Zweierlei Blut #201
Düster hängt der Herbstnebel über der benachbarten Wedau, während die ersten Abstiegsgeier schon drohend über den Zebras kreisen. Im Wedaustadion selbst tropft es durch ein Leck im Dach. Missmutig gelaunte Anhänger des MSV klammern sich verzweifelt an den für beide Vereine schicksalsträchtigen Sieg aus dem Jahre 2007 über den doch so ungeliebten Nachbarn aus Essen.
Die Köpfe sind unten in Duisburg und rund um den MSV fühlt man sich gerade wohl so entspannt, wie der nackte Schimanski im Mittelkreis des alten Wedaustadion in der Tatort Folge „Zweierlei Blut“. Die Fahnen werden zurzeit so schnell eingerollt, so dass man sich fragen könnte, warum überhaupt noch angeflaggt wird. Kostet doch nur Zeit und Nerven.
Einmal kurz in ein Fan-Forum der Duisburger reingeschaut wähnt man sich fast wie einstmals zuhause: Die Stimmung dort dermaßen fatalistisch der eigenen Mannschaft gegenüber, so dass man sich auch in unserem Forum der vergangenen Saison wähnen könnte. Getrennt in den Farben, vereint in dem jeweiligen sportlichen Leid lässt man natürlich kein gutes Haar am eigenen Verein, betrachtet diesen eher als persönliche Nahtoderfahrung. Was das Ganze für die MSV-Fans gerade zusätzlich wohl so richtig dramatisch macht, ist die schiere Angst davor, dass ausgerechnet unser RWE nun gegen Ende des ersten Saisondrittels schon den Deckel draufmachen könnte.
Aber daran denkt unsere Mannschaft sicher nicht. Sie möchte nur weiter gewinnen, denn das macht wesentlich mehr Spaß als nicht zu gewinnen. Außerdem sollte es so kommen: Regionalliga ist jetzt so schlimm nicht, es gibt auch schöne Momente dort. Auch wenn mir gerade keiner einfällt. Das neben der sportlichen Sorge reine Existenzangst einhergeht, das ist durchaus verständlich und können wir aus rot-weißer Fan Sicht bestätigen: Da sind wir sogar bei Euch, das macht keine Freude und tut brutal weh. Unter dem Strich bleibt aber festzuhalten: es ist nur Fußball und es geht um nichts anderes als um drei Punkte.
Wer am Ende gewinnt, darf zurecht jubeln, aber wer am Ende verliert, ist weder schon abgestiegen, noch hat sich gegen den Tabellenletzten blamiert. Und bei Unentschieden sind wir eh alle am moppern.
Es ist Herbst, und somit konnte der Aufruf auch kaum „Alle in Rot“ lauten, denn angesagte Funktions- oder Übergangsjacken gibt es eher selten in der schönsten aller Vereinsfarben. Daher ist die abermals große Schar der Essener „Schlachtenbummler“ somit Samstag im trendigen Schwarz unterwegs. Vielleicht sollte man mal über Werbeverträge mit den bekannten Firmen in Sachen Outdoor-Bekleidung reden, schließlich bekommen diese jedes Wochenende massenhaft kostenlose Werbevideos und Fotos frei Haus aus den Stadien der Republik geliefert. Mit den Erträgen könnte man dann anfallende DFB-Strafen begleichen, um die eigenen Vereine nicht weiter über Gebühr zu belasten.
Es ist ein Spiel, auf welches man sich vor allem aus unserer Sicht so richtig freuen kann. RWE rockt! Und unsere Mannschaft wird das Richtige tun: Niemals mehr wie gegen Haching oder Verl. Aber immer wie gegen Dresden, Dortmund oder Saarbrücken. Dann wird alles gut und die Begegnung gegen die 11 Freunde aus Bielefeld findet vor ausverkaufter Hafenstraße statt.
Also nochmal: Es ist bei aller regionalen Brisanz einfach nur ein Fußballspiel. Da bedarf es keiner medialen Aufbereitung im Vorfeld, als ob eine Schlacht zu erwarten wäre.