Gegen die Statistik.

Also die Statistiken geben dem unverfälschlichsten aller Trainer natürlich Recht: Bei einem Verhältnis von 34 zu 3 Torschüssen sowie 18 zu 0 Ecken für die eigene Mannschaft, hätte Dynamo das Dingen tatsächlich irgendwo zwischen 4:2 oder 8:2 gewinnen müssen. Wenn man das dann trotz dieser Überlegenheit aber nicht schafft, dann hat man es am Ende des Tages einfach auch nicht verdient. Punkt! Somit konnte der RWE nach leidenschaftlicher Abwehrschlacht einen Punkt aus dem selbsternannten Dunkeldeutschland entführen.

Für uns kann es egal ein, bei wem von Anfang bis Ende nun Schuldige gesucht werden. Die wichtigste Nachricht nach diesem emotionsgeladenen Spiel ist doch zuallererst, dass sich auch unser Felix Götze auf dem Heimweg gen Pott befindet und seine Verletzung keine weiteren Auffälligkeiten abseits der Platzwunde zuzüglich sicherlich gehörigen Brummschädel nach sich gezogen hat. Ein gut gekühltes Stauder kann hier schon mal erste Abhilfe schaffen. Und wenn man es nur auf die Stirn legt. Und vielleicht sei manch Dynamo Fan noch einmal die Grundtugenden der Fairness ans Herz gelegt: Ein verletzter Spieler wird nicht verhöhnt, Ihr Luschen! Da hält man einfach mal die Klappe und hofft, dass es gut ausgeht. Es hätte schließlich auch einen von Euren Spielern treffen können. Danke also an alle Dynamos, die respektvoll den Support eingestellt haben, bis Entwarnung gegeben werden konnte.

Zu Beginn des Spiels bekam man eigentlich eine Dublette des Ulm-Spiels geboten: Unsere Leichtathleten trafen da ja auf die Türsteher-Szene-Ulm, und die Kanten wollten gleich zu Beginn unsere Jungs mit aller Gewalt überrennen. Hat dann ja auch geklappt. Den Dynamos, vor allem in Form von Oberhauer Kutschke traten ebenfalls mit Anpfiff vor lauter Testosteron die Unterputzkabel am Hals hervor und brachten unsere Jungs gehörig in Nöte. Zu meinem Leidwesen befinden wir uns gefühlt in der ersten Viertelstunde immer mit dem Rücken zur Wand. Aber irgendwann bringt dann die Spielintelligenz die Befreiung für Rot-Weiss Essen und kann das eigene Spiel aufgezogen und dem Gegner aufgezwungen werden.

Dynamo Dresden hingegen ließ das aber nicht mit sich machen und wähnte sich irgendwo zwischen Little Big Horn und Alamo: Das Ziel war, den Gegner ohne Aussicht auf Gnade aus dem Stadion zu schießen. Egal, wie viele Ellenbogen es dafür in die Gesichter unserer Spieler bedurfte. Nach der Haue von Aue gab es ja auch nur noch diese eine Option für Dynamo Dresden, um um jeden Preis gegen Rot-Weiss Essen zu gewinnen. Allerdings stand dem Ansinnen einmal mehr Jakob Golz mit allem was er hat und des öfteren auch ein Essener Feldspieler mit Fuß, Knie oder was auch immer im Weg. Den beiden Gegentoren zum Trotz war die Leistung unseres Schnappers für mich trotzdem eine glatte Eins!

Mehr geht doch eigentlich gar nicht zwischen den Pfosten, als eine solche Leistung. Aus diesem Spiel bei völliger Überlegenheit von Dynamo als Torwart ohne Gegentor herauszugehen, dass wäre ja fast kompletter Irrsinn. Da kannste ja auch gleich über den Baldeney-See laufen. Hundert Spiele hat Jakob Golz nun schon im Trikot von Rot-Weiss Essen bestritten. Ich könnte nun jeden Geburtstags- und Weihnachtswunsch der nächsten Jahre so formulieren, dass diesen hundert Spielen noch mindestens ebensoviele im Trikot von RWE folgen werden, wenn es irgendwie helfen würde. Jakob Golz hat das Zeug, eines Tages in einem Atemzug mit Fritz Herkenrath und Frank Kurth genannt zu werden, wenn es um legendäre Schnapper anne Hafenstraße geht. Was könnte das noch toppen?

Ganz sentimental wurde es einem ums Herz, wenn man die Befindlichkeiten von Isi Young nach Abpfiff mitbekommen hat. Es ging ihm nicht gut und die Mannschaft war für ihn da. Das ist doch unter dem Strich immer noch die Quintessenz des Fußballs: Man steht als Mannschaft zusammen! Das zeigt Rot-Weiss Essen Woche für Woche und das tut mir als Fan gut. Dann leidet es sich gleich viel einfacher, wenn man mal wieder solch anstrengende neunzig plus x Minuten zu überstehen hat. Und es ist ebenfalls ein ganz fantastischer Beleg für den Charakter von Isi Young, wenn man sich selbst bis hin zu Tränen gerührt mit der eigenen Mannschaft identifiziert. Auch in seinem Falle würde ich mir eine baldige Vertragsverlängerung sehnlichst wünschen. Der gemeinsame Weg ist noch lange nicht zu Ende.

Zu Ende bei Drucklegung dieses Artikels sicher noch lange nicht die Rückreise vieler RWE-Fans aus Dresden. Wer nun nicht gerade das ganze Wochenende in Elbflorenz verbringt, sondern tatsächlich rein für die neunzig Minuten auf verschiedensten Wegen die Reise gen Dresden auf sich genommen hat, den gebührt ein ebensolcher Respekt wie der Leistung unserer Mannschaft. Das wird gesehen, Auswärtsspiel für Auswärtsspiel. Ganz starker und laut vernehmlicher Support im Gästeblock. Schön so eine Demokratie, in der man hin- und her reisen kann, wie man lustig ist.

Die Tabelle der dritten Liga ist jetzt kein Lustspiel, sondern ein ziemlich erregender Spannungsbogen. Da ist sowohl nach oben, als auch nach unten, außer vielleicht im Falle der Freiburger Zweitvertretung, noch so gar nichts vorentschieden. Und im Gegensatz zum ESC, wo der Gewinner des Deutschen Vorentscheid mit ziemlicher Gewissheit Letzter des alljährlichen Eurovision Song Contest werden wird, kann in unserer Liga zwischen Platz eins und Platz neunzehn noch alles passieren und die Tabelle sich an jedem Spieltag enorm wandeln. Weder der Jahn noch die Dynamos sind bereits aufgestiegen. Das könnte am Ende noch ganz lange Gesichter geben, und auch der sich ständig selbst bedauernde Markus müsste zurück auf Anfang. 

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