Taurin prickelt nicht #222
Der Getränkehersteller aus Fuschl am See beschäftigt für seine Betriebssportgruppen in Leipzig, Salzburg, New York und Bragantino bisweilen extra Analysten, die sich mit nichts anderem auseinanderzusetzen hatten oder haben als den kommenden Gegner sportlich unter das Brennglas zu nehmen. Mal rein hypothetisch: Waren diese jetzt lediglich die ersten zwanzig Minuten in Hannover vor Ort oder am Bildschirm zugegen, dann sind sie einer feinen Finte unserer rot-weißen aufgesessen. Denn die Mannschaft von Christoph Dabrowski hat das Fußballspielen ziemlich genau erst mit der einundzwanzigsten Minute aufgenommen. Danach wurde es aber spürbar besser, kam mehr Sicherheit in die Aktionen und standen am Ende ganz wichtige drei Punkte auf der Habenseite. Und die Analyse sah anschließend sicher ganz anders aus, als noch in jenen besagten Anfangsminuten.
Für hochbezahlte Analysten braucht Rot-Weiss Essen nicht einen Cent zu investieren. Diese Aufgabe übernimmt zuverlässig und ehrenamtlich das Forum. Ob Dreier-, Vierer- oder Perlenkette, Stärken und Schwächen der Gegner und noch so viel mehr: Hier wird an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr geliefert. Auch die Ticketverfügbarkeit ist bei allen Spielen immer ein sehr großes Thema und wird als Diskussion bisweilen emotional geführt. Etwa wenn der Gegner ein ganz besonderer ist, oder der Auswärtsblock zu klein, um allen Reisewilligen einen Platz zu bieten. Ein Problem, welches es im wirklich properen Niedersachsenstadion von Hannover so natürlich nicht gab. Weitere Plätze außerhalb der angestammten Gästeblöcke wurden aber trotzdem erst nach einem dreijährigen bürokratischen Prüfverfahren durch sämtliche Ordnerinstanzen freigegeben.
Aber zurück zum Thema: Tickets polarisieren so gut wie immer und ganz besonders auch im Vorfeld des Spiels gegen Leipzig. Nicht wenige Fans mit wirklich langjähriger Dauerkarte und mittlerweile auf den Millimeter genau eingesessener Sitzschale haben gleich nach der Pokalauslosung ihre eigene rote Linie definiert und boykottieren dieses möglicherweise einzige Spiel der Pokalsaison 2024/25. Das gilt es absolut zu akzeptieren und natürlich sitzt der Schock, ausgerechnet diesen Gegner zugelost zu bekommen, immer noch sehr tief. Aber irgendwie war das Gefühl, meine Mannschaft eventuell im Stich zu lassen dann doch ausgeprägter als die Abneigung gegen alles wofür dieses Gebilde aus Leipzig steht. In Leipzig nur Chemie und Lok. Ist doch ganz einfach.
Ticket also gebucht. Insgesamt lief der Verkauf bis heute dem Gegner angemessen schleppend und natürlich wird es keinen ausverkauften Gästeblock geben. Auch das kennt man ja von den Kunden dieser Marke. Es ist einfach zu schade, dass ein Hochfest des Fußballs einfach davon überlagert wird, dass hier ein Gegner wartet, der allein zu Marketingzwecken und somit zur Gewinnmaximierung gegründet wurde. Kein Prickeln im Bauchnabel wie noch vergangene Saison gegen den HSV, als das ganze DFB Corporate-Identity Gedöns irgendwie doch von einem besonderen Moment zeugt. Man fühlt sich im Vorfeld einfach um ganz viel positive Emotionen betrogen. So simpel sieht das aus. Vor dem Spiel zu demonstrieren hilft da ein Stück weit. Bitte im Rahmen und keine Schlagzeilen im Anschluss wie seinerzeit aus Dortmund. Aber mal weg von dem ganz Ärger und der Chancenungleichheit: Vielleicht schlagen wir alle zusammen erneut den Analysten ein Schnippchen und kommen durch ein Kullertor von egal wem eine Runde weiter. Ramien Safi hat doch Recht: Eigentlich haben wir keine Chance. Also nutzen wir die einfach.