Postweg & Schmuddelkind #227
Ich mach da ab sofort nicht mehr mit und möchte gerne so verfahren, wie es schon Paul Breitner 1982 nach einer weiteren Niederlage seines Vereins in Kaiserslautern vorgeschlagen hat: „Am besten schicken wir die Punkte gleich mit der Post“. In unserem Falle lassen wir die Spiele gegen Verl in Zukunft ausfallen und schicken die Punkte per Post an selbige Straße. Meinetwegen auch via PayPal, wenn das noch Payback Punkte gibt, die wir dann in Summe gegen andere Vereine einlösen können. Ich habe keine Lust mehr darauf, zuverlässig zweimal in der Saison mit Verldammnis den Mittelteil der Millennium Trilogie von Stil Larsson nachzuspielen.
Das Spiel hat mich wirklich gefuchst. Leider ist der Rotfuchs der einzige mitteleuropäische Vertreter der Füchse, so dass es hierzulande kein gelbes Pendant gibt, was es gebraucht hätte, um das Spiel in voller Mannschaftsstärke zu beenden. Die rote Karte aus unserer RWE-Sicht mehr als unnötig. Genauso wie die erneute Schlafmützigkeit unserer Mannschaft zu Beginn der zweiten Halbzeit. Hier würde ich gerne von Beginn auf hellwach plädieren wollen. Aufgegeben wurde trotzdem nicht, unsere Mannschaft hat alles versucht. Aber Verl halt. Machst nix dran. Außer vielleicht im Rückspiel. Da gibt es einen neuen Anlauf in traditionell kleineren Rahmen.
Ein größerer Rahmen bietet sich hingegen schon Samstag wieder, geht es doch nach Rostock. Die Ostsee ruft und viele unserer Fans nutzen dazu den angebotenen Sonderzug. Da ruft also das wirkliche Abenteuer, denn auf Schienen unterwegs zu sein, bedeutet meistens mehr Unwägbarkeiten als noch bei den Siedlertrecks im damaligen wilden Westen. Auf jeden Fall müssen wir nun zwangsläufig der Hansakogge einen Schuss vor den Bug geben, denn sonst drohen wir möglicherweise selbst in Seenot zu geraten. Kentern werden wir jedoch nicht, da habe ich volles Vertrauen in Trainerteam und Mannschaft. Wir müssen uns endlich auch mal für den Aufwand belohnen und mehr Punkte holen. Diese Liga ist so eng beieinander, da ist ein flotter Dreier existenzieller als eine Null Punkte Abstinenz.
Aber ganz vielleicht war das alles am vergangenen Mittwochabend unter Flutlicht auch nicht wirklich wichtig, was da auf dem satten Grün geschehen ist. Dort wo sich normalerweise Fuchs und Eitschberger gute Nacht sagen. Es war vor dem Spiel wichtig, denn es galt sich in großem Rahmen von Horst Gehle zu verabschieden. Wir müssen kein Wort mehr über sein Leben verlieren, darüber wurde genug und schön in den vergangenen Tagen geschrieben. Vielmehr müssen wir leider festhalten, dass uns mit Glockenhorst möglicherweise eines der letzten Originale verlassen hat, welche der Fußball sehr lange zu bieten hatte. Fans wie Glockenhorst sind doch im heutigen Business Profisport gar nicht mehr erwünscht. Eher lästige Staffage. Schmuddelkinder einer Vergangenheit, in der wir vielfach liebend gerne hängen geblieben wären. Da damals alles authentischer und ehrlicher war als der Zirkus heutzutage.
Der Abschied vonne Hafenstraße gestaltete sich dermaßen würdevoll, so dass es mich fast emotional hatte, als er auf einmal selbst zu uns gesprochen hat. Und dann die Choreo dazu: Wie haben es diese störenden Problemfans nur geschafft, so schnell ein so beeindruckendes Banner nebst Konterfei zu erstellen? Danke Leute, das war beeindruckend. Dazu Wunderkerzen, aus den Boxen erklang es Sandymental. So viel Anteilnahme. Und doch lag Horst Gehle tagelang allein tot in seiner Wohnung. Wir müssen auch abseits der Spiele mehr auf uns aufpassen.