Film ab
Es besteht ja eigentlich kaum ein Zweifel darüber, welches das schönste Fußballbuch aller Zeiten ist…[…] Nun aber gerade über das DVD Archiv gestolpert und bei den Filmen und Dokumentationen rund um das runde Leder hängengeblieben, stellt sich auch hier die Frage: Wie heißt der schönste Fußballfilm aller Zeiten, oder was gibt es sonst noch Sehenswertes. Subjektiv betrachtet natürlich.
Somit geht die Schale unangefochten an „Das Wunder von Bern“. Man glaubt sich mittendrin zu wähnen in diesem Sommer 1954. Kann den Kohlenstaub riechen oder die gesunde Luft der Alpen. Fühlt mit den Heimkehrern, aber auch mit den Daheimgebliebenen. Lernt, daß Twitter früher Tauben waren und der RWE auch noch wer.
Ganz groß aber die Leistungen der Darsteller/innen. Es fällt schwer, jemanden herauszuheben. Und doch waren meine Favoriten die Figur der Christa, verkörpert durch die wunderbare Johanna Gastdorf und speziell die des Paul Ackermann, gespielt von Lucas Gregorowicz. Von Ackermann stammt auch der Satz des Filmes: „Noch ein Kaltgetränk ?“
Vizemeister und somit direkt für die Champions League qualifiziert ist „Maradona by Kusturica“ Kein Spielfilm und eigentlich auch keine Dokumentation um einen gewissen Zeitraum abzudecken. Wie würde auch sonst ein Hugo Chavez in den Karriereverlauf eines Fußballers passen? Aber ein Diego Armando Maradona ist nun mal kein gewöhnlicher Fußballer. In Neapel munkelt man ja heute noch, er sei der Messias.
Maradona hat in seinem Leben nichts ausgelassen und mehr Kleidergrößen getragen als Joschka Fischer. Kusturica hat Maradona zu den Orten begleitet, die Meilensteine in seinem Leben und seiner Karriere waren. Wir Zuseher durften auch mit und ich hatte nicht das Gefühl, groß zu stören. Es sind sehr intensive Momente, sehr ehrliche Einblicke in die Seele eines Menschen, der irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn pendelt. Und sicher auch noch auf der Suche nach dem Ort ist, wo diese Seele mal zur Ruhe kommt. Neben diesem einen Tor werden natürlich noch viele weitere Tore dieses Ausnahmefußballers gezeigt. Ein toller Film!
Knapp dahinter, aber sowas von, findet sich ein Film, der von seiner Machart stark an „Das Wunder von Bern erinnert“. „The Damned United“ heißt er und hat mich dermaßen beeindruckt, so daß ich auf diesen Eintrag verweisen darf. Starke Bilder, ganz starker Michael Sheen.
Punktgleich auf Platz Vier finden sich dann zwei Filme wieder, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Hier der als Mozart gepriesene Thomas und dort der als Schläger verrufene Tommy. „Tom Meets Zizou“ ist recht neu im Archiv, und hat es auf Anhieb in die vorderen Ränge geschafft.
Aljoscha Pause hat Thomas Broich über viele Jahre hinweg begleitet und Höhen und Tiefen eines Fußballers dokumentiert. Thomas Broich ist ein interessanter Typ und durch sein Image und dessen Pflege auch bestens geeignet, um mit dem Vorurteil aufzuräumen, daß Fußballprofis stets auf der Sonnenseite daheim sind. Sind sie natürlich nicht, denn manche spielen auch bei Schalke.
Das spannende an dem Film sind nicht nur die einzelnen Stationen einer Karriere oder die Selbstreflexionen von Thomas Broich dazu. Vielmehr beschäftigte mich die Frage, ob mir Thomas Broich nun sympathisch ist, oder nicht. Was bedeutet, daß Thomas Broich de facto ein interessanter Mensch ist. Unser gemeinsamer Nenner ist auf jeden Fall Christoph Daum und die ganze Dokumentation höchst sehenswert!
Tommy Johnson hat derlei Probleme nicht zu bewältigen, ist er doch eine fiktive Figur und nicht ein mit Intellekt gesegneter Fußballer. Selbstzweifel kennt die Figur Tommy auch keine und ist zudem gut strukturiert: Etwas Arbeit, viel Drogen und noch mehr Gewalt. Der Film dazu heisst „The Football Factory“ und muß sich den Platz Vier neuerdings mit Tom Meets Zizou teilen. Es ist die Milieustudie, die mich so an diesem Film fasziniert.
Dieser so intensive Einblick in die britische Gesellschaft, Die Darstellung der verschiedenen gesellschaftlichen Schichten, die eines eint: Der Verein (manchmal nur als Alibi dienend) und die Lust auf Gewalt. Ein treibender Soundtrack unterstützt die Ruhelosigkeit der Protagonisten, stets auf der Suche nach dem nächsten Kick. Der Ball rollt in diesem Film keine Sekunde, selbst ein Stadion ist nicht zu sehen und doch funktioniert so ein Film nur mit dem Fußball im Bunde. Und das schönste: Man muß keine Gewalt mögen, um von diesem Film fasziniert zu sein. – Teil 2 folgt –