D2 & D4 #250
Es ist die 250. Ausgabe dieser kleinen Kolumne und da darf man sicher vom Alltag abschweifen. Fußball ist eine der schönsten Nebensachen der Welt. Nicht mehr, aber vor allem auch nicht weniger. Wir lassen an dieser Stelle Bill Shankly und sein berühmtes Zitat über die Ernsthaftigkeit bewusst außen vor, kommen aber später auf ihn zurück. So ziemlich mein ganzes Leben bin ich dem Fußball verfallen, habe seinerzeit selbst die Stiefel für den SV Vorwärts Nordhorn geschnürt, bevor ich im Probetraining für die neue Saison nicht zu überzeugen wusste, und von der D2 in die D4 degradiert wurde. Ja meine Güte, es war halt Wind an dem Abend, so dass ich nicht so weit schießen konnte, wie es die erforderliche Quote verlangte.
Meine Fußballkarriere war also im Sommer 1978 schon beendet, bevor sie richtig beginnen konnte. Ich widmete mich durchaus beleidigt dem Volleyball zu, wo ich Teil einer wohl einzigartigen Aufstiegssause von Kreisklasse bis Landesliga werden durfte. Dem Fußball aber trotzdem nie abgeschworen, denn das Spiel war schon verdammt geil mit all seinen Geschichten und diesem ganzen drumherum. Selbst damals schon. Anfang der achtziger Jahre dann das erste Spiel von Rot-Weiss Essen beim SV Meppen. Aus Furcht vor den Essener Fans wurde zur Beruhigung derselben vor dem Anpfiff „Adiole“ gespielt. Da konnte man dann selbst auch einfach nicht nein zu RWE sagen, und nahm die Einladung an.
Was ich aber in all den Jahrzehnten scheinbar nie verstanden habe, ist bei aller Begeisterung, wie der Fußball überhaupt auf dem Feld gespielt wird. Ich befürchte, dass das mit dem Fußball und seiner heutigen taktischen Vielfalt insgesamt so ist wie damals im Lateinunterricht: Ich habe einfach nichts verstanden! Ich sitze immer mit offenem Mund vor dem Monitor, wenn beispielsweise im RWE-Forum die Wunschformation für das kommende Spiel scheinbar plausibel dargestellt wird, Vorzüge der verschiedenen Ketten inklusive. Und spätestens dann, wenn ein von mir sehr geschätzter ehemaliger RWE-Trainer über „Diagonalität im ballfernen Achterraum” referiert, bin ich raus. Warum wisst Ihr alle was, was ich nicht weiß?
Vielleicht definiere ich auch einfach meinen Anspruch an ein geiles Fußballspiel anders, zu unbedarft. Vielleicht aber auch genau richtig, denn es geht für mich vor allem über dass miteinander. Deshalb hat mich seinerzeit auch die Niederlage bei Hansa Rostock nicht so geschmerzt, wie der Umgang unserer Mannschaft damit, dass der Essener Kurzarbeiter Robbie D’Haese aus dem Spiel getreten wurde. Ich müsste lügen, wenn ich ohne Recherche wüsste, wo Robbie D’Haese heute gegen den Ball tritt, aber ich denke, die Mannschaft hat daraus gelernt. Was auch meine Sympathie für einen Spieler wie Tom Moustier erklärt, der nach seinem ersten Tor für Rot-Weiss Essen erstmal Richtung Auswechselbank gerannt ist, um zu signalisieren, dass zu einer Mannschaft mehr als die Elf auf dem Platz gehören.
Und dann bin ich auf einmal direkt wieder im Thema! Es geht immer nur um das Wohl und Wehe der ganzen Mannschaft. Zu der mehr als die ersten Elf auf dem Platz gehören. Ein jeder Spieler ist Teil der Gemengelage Rot-Weiss Essen, ist Teil einer Kette. Bill Shankly nun kennt man nicht nur durch dieses eine Zitat. Auch „Eine Fußballmannschaft ist wie ein Klavier. Sie brauchen acht Männer, um es zu tragen, und drei, die das verdammte Ding spielen können“ stammt von ihm. Aber es braucht natürlich auch alle anderen, die nicht in der Startelf stehen. Lassen wir RWE Freitag wieder in die Tasten hauen!