Trostlos torlos.

Das Unfassbare hat mal wieder übernommen bei Rot-Weiss Essen. Nicht nur auf auf dem Feld, sondern auch bei der leidgeprüften Anhängerschaft. Relativ betrachtet noch sehr human, wie nach Schlusspfiff mit dieser peinlichen Klatsche umgegangen wurde. Die mit dem Schaum vor der Tastatur einmal ausgenommen. Die erreicht man sowieso nicht mehr, egal mit welcher Leistung. Einmal abgesehen davon, dass wir in dieser Woche den gegnerischen „Quattrick“ und Hattrick Torschützen aus Unterhaching und Verl die schönsten Schlagzeilen und Artikel für die irgendwann einmal erscheinende Autobiografie geliefert haben, so hat unsere Mannschaft zusätzlich noch etwas erschreckendes an den Tag gelegt: Eigentlich gewinnt oder verliert man ja als Mannschaft zusammen. Spätestens im Spiel gegen den SC Verl jedoch, noch dazu an der heimischen Hafenstraße vor weiterhin zugewandten Fans, hat jeder Spieler im rot-weißen Trikot für sich alleine verloren. Wir hatten nicht einmal ansatzweise eine Mannschaft auf dem Platz. Eigentlich war es unmöglich, die schlechte Leistung aus dem Unterhaching-Spiel noch zu toppen. Unsere Spieler haben es tatsächlich geschafft. Wenigstens etwas!

Jakob Golz kann einem aktuell einfach nur leid tun, wie er von seinen Vorderleuten im Stich gelassen wird. Ich wäre wohl spätestens nach dem 0:4 komplett bedient vom Feld gegangen und hätte mir über die Bande ein Stauder reichen lassen. Aber glücklicherweise ist wenigstens Jakob Golz noch mit dem Ehrgeiz und den dazugehörigen Emotionen versehen, so dass er natürlich niemals das Tor räumen würde, sich aber zurecht als Schichtleiter Torverhinderung über die „Leistung“ seiner Vorderleute beschweren darf. Und natürlich stehst Du dann auch draußen als Trainer nur noch machtlos dem Treiben auf dem Feld gegenüber, denn die Marschrichtung und sämtliche Planspiele sahen sicherlich ganz anders auf. 

Bislang war es in den vergangenen Spielen ja so: Gab es in den vier Mannschaftsteilen Tor – Abwehr – Mittelfeld – Sturm immer mal wieder eine Schwachstelle, so wurde diese durch die Leistungen der anderen drei bislang gut kompensiert. Das ist dann eben das, was eine Mannschaft im Miteinander auszeichnet. Nun sind aber in Unterhaching und gegen den Sportclub Verl gleich drei Mannschaftsteile in den Ausstand getreten. Da wird es dann nahezu unmöglich, einem Gegner mit geschlossener Mannschaftsleistung und individuellen Glanztagen etwas entgegenzusetzen. 

Der bittere Nachgeschmack an dieser brutalen Niederlage: Eigentlich waren unsere (sind sie natürlich trotzdem noch) Roten bis zum dem ersten Gegentor gut in der Partie und ließen den Ball flott laufen. Man kam relativ unbehelligt bis kurz vor das Tor von Ostwestfalens Nummer Eins. Doch leider kam es dann wieder so, wie es diese Saison viel zu oft kommt: Das Runde wollte wieder nicht in das Eckige. Man hätte ja auch einfach mal öfter drauf pöhlen können.

Es kam also mit dem Gegentor wie es kommen musste, da man ja nicht einmal nach dem Verler Pfostenknaller aufgewacht war. Das man sich danach aber komplett ohne jegliche Gegenwehr der Lächerlichkeit preisgegeben hat, lässt einen völlig entsetzt zurück. Das war ein Affront gegen den eigenen Arbeitgeber und gegen die eigenen Fans. Wenn Ihr untereinander etwas zu klären habt, dann macht das bitte intern, aber lasst es nicht an uns aus. Denn nach Dresden habt Ihr es als Mannschaft zweimal ganz alleine auf dem Rasen verbockt. Wir sind ja nach Niederlagen immer ganz schnell dabei, alle andern schwelenden Themen direkt wieder aus dem Regal zu holen und ebenfalls dafür verantwortlich zu machen. Auch diesmal kommen die Themen zuverlässig und zeitnah. Das ist natürlich das gute Recht eines jeden, dieser ureigene Umgang mit Niederlagen. Und ohne Beleidigungen formuliert, muss man als Verein auch damit leben können. Aber aktuell sollten wir noch nicht die ja gar nicht so alten Fässer aufmachen, denn nichts darf der Mannschaft jetzt als Alibi dienen, warum es zu diesen Leistungen kam. 

Christoph Dabrowski hat sich bei uns allen für die Leistung seiner und unserer Mannschaft entschuldigt, und das rechne ich ihm hoch an. Es ist jetzt an ihm und seinem Trainerstab, die Mannschaft ins Achtung zu stellen und das Chaos auf dem Feld schnellstmöglich wieder zu beenden. Und die Spieler sollten mal in sich gehen und für sich klären, warum sie für Rot-Weiss Essen spielen. Nämlich nicht nur, weil wir so toll sind, wie bei Vertragsunterschrift immer gerne in Dauerschleife betont wird. Nein, zuallererst spielt man für Rot-Weiss Essen, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Und den sollte man sich nicht nur im Training, sondern auch vor allem auf dem Spielfeld erarbeiten. So wie wir Fans auch jeden Tag arbeiten müssen, um uns nicht nur unser Leben sondern vor allem unsere Leidenschaft Rot-Weiss Essen überhaupt leisten zu können.

Kommenden Freitag wartet das Westfalenstadion unter Flutlicht. Und mindestens 5.000 eigene Fans. Sofern viele jetzt nicht frustriert ebenfalls das Spiel verweigern. Warum sollten wir schließlich anders reagieren als unsere Mannschaft nach Dresden? Auf jeden Fall die ultimative Bühne, um Wiedergutmachung zu betreiben. Und dann kann es nur einen Arbeitsauftrag geben: Endlich Kontinuität in eine Saison zu bekommen. Wir können doch nicht jede Woche in Podcasts, Artikeln, Blogs oder wo auch immer unsere Gefühlswelt komplett auf links drehen. Irgendwann schafft man das nämlich nicht mehr und gibt zermürbt auf. 

Aber eines ist auch klar: In einer aktuell immer mehr verkommenden Welt mit täglich neuen kriegerischen Handlungen, vorgetäuschten Attentaten, Angriffe auf unsere Demokratie aus allen Ecken und billigem Populismus obendrauf. Der gewollten Verrohung des menschlichen Miteinanders und gezielte Untergrabung des gegenseitigen Respekts: Da hilft mir Rot-Weiss Essen ablenkend durch den Alltag, aber ist eine Niederlage jetzt nicht ansatzweise existenzbedrohend. Das einzuordnen hilft manchmal. Das aber nur ein ganz persönlicher Einwurf zum Schluss.

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