Uns geht´s doch gut!
Ich habe letztens ein sehr interessantes Zitat gelesen: „Die Engländer reden über amüsante Themen, die Deutschen über Probleme“. Und was soll man sagen: Ich finde, da ist was dran. Bei uns ist das Glas notorisch eher halb leer als halb voll. Wir meckern lieber über die Nachbarn, als dass wir uns auf ein Glas in geselliger Runde im Hof oder Treppenhaus niederlassen. Einmal ganz abgesehen davon, dass es uns fast um den Schlaf bringen kann, wenn in der Nachbarschaft auf einmal ein Wohnmobil steht. Wie zur Hölle können die sich das leisten? Alles natürlich überspitzt formuliert. Und doch stehen wir als Fans von Rot-Weiss Essen manchmal eher ziemlich deutschtümlich da, als rund um die Hafenstraße diesen Hauch britischen Charme aus einer Zeit vor der Premier-League zu versprühen, den man uns bisweilen nachsagt.
Schade eigentlich, denn im Grunde unseres Herzens können wir doch aktuell einfach nur zufrieden mit unserem Verein sein! Wir spielen zwar nicht die „grandios Saison“, wie sie Roman Weidenfeller dereinst erleben durfte, aber trotzdem eine bis dato wirklich tolle Saison mit vielen Höhepunkten, vor allem in der Nachspielzeit daheim oder bei den temporären Top-Zwei der Tabelle Auswärts. Manchmal ließen unsere Leichtathleten die Gegenspieler wie Slalomstangen stehen, um an anderer Stelle von den Türstehern aus Ulm vermöbelt zu werden. Gleich zweimal wurde gegen Jahn Regensburg hochklassiger Fußball angeboten und einmal wurde in Dresden sogar die Legende der dreihundert Spartaner gegen eine zigfache Übermacht der Perser bei den Thermopylen als moderne Erzählung nachgespielt. Oder meinetwegen die Verteidigung von Alamo gegen die Mexikaner unter General Santa Anna. Um die Überlegenheit der Dynamos einmal plakativ darzustellen. Glücklicherweise kamen unserer Spieler bis auf einige Beulen im Gegensatz zu den Spartanern heil nach Hause.
Wir hatten eine nicht so gute Jahreshauptversammlung und im Anschluss daran nach einer Zeit noch intensiverer Arbeit und Aufarbeitung zwei wesentlich Bessere. Der Verein hat Fehler erkannt, diese korrigiert und in einen Überschuss umgewandelt. Das Nachwuchsleistungszentrum ist erfolgreich ausgebaut und vollendet, bietet dem Nachwuchsbereich die idealen Bedingungen, die es braucht, um in Zukunft verstärkt eigenen Talente für die „Erste“ auszubilden. Es gab eher zähe Auftritte wie das 1:0 daheim gegen den Aufsteiger VfB Lübeck und entsprechend stille Atmosphäre auf den Tribünen. Es gab Duisburg und Dresden mit ganz in Rot und Sonderzug. Wir hatten diesen phantastischen Auftritt gegen den Hamburger Sportverein und unfassbar viele Rote unter der Woche bei München Blau. Wir können nun dem Leipziger Konstrukt zeigen, dass die einzig akzeptablen Dosen aus dem Hause Stauder kommen und noch so viel mehr. Wir spielen 3. Liga anstatt uns immer noch mit Rot Weiß Oberhausen und dem Wuppertaler SV herumzuärgern.
Aber es ist niemals gut! Es wäre auch dann nicht gut, selbst wenn wir die Bundesliga mit 25 Punkten anführen würden.
Warum ist das so? Warum steckt man frei nach Lothar Matthäus immer gleich den Sand in den Kopf, anstatt mal stolz auf den Verein und die Mannschaft zu sein. Woher diese unerklärliche Lust danach, immer nur das Schlechte zu suchen und es scheinbar für für sich zu empfinden, selbst wenn es doch mehrheitlich gar nicht existiert? Wenn für mich ein Spiel wie gegen die Spielvereinigung Unterhaching zur Halbzeit wortgewaltig nur Gepöhle unter einer Trainerniete ist, warum schaue ich mir das denn überhaupt noch an? Nur um das alles im Forum kundzutun, während die Tastatur bei erfolgreichen Spielen ruht? Und wie oft will ich mich noch an Marcus Uhlig abarbeiten? Das hat doch mit normaler, konstruktiver Kritik für meine Begriffe einfach nichts mehr zu tun.
Einmal abgesehen davon, wie gelegentlich verbal mit den Spielern umgegangen wird, wenn sie mal einen schlechten Tag erwischt haben. Schaut doch erstmal in den Spiegel, bevor Ihr in die Kommentarspalten reinhackt, was Ihr selbst niemals so ins Gesicht gesagt bekommen möchtet. Wobei das ja immer noch die fairere Variante wäre. Aber dafür bedarf es dann halt den Mumm und Charakter, der in den Kommentarspalten bisweilen nur noch temporär vorhanden ist. Was ich mir also einfach wünsche ist, dass man auch mal zufrieden ist mit dem, was man hat. Und wir haben doch eine ganze Menge! Wir haben unseren Verein, wir haben eine gute Mannschaft mit wirklich guten Typen. Wir haben die Hafenstraße anstatt Baumarkt auf grüner Wiese. Wir haben die 3. Liga und können uns aktuell auf Vereine wie Alemannia Aachen, Hansa Rostock, Eintracht Braunschweig oder den VfL Osnabrück freuen. Oder vielleicht sogar selbst noch mal oben angreifen und unter die ersten Drei rutschen. Nichts muss, alles geht!
Die Bilanz stimmt wieder, ein Neuer an der Spitze steht in den Startlöchern, eine geordnete Übergabe ist garantiert. Die Brötchen werden wohl auf ewig pappig sein aber das Stauder dafür herrlich frisch. Es ist doch normal, dass man nach Niederlagen maulig ist, aber dann sofort gleich alles wieder in Frage zu stellen, ich weiß nicht! Die Reaktion der Westtribüne nach dem Unterhaching-Spiel hat dieses feine Gespür gezeigt, welches es braucht, um gemeinsam die nächste Aufgabe Verl anzugehen. Im Spiel selbst gegen Haching gab es ja noch den Protest gegen die essendiese Trikots. Protest im Stadion schriftlich artikuliert oder friedlich ausgeübt ist wichtig und kann vieles bewirken, wie wir letztens ja noch freudig erregt in der Causa Investoreneinstieg bei der DFL erleben durften. Auch wenn Aki Watzke mal wieder nichts verstanden hat. Und sicher wäre es schon eine Meldung wert gewesen, wie beispielsweise die Vandalz einmal mehr tausende von Euros für eine gute Sache gesammelt und übergeben haben. Das letzte Mal stolze 5.000€ vor Weihnachten an den Kinder- und FamilienTISCH. Das wird gesehen, das ist wichtig und gut. Danke dafür!
Aber warum sind jetzt Trikots in den Stadtfarben das Problem? Rot-Weiss ist Essen und Essen ist Rot Weiss. Aber in den Farben der Stadt nunmal auch Blau-Gelb. Hier würde ich mir etwas mehr Entspanntheit wünschen, zumal ja ganz in Schwarz auch eher wenig mit Rot-Weiss zu tun hat. Und wenn auch nur ein Fan über dieses Trikot zu Rot-Weiss Essen findet und alsbald die wirklich richtigen Farben trägt, dann war auch dieser Weg ein richtiger. Auswärts wie früher in den Stadtfarben aufzulaufen anstatt in jetzigem Grau, das birgt für mich immer noch mehr Identifikation, also warum nicht?
In Verl nun wird es Anbetracht der Bauweise an der Poststraße wirklich schwierig sein, das Spiel im Gästeblock in Gänze zu verfolgen. Aber ich glaube, dass der Gästeblock seinen Anteil daran haben wird, dass es mit der Wiedergutmachung im zweiten Ablauf dann auch wirklich klappen kann. Diese Liga ist ja sowas von unkalkulierbar, da würden selbst die drei Wirtschaftsweisen scheitern, eine seriöse Hochrechnung in Sachen Schlusstabelle abzugeben.
Lassen wir den Verein doch einfach auch mal machen. Das Glas Rot-Weiss Essen ist für mich aktuell und Stand März 2024 definitiv halbvoll. Und wenn man es nun selbst nicht so empfindet: Alles gut, aber dabei bitte immer sachlich bleiben. Dann klappt das auch mit dem gesunden Verhältnis zwischen Lob und konstruktiver Kritik.
Danke Uwe,
erneut ein Kommentar, den ich zu 100 % teile.
Mir geht diese ständige Nörgelei auch so sehr auf die Nerven, unglaublich.
Schön, dass es dann so Typen wie Dich gibt, die Reichweite haben und es auf den Punkt bringen.
Es wird vielleicht, so meine Hoffnung, auch etwas verändern, nach und nach.
Ähnlich der bisher schweigenden Mehrheit in Sachen AFD etc.
Auch da hat es stimmungsmäßig eine Veränderung zum Positiven gegeben.
Deshalb einfach nur DANKE.
HG
Karsten Fähndrich
von der GMS-Initiative
Ich habe zu danken.