Ruhe in Frieden, knurriger Werner Lorant.

Zu Ehren von Werner Lorant ein Artikel aus dem 111Gründe Buch (Seite 94), welcher sich unter anderem auch mit seiner Zeit bei Rot-Weiss Essen beschäftigt hat. Etwas modifiziert mit seinem Legendenstatus als der bislang letzte Bundesliga Torschütze für unseren Verein.

Weil wir Spieler hatten, die man nicht unbedingt bei RWE unter Vertrag vermutet hätte.

Es gibt Fußballer, die verbindet man stets mit gewissen Vereinen, nicht aber  so wirklich damit, auch einmal anderweitig aktiv gewesen zu sein. Willi Lippens und Helmut Rahn stehen hier stellvertretend als Paradebeispiele: Beide werden immer in einem Atemzug mit Rot-Weiss Essen genannt. Erst dann erinnert man sich dessen, dass es in der Karriere natürlich auch durchaus noch andere Vereine gegeben hat. Und doch gab es noch die Identifikation mit dem Verein, für dessen Emblem man die meiste Zeit seiner Karriere die Stutzen hochgezogen hat. Heutzutage kaum noch vorstellbar. Heute werden Spieler von gewieften Berater dorthin verschachert, wo es in kürzester Zeit das monetäre Maximum rauszuschlagen gilt. Manch heutiger Spieler hat im Anschluss seiner Karriere bei mehr Vereinen unter Vertrag gestanden als Hemden im Schrank hängen. 

Und so gab es in der Historie des RWE natürlich auch Spieler, die ihre Identifikation aus Fansicht eher mit anderen Vereinen aus- und erlebten und bei Rot-Weiss Essen Vertragsspieler auf Zeit waren. Volker Abramczik ist ein Spieler, der mir dazu spontan einfällt. Ebenso wie sein ältere Bruder Rüdiger in Gelsenkirchen geboren, spielten beide seit klein auf für den FC Ihr wisst schon. Und doch bestritt Volker Abramczik die meisten seiner Spiele als Aktiver für den Verein von der Hafenstraße. Hundertsiebzehn Spiele stehen zwischen 1985 und 1990 für den kleinen Abi in Rot zu Buche. Seine neun Tore der Saison 1985/86 verhalfen dem RWE zum Wiederaufstieg in die zweite Bundesliga. Diese Klasse hielten Abramczik und Verein dann gemeinsam bis 1990, der RWE alleine noch ein Jahr länger. Das Knie machte Kummer und einen neuen Vertrag unmöglich. Somit beendete Volker Abramczik 1990 seine aktive Karriere.

Und was in aller Welt hat der Trabrennfahrer Norbert Nigbur, ebenfalls gebürtiger Gelsenkirchener, in diesem Kapitel verloren? Er, der zusammen mit Sepp Maier, Wolfgang Kleff und Rudi Kargus das am besten hütende Quartett der 70er Jahre der Bundesliga ergab. Die Sache ist wohl die, dass auch Norbert Nigbur im Herbst seiner Karriere nicht auf eine selbige zurückblicken wollte, ohne einmal für Rot-Weiss Essen die Handschuhe getragen zu haben. Und so wechselte Norbert Nigbur im Sommer 1984 an die Hafenstraße und die dort aktuell herrschende Drittklassigkeit. Siebenundzwanzig Spiele bestritt er in der Saison 1984/1985. Das Erreichen der Aufstiegsrunde war für ihn zugleich das inoffizielle Ende seiner langen und großen Karriere, denn in jener Aufstiegsrunde bestritt Norbert Nigbur kein Spiel mehr für den RWE. Scheinbar haben wir diese wohl gänzlich ohne Keeper gespielt, da lediglich Nigbur auf der Position des Torhüters im Kader geführt wurde. Ganz offiziell beendete Norbert Nigbur also nach dem Ende der Saison 1985 seine Karriere und stieg nun öfter auf einen Sulky um.

Und dann haben wir noch einen richtigen Charakterkopf in unseren Reihen spielen sehen, den die Fußballwelt trotz seiner vielen Stationen stets zuerst mit den Münchner Löwen in Verbindung bringt. Eine Frisur wie eine Bürste, der Charakter bisweilen so rau, dass selbst der oftmals knurrige Hub Stevens im Vergleich zu ihm wie ein sanftes Lamm wirkt. Spätestens jetzt wissen kundige Fußballfachleute, dass von Werner Lorant die Rede ist. Den Westfalen aus dem Kreis Soest zog es in der Jugend für den heimischen SV Welver und dann für Westfalia Herne auf den grünen Rasen. Doch schnell zog es ihn wieder, und zwar weiter: Borussia Dortmund hieß seine erste Bundesligastation, bei der er nicht gerade von Glück verfolgt wurde. Abgeledert in München und abgestiegen aus der Liga. Den Aufstieg schaffte Werner schon zwei Jahre später wieder, allerdings nun mit Rot-Weiss Essen! Zu Beginn der Bundesliga Saison wechselte Werner Lorant aus Dortmund Richtung Hafenstraße, nachdem der BVB sein Ziel Wiederaufstieg nicht erfolgreich umsetzen konnte.

Der knüppelharte Verteidiger Lorant war auch in jungen Jahren schon, quasi nebenberuflich, an der Seitenlinie als Trainer im Geschäft und entdeckte doch tatsächlich Horst Hrubesch in dieser Funktion. Auch so ein Westfale. Und so tat Werner Lorant seinem aktuellen Verein gleich doppelt Gutes: Zum einen auf dem Feld die gegnerischen Stürmer abräumen und gleichzeitig gute neue Stürmer empfehlen. Bei Rot-Weiss gehörte er somit zu den „glorreichen Sieben“. Jenem kleinen Spielerkreis, in welchem jeder mehr als einhundert Bundesligaeinsätze für den RWE absolviert hat. Aktuell steht nicht zu befürchten, dass sich dieser illustre Kreis jemals erweitern wird. Besonders in die Annalen von RWE eingegangen ist Werner Lorant zudem durch den Fakt, der Schütze des bislang letzten Bundesliga Tores für unsere Roten gewesen zu sein. Am 14. Mai 1977 fand der 33. Spieltag der Saison 1976/77 statt, und der schon abgestiegene Tabellenletzte RWE empfing die Düsseldorfer Fortuna. Das Spiel endete vor lediglich 2260 Zuschauern anne Hafenstraße überraschend torreich mit 5:3 für den RWE. In der 73. Minute verewigte sich dann Werner Lorant als Torschütze zum 5:3.

Nach der Saison verließ Werner Lorant die Hafenstraße und zog weiter seine eigenen Kreise.

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