Alles Golz, was glänzt.
Die erste Hälfte auf einer der beiden Rheinseiten im Spiel bei der Kölner Viktoria war vielleicht die bisher schwächste der noch jungen Saison, aber irgendwie auch logisch, denn die Mannschaft musste sich neuformiert auch erst einmal finden. Aber, es war die bisher einzige erste Halbzeit ohne Gegentor. Halleluja! Also war es doch nicht sooo schlecht, wie es sich spielerisch vielleicht angefühlt hat. Und ganz vielleicht hatten wir auch richtig Glück, denn der Textiltest von Vinko Šapina blieb ohne Folgen, der eigentlich logische Elfmeterpfiff blieb aus. Der Schiri hätte aber ruhig pfeifen können, denn an einem Abend, wo in punkto eigener Leistung alles passt, hätte Jakob Golz den natürlich pariert.
Die zweite Halbzeit dann ein furioser Beginn unserer Roten, es wurden in der Kabine wohl die richtigen Worte gewählt. Nach intensiven sechsundneunzig Minuten war es dann geschafft, und ein wichtiger Auswärtspunkt beim aktuellen Tabellenführer geht mit nach Hause an die Hafenstraße. Manch Forums-User werden sich vielleicht darüber geärgert haben, denn spätestens nach der furiosen Aufholjagd von St.Preußen im Heimspiel gegen die Schanzer war ihnen klar: Bei der Viki verlieren wir doch eh immer und Sonntag werden wir dann von der fetten Taube gerupft. Und überhaupt sehe ich nur noch schwarz anstatt rot-weiß! Äh, Moment: Was ist das denn mittlerweile für eine Einstellung bei einigen geworden, noch vor Spielbeginn unserer Mannschaft zuzüglich Bekanntwerden anderer Ergebnisse so zu jammern, als ob wir Tabellenletzter der Kreisliga C mit einem Torverhältnis von 1:134 sind? Und der kommende Gegner zu allem Überfluss auch noch welche aus der Ersten mitbringt?
Etwas mehr Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Mannschaft sollten doch schon an den Tag gelegt werden. Danach kann man immer noch moppern, aber schon vor einem Spiel die Flinte ins Korn zu werfen, das hat doch mit Hafenstraße wirklich nicht mehr viel gemein. Die bisherigen vier Spiel sind Ergebnisdefizitär, ohne Frage. Aber die Richtung stimmt. Der Fußball ist ein anderer, ein besserer. Klar, auch nach dem torlosen Unentschieden beim Tabellenführer wird gemotzt. Das geht bei RWE schon aus Tradition gar nicht anders. Anstrengend in der Argumentation bisweilen, und nicht selten hat man das Gefühl, das die eigene Niederlage teilweise sogar mehr Zufriedenheit mit sich bringen würde als ein Punktgewinn unserer Roten, oder gar ein Sieg. Muss man aushalten, wenn man Teil eines Forums ist. Aber wenn ich nur noch unzufrieden bin, dann sollte ich mich vielleicht auch mal hinterfragen, warum ich mir überhaupt noch Spiele von Rot-Weiss Essen anschaue. Ich bin doch eh so gut wie nie zufrieden mit der gebotenen Leistung.
Um also nun wieder auf die ausgewogene Seite der Beiträge zu kommen, brauchen wir so langsam, aber ziemlich sicher endlich wieder ein Erfolgserlebnis. Denn da sind wir uns dann doch ausnahmsweise alle einig, das ist der gemeinsame Nenner. Da wäre doch das kommende Spiel am Sonntag zur erneut unchristlichen Fußballzeit (wobei: Nie gestaltete sich eine Anreise entspannter als zu einem Sonntagabendspiel) gegen die Preußen ein richtig guter Anlass. In Münster wird man sicherheitshalber schon mal eine Protestnote an den DFB gegen die Spielwertung aufgesetzt haben, sollte dieses aus Münsteraner Sicht verloren gehen. Natürlich wird es dann am Rasen liegen. Leider haben beide Mannschaften mit diesem Malheur zu kämpfen, welches gut durchdacht und geplant wohl vom Wettergott mit einem ausgestreckten Mittelfinger bedacht wurde. Eine Herkulesaufgabe dieser Tage für unser „Team Green“, um mal ein wenig in der Mythologie zu bleiben. Eigentlich müsste jeder Grashalm nun mit Sekundenkleber fixiert werden, um einen festen Halt zu bieten.
Apropos Stadion: Gegen den HSV gab es ja durchaus viele Momente, die den Mythos Hafenstraße vergangener Tage neu zu beleben wussten. Das war zwischenzeitlich dermaßen laut, so dass nicht wenige Uhren an den Handgelenken vor einer die Ohren schädigenden Umgebung gewarnt haben dürften. Aber genau das macht es ja aus: Vier Tribünen in kompletter Ekstase. Fans beider Vereine lautstark bemüht, die eigene Mannschaft bestmöglich zu unterstützen. Inwieweit nun bei gleißendem Sonnenschein und gefühlten 35 Grad häufig eingesetzte Pyro dabei zu helfen vermag, erschließt sich mir weiterhin nicht. Aber vielleicht musste bei den Hanseaten auch alles raus, da Räumungsverkauf wegen Kollektionswechsel.
Gegen Wismut Aue gab es nun weniger lautstarke Anfeuerung aus dem Block der Gäste, da natürlich auch viel weniger Fans vor Ort. Nur weil der DFB generös und als Zugeständnis an die Fans vermarktet, auf das Montagabendspiel verzichtet, bedeutet das ja noch lange nicht, dass diesen Verband plötzlich und unerwartet irgendwie geartete Fanbelange interessieren. Der DFB interessiert sich weiterhin ausschließlich für sich selbst. Ansonsten ist es auch nicht rational zu erklären, warum dann beispielsweise die Schachter am Sonntagabend nach Essen müssen, oder die Lübecker unter der Woche nach München. Fangerechte Anstoßzeiten können wir uns weiterhin wohl komplett von der Backe putzen, wie beispielsweise auch die Erkenntnis bei Karl-Heinz Rummenigge, dass man eben nicht nicht ungefragt jeden Mund küssen darf, nur weil man gerade Weltmeister wurde. Aber um dieses Thema kümmern wir uns dann in einer der nächsten Folgen unserer Reihe: „Denn sie wissen nicht mehr, was sie tun“.
Bei Rot-Weiss Essen aber, da wird man alles tun, um uns schon kommenden Sonntag endlich alle mit dem größten gemeinsamen Nenner zu belohnen: Diesen verflixten drei Punkten.