Ein buntes Osterkörbchen.

Spielfrei zu haben bedeutet, keine Nerven zu lassen. Alte Sepp Herberger Weisheit. Die haben wir in diesem speziellen Fall rund um die Spielabsage und deren Ablauf als aussichtsreicher Anwärter auf die goldene Himbeere für Spielabsagen bereits genug verloren. Tabellarisch jenseits von Eden oder auch gut und böse, konnten somit die Spiele in allen Ligen relativ entspannt verfolgt werden. Relativ allein deshalb, da man natürlich trotzdem so seine Wunschergebnisse hat, oder oder auch mit Familie oder Freunden mitleidet. Immer abhängig davon, welche Vereine da so unterstützt werden. Es hat ja bekanntlich alles auch seine Grenzen.

Es gab aber trotzdem wieder viel Stirnrunzeln, die Berichterstattung oder sozial mediale Tätigkeiten tragen dazu nur zu gerne bei. So war im Vorfeld des Spiels der Bayern gegen den BVB zu lesen, dass es ein Desaster für die Bundesliga sei, da es in diesem Spiel nicht mehr um den Titel geht. Schließlich hätte Bayer 04 Leverkusen ja kaum Strahlkraft über die Stadtgrenzen hinaus. Immerhin wurde im Textverlauf aus Desaster ein mittleres Desaster, aber Mumpitz bleibt diese Aussage für mich allemal. Vor allen Dingen, was impliziert eine solche Aussage? Das nur Meister werden darf, dessen Strahlkraft vorher irgendwie als Wert XY festgelegt über den Werten der Ligakonkurrenten liegt? Elfmal hintereinander wurde der FC Bayern Meister und genauso oft hat es der BVB somit vergeigt. Also ich fand das bis dato als ein viel größeres Desaster für die Bundesliga.

Es tut uns allen unendlich gut, wenn wir Kinder von der Last befreien können, nur einen einzigen Deutschen Meister zu kennen. Abgesehen davon: Deutscher Meister ist immer nur der RWE! Eh klar, dass man sich natürlich nun an Bayer 04 hauptsächlich in der Eigenschaft als Werksverein abarbeitet, anstatt anzuerkennen, dass der Verein bereits 1904 von Arbeitern der Bayer Werke gegründet wurde. Ein Traditionsverein somit, der unbestritten nicht wirklich finanzielle Sorgen hatte. Ein Verein aus gutem Hause also. Mit einer Mannschaft, die einfach überragenden Fußball in dieser Saison abliefert und sich somit mehr als verdient anschickt, endlich den Serienmeister abzulösen. Irgendeiner musste den Job doch endlich machen. Und wenn der BVB irgendwie immer scheitert, Fuschl am See hoffentlich niemals die Schale erhalten wird, und die Frankfurter Eintracht bei dem nächsten Schritt zu oft über die eigenen Füße stolpert: Dann muss man auf Xabi Alonso und seine Mannschaft fairerweise auch mal das Glas Aspirin heben.

Wie dann gefeiert wird, und wie viele Fans dann an der Meisterfeier teilnehmen werden, das wird dann sicher von den üblichen Verdächtigen genau beobachtet und breitgetreten werden. Schließlich sind wir ja immer besonders gut in unserem Land darin, abzuwerten, anstatt anzuerkennen. Und eins ist klar: 100 Leverkusener vor dem Rathaus ohne Balkon haben einen festeren Strahl als 10.000 Bayern Fans auf dem Marienplatz nach der x-ten Meisterschaft. Da tröpfelte die Freude irgendwann auch nur noch spärlich. Wir sind ja immer ganz vorne mit dabei, wenn es heißt, „die Heidenheimer, Sandhäuser, Kieler etc. kommen immer nur mit 200 Fans“, und machen uns darüber lustig. Aber warum eigentlich? Ist doch wumpe ob 2 oder 20.000 Auswärtsfans: Egal wie viele sich Woche für Woche auf die beschwerlichen Auswärtsfahrten machen: Jede und jeder Einzelne hat doch Anerkennung verdient.

Es geht doch nicht immer nur um die Anzahl der Köpfe. In Italien wird kleinen Auswärtsgruppen bei weiten Anfahrten Respekt entgegengebracht, werden diese wenigen auswärtigen Fans gar in Gesängen oder mit Fahnen geehrt. Würden wir in unserem latent missgünstigem Land so niemals hinbekommen. Schade eigentlich. Gerne hätte ich übrigens die Gesichter der Münchner Verantwortlichen in dem Moment gesehen, als sie von Xabi Alonsos Vertragsverlängerung in Leverkusen erfahren haben. Der Plan, nervigen Konkurrenten immer die Erfolgsgaranten wegzukaufen, ging endlich auch mal in die Lederhose. Aber klar, das gute Haus Bayer hat vielleicht auch zu der Entscheidung beigetragen. Wohltuend trotzdem, dass da mal jemand einfach „Nö“ sagt, es wirkt authentisch.

Vielleicht ist ja nun der Weg frei für Markus Anfang. In München kann er dann endlich nicht mehr über die Schiedsrichter der 3.Liga jammern, sondern sich am VAR abarbeiten. In der Münchner Staatskanzlei hingegen brütet sicher schon Panda-Influencer Markus S. darüber, wie er den Grünen auch noch den Titelverlust seines FC Bayern in die Schuhe schieben kann. Ist nur dumm, wenn die fiktive Verbotspartei mit seinen realen Verboten einfach nicht Schritt halten kann. Leben und leben lassen, in Bayern auch nicht mehr das, was es mal war. Sein Vize geht fiktiv noch einen Schritt weiter und lässt möglicherweise überprüfen, ob die Begriffe Linksverteidiger oder Linksaußen nicht durch andere Begriffe ersetzt werden könnten. Zum Beispiel durch „Dem wo auf der rechten Seite gegenüberliegenden Verteidiger spielt“. Wenn das dann alles falsch gedeutet wird, kann man den Antrag ja immer noch auf den Bruder schieben. Schon ein ziemlicher Furunkel am Arsch unserer Gesellschaft, dieser blühende Populismus.

Wirklich populär hingegen in Braunschweig endlich wieder der heimische BTSV. Sicher einer der Vereine, den ich gerne kommende Saison bei uns in der 3. Liga gesehen hätte. Aber heute endlich die Blauen überflügelt zu haben, das hat durchaus auch was und berechtigt nun wieder zur Hoffnung auf den Verbleib in der zweiten Bundesliga. Leider haben die Lauterer und Hansa erneut nicht wie erhofft geliefert, aber die Panik rund um das Berger Feld in Gelsenkirchen dürfte trotzdem noch einmal mehr an Fahrt aufgenommen haben. Die Relegation wird es nicht und muss es auch wirklich nicht sein. Aber sich nach so vielen Jahren endlich wieder in einer Liga mit den Blauen sportlich (!) messen zu dürfen, das wäre einfach ganz wunderbar und der Traum lebt in mir. Einhergehend damit natürlich auch die Bitte, dass der Lizenzentzug, von dem man im Abstiegsfalle überall lesen kann, dann noch aufgeschoben wird und es nicht direkt noch weiter runter geht. Außerdem hängen auch da viele Arbeitsplätze und Familien dran. Das kann man bei aller sportlicher Rivalität dann nicht auch noch wollen.

Wer sich zur kommenden Saison aber sicherlich wieder anne Hafenstraße vorstellen wird, ist die Alemannia aus Aachen. Ein Verein, einfach wie wir auch, viel zu groß für RWO und den WSV. Kein wirklicher Rivale, aber stimmungsvolle Spiele sind trotzdem bei uns und am Tivoli garantiert. Wer ist eigentlich grundsätzlich der natürliche Rivale aller Alemannia-Fans? Fortuna Düsseldorf oder Borussia Mönchengladbach? Der 1.FC Köln oder doch nur der Bonner SC? Schreibt es in die Kommentare und lasst einen Daumen da. Eines wird aber so sicher sein, wie das Kreuz in Bayern: Dank des Fassungsvermögen im neuen Tivoli wird Alemannia Aachen in der 3.Liga sicher direkt an die Spitze der Zuschauertabelle torpediert werden und uns weiter auf die Plätze verweisen. So wie es diese Saison schon Arminia Bielefeld mit Hilfe der Alm getan hat.

Neben der Alemannia droht von unten kommend aber leider ziemlich viel Ungemach, vor allem in Form von Zweitvertretungen. Im Südwesten sah es lange Zeit nach einem Durchmarsch der Stuttgarter Kickers aus. Leider schwächelt man unter dem Funkturm gerade zur Unzeit und hat eine breite Armada von Zweitvertretungen im Nacken. Da vor allem die Zwote der TSG Hoffenheim mit uns Vince an der Seitenlinie. Bei allem Respekt und aller Sympathie Vincent Wagner gegenüber: Ey, schon die Erste aus Hoffenheim ist in ihrer nicht vorhandenen Attraktivität kaum zu ertragen. Wie schlimm wird das denn dann erst mit der Zweitvertretung in Liga drei?

Und die in bester Fuschl am See Manier eine Lizenz abkaufende Zweiteintracht möchte ich erst Recht nicht anne Hafenstraße auflaufen sehen. Hier kann man also den Blauen Bombern aus Degerloch einfach nur ganz fest die Daumen drücken. In Bayern (warum zur Hölle hat das Bundesland eigentlich eine eigene Regionalliga? was denn noch alles, Bayern?) liegt mit den Würzburger Kickers der aus Fansicht aktuell wohl interessanteste Verein deutlich vorne. Man hätte aber dann das Pech, sich in der unseligen Relegation noch mit dem Meister der Regionalliga Nord messen zu müssen. Da ist es dann auch schon wieder fast gruselig, steht doch die Zwote von 96 auf dem ersten Platz. Hat aber, glaube ich zu wissen, gar keine Lizenz beantragt. Oder der Kind wollte das nicht. Wie auch immer.

Der potentielle Meister und Gegner in der Relegation gegen die wohl Würzburger Kickers kommt somit aktuell aus Lübeck. Und das könnte dem Platzhirsch von der Lohmühle noch so richtig weh tun. Gesetz dem Falle, wir kehren 2008 um und schießen Lübeck am letzten Spieltag mit einem 0:1 Auswärtssieg zurück in die Bedeutungslosigkeit der Regionalliga Nord, könnte fast parallel dazu der mythische Vogel Phönix aufsteigen und die vorhandenen Strukturen der Lohmühle dankend annehmen. Da möchte man dann doch fast lieber zähneknirschend dem SV Meppen wünschen, doch noch irgendwie den Platz an der Sonne im Norden zu erreichen. Der SV Meppen hätte den Vorteil eines gut gefüllten Auswärtsblock anne Hafenstraße und die Würzburger Kickers den eines familiären Schlafplatzes.

Aber der Fußballgott macht eh was er will. Bleibt noch der Nordosten. Gleich drei Vereine wetteifern dort um den Direktaufstieg. Der Greifswalder FC liegt vorne, hat aber Stadionprobleme. Der BFC Dynamo dahinter schwächelt gerade akut und hat Stadionprobleme. Auf Platz drei unser Pokaltriple Energie Cottbus. Hat allgemein Probleme. Hier wäre mein Wunsch tatsächlich der BFC Dynamo. Hat jetzt nicht mal ansatzweise was mit Sympathie für den Verein zu tun. Aber unser RWE muss einfach endlich mal wieder nach Berlin. Und sicherlich ist es dann auch mal spannend zu sehen, was sich dann für Gestalten aus der BFC-Fangruft erheben, um den weiten Weg an die Hafenstraße oder überhaupt auswärts anzutreten. Greifswald an sich ist sicherlich eine Reise wert, aber Cottbus: Nein! Einfach nein.

Grundsätzlich ist in allen Ligen unterhalb der Bundesliga irgendwie mehr Pep drin, auch wenn da natürlich noch viele Entscheidungen offen sind. Vielleicht schwächelt die Bundesliga und sehnt sich nach dem HSV, den Blauen, RWE oder Wehen Wiesbaden. Aber im Grunde genommen haben die zweite Bundesliga und die 3. Liga (werde ich auch nie verstehen, warum man unserer Liga das „Bundes“ nicht zugesteht) extrem an Attraktivität und Spannung zugewonnen. Einhergehend mit immer neuen Zuschauerrekorden. Es ist keine Seltenheit mehr, wenn sich eine Etage unterhalb der Bundesliga mehr Fans am Spieltag im Stadion befinden als in der Beletage selbst. Leider wird das zu oft noch ignoriert.

Man stelle sich mal den „Doppelpass“ am Sonntag Mittag mit Themen zur zweiten und 3. Liga mit anderen, frischen Gästen vor. Man stelle sich den DoPa überhaupt mal ohne Thematik Bundesliga vor. Tausche die fanfeindlichen Springer-Fanboys und vom System verwöhnten Ex-Profis einfach mal für einige Sendungen aus und diskutiert dann lebhaft über den Fußball, der uns allen gerade wirklich Spaß macht. Ich behaupte einfach, das würden die besten und lebhaftesten DoPa`s seit vielen Jahren. Die Bundesliga bekommt ziemlich sicher endlich einen neuen Meister. Das ist alles andere als ein Desaster. Es kann ein Aufbruch sein zu wieder mehr Wettbewerb. Zu dem aktuell vor allem aber auch die Begeisterung in den Ligen darunter beiträgt.

So, und nun sind wir denn mal so richtig gespannt, was uns alle an den Bildschirmen erwartet, wenn am Dienstag im LuPa zu Saarbrücken die Planen vom Feld genommen werden. Ich  tippe einfach mal frech auf Absage. Und hoffe an Ostersonntag auf einen Sieg von Arminia Bielefeld.

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