die Küchenjungs auf dem Feld doch recht robust zur Sache. Wir können froh sein, dass das Verletzungspech der letzten Jahre nicht direkt wieder zuschlug. Nee, das war schon recht aufreibend und untermauert die These der vergangenen Woche, dass der RWE keinesfalls die alles beherrschende Mannschaft der Liga sein wird.

Aber der RWE unterscheidet sich in dieser Saison trotzdem von dem der Vorjahre: Ein Rückstand ist keine Katastrophe mehr, sondern ein temporärer Zustand, der sich mit Ruhe und Vertrauen im Verlaufe des Spiels noch umwandeln lässt. Das alleine schon ein Mehrwert im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Und doch wäre es natürlich erstrebenswert, seinerseits vermehrt in Führung zu gehen, diese auszubauen und gewinnbringend über die Zeit zu bringen. Ich könnte mir vorstellen, dass steht auch ganz oben auf der Agenda von Mannschaft und Trainerstab. Das Unentschieden unter dem Strich ein gerechtes Ergebnis.

Was nun auf der Agenda einer Zeitung stand, die vermehrt über den SV Rödinghausen berichtet, bleibt zumindest bezüglich der Vorberichterstattung ihr Geheimnis. Schlagzeilenträchtig wurde dort von Ausschreitungen geschrieben, die zu befürchten stünden, da möglicherweise der ein oder andere Fan des RWE ohne Karte anzureisen gedenkt. Die Verbindung „ohne Karte gleich Randale“ schon recht abenteuerlich, wurde unser Vereinskürzel wie ein roter Faden mehrfach falsch geschrieben. Ist das dann Nachlässigkeit? Provokation? Man weiss es nicht, aber der Anhang des „EWE“ hat sich allen Vorhersagen zum Trotze auf jeden Fall als guter Gast erwiesen. Im unsäglichen „Gästeblock“ wurde tapfer ausgeharrt und gesungen, auf der Tribüne bunt gemischt gefachsimpelt.

Dass der Sportplatz nun bei weitem nicht ausverkauft war, wurde wohl gerne in Kauf genommen. Schade eigentlich, denn wie sagte doch der Kommentator von Sporttotal: „Essen is everywhere“. Wer kann dem schon Wiedersprechen?

Den Platz an der Sonne hat man zwei Tage später trotzdem an eben jenen SV Rödinghausen abgeben müssen, der die (aufgrund der Teilnahme am DFB Pokal) verlegte Begegnung bei den Bergischen Gladbachern mal eben mit 4:0 für sich entscheiden konnte. Und dann wäre ja auch noch der Wuppertaler SV, der sich bislang komplett schadlos halten und sowohl uns als auch die Küchenjungs überholen könnte. Sofern im vierten Spiel der vierte Sieg gelingt. Also mit Familie Häcker und ihren Angestellten in Stutzen hatte ich definitiv gerechnet. Oberhausen und Aachen werden kommen, die Tante Lotte vielleicht auch noch. Aber dem WSV habe ich einen solch Start nicht zugetraut, nach all den finanziellen und personellen Turbulenzen. Da war doch alles ebenso im Tal, wie die geographische Lage. Die nächstens Wochen werden dermaßen spannend, man sollte ins Stadion gehen.

Leider nicht mehr in das Stadion gehen können diejenigen, die schon von uns gegangen sind. Aber sie können ab sofort unter Gleichgesinnten weiterleben. Das könnten sie sicher auch auf jedem Friedhof dieser Stadt; auf dem evangelischen Matthäusfriedhof in Essen-Borbeck jedoch können sie dies nun als Art postmortaler Fanclub. Im Schatten der Grabstätte der Familie Melches können zunächst bis zu achtzig Rot-Weisse ihre letzte Ruhe im Kreise von Gleichgesinnten finden. Unter Tage in Urnen und Särgen. Über Tage sorgen Devotionalien aus dem Georg Melches Stadion weiter für das  Gefühl, welches die Hinterbliebenen bestenfalls weiterleben. Vielleicht mag es für Außenstehende ein wenig befremdlich wirken. Aber, ich finde es eine wunderschöne Geste der Verquickung zwischen Leben und Tod. Rot-Weiss Essen gehört zu unserem Leben. Also gehört Rot-Weiss Essen auch nach diesem Leben weiter zu den Menschen, die sich für diesen Bereich auf dem Matthäusfriedhof als Ort für das Leben danach entscheiden. Mögen sie sich aufgrund der sportlichen Ergebnisse nicht zu oft im Grabe umdrehen.

Am morgigen Freitag nun das erste Flutlichtspiel in der Liga, zudem noch gegen einen Nachbarn und Sammelbecken ehemaliger Essener Spieler. Die irgendwie doch sympathische SG Wattenscheid stellt sich einmal mehr an der Hafenstraße vor. Die Berichterstattung über die Lohrheidekicker teilt sich in zehn Fällen aktuell wie folgt auf: Eine Prise Sportliches wird umgeben  von acht Anteilen Finanznot mit einem Hauch von Peter. Dennoch sollte man diese Mannschaft niemals unterschätzen. Gerade mit den vielen Ehemaligen. Und selbst nicht bei einer komfortablen Führung in der Schlussphase…..

Aber, auch wir haben morgen unseren aktuellen Spielern etwas besonders zu bieten: Die Hafenstraße unter Flutlicht! „Fußball Hafenstraße Flutlicht“, das ist das FHF für die ganz besonderen Momente. Für das Flair, welches mittels Beleuchtung alles auf das Spielfeld fokussiert. Alles den Tacken intensiver und lauter erscheinen lässt.  Die neunzig Minuten für das schöne Wochenende. Unsere Spieler werden hoffentlich ein Spiel und eine Atmosphäre erleben, welches ihr Gefühl, sich für den richtigen Verein entschieden zu haben, noch einmal bestärken wird. Vielleicht sogar wieder vor fünfstelliger Kulisse, neigen sich die Ferien dem Ende entgegen und gilt doch für die Allermeisten: Hebt die Hände, hisst die Fahnen…Wochenende (Na ja, so ähnlich halt).

Freitag, 23.08.2019, 19:30 Uhr: Rot-Weiss Essen – SG Wattenscheid 09. Hafenstraße! 

 

New York – Rio – Tokyo ? Köln – Rödinghausen!

Alle Achtung. Oder besser: Alle Neune! Unser aller RWE hat aus den ersten drei Saisonspielen das Optimum an Punkten herausgespielt und war in jedem dieser Spiele jeweils um ein Tor besser als der Gegner. Das klingt zunächst erst einmal sehr effizient. Zum anderen aber auch nach richtig harter, schwerer Arbeit, die es tatsächlich auch war. Der RWE dieser Saison vermag aufgrund der personellen Neuausrichtung aktuell sicher zum Favoritenkreis auf den Relegationsplatz (Meister müssen aufsteigen!) gehören, aber er wird definitiv nicht die Liga in Grund und Boden spielen.

Geduld ist angesagt. Geduld und fortwährende Unterstützung, gepaart mit nimmermüden Glauben daran, dass es nach vielen Jahren sportlicher Tristesse wirklich einmal eine Saison werden kann, die das lange vermisste Miteinander zwischen Verein, Fans und Mannschaft wieder aufleben lässt; als Fundament für sportliche Zukunft dienen kann. Von dem bekannten Kinderbuchautor Janosch stammt wohl jener Satz, der vielleicht das Leben der RWE Fans in der letzten Dekade recht trefflich beschreibt: „Das Glück liegt in der Ferne“ sagte der Esel, „und die Ferne ist immer dort, wo man gerade nicht ist“. Wir waren vergangene Saison schon mal kurz davor, uns aufzumachen. Wollten die Ferne heranzoomen. Doch dann wurde aus dem Zoomobjektiv schnell wieder eine Festbrennweite. Wir kamen nicht näher heran!

Gegen die hochgehandelten Kölner Zweitprofis gab es wie schon gegen den BVB das entscheidende Tor erst in der Schlussminute. Tore für den RWE in den letzten Zügen eines Fußballspiels….das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen und genießen: Welch ein süßer Abgang. Ganz anders als der bittere Stoff der Gegentore in selbem Zeitraum. Siegtore fast mit dem Abpfiff, das sorgt für turbulente Szenen auf den Tribünen, für Stauderdusche, dem temporären Verlust der angestammten Stehtraverse und manch fremden Fan in den Armen. Das sorgt für Glücksgefühle und ein „Adiole“, welches in punkto Lautstärke das Ordnungsamt auf den Plan hätte rufen müssen.

Auf den Plan gerufen hat de facto unsere Mannschaft auch ihren Trainer. Und zwar in seiner Aufgabe als „Ordnungsamt“ dieser. In der ersten Halbzeit wurde nicht so wirklich die Ordnung eingehalten, jene welche von Trainerseite vorgegeben wurde. Zudem waren die kleinen Geißböcke extrem bockig. Wie dem auch sei: Das Trainerteam hat erkannt, dass da etwas nicht rund lief in der eigenen Mannschaft und hat, wie branchenüblich, nicht bis ca. zur fünfundsiebzigsten Minuten gewartet, um die erste Auswechslung vorzunehmen, sondern tat dieses unter dem Raunen des Publikums bereits nach zweiunddreißig und sechsunddreißig Minuten.

Dass es sogar den Kapitän der Hafenstraße traf (mit Gelb vorbelastet), sollte nicht überbewertet werden, auch wenn es in mancher Mannschaft der Fußballgeschichte sicher einer Majestätsbeleidigung gleichen würde, müsste der Mann mit der Binde noch in der ersten Halbzeit vom Feld. Es zeigt unter dem Strich nichts anderes, als dass Christian Titz als Hauptverantwortlicher im Sinne der Mannschaft/des Erfolgs handelt. Und zu dieser Mannschaft zählen eben mehr als die ersten Elf der Anfangsminute. Es zählt jeder dazu. Jeder! Schöner Gedanke eigentlich, ein Fußballspiel recht früh neu zu gestalten, anstatt erst gegen Ende mit Umstellungen zu beginnen. Spitzenreiter. Ist das schön!

Heute dann wieder nach Rödinghausen. Des Essener weiteste Auswärtsfahrt, welche das Fußballspiel zudem nur unter erschwerten Bedingungen betrachten und erleben lässt. Als wäre der Gegner aus Rödinghausen an sich nicht schon auf dem Feld ein gar Unangenehmer und uns in den direkten Duellen um einige Punkte voraus, so wird zudem von Seiten des Gastgebers auch richtig viel unternommen, um möglichst wenig Fans des RWE an heimischer Stätte zu empfangen. So fühlt es sich auf jeden Fall an.

Der längsseitige Gästebereich für den stehenden Rot-Weissen, welcher es sich auf ca. 100 Metern Länge auf bis zu drei Stufen und hinter armdicken Gitterstäben gemütlich machen darf, ist ausverkauft, so dass es dort vor Ort keine Karten mehr geben wird. Unglaublich, was heutzutage alles von den Verbänden als Zuschauerbereich durchgewunken wird, passt es nur annähernd ins Schema. Auf jeder Eintrittskarte für diesen Verschlag müsste der Vermerk „Sichtbehinderung“ stehen und entsprechenden Nachlass nach sich ziehen.

Dass wir auf der Tribüne nicht erwünscht sind, hat man uns ja zudem online recht perfide spüren lassen: Die Essener Postleitzahlen wurden direkt mal geblockt (Ist das eigentlich rechtens, da es an Diskriminierung grenzt?) und im Nachgang weitere Bereiche mit der Vier vorneweg, als es Bestellungen gab, die der SV Rödinghausen wohl nicht mehr seinen Amigos zuordnen konnte. Als es den Küchenplanern dann wohl zu bunt, beziehungsweise zu Rot-Weiss wurde, stampfte man den Onlineverkauf kurzerhand ein. So geht das heute.

Gestern dann entsprechend zum Thema ein Online Artikel der Neuen Westfälischen. Hier werden ohne Karte anreisende Fans direkt mit Randale und Ausschreitungen in Verbindung gebracht. Auf die Idee, dass man vielleicht auch noch guter Hoffnung ist, eine Karte für das Spiel seines RWE zu ergattern, kommt man erst gar nicht. Verkauft sich ja als Schlagzeile auch nicht wirklich gut. Randale macht Quote, man muss sich ja langsam aber sicher den Kommentarspalten anpassen. Wie dem auch sei, jener Artikel  steigert sich in in seiner Dummsinnspirale gegen Ende geradezu ekstatisch, wenn aus unser aller RWE ein uns unbekannter EWE wird. Und das nicht nur einmal. Gnadenlos ziehen die beiden Lokalreporter dieses EWE Dingen durch. Ein Hoch auf das Lektorat!

Das schönste Zitat jener knallharten Recherche: „Die Polizei Herford rechnet am Samstag mit einem hohen Ausschreitungs-Potential auf Seiten der Essener Fans“. Ist das die Begründung, um direkt eine Hundertschaft einzusetzen, oder fusst diese Vermutung auf inhaltlich knallharten Fakten? Gegen wen sollte sich die latent durchaus vorhandene Gewaltbereitschaft des Essener Anhangs heute richten? Herrgott von Bentheim, schafft ordentliche Bedingungen für Auswärtsfans, und solche reisserischen Artikel können uns in Zukunft erspart bleiben. Ich sehe es doch schon kommen: Einem Essener sitzt ein Pups quer, und direkt wird dann ein Böller raus gemacht. Was am besten hilft: Einfach locker durch den Schlüpper atmen. Auf allen Seiten.

Ach klar, gespielt wird ja auch noch. Es wird ein gutes Spiel werden und 1:2 für unseren RWE ausgehen. Wir sind nach dem letzten Gewinn des Zwiebelpokals einfach mal wieder dran. Das entscheidende Tor für unseren RWE in der Nachspielzeit fällt in jener und durch einen unserer Spieler. Da lege ich mich mal fest. Der Rest wird Jubel sein.

 

 

 

 

 

DENN SIE WISSEN, WAS SIE TUN!

Was unterscheidet die aktuelle Mannschaft des RWE von James Dean und Natalie Wood im fast gleichnamigen Hollywood Klassiker von 1955? Dean & Wood wussten als Filmfiguren Jim & Judy laut Drehbuch nicht genau was sie taten, weshalb der großartige Film auch DENN SIE WISSEN NICHT, WAS SIE TUN (Im Original: „Rebel without a Cause“) heißt. Für Liebhaber der Leinwand sicher ein Frevel, eine Legende wie James Dean als Vergleich für unseren notorisch erfolglosen Verein zu benutzen. Aber, das kann wird sich ändern, das mit der sportlichen Erfolglosigkeit. Zumal wir ja durchaus auch schon mal als Legende bezeichnet werden.

Es sind erst zwei Saisonspiele gespielt, die Arbeit zwischen Trainerteam und neuformierter Mannschaft somit immer noch ganz am Anfang einer hoffentlich langen, gemeinsamen Reise. Die Ergebnisse von jeweils 2:1 für unsere Farben lassen auf harte Arbeit und weniger auf Überflieger schließen. Harte Arbeit wird immer gerne genommen an der Hafenstraße, dieser selbsternannten Fußballunterschicht. Somit sind die ersten sechs Punkte schon mal ein anerkennendes Nicken wert. Das sollte als Euphorie erst einmal ausreichen. Was aber zur allgemeinen Zufriedenheit beiträgt ist das Gefühl, dass die da auf dem Platz wirklich wissen, was sie tun. Das sieht alles schon sehr gut aus. Das sieht nach Fußball aus. Wohltuend die Ballsicherheit unserer Spieler, interessant der Spielaufbau. So ganz kommen wir damit noch nicht klar, aber großer Herzklabaster konnte bislang vermieden werden. Auch, weil die Hintermannschaft sehr aufmerksam agiert und die Gefahr für den Schnapper somit weitestgehend minimieren konnte. Man merkt, dass nicht nur der Trainer seine Philosophie konsequent auf die Mannschaft überträgt, sondern dass diese jene welche auch auf den Platz bringt.

Sonntag kamen sie selbst aus Aurich, um der neuen Mannschaft die Daumen zu drücken und um diese zu unterstützen. Ostfriesen wissen was sie tun und was gut ist. RWE weltweit!  Gut gefüllt dann doch zu Spielbeginn der Bereich der Rot-Weissen Fans. Weniger gut wohl die Tatsache, dass man vom Parkplatz aus gefühlt erst halb Duisburg zu Fuß durchqueren musste, um Einlass zu finden. Das hätte geschickter gelöst werden können. Wie dem auch sei: Es war optisch und stimmungstechnisch das zweite Heimspiel der Saison, hielten es doch knapp Dreieinhalbtausend der Fünftausendzweihundert Fans im Stadion mit dem RWE. Und nicht wenige von ihnen sangen die neunzig Minuten komplett durch. Eine Leistung, die durchaus auch mal gewürdigt werden sollte. Da bedarf es schon eine Menge Schmackes in der Stimme, um das durchzustehen.

Der VfB Homberg seinerseits ein durchaus charmanter Gastgeber, bedenkt man, dass er den Gast nicht in seinem eigenen Wohnzimmer empfangen durfte. Da ist man dann einfach nicht so ungezwungen wie sonst vielleicht zuhause und hapert es dann schon mal organisatorisch an der einen oder anderen Stelle. Die Mannschaft des VfB jedenfalls wird noch manch anderen Gegner vor eine harte Probe stellen und weiter Punkte sammeln. Schön, dass auch ihr bisweilen lautstarke Anfeuerung zuteil wurde.

Auch (fast) schön, dass unsere Mannschaft in den letzten Minuten noch in jenen Schlendrian verfiel, der tragischerweise wie festgetackert in der rot-weissen DNA sein Dasein fristet. Der vielfache Verweis im Anschluss an das Spiel, dass vorherige Mannschaften des RWE das Dingen dann noch verloren hätten, vermag nicht zu beruhigen. Es beruhigt eher, und das ist dann das Schöne daran, dass es dem Trainer missfiel. Wie sicher auch vielen seiner Vorgänger, ohne Zweifel. Aber möglicherweise gelingt es jetzt endlich einmal, den Kollegen Schlendrian aus dem Mannschaftsbus zu werfen. Soll er die letzten Minuten woanders verbringen, aber nicht mehr bei uns.

Ach, und wenn ich mir noch etwas wünschen dürfte: Bei uns könnte die Torgefahr noch etwas gesteigert werden. Es ist schön, wenn die Balldominanz ein gefälliges Spiel Richtung gegnerisches Tor zulässt, ohne dass der Gegner groß mitspielen darf, der finale Schmerz für den Gegner dabei aber ausbleibt. So blieb es zur Halbzeit beim torlosen Unentschieden, trotz eben jener Dominanz unsererseits. Ohne Frage, es war schon schick anzuschauen. Zur Halbzeit also trotzdem zufrieden und der Welt einen Wunsch kundgetan:

Ich konnte in der Halbzeit ja nicht ahnen, dass mein Wunsch in der 55. Minute tatsächlich in Erfüllung gehen würde. Gepaart mit meinem vor Spielbeginn geäußerten Endergebnis von 2:1 für unser aller RWE auf einen Wettschein gebracht, und ich hätte nie mehr bloggen müssen. Mein Fahrer hätte mich in Zukunft zu den Spielen abgeholt. Ich tippe aber nicht, daher nichts mit Quote und Traumgewinn. Scheissendreck! Trotzdem ist ein Tor in einer 55. Minute für Rot-Weiss Essen immer noch ein besonderes Tor und viel wichtiger als alles andere. Besonders auch durch die Art und Weise wie Oguzhan Kefkir dieses Ding gemacht hat. Das 2:0 in der 72. Minute durch erneut Kefkir ebenfalls nicht schlecht, sondern sogar auch wieder richtig gut: Sich selbst per Fuß vorlegen um dann mit dem Kopf zu vollenden, kann man mal machen!

Danach folgte noch jener schon thematisierte Schlendrian und eine weitere, verdiente, Feier mit den eigenen Fans. Diese Mannschaft macht Lust auf das nächste Spiel. Und die Tabellensituation aktuell steigert die Vorfreude durchaus noch ein wenig mehr. Macht  Sonntag  die Hütte voll!

Wenn Wolken die Sonne verbergen, gibt es immer irgendwo einen Silberstreifen, der mich ermahnt, nicht aufzugeben.

Gut, vorab zwei Dinge: Aktuell gibt es leider keine Wolke, die auch nur ansatzweise die Sonne verbergen könnte. Also müssen wir uns den Silberstreif am Horizont denken. Und, wir haben das Buch zu diesem Zitat auch nicht gelesen, wissen aber, dass es um zwei Menschen geht, die fest an ein Happy End glauben. Soooo, und damit haben wir endlich die Brücke zum heutigen Saisonauftakt unserer Rot-Weissen geschlagen! Wir wissen natürlich nicht, ob uns diese Saison endlich einmal ein sportliches Happy End im Sinne einer bis zum letzten Spieltag spannenden Saison bescheren wird. Aber, der RWE hat in den letzten Wochen und Monaten etwas fast unmögliches geschafft und die sportliche Lethargie der letzten Jahre in nicht mehr zu erwartende Vorfreude umgewandelt. Kaum zu glauben und fast auch schon ein Happy End an sich! Man ist im Verein felsenfest davon überzeugt, dass es besser wird. Dass es klappt mit der neuen Mannschaft. Auch wenn der Felsen noch nicht so fest stehen könnte, wie wir es vielleicht direkt von Anbeginn gerne hätten. Der wird noch manches Mal wackeln.

Die Saison 2019/20, sie kann so starten wie eine Autofahrt durch eine Niederländische Kleinstadt nahe Gronau/Westfalen: Alle zweihundert Meter gilt es irgendwelche Drempel zu umfahren oder irgendwie drüber hinweg zu kommen. Andauernd wird abgebremst, geschaltet, geflucht und wieder Gas gegeben. „Let op! Drempels“. Irgendwann kommt man dann trotzdem ans Ziel. Sie kann natürlich auch furios, elegant oder gar gruselig beginnen. Das sehen wir dann heute Abend nach Abpfiff. Aber dieses lange nicht mehr gekannte kribbeln, diese Lust darauf, dass es endlich losgeht. Dieser Widerspruch zu den letzten Jahren, wo es leider nur kribbelte, wenn es aufhörte! Das ist rational eigentlich gar nicht zu greifen. Schließlich wurden dermaßen viele handelnde Personen ausgetauscht, so dass wir ja noch gar nicht wirklich wissen, wen wir nachher anzufeuern gedenken. Und doch ist da dieses irrationale Gefühl, dass dieses Jahr eine Mannschaft aufläuft, die richtig Bock auf uns und die Hafenstraße hat. Zudem schon ohne Pflichtspiel etwas ausstrahlt und sich wohl nicht mehr einfach den Senf  von der Frikadelle nehmen lassen will. Das wird richtig spannend nachher, denn auch die Jungborussen wollen ja noch was werden.

Nach der Saison ist vor der Saison, mal frei nach Herbergers Sepp. Für manch einen war es aber trotzdem die letzte Saison, hat man doch einfach den Papp auf, glaubt nicht an sportliche Besserung. Das ist absolut zu respektieren und nachzuvollziehen. Vielleicht kann man diese enttäuschten Fans sukzessive durch entsprechende Leistungen und ansprechendem Einsatz auf dem Feld zurückgewinnen. Wenigstens ein klein wenig wieder neugierig machen. Denn eigentlich warten doch alle nur darauf, dass ihr Verein sie endlich wieder an die Hafenstraße zurückholt.

Die vergangene Saison war auch die letzte für einen von uns, der sich auch die neue niemals im Leben entgehen lassen hätte. Am 19.07. ist Günter Barchfeld verstorben. Ich war sehr traurig, als ich davon erfahren habe; aber mittlerweile ist es so, dass ich hier mit einem Lächeln sitze, wenn ich an ihn denke. Es ist nicht nur ein Lächeln, sondern zugleich auch ein warmes Gefühl, welches sich auftut, denkt man an diesen wunderbaren Menschen. Schon optisch ein Sympath vor dem Herrn, bestach Günter Barchfeld stets durch seinen Witz und die unvergleichliche Art, seine Anekdoten zu erzählen. Er wird uns fehlen, ebenso wie auch der fast zeitgleich verstorbene Reinhard Rudnick. Ich glaube aber, dass es sich wie in einem bekannten Trauerspruch verhält: „Wenn ein Mensch stirbt, dann ist das so, als verschwände ein Schiff hinter dem Horizont. Es ist immer noch da, wir sehen es nur nicht mehr“. Günter und Reinhard, sie sind wie alle anderen von uns gegangenen noch da;  bekommen nun auf eine andere, uns noch unbekannte Art, die kommende Saison mit. Jubeln und leiden mit uns. Singen den Oppa und Adiole.

Zwischen Oppa und Adiole ist ja immer auch die Zeit für einen weiteren, ebenfalls ganz besonderen Menschen, uns mit Mikrofon in der einen und Zettel in der anderen Hand, einiges anzusagen. Manchmal auch die Wacht, läuft es auf den Tribünen nicht ganz rund im Eckigen. Davor und danach natürlich auch. Stadionsprecher sein (ehrenamtlicher) Job und Walter Ruege sein Name. Und dieses mit dem heutigen Spiel seit nunmehr vierzig Jahren. Meine Güte, vierzig Jahre Stadionsprecher bei Rot-Weiss Essen: Viele Regierungssprecher werden wohl weniger schicksalhaftes erlebt haben, als Walter Ruege in seiner langen Karriere. Die Sprecherkabine sein Zuhause, seine angenehme Stimme unsere Heimat. Herzlichen Glückwunsch zu diesem Jubiläum der ganz besonderen Art.

Es gibt also auch ohne Spiel schon viele emotionale Momente rund um den heutigen Saisonauftakt an der Hafenstraße. Und wenn es nur das erste Würstchen am Hafenstübchen oder das Wiedersehen mit länger nicht gesehenen Tribünennachbarn ist. Emotional alleine schon die Wucht der Zahl an Fans, welche wohl heute dem Spiel beiwohnen werden. Fünfstellig wird es werden, trotz Urlaub. Unfassbar. Alle bekloppt!

Ich bin aufgeregt. Rot-Weiss Essen: Mehr als alles andere! Es geht wieder los. Wie es immer wieder losgehen wird. Aufgeben gilt nicht.

 

The Things We Do for Love!

Man neigt ja dazu, die britische Rockband „10cc“ auf den Schmachtfetzen „I’m Not in Love“ zu reduzieren. Weit gefehlt, gab es doch mindestens noch „Dreadlock Holiday“. Dann verließen uns leider weitestgehend die Erinnerungen an diese Band aus den 1970er Jahren. Bis wir auf den Song „The Things We Do for Love“ stiessen. Mag nun „I’m Not in Love“ eher dem benachbarten Bundesligisten und der Beziehung zu seinen Fans gewidmet sein, so ist „The Things We Do For Love“ aktuell der ultimative Soundtrack für den RWE und seine Fans. Die Fans in Rot, sie tun weiter so viel Dinge aus Liebe, so dass man fast schon von einer einseitigen Beziehung sprechen könnte.

Schließlich hat unser aller RWE auf dem Feld schon lange nicht mehr für eine stabile Beziehung, oder wenigstens für ein Gleichgewicht in der Partnerschaft gesorgt. Macht aber auch nichts: Fans denken selten rational, handeln zumeist nach kurzer Phase intensiver Enttäuschung wieder voller Inbrunst und Zuneigung. Handeln ihren eigenen Vertrag für die kommende Saison mit sich und der eigenen Fanseele aus. Ist der Vertrag dann erst einmal ausgehandelt, steht unter dem Strich der Vereinbarungen nicht selten erneut doch wieder die Dauerkarte. Und das, obwohl man sich noch vor wenigen Wochen (und alle Jahre wieder) kaum vorstellen konnte, sich erneut auf einen längerfristigen Kontrakt mit dem eigenen Verein einzulassen. Rein monetär betrachtet, spart eine Dauerkarte unter dem Strich natürlich viel Geld. Kostet aber unendlich viel Nerven. Umgekehrt gilt aber auch: Hast Du keine Dauerkarte gekauft, sparst Du natürlich unendlich viele Nerven, aber nicht wirklich viel Geld!

Man stelle sich nun einmal vor, die Saison läuft tatswahrhaftig auch nach dem sechsten Spieltag noch gut für uns, es kribbelt ohne Ende und man muss fast zwanghaft nun doch alle zwei Wochen zur Hafenstraße rennen….ja, dann zahlst halt drauf! Aber, was soll all der Stress um den schnöden Mammon, schließlich ist ein jeder sein eigener „Dauerkartens Schmied“! Für den Verein bedeuten Dauerkarten natürlich immer auch ein Stück Planungssicherheit, weswegen man an der Hafenstraße (recht laut) davon träumt, gleich derer fünftausend noch vor Saisonbeginn an den Fan jeglichen Geschlechts zu bringen. Ein ziemlich feuchter Traum, lässt man noch einmal die vergangenen Jahre Revue passieren. Aber, den Mutigen gehört die Welt, warum also nicht ein solch ambitioniertes Ziel formulieren und den Dauerkartenzähler jeden Tag aktualisieren? Es lässt sich doch sportlich recht gut an gerade, und schlechte Laune können wir irgendwann immer noch früh genug bekommen.

Es ist schön zu verfolgen, wie sich die Fans beinahe gegenseitig doch immer wieder ermuntern, eine Dauerkarte zu kaufen, um erneut zu signalisieren: „Scheiss auf Liga 4, wir stehen zu Dir“. Ich kann mir gut vorstellen, dass der RWE durchaus weiss, diese Treue eigentlich gar nicht mehr verdient zu haben. Aber umso dankbarer dafür ist! Und es wieder und immer weiter versuchen wird. Nicht nur für sich, sondern vor allem auch für uns, für seine Fans. Denn wir sind es doch in letzter Konsequenz  Jahr für Jahr, weswegen anne Hafenstraße überhaupt aufgelaufen wird. Übrigens: Es gibt nicht nur Dauerkarten zu kaufen, sondern auch etwas zu gewinnen: Wer möchte nicht einen rot-weissen Blechfrosch aus den Händen des wunderbaren Happos überreicht bekommen, wird die alljährliche Dauerkartenwette gewonnen? Ein Traum! Also, tippt mit! Der Wünschewagen freut sich!

Rucksack? Tonne!

Schon vor der letzten Saison hatte Marcus Uhlig im Rahmen eines kleineren Zusammentreffens seine Meinung kundgetan, dass es, sinngemäß, endlich an der Zeit sei, „Lübeck“ zu vergessen. Dass es sich nicht mehr lohnt, sich daran abzuarbeiten! Sondern nur der Blick nach vorne zählt, um unser aller RWE auch sportlich wieder nach vorne zu bringen. Zugegebenermaßen war ich fast pikiert ob dieser Einstellung, denn es lässt sich weiterhin doch so trefflich leiden, geht es um diese verdammten letzten 90 Minuten an diesem verdammt heißen Tag jener verdammten Saison. Verdammt nochmal, ich bin damit einfach nie fertig geworden. Weil dieser Tag sportlich bis heute nie wieder repariert wurde. Die wundervolle NRW Saison einmal ausgenommen. Aber, irgendwie zählt die nicht im Kontext Lübeck. Wie dem auch sei: Es gab nun scheinbar wenigstens einen Verantwortlichen im Verein, für den Lübeck abgehakt ist; der ausschließlich nach vorne schaut.

Sicher auch ein Muss für ihn, denn er ist nun der Boss. Also nicht der natürlich, der bleibt einmalig, aber eben unser aktueller Chef. Und als solcher musste er natürlich auch durch die letzte Saison. Gemeinsam mit uns allen. Fand diese sportlich wohl genau so suboptimal wie wir alle, konnte trotzdem aber im Hintergrund Sponsoren davon überzeugen, hier und jetzt nicht abzuspringen. Neue gewinnen. Also da sach ich mal: Chapeau Herr Uhlig! Sollte ja auch mal erwähnt werden. Von nix kommt schließlich nix! So, das also der eine „Entscheider“ mit dem Schuss Optimismus, welcher uns schon lange abhanden gekommen ist. Und nun haben wir tatsächlich einen Zweiten hinzubekommen: Den auf sportlicher Ebene. Und auch Christian Titz macht aktuell ganz viel richtig in seiner noch so jungen Amtszeit. Und das, obwohl noch nicht ein Pflichtspiel stattgefunden hat. Gemeinhin werden Trainer ja zuallererst und völlig zurecht an Ergebnissen gemessen.

Bei Christian Titz stellt sich das aktuell ein wenig anders dar. Er überzeugte bisweilen besonders durch seine Interviews. Natürlich muss er sich nicht mehr dem Mediengewitter stellen, wie es in seiner Zeit beim HSV noch der Fall war. Aber, vielleicht ist dieser kleinere Rahmen das Geheimnis, welches die Einstellung des Trainer und Menschen Titz offenbart, die uns gerade erstaunt und für unbekannte (Vor-) Freude sorgt. In angenehmen Sprech erzählt Christian Titz u.a., dass nicht Trainer und Spieler einen Verein ausmachen, sondern all die Menschen, die diesen Verein leben. Nicht, dass wir das nicht wüssten, aber diese Demut vor dem Verein als Institution von einem zu hören, der auch mal wieder gehen wird, während wir immer bleiben: Das tut gut und zeigt das Bestreben, für den RWE und seine Menschen zu arbeiten, nicht nur für den eigenen Lebenslauf.

Dann, ja tatsächlich dann kam ein Statement, welches nun gänzlich überraschte: Aufkeimende Euphorie begrüßt der Titz, kein Witz! Und ich dachte noch hier, lass uns mal nicht euphorisch werden, dass geht wieder nach hinten los. Euphorie sieht Christian Titz also als Motor, nicht als Hemmschuh. Er will den Rucksack abschnallen, von dem gefühlt alle Vorgänger erzählten, lief es auf dem Platz nicht rund. OK, im Pott ist die Bauchtasche eh mehr gefragt als ein sperriger Rucksack. Packen wir also Lübeck in den Rucksack, schnallen diesen endlich ab und kloppen ihn in die Tonne…..

Schickimicki.

Ja nee, geht gar nicht hier. Stand ja auch so vergangenen Sonntag in der „Welt am Sonntag“. RWE goes WamS. Eine solch große Seite als Verein & Viertligist in einer überregionalen Sonntagszeitung zu bekommen ist schon eine schöne Sache. Nennen wir es aktuell den Titzeffekt. Inklusive einiger leider falsch recherchierten Fakten: Natürlich gab es kein 2003er Pokalfinale gegen Bayer Leverkusen. Und das man von der „Rahn“ die Turnhalle des nördlichen Nachbarn sehen soll, also ich weiss nicht. Selbst wenn es so wäre….das interessiert hier definitiv nichts und niemanden.

Was aber interessiert ist die Tatsache, dass nach diversen Leistungstests im Vorfeld heute das richtige Training für die kommende Saison aufgenommen wurde. Von über zweihundert Fans beobachtet übrigens. Das Interesse also schon wieder auf Pegel 97a. Der Kader mittlerweile  fast komplett; einem einem wilden Vorstellungsritt der letzten zwei Tage geschuldet. Somit umfasst der Kader aktuell vierundzwanzig Spieler. Oder auch: Achtundvierzig Beine für ein Halleluja. Möglicherweise können aber noch zwei bis drei Spieler hinzustoßen, so der Trainer an seinem ersten Hüttenabend im so sehr geschätzten Fanprojekt.

Bei so viel neuen Namen doch noch einmal der kurze Blick zurück: Der Baier Benni mittlerweile in seiner Heimat Aschaffenburg bei der dortigen Viktoria unter Vertrag genommen; sehr schön! Ich würde mich ja beispielsweise auch sehr freuen, wüsste ich, dass Timo Brauer gut unterkommt. Ich hoffe, alle Ehemaligen finden ihr sportliches Glück. Woanders ist auch Fußball.

Es fällt nun schwer, eine kompetente Meinung zur neuformierten Mannschaft abzugeben. Dafür habe ich auch zu wenig Ahnung vom Fußball, um hier ein „Urteil“ zu fällen. Also Ahnung im Sinne von Spielerbeurteilungen. Das steht mir nicht zu. Das Gefühl sagt mir aber, dass trotz Trainerwechsel inmitten der Spielerakquise eine Mischung aus jungen und erfahrenen Spieler gefunden wurde, die zusammen passen könnte. Auch wurden die einzelnen Mannschaftsteile auf dem Papier sinnvoll verstärkt und wurde sich um die U23 Regel gekümmert. So stellt es sich mir da, so lesen sich die Kommentare und so drückt es sich in dem zarten Pflänzchen Hoffnung aus, welches aktuell überall zu spüren ist. Sich auch in dem bisherigen Stand der verkauften Dauerkarten widerspiegelt. Manchmal ist schon Euphorie zu spüren. Gut, dass sind dann erfahrungsgemäß aber auch die ersten, die nach zwei Spieltagen schon wieder alles schwarz sehen. So geht Hafenstraße nun mal.

Das wird sicher auch noch der Trainer erfahren, der immer noch die Verpflichtung mit der aktuell größten Aufmerksamkeit ist und wohl auch  bleiben wird. Möglicherweise ein Pluspunkt für die Spieler, nicht so sehr im Fokus zu stehen. Ich bin nun sehr gespannt auf den Fußball, den wir zukünftig zu sehen bekommen. Mit Spieltitz zum Spititzenreiter? Oder doch die selbe Prozedur wie jedes Jahr? Wir werden es sehen.

Wann kommt der Spielplan raus?

Cappeln-Hagelage Ost

Es ist 23:30 Uhr auf dem Rastplatz Cappeln-Hagelage Ost auf der A1, halbe Strecke zwischen Essen und Hamburg gelegen. Sanfte Nebelschwaden ziehen über die angrenzenden Felder, die Trucker sich ihr Schlafshirt an. Die letzte Zigarette ist geraucht, der letzte Smalltalk gehalten. Es gilt die Ruhezeiten einzuhalten, bevor es wieder auf die Bahn gehen darf. Keine außergewöhnlichen Vorkommnisse also. Somit bekommt auch keiner mit, dass ein Wagen mit Essener Kennzeichen leise auf den Rastplatz rollt und die Lichthupe zweimal betätigt (Gut, dass man sich vorher auf zweimal geeinigt hat, denn eintausendneunhundertundsiebenmal wäre für ein Geheimtreffen dann doch des Guten zu viel gewesen). Aus dem Dunkeln heraus blinkt nun ebenfalls zweimal die Lichthupe, und wie von Geisterhand gesteuert rollt aus dem Unterholz ein Fahrzeug der gehobeneren Klasse mit Kennzeichen HH dem Wagen mit Essener Kennzeichen entgegen.

Ein Fenster öffnet sich langsam und ein leises „Marcus?“ ist zu hören. Gegenüber geht eine Autotür. Ein Mann steigt aus, schüttelt sich vom langen Sitzen vergeblich die vierte Liga aus den Beinen und antwortet ebenso leise „Christian?“….

Natürlich hat sich die erste Kontaktaufnahme zwischen unserem neuen Trainer Christian Titz und Marcus Uhlig so nicht zugetragen. Und nein, es stand auch nicht schon seit fast dreizehn Tagen fest, dass Karsten Neitzel seines Amtes enthoben werden würde. Man schätzte Karsten Neitzel und seine Arbeit an der Hafenstraße, wusste um einen Trainer, der fachlich wie menschlich durchaus zu den besseren der letzten Dekade an der Hafenstraße gehört hat. Dummerweise konnten die Ergebnisse dieses nicht belegen und  rutschte ihm auch der ein oder andere etwas unglückliche Satz heraus. Das emotionale Umfeld an der Hafenstraße leicht verärgernd. Die Punkte, diese untrügliche Kennziffer erfolgreichen Arbeitens, sie stimmten einfach nicht mehr mit den Ansprüchen überein. Zu wenig davon wurden unter Karsten Neitzel erreicht. Und das nach dem so erfolgreichen Saisonbeginn.

Trotzdem hatte man weder einen neuen Trainer auf dem Schirm, noch die Absicht, den alten von seinen Pflichten zu entbinden. Gleichfalls aber sah man schon die Stimmung der letzten Saison; sah die Unzufriedenheit auf den Rängen, die sich immer öfter auch in dem einfachen Reflex „Trainer raus“ Gehör verschaffte. Eine verfahrene Situation für alle im Verein, dreht man doch gerade im Kader alles auf Links, hört dazu die Wünsche und Vorstellungen des Trainers. Und kein Witz: Auf keiner Rechnung stand bislang der Titz!

Es werden schwere Stunden gewesen sein, in welchem die Erkenntnis gereift ist, dass der „Rucksack“ auf Karsten Neitzels Rücken für 2019/20 vielleicht ein doch zu schwerer sein könnte (Wir alle schleppen dieses unförmige Teil seit „Lübeck“ mit uns herum, wissen wie schwer es wiegt).  Wer auch immer jetzt den Namen Christian Titz in das Rot-Weisse Spiel gebracht hat….ich weiss es nicht. Was ich weiss ist, dass es eine Option war, die sich ziemlich plötzlich und unerwartet ergeben hat. Es gab keine Verhandlungen im Vorfeld mit Christian Titz, während fröhlich weiter mit Karsten Neitzel geplant wurde. Es hat sich alles auf eine Schnittstelle zugespitzt, an welcher fast zeitgleich eben jene zwei Entscheidungen getroffen wurden. Manchmal ist das halt so, und hoffentlich endlich zum Wohle von Rot-Weiss Essen (und somit von uns allen, denn wir sind der RWE!)!

Lieber Karsten Neitzel, es hat auch bei Ihnen nicht sein sollen. Wer weiss, bei wem es überhaupt eines Tages passieren wird. Auf jeden Fall danken wir Ihnen für die Zeit an der Hafenstraße.

Christian Titz also nun der amtierende Trainer an der Hafenstraße. Ja, was soll man dazu sagen? Medial als Königstransfer; als Kracher, Transferhammer und Lösung für fast alle Probleme gehandelt, die ein viertklassiger Verein eben so haben kann. Ich musste ihn erst googeln…. fand ihn aber sehr sympathisch in der Pressekonferenz und auch seine berufliche Vita gibt durchaus Anlass zur Hoffnung, mal etwas längerfristig auf der Trainerposition denken zu dürfen. Lieber Herr Titz, herzlich willkommen anne Hafenstraße. Machen Sie sich unsterblich. Keiner kann vorher erahnen, was sportlicher Erfolg mit Rot-Weiss Essen bedeutet. Glauben Sie mir, etwas vergleichbares würden Sie nie wieder erleben. Diese Leidenschaft für diesen Verein. Diese Sehnsucht nach was besseres. Helfen Sie uns dabei und Sie werden erleben, wie wir Fans Ihnen und unserer Mannschaft helfen können und werden. Nur der RWE!

Rettig, Meerrettich, Kommtnich. Doch Scheisse ist der, der kommt.Weil, muss ja! Oder auch nicht!

Prolog:

RWO sagt, wir waren das nicht, das war der RWE. Der RWE sagt, wir waren das aber auch nicht. Gut, es ist wie es ist und es gab scheinbar ein Leck. Dieses Informationsleck kam der Revier Sport natürlich nicht wirklich ungelegen und direkt gab es sie, die Breaking News aller Breaking News, welche vom neuen Sportdirektor bei Rot-Weiss Essen zu berichten wusste. Endlich einmal gab es mehr als den Fußpilz von Spieler XY oder Neuverpflichtungen, die so gar nicht existierten, sondern einfach so und der Klicks halber in den Ring geworfen wurden. Der sportliche Leiter von Rot Weiß Oberhausen, Jörn Nowak, wird Sportdirektor beim Nachbarn und (noch?) Ligakonkurrenten Rot-Weiss Essen.

So what?

Direkt nach Bekanntgabe der eigentlich noch nicht zu bekanntgebenden Personalie gab unser aller RWE dann die entsprechende Pressemitteilung heraus, und bei RWO wurde wütend in das Kissen gebissen. Das Netz reagierte auch wie zu erwarten und haute beiderseits alles raus, was es an Optionen so gab, um einen jungen Menschen in seiner Profession zu diffamieren. Abgesehen davon gab es glücklicherweise auch viele, die die bisherige Arbeit von Jörn Nowak zu schätzen wussten, und ihn an der Hafenstraße willkommen hießen. So sollte es auch sein. Egal, wo jemand  herkommt, und egal, wie er nun für die einen als Verräter und für die anderen als zu jung und  namenlos dasteht: Gucken wir uns einfach an, wo RWO steht und gehen dann einfach mal in uns. Ich glaube, der hat was drauf!

Mal ehrlich: Was haben wir denn erwartet? Sammer? Klopp? Neururer? Effenberg, Basler und Blitzbirnen? Nee, zum Glück nicht! Es kommt ein Mann, der bei einem uns nicht wirklich sympathischen Verein eine Mannschaft mitgeformt hat, wie wir sie doch gerne bei uns sehen würden: Nämlich eine, die bis zum Schluss um den Aufstieg mitspielt. Ein Denkmal würden wir ihm hier bauen! Aber nur, weil er von diesem, einem von uns seit jeher belächelten Verein kommt, kann er auf einmal nix; ist zu jung und überhaupt: Kleeblätter sind eh kacke. Mag sein, aber es ist wie es ist und Jörn Nowak ist nun unser. Also wäre hier und jetzt die Gelegenheit um aufzuhören mit dieser Stimmungsmache, dieser ewigen Hetze gegen alles und jeden. Wir wollen aufsteigen und dazu bedarf es Personal, welches diesen Traum in die Realität umsetzen kann. Heute haben wir einen unter Vertrag genommen, der es umsetzen will. Mir ist egal, woher Sie kommen, Hauptsache ab dem 1.7.2019 sind sie mit ganzer Kraft bei uns. Tach Jörn Nowak. Punkt.

Anbei noch einmal die zwei Teile einer saisonalen Phase, in welcher Namen gehandelt, gewünscht und verteufelt werden:

Teil 1, die Spekulation:

Es gibt neben den neunzig Minuten auf dem Feld (die eigentlich für uns Fans die allerheiligsten der Woche sein sollten) noch etwas ganz anderes; viel intensiveres, was uns mit unserem Verein verbindet. Etwas, was nicht in neunzig Minuten plus/-minus sechzig Minuten davor und danach abgehandelt ist. Etwas, was uns rund um die Uhr beschäftigt und in der eigenen Wahrnehmung doch stets viel zu kurz kommt. Daher wollen wir sie an dieser Stelle einmal gebührend würdigen: Die Rede ist von der Spekulation! Der Duden sagt als Definition zur Begrifflichkeit Spekulation unter anderem: „Auf bloßen Annahmen, Mutmaßungen beruhende Erwartung, Behauptung, dass etwas eintrifft“. Oder auch: „Hypothetische, über die erfahrbare Wirklichkeit hinausgehende Gedankenführung“. 

Ohne Spekulation wäre unser Fandasein ein wohl noch tristeres. Ohne Spekulation würden wir vielleicht Stunden und Tage, möglicherweise ein halbes Rot-Weisses Leben verbal auf das Nötigste reduziert nebeneinander her leben. Man stelle sich einmal vor, man tauscht mit Gleichgesinnten verbal oder in den Foren nur noch das Ergebnis und die Spielbewertung aus; berichtet jenen, die nicht zum Spiel vor Ort waren. Das würde sich dann in etwa so lesen: „Und?“ „Gewonnen!“ „Waren die Roten viel besser?“ „Ging so!“. „War Hotte auch da?“ „ Ja, muss ja, hatte aber Rücken!“. Mit Spekulation allerdings blühen wir auf; reden uns den Mund fusselig, tippen uns die Finger wund und können nicht schlafen vor lauter Gedankenkarussell. Das Spielergebnis und das Spiel als solches wird fast zur Nebensache, zieht einer der Beteiligten auf der Tribüne, an der Theke oder vor der Trinkhalle die Karte Spekulation. Am Rechner natürlich auch. Gerade dort. Da wird Spekulation bisweilen zur Passion.

Jetzt kommen die Dinge ins Rollen, wollen Meinungen über Gehörtes an den anderen Fan gebracht werden. Mit Nachdruck, der besten Quelle und natürlich stets dem oder der einen, der/die von einem gehört hat, der/die/das/wieso/weshalb/warum aus todsicherer Quelle weiss, was eigentlich noch keiner weiss. Aber natürlich schon alle wissen… weil: Spekulationen behält natürlich keiner für sich, das wäre ja langweilig. Die werden wie in der Mathematik stets ordentlich geteilt. Wir wissen also: Spekuliert wird immer. Aber, auch hier gibt es Extremsituationen. Und in einer solchen befinden wir Hobbyspekulanten uns aktuell: 

Unser Verein hat nicht nicht nur das Geheimnis kommender Finanzquellen in den Raum gestellt, sondern fahndet auch nach einem neuen sportlichen Leiter. Und dann, sozusagen als Sahnehäuptchen auf der Spekulationstorte, kommt plötzlich und unerwartet aus dem Nichts eine Personalie in Form des bekennenden RWE Fan und Mitglied Andreas Rettig um die Ecke. Jemand, den man allein schon aufgrund seiner gesunden Einstellung zum Thema Fußball, Fans & Finanzen wohlwollend begleitet. Aber, könnte er für die nötigen Tore sorgen oder im Mittelfeld spielerische Glanzpunkte setzen?

Ach, wie schön sind sie, die wilden Gerüchte und uferlosen Spekulationen. Aber, ist auch wohl schön, wenn dann endlich die Fakten folgen. Weil, dann kann endlich wieder darüber gemeckert werden. Mit dem Thema „meckern“ befassen wir uns dann aber in einer weiteren Folge…

Teil 2, ein Neuer (also nicht der) wird unter Vertrag genommen:

Schon Forrest Gump wusste um die Problematik der Bekanntgabe neuer Spieler für die kommende Saison und sprach auf seiner Bank sitzend diese (leicht auf den RWE abgeänderten) berühmten Worte „Die Neuverpflichtung ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie, was man kriegt“. Hätte Forrest Gump sich tatsächlich auf unseren Verein bezogen, so hätte er natürlich Recht: Was ein Spieler bislang in seiner sportlichen Vita vorweisen kann zählt ab jenem Moment nicht mehr, in dem er sich das rote Trikot mit dem schönsten aller Embleme überstreift. Jetzt muss geliefert werden, nichts weniger als der unendlich herbeigesehnte Aufstieg muss her. 

So  weit so gut, da bin ich völlig dabei! Wo ich nicht mehr dabei bin ist der Moment, in welchem direkt nach Bekanntgabe einer Neuverpflichtung damit begonnen wird, diese in Frage zu stellen. Aber, was heißt denn schon, in Frage zu stellen? Das wäre ja noch einigermaßen zu verstehen, gibt es auf seiner Position vielleicht schon den ein oder anderen guten Spieler im Kader. Diese Diskussionen gab es ja auch schon immer. In Zeiten vor den (bisweilen un-)sozialen Medien halt an der Theke, auf der Tribüne oder im Plausch mit den Nachbarn. Heute jedoch wird  fast jede Neuverpflichtung bei Rot-Weiss Essen direkt vor seinem ersten Training multimedial auseinandergenommen. Wird akribisch seine sportliche Vergangenheit durchleuchtet; die Verletzungsanfälligkeit begutachtet und dann auch noch das Alter: Boh Alter ey, das darf schon mal gar nicht jenseits der dreißig liegen. Das Ganze oftmals im mittlerweile leider üblichen, respektlosen Sprech geschrieben und das Urteil ist gefällt: Der Neue kann nix! Die Saison ist gelaufen, noch bevor sie begonnen hat. 

So kommt es mir vor, und so erlebe ich es. Was der Sache aber leider überhaupt nicht dienlich ist. Bei uns werden mittlerweile viele neue Spieler direkt verbal weggejagt, noch bevor sie überhaupt angekommen sind. Für mich eine „Lose-Lose-Situation“, die unserem Traum nicht dienlich ist. Leider jedoch, und jetzt kommt das „Aber“, leider jedoch kann die Enttäuschung und Skepsis zu großen Teilen auch nachvollzogen werden! Es gab in den letzten Jahren zu viele Neuverpflichtungen, von denen man sich viel versprochen hatte, die das Vertrauen aber nicht in gute Leistungen umwandeln konnten. Es gab das Pech mit den Verletzungen und auch Vorerkrankungen. Und auch sie gab es sehr häufig: Die Spieler, die vor und nach der Hafenstraße zu großartigen Leistungen fähig waren. Wie gesagt: Vor und nach ihrer Zeit an der Hafenstraße. Vielleicht ein Phänomen, welchem wir nur durch die psychologische Brille betrachtet auf die Spur kommen.

Der Frust somit verständlich, die verbale Umsetzung leider zu oft nicht mehr angemessen und respektvoll. Schade eigentlich, denn: Sobald ein Spieler hier unterschreibt, ist er ein Rot-Weisser und hat alles zu geben für unseren Verein. Aber ich kann doch erst nach einigen Spielen wirklich und fair beurteilen, ob es passt oder (leider mal wieder) nicht. Übrigens kann ein neuer Spieler auch nur so viel ausrichten, wie die Etablierten neben ihm auf dem Feld abliefern. Abliefern wollen oder können. Manchmal liegt es auch daran. Also Ihr Neuen: Herzlich willkommen anne Hafenstraße. Haut alles raus und verletzt Euch bitte nicht! 

Epilog:

Ich habe einfach ein Problem damit, Menschen vorab zu diffamieren, zu beleidigen oder ihre Qualitäten direkt in Frage zu stellen. Ich will das nicht. Können wir uns vielleicht einfach auf Unentschieden einigen und denjenigen, die bei uns einen Vertrag unterschreiben, eine Chance geben? Hören wir damit auf und gehen nur nach Leistung. Gucken immer auch danach, ob wir selbst auch über uns lesen möchten, das wir nichts können, noch bevor wir den neuen Job überhaupt angetreten haben.

Sicher nicht.

Gemeinsam voran. Gemeinsam ans Ziel. Nur der RWE!