Sternstunden & Bratwürste #225
Was für ein Drama: Dem Erfolg gegen die Zwote der Dortmunder Aktiengesellschaft wäre beinahe eine jahrzehntelange Freundschaft zum Opfer gefallen. Und nicht nur Freundschaft, sogar Trauzeuge. Schuld daran eine zur Halbzeit empfangende WhatsApp mit folgendem Inhalt: „Nur so am Rande: Letzten Freitag hat die Gastgebermannschaft auch mit 3:0 geführt. Nicht, dass es Euch auch so geht“ zuzüglich diverser Smileys. Unglaublich, als ob wir Roten uns auch nur annähernd so blamieren könnten wie die Blauen. An diesem Mittwoch bei feinstem Herbstwetter auf jeden Fall nicht.
Zwar konnten den drei Toren der ersten Halbzeit keine weiteren in der zweiten Halbzeit hinzugefügt werden, aber das ist auch völlig in Ordnung so. Ein höheres Ergebnis hätte den Spielverlauf dann doch etwas verfälscht. Vor dem Spiel war Druck auf dem Kessel im Hause RWE. Intern kann man das immer schlecht beurteilen, und man muss auch nicht immer alles wissen. Wenn schon Maulwurf, dann auf der grünen Wiese. Aber in Anbetracht der Tabelle gab es leider als Fan keine andere Option als vor dem Spiel Druck und Anspannung zu empfinden. Es ging alles schon wieder in Richtung ungesunder Zynismus. In nicht wenigen Momenten des Seins ist die Beziehung zwischen Rot-Weiss Essen und seinen Fans nicht nur kompliziert, sondern bisweilen fast toxisch. Ein etwas intensiverer Blick in das RWE-Forum beispielsweise kann davon berichten. Somit helfen in erster Linie gute Ergebnisse, um rund um die Berne wieder in ein entspannteres Fahrwasser zu gleiten.
Und dieses 3:1 war dafür ein perfektes Ergebnis. Eigentlich war es sogar viel mehr. Es war vor allen Dingen der Beleg dafür, dass unsere Mannschaft allen Unkenrufen zum Trotze richtig gut kicken kann. Auch miteinander. Und wenn dann noch Sternstunden kreiert werden, wie mehrfach genossen von Torben Müsel, dann macht das einfach auch mal sehr gut zufrieden. Verbunden mit der Erkenntnis, dass in unseren Trikots von Rot-Weiss Essen erstaunlicherweise keine Bratwürste, sondern richtig gute Fußballer unterwegs sind. Man musste und muss sich einfach auch erstmal finden. Die Laufwege untereinander immer bekannter, und der von Lukas Brumme sowieso eine eigene Liga. Und dann noch der Ahmet Arslan: Den wollten wir doch gar nicht bei uns haben, weil der doch mal im Trikot der Dynamos und überhaupt. Und nun ist er ein ganz wichtiger Baustein unserer Mannschaft, zudem mit wirklich guten Verbalpässen unterwegs. Fußball halt, da ist morgen schon nichts mehr so, wie es heute noch war.
Daher gilt es umso mehr, dieses feine Ergebnis zu genießen und erst einmal tief durchzuatmen, da wir es aktuell über den Strich des Grauens geschafft haben. Samstag nun auswärts auf dem Waldhof und dann ist ja schon bald auch die Jahreshauptversammlung. Das spannende Ereignis des Jahres auf administrativer Ebene, bei dem für nicht wenige Mitglieder die GuV von Rot-Weiss Essen wichtiger ist als der eigene GV. An diesem nasskalten Mittwoch unter Flutlicht aber, da war dort wichtig, wie Adi Preißler immer zu sagen pflegte. Und es bestätigte sich einmal mehr, dass eine gute Atmosphäre in einem Stadion oftmals der Wechselwirkung zwischen Mannschaft und Fans geschuldet ist. Und so war es ein durchaus guter Beginn auf den Tribünen, aber mitgerissen hat uns unsere Mannschaft. Es braucht nicht den neunzig Minuten Dauersingsang, auch im glorifizierten Georg-Melches-Stadion hat es selbst in den größten Spielen immer Phasen der Ruhe gegeben. Es braucht bei RWE einfach nur ein Miteinander!