Kommt noch nicht heim.

Es hat mal wieder nicht gereicht für die Mannschaft mit den drei Löwen auf der Brust und den schrägen Typen im Gefolge. Der völlig verdiente Europameister heißt somit Spanien, trotz der hässlichen Hosen. Die bei mir fest im Herzen verankerten Engländer bleiben somit auch im Jahre achtundfünfzig nach dem Wembley-Tor ohne den so lange ersehnten zweiten Titelgewinn. Machste nix dran. Noch während der Gruppenphase sah es ja überhaupt nicht nach dieser Finalbegegnung aus, eher hatte ich aufgrund des englischen Schlafwagenfußballs schon einen andern, ziemlich perfiden wie genialen Plan im Hinterkopf.

Und der ging so: Prinz William als oberster Fußballmensch in England klingelt bei Frührentner Jürgen Klopp durch. Kloppo schält sich aus seiner Hängematte, richtet noch kurz die einhundertzweiundzwanzig strahlend weißen Zähne und hört geduldig zu, was der Kronprinz vorzuschlagen hat: Nichts anderes als die Nachfolge von Gareth Southgate natürlich, während dieser zeitgleich ein Angebot aus Gelsenkirchen erhält. Der WM-Titel 2026 mit Kloppo an der Pfeife also so gut wie gesichert für die Three Lions, währenddessen sich der FC Schalke 04 mit Southgate und dessen Spielidee endgültig auf dem Weg Richtung Abstieg in die 3. Liga und somit gen Derby gegen Rot-Weiss Essen aufmacht. Fehlende individuelle Klasse bei den Königsblauen kann halt nicht annähernd die zögerliche Spielvorgabe erfolgreich umsetzen, wie es die englischen Hochglanzkicker immer noch kurz vor knapp geradegebogen haben.

Glücklicherweise konnte ich diesen Plan dann doch ad acta legen, wurde doch das Spiel der Three Lions etwas besser und ist Gareth Southgate einfach auch ein viel zu sympathischer Mensch, als seine Kompetenz nutzlos in Gelsenkörken zu verschwenden. Sein Weg vom Bierbecherwurfempfänger bis hin zu Heilsbringer gerade mal in fünf bis sechs Spielen spiegelt nicht nur die stets hochgradig überemotionale Fußballseele im selbsternannten Mutterland des Fußballs wieder, sondern könnte  so oder so ähnlich auch an der Hafenstraße bei Rot-Weiss Essen stattgefunden haben. Christoph Dabrowski weiß ein Lied davon zu singen. Auch wenn ich siebenmal erfolglos versucht habe, ein Ticket für ein Spiel der Engländer zu bekommen, so war es doch eine wirklich tolle Europameisterschaft hierzulande. Und ich bin auch fast dankbar dafür, dass das Wetter sich nicht an die Vorgaben derer gehalten hat, die auf Teufel komm raus die ewige Leier vom Sommermärchen 2.0 singen wollten.

Warum kann man ein Turnier eigentlich nicht mehr als eigenständig betrachten, sondern muss fast schon pathologisch andauernd einen Quervergleich zu vergangenen Turnieren im eigenen Land herbeiziehen? Das werde ich niemals verstehen und stört doch auch eher in der kreativen Betrachtung dieser Europameisterschaft. Es waren tolle Wochen im Sinne des Fußballs nach eher schwierigen Zeiten und zudem fragwürdigen Turnieren. Natürlich kann kein Fußballfunktionär auch nur ansatzweise etwas für Corona. Aber schon 2018 in Russland war nicht mehr alles in Ordnung. Diese EM verteilt auf viele Länder im Anschluss war doof und von der Winter-WM in Katar brauchen wir gar nicht erst anzufangen. Und schon 2026 geht der Zirkus wieder auf eine Reise, die man eigentlich nicht will, da in drei Ländern zugleich stattfindend. Die Europameisterschaft 2024 war also Balsam für die Turnierseele, alle Deutschen Tugenden, wie ausfallende Zugverbindungen inklusive.

Fast schon erfrischend, diese Unzulänglichkeiten im Vergleich zur bemühten Perfektion der UEFA. Warum beispielsweise muss jedes Stadion fast wie ein Ei dem anderen ähneln, die Farbgebung betreffend? Wir kennen das ja vom DFB-Pokal, wenn der Verband den Stadien sein eigenes Corporate-Identity aufzwingt, aber die UEFA setzt dem allen noch eine Krone drauf. Auch hier lobe ich mir vor allem die englischen Fans, die nicht nur wie üblich die hinterste Stadionecke sondern selbst das allerletzte Dixi-Klo im Stadionumfeld mit ihren Zaunfahnen wild beflaggt und so der gewollten Perfektion erfolgreich ihre Grenze aufgezeigt haben. Dem Zufall soll halt nichts mehr überlassen werden, da muss man schon mal kreativ dagegen halten.

Aber wie auch immer: Diese EM hat mir Freude bereitet, vom Alltag abgelenkt und konnten wir selbst das Phänomen des gemeinsam Schauens wieder auferstehen lassen. Inklusive zu warmen Bier und leckerer selbstgemachter Pizza in der Halbzeit. Und wenn dann selbst eher fußballfremde Freunde oder Freundinnen bei vergebenen Torchancen stöhnen wie der jahrzehntelange Stadiongänger, dann ist das für den Moment eine sinnstiftende  Gemeinschaft, die über die normale Freundschaft hinausgeht und sich in den Geschehnissen auf dem TV-Bildschirm zu etwas größerem verfängt.

Nun denn, die Spiele sind gespielt, Zeigler & Köster finden ab sofort nur noch einmal die Woche statt, Greta fliegt wieder zurück und auch das Format „völlig losgelöst“ der ARD findet mit dem Finale sein Ende. Alle Experten und Expertinnen sparen sich ihre Expertisen nun bis zum nächsten großen Turnier auf und auch mein Datenvolumen bei T-Mobile wird wohl heute schon wieder auf normal gestellt. Danke Fußball, das war schön!

Wir geben zurück zu Rot-Weiss Essen!

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