Allsvenskan & dicker Stein #223
Sprichwörtlich verarbeitet fällt mir zu unserem Erstrundenspiel im diesjährigen Niederrheinpokal gegen die Spvgg Sterkrade 06/07 spontan nur dieses hier ein: „Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss“. Wobei das gute Pferd selbst dabei noch einen schlechten Tag erwischt hat. Vielleicht hat das weitestgehend leere Stadion unseren Spielern suggeriert, sich mal nicht so anstrengen zu müssen, als wenn die Bude voll ist.
Aber das kommt dabei heraus, wenn Verband und Sicherheitsbehörden einmal mehr dem unterklassigen Verein aus der Nachbarschaft das Spiel des Lebens auf der heimischen Sportanlage nehmen. Dann wird flugs an die Hafenstraße verlegt, und schon ist Pokalatmosphäre eigentlich kaum mehr messbar. Sicherlich gibt es auch die kleineren Vereine, die nach außen hin vertreten, unbedingt daheim spielen zu wollen, aber heimlich trotzdem schnell überschlagen, wo sich der eine Euro mehr machen lässt. Und natürlich können auch die Busladungen mitreisender Vereinsmitglieder an der Hafenstraße endlich so richtig den Lauten machen. Aber mal ganz konkret Richtung Verantwortliche für den Wettbewerb gefragt: Sind die Fanaufkommen in den ersten Pokalrunden des Niederrheinpokals eigentlich niemanden mehr bekannt? Oder warum haben wir die seit einiger Zeit immer öfter erlebte Willkür, dass der Spielort zugunsten der Vereine mit den großen Stadien getauscht werden muss?
Gebt den kleineren Vereinen endlich das Heimrecht zurück. So ein Wettbewerb lebt gerade in den ersten Runden durch die Wurst vom Holzkohlengrill, freiwillige Ordner mit Armbinde und siebzigjähriger Vereinszugehörigkeit sowie einem schummerigen Flutlicht, welches gerade noch das Tor gegenüber erkennen lässt. Den Sterkradern hätte man doch allein schon aus Sympathie zu dem Stadionnamen „Am dicken Stein“ dieses Spiel zuhause gegönnt. Leider sind wohl die Stadtgrenzen von immer größerer Bedeutung. Hätte RWE gegen einen der vielen Essener Bezirksligisten gespielt, wäre sicher alles paletti gewesen. Oder Sterkrade eben gegen RWO. Oder der FC Taxi Duisburg (heißt wirklich so) gegen den MSV. Aber über die Stadtgrenzen hinweg leuchtet dann direkt die rote Lampe in den Funktionärsstuben.
Es ist schade und nimmt dem Wettbewerb sehr viel an Esprit und ja auch an Würde. In der zweiten Runde wartet der Mülheimer FC auf unsere Roten und spannender als das Spiel selbst könnte eventuell im Vorfeld sein, wo das Spiel überhaupt stattfinden wird. Gibt es alte Rivalitäten zwischen Mühlheim und Essen, die möglicherweise ganz explizit bei diesem Spiel ausbrechen könnten und von denen nur die ZIS weiß? Was wir aber wissen: Rot-Weiss Essen wird definitiv eine andere Leistung und vielleicht auch Einstellung an den Tag legen müssen, um bei dem Oberligisten nicht auszurutschen. Einfach eine Einstellung wie gegen Leipzig an den Tag legen.
Apropos Leipzig: In Schweden feiert die erste Liga, die „Allsvenskan“ ihren 100en Geburtstag. Und alle aktuellen Erstligisten spielen zu diesem Zwecke in ihren historischen Trikots. Da sind wundervolle Trikots dabei, gerne mal auf 11Freunde vorbeischauen. Voller Historie mit den alten gestickten Wappen. Das stelle man sich mal bei uns vor: Ganz viele schöne alte Baumwolltrikots und dazwischen dieses eine, welches niemals historisch aber immer hässlich sein wird, da einfach kein Vereinstrikot. Sonntag dann wieder Spielvereinigung. Diesmal jene aus Unterhaching von 1925. Die mit dem Bob im Emblem, und die letzte Saison mit uns Schlitten gefahren ist. Das riecht nach Wiedergutmachung.
PS: Einige Sätze aus dieser Kolumne rund um den Niederrheinpokal gab es breits im letzten Abschnitt des vorherigen Jahrhundertartikels „Heat“ zu lesen.