Die Rückkehr des RWE
Zum Abschuss der „Herr der Dinge“ Trilogie nun der letzte und finale Akt: „Die Rückkehr des RWE“. Auswärts in Regensburg stand auf dem Spielplan. Drittliga Ikone Joe Enochs und sein unangefochten die Tabelle anführender Turnvatter Jahn baten unseren RWE das allererste Mal überhaupt zu einem Heimspiel an die Donau. Nach den vielen negativen Erfahrungen, die der Freistaat Bayern (Unterhaching, Ingolstadt, Aiwanger, 1860) bislang zu bieten hatte, kamen zum Gang beim Spitzenreiter auch noch weitere Ausfälle hinzu.
Neben dem Vinko Šapina sein Knie konnte sich auch Schnapper Jakob Golz nicht gänzlich der Erkältung entledigen und Lucas Brumme brummte irgendwie der Schädel. Man ist dann ja immer schnell geneigt, eine fatalistische Einstellung an den Tag zu legen und das Spiel vorschnell emotional abzuschenken. Aber wie schon im ersten Teil dieser fantastischen Trilogie erwähnt, funktioniert der RWE dieser Tag genau so eben nicht mehr! Fallen Spieler aus, werden diese eben kompensiert. Wir bekommen immer eine Mannschaft auf den Platz. Das diese Mannschaft dann aber einen solchen Auftritt beim Jahn hinlegt, damit war dann wirklich nicht zur rechnen.
In den ersten Minuten aber hat der Schwimm- und Sportverein dermaßen die Welle gemacht, da dachte ich noch, meine Arbeitsplatzbrille müsste mal dringend neu justiert werden, so schnell ging es im Bild immer wieder Richtung Felix Wienand. Und dann bleiben wir auch gleich beim Ersatz von Jakob Golz. Und können direkt korrigieren, dass das Wort „Ersatz“ einfach nicht zutreffend ist. In München gab es einfach noch nicht die Gelegenheiten, sich auszuzeichnen, war vielleicht auch fehlende Spielpraxis zu spüren. Mehr als verständlich übrigens. Aber schon im zweiten Spiel dann eine solch grandiose Leistung abzuliefern, das ist nicht nur ein toller Erfolg für Felix Wienand selbst, sondern sicher auch der Beleg für ein stimmiges Torwartteam unter der Leitung von Manuel Lenz. Ich bin mir ziemlich sicher, auch Ole wäre ein zuverlässiger Springer zwischen den Pfosten.
Der erste Ansturm konnte somit abgewehrt werden, außerdem gab es da ja noch den andern Felix, an dem wir uns ergötzen konnten. Wenn gar nichts mehr ging, war es der temporäre Träger der Kapitänsbinde, der irgendwie noch ein Körperteil an den Ball bekam. Und so ging es von hinten nach vorne stabil über die schicken Ketten der Regensburger hinweg. Das eigene Tempo hoch, die Führung nach Eigentor stabil, da konnte Cedi Harenbrock schon mal ein Fragezeichen für alle Zusehende kreieren. Wir wissen nicht, wen oder was er da in der Mitte gesehen hat, aber es war eine in Summe schräge Szene nach überragendem Angriff.
Ich kann ja noch nicht beurteilen, wie es sich für die RWE-Fans vor Ort dargestellt hat, aber der Vorsänger der Jahn-Fans bot an den Empfangsgeräten ein Paradebeispiel dafür, wie man eine Soundanlage nicht nutzen sollte. Das war ja schlimmer als das Mannheimer Pendant. Ich kann natürlich grundsätzlich die Stimmung in Regensburg nicht kommentieren, dass steht mir auch gar nicht zu. Aber interessieren würde es mich schon, ob diese Form der verbalen Animation am Mikrofon zu einer besseren Stimmung im wirklich schicken Stadion des Jahn geführt hat. Ich finde, hier ist weniger manchmal mehr. Vielleicht lasse ich mich auch einfach nicht gerne anschreien.
Die zweite Halbzeit zu Beginn ein Spiegelbild der ersten Hälfte, aber noch lange nicht der Sturmlauf, der unseren Roten dann gegen Spielende drohen sollte. Selbst nach dem dritten Tor war ich noch etwas beunruhigt, ob da nicht doch noch was passieren könnte. Jeder Jahn Angriff irgendwie ein kleiner Anschlag auf meinen Blutdruck. Zu groß wohl die Sehnsucht danach, endlich den Auswärtsbock umzustoßen. Und da gab es noch nicht einmal den irgendwann fast logischen Gegentreffer und die erstaunlich lange Nachspielzeit. Ich fand das Spiel ja auch geil, aber irgendwann sollte es dann doch beendet sein. Die Sorgen aber unbegründet. Rot-Weiss Essen hat tatsächlich den Jahn im eigenen Wohnzimmer besiegt. Und das nicht mit Glück oder rein zufällig. Sondern durch eine spielerisch wie kämpferisch großartige Mannschaftsleistung. Die Kicker-Elf des Tages heißt für mich: Nur der RWE!
Kommendes Wochenende kommt es nun zum nächsten Duell gegen einen Vertreter der „Big Three“. Da dürfen wir erst spielerisch mit Kanonen auf Spatzen schiessen. Und dann warten die Dynamos, die heute warum auch immer, gegen den VfB Lübeck ziemlich heißgelaufen sind. Aber nach diesem Auftritt beim Jahn: Da sind wir einfach bei Udo Lindenberg und machen unser Ding. Was ein Spiel, das war ganz großes Kino!