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Herze, Du Torrakete!

Manchmal fällt einem doch die Last von der Schulter einfach so ins Tor. Dachte wohl Felix Herzenbruch im Spiel gegen die SpVgg Bayreuth und erarbeitete sich mit seinem ersten Profitor weiteren Kredit unter den Fans. Von wegen nur Grätschen und sonst nix. Die Konditionen konstant im 1907er Bereich bleibt nun zu wünschen, dass sich auch die Laufzeit verlängert. Abbezahlt wird dann wie immer mit Leistung, Ratenpause inklusive.

Für Trainer Dabrowski eröffnen sich nun im Trainingsalltag ganz neue Möglichkeiten in der Methodik: Anstatt an Taktiken zu tüfteln wird eine Liste erstellt, wer ebenfalls im sogenannten professionellen Fußball noch ohne Torerfolg ist. Oder in dieser Saison. Das hilft sicher auch schon weiter. Wenn also passionierte Trainingskibitze diese Woche Christoph Dabrowski flachsend mit, sagen wir mal, Kevin Holzweiler, Oguzhan Kefkir, Torben Müsel oder Niklas Tarnat am Rande des Trainingsplatzes erleben, dann bedeutet das nur Gutes für den „Unter-Tage-Classico“ gegen ehemals Wismut Aue.

Manchmal spornt man sich auch ohne Trainer (fiktiv) mannschaftsintern an: Der WhattsApp Gruppe „Die Nominierten“ von Thomas Eisfeld und Isaiah Young möchten scheinbar mehr Spieler angehören als nur die genannten beiden. Dachte sich zumindest Björn Rother und bewarb sich schon einmal sehenswert für die Aufnahme in dieser exklusiven Gruppe. Ob sein Tor gegen die Olschdod letztendlich der Türöffner sein wird, entscheiden aber immer noch die Admins der Sportschau. Aber hier haben wir mal wieder schön erlebt, wie erfolgreich man auch von Weitem sein kann. Ob der zweite Ball oder aus der zweiten Reihe: Einfach mal machen.

In der Bewertung unseres Trainers sind wir auf Fanebene ja nicht immer ganz einer Meinung. Gerne wird sich an den unterschiedlichsten Dingen abgearbeitet. Manchmal helfen aber auch Vergleiche zu ehemaligen Übungsleitern um festzustellen, dass wir das Glück haben, einen wirklich guten Trainer auf unserer Seite zu wissen. Noch unter Marc Fascher zum Beispiel, der lebenden Taxofit-Kappe, wäre kein Spieler zurückgekommen, der nicht von Anfang an gesetzt gewesen war. Da gab es eine erste Elf, und zwei bis drei potentielle Einwechselspieler. Fertig! Der Rest war nur Trainingsfüllsel. Eine ganz gefährliche Melange für eine Mannschaft und zudem Gift in Perioden mit vielen Verletzten. Gut, die Ära Fascher hat dann ja auch nicht lange gedauert.

Da können wir uns doch wirklich glücklich schätzen, wie sich das aktuell darstellt und der Begriff Mannschaft interpretiert wird. Für mich der Qualität von Christoph Dabrowski und seinem Trainerteam geschuldet. Überhaupt: Wie wohltuend ist es doch, endlich mal nicht zu den (nur noch wenigen) Vereinen zu gehören, die schon den Trainer gewechselt haben, oder im internen Chaos versinken. Man frage mal bei den Fans der Münchner Löwen nach.

Und dann gibt es ja noch den SV Meppen: Also da ist die Lage seit gestern aber mal so richtig Ernst. Wer auch immer dort im Verein den Bielefelder Jahrhundertrainer und RWE-Langzeitikone Ernst Middendorp aus dem Trainingsnirvana ausgebuddelt hat, der hat entweder die schrillen Reaktionen darauf vorab eingeplant, oder schüttelt sich immer noch, um diese zu verarbeiten. Das wird lustig. Ich würde mich aber auch nicht wundern, wenn die Emsländer nun ausgerechnet bei der SV Elversberg gewinnen. Dem Titelrennen würde es eine unverhoffte Wendung bieten, auch wenn der 1.FC Saarbrücken trotzdem wieder verlieren wird. Die Woche darauf dürfte der Middendorp-Effekt dann wahrscheinlich auch schon wieder verpufft sein.

Was gab es noch? Zum Beispiel eine weitere Ausgabe des neuen Formats „Vonne Hafenstraße“. Ich höre und sehe da sehr gerne rein, bleibe aber immer wie gefesselt an den Mikrofonen hängen, die an den Gesichtern baumeln wie einst die Antennen an „Mein Onkel vom Mars“. Diesen Trigger ausgeblendet hat es wirklich Freude bereitet, unserem Kapitän Felix Bastians zuzuhören. Ich freue mich schon auf seine Autobiografie, die da möglicherweise heißen wird: „Mein letzter Verein war der Beste“. Bei einem Spieler, der schon für so viele Vereine aktiv war, eine solche Identifikation mit unserem Verein zu spüren, dass ist nicht mehr alltäglich. Aber genau unser Pluspunkt in dieser Saison, denn wir haben noch einige Spieler mehr mit einer solch ausgeprägten Identifikation zu Rot-Weiss Essen. 

„Am besten überzeugt man mit den Ohren – indem man anderen zuhört.“ (Dean Rusk)

Die vielen Gemälde auf den Körpern nicht weniger Fans von Rot-Weiss Essen brachten die vornehmlich für die Wagner-Festspiele angereisten, distinguierten Passanten aller Herren Länder in der schönen Bayreuther Innenstadt weit vor Spielbeginn in Verzückung. Als Teil der selbsternannten Fußball-Unterschicht war man sich der vorsichtig neugierigen Blicke der kulturellen Oberschicht sicher, sobald man bei einem Hellen und einer Meerrettich Bratwurst in der Fußgängerzone verweilte, um sich die Zeit bis zum Anpfiff zu vertreiben.

Vor diesem Anpfiff machten wir Fans von Rot-Weiss Essen das mit den Fähnchen, was so herrlich zu diesem Oldschool-Ambiente des Hans-Walter-Wild-Stadions in Bayreuth passte. Durch einen Pufferblock waren jedoch die Auswärtsfans in der Gästekurve und die auf der Sitzplatztribüne soweit voneinander entfernt, dass man gar nicht auf die Anfeuerungen der jeweils anderen RWE-Fans eingehen konnte. Man hörte sich einfach so gut wie gar nicht. RWE einmal mehr mit Akustikproblemen.

Der verbindende Faktor zwischen den Rot-Weissen somit Glockenhorst, platzierte er sich doch mittig auf der Tartanbahn. Möge er ewig für seinen RWE und uns die Glocke schwingen. Es zaubert immer ein Lächeln in viele Gesichter, wenn er keck mit seinem Glockomobil angebraust kommt. Und wenn er dann auch noch, wie zugetragen wurde, mit dem 9€ Ticket (Ruhe in Frieden) von Essen angereist ist, dann ist Glockenhorst einfach der Gewinner eines Spiels, das unter dem Strich keinen Gewinner hatte. Halleluja!

Der sportliche Turnaround in der neuen Liga, er konnte in Bayreuth noch nicht vollzogen werden. Kein Dreier in der Liga, dafür aber gleich vier Neue im Kader. Jörn Nowak dürfte sicherlich nun an „Telefonarm“ laborieren. Von Abwehr bis Sturm: Für jeden Mannschaftsteil war etwas dabei. Einer der neuen Spieler hat sogar einen Bruder. Erzgebirge Aue nun der nächste Anlauf, um unter Flutlicht an einem Freitagabend endlich den…..nä, das schreibe ich jetzt nicht….ersten Sieg zu erringen.

Und es hat tatsächlich geklappt: Eine starke Mannschaftsleistung, hintenraus wieder mit der (fast verständlichen) Angst, doch noch am Erfolg zu scheitern. Gepaart mit einer nimmermüden Unterstützung von den Rängen konnte das Punktekonto somit verdoppelt werden. Der erste Sieg im Profifußball seit ganz langer Zeit. Damals, als der Deutsche Meister noch nicht zwingend aus München kam. Eigentlich war also der Boden bereitet für eine erleichterte Atmosphäre zwischen Mannschaft und Fans. Doch da gab es ja die Vorfälle nach Bayreuth und die darauf resultierende Reaktion der Mannschaft nach Abpfiff des Spiels gegen Aue. Einhergehend mit einer Atmosphäre, für die es dann auch hier keine launigen Worte mehr geben kann. Die aber trotzdem beschäftigt und auch als komplett Unbeteiligter verarbeitet werden möchte.

Wir erinnern uns: Im Nachgang an das Bayreuth Spiel gab es auf einem Rastplatz einen Übergriff von RWE-Fans auf andere RWE-Fans. Das alleine für mich schon ein Anachronismus. Bekomme ich im Kopf nicht hin: Bestehende Probleme kann man doch auf dem kurzen Dienstweg kommunikativ beheben. Unfreiwillige Zeugen der Auseinandersetzung waren Spieler & Staff des RWE. Sichtlich geschockt. Unser aller Verein gab anschließend ein kurzes Statement zu dem Vorfall ab, verurteilte diesen zurecht und gab auch zu verstehen, sich verständlicherweise erstmal nicht weiter äußern zu wollen. Soweit so korrekt, Spekulationen und Gerüchte sind einer unklaren Sachlage selten dienlich gewesen.

Womit jetzt aber wohl keiner bei RWE gerechnet hatte, war einerseits die Reaktion der Mannschaft nach dem Sieg, die ihrerseits ein möglicherweise wohl nur (Mannschafts-) intern abgesprochenes Zeichen gegen die Aggressionen setzen wollten und einfach auch die Tatsache, dass ein Großteil der Fans auf den Tribünen wahrscheinlich gar nichts von der Problematik mitbekommen hat. Es kam also eher mittelprächtig an, dass die Mannschaft den Gang zur „West“ unterbrach um sich dann ebenfalls eher halbherzig applaudierend an die anderen Tribünen zu wenden. Man merkte allen das Unwohlsein dabei an. Und was mögen wohl die neuen Spieler gedacht haben, wo sie da gelandet sind? Etwas spöttisch könnte man jetzt anmerken, dass die Mannschaft so gemerkt hat, auch von der Gottschalk aus angefeuert zu werden. Die mittlerweile vielen Kinder und Familien in Trikots dort haben es dankbar zur Kenntnis genommen.

Es war also eine unwirkliche Atmosphäre, die sich da in alle Richtungen Luft verschafft hat. Und es wirft zudem noch eine große Frage abseits des aktuellen Kontexts auf: Was hat die Mannschaft nach einem Sieg, zudem noch einem so historischen, an Feierlichkeiten abzuleisten? Auch da scheint ja eine unglaublich große Erwartungshaltung bei vielen Fans zu existieren, die aber weder auf unserer Eintrittskarte, noch im Arbeitspapier der Spieler fest geregelt ist. Fakt ist: Ein guter Grundgedanke, nämlich die Vorkommnisse nochmals und vor allem als Mannschaft zu verurteilen, wurde maximal unglücklich ausgeführt. Das Dumme aktuell: Da man ja nie wissen kann, ob alle Tribünen über die Boxen erreicht werden, wäre eine kurze Ansage vor dem Spiel natürlich sinnvoller gewesen, aber hätte auch akustisch im Nirvana landen können. Es hätte aber die schöne neue LED-Anzeige dafür genutzt werden können, oder ein der „Kurzen Fuffzehn“ beigelegte Flyer. Am ehrlichsten wäre aber auch mal eine „Tapete“ von den Aggressoren selbst gewesen mit der Aufschrift „Das war Scheiße, es tut uns leid“. Sofern sie denn am Freitag überhaupt im Stadion waren.

So nahm also alles eine ganz falsche Richtung, die sicher keiner so gewollt hat und zigtausende Fans fühlten sich abgestraft für etwas, das sie weder begangen haben oder von dem sie bisweilen schlicht keine Kenntnis hatten. Hier konnte wenigstens Mundpropaganda für Abhilfe und Verständnis sorgen. Irgendwie stehen wir uns bei Rot-Weiss Essen letztendlich doch immer wieder selbst im Weg. Aber in jedem Streit steht auch eine Chance auf einen Neuanfang. Und hier heißt das Zauberwort wie so oft im Leben Kommunikation. Und wohl auch zielgerichtete Absprachen.

Viele Gesten und Gesänge hat unsere Mannschaft einfach nicht verdient, auch in der Erregung der Missachtung nicht. Sie hat zuvor für uns die Knochen hingehalten und alles für diesen so wichtigen Sieg gegeben. Und wir können zudem festhalten, dass sie Charakter hat. Auch das haben wir uns in Essen immer gewünscht: Eine Mannschaft mit Charakter. Nun deshalb, wie vereinzelt zu lesen war, aus dem Verein austreten oder die Dauerkarte abgeben zu wollen, ist vielleicht auch eher der ersten Erregung in diesem emotionalen Schmelztiegel nach Abpfiff geschuldet.

Freitag nun geht es zum VfL Osnabrück. Wieder Flutlicht, erneut ein gut gefülltes Stadion, sehr eng und laut zudem. Dazu ein uns noch sehr vertrautes Gesicht und ein neuer Trainer auf der VfL Bank. Dessen Einstand ist vergangenen Samstag nicht so gut verlaufen. Aber auch er hat einen Bruder. Und nach dem Spiel, da gehen wir einfach wieder gemeinsam einen Schritt aufeinander zu. Im besten Sinne und am besten mit einem Auswärtssieg im Rücken!

Bayreuth. Konradsreuth. Weißdorf.

Das war ja schon recht früh, dieser Aufbruch zu einem Spiel von Rot-Weiss Essen um 5:30 Uhr. Aber man konnte ja gar nicht anders, als diesem historischen Ereignis im Hans-Walter-Wild-Stadion zu Bayreuth beizuwohnen. Um die Reisestrapazen zu minimieren, wurde bei der Familie in Konradsreuth übernachtet. Ein schöner Ort, um von dort aus am Sonntagmorgen in Weißdorf dem Frühschoppenspiel des 1.FC Waldstein gegen die SpVgg Selbitz beizuwohnen. Weißdorf, Weißwurst und Weißbier. Die heilige bayerische Trilogie um 11:00 Uhr morgens in einer herrlichen Naturarena. Die Fahrt gen Bayreuth war eine entspannte Reise durch NRW, Hessen und Bayern. Lediglich auf dem Parkplatz Spitzberg-Süd brachte das Anbringen einiger Kleber ein gestrenges, älteres Paar aus Sachsen auf den Plan. Der Rückweg einen Tag später hingegen durch Thüringen, Hessen und NRW brachte die A44 und mit ihr viele Fragen. Vor allem die, warum diese Autobahn andauernd unterbrochen wurde! Das gelobte Land dann die A33 und selbst Paderborn konnte so etwas wie Verzückung hervorrufen. Die obligatorischen 30 Bilder in chronologisch unsortierter Reihenfolge, beginnend mit einer roten Karte. Zu den Fakten: SpVgg Bayreuth – Rot-Weiss Essen 1:1 / 1.FC Waldstein – SpVgg Selbitz 2:0

Götterdämmerung.

Der Drucker quält sich mit dem Ausdruck der Bayreuth-Tickets. Möglicherweise liegt das unter anderem wohl daran, dass ich für jedes der fünf Tickets einen extra Druckauftrag erteilt habe, obwohl diese in einer PDF zusammengefasst kamen. Und so wird der Schreibtisch mittlerweile überflutet von Eintrittskarten in Tapetengröße, einige gar doppelseitig bedruckt. Ja, auch dieser Haken wurde zunächst nicht rausgenommen. Der Sparansatz hier somit der komplett falsche Weg. Aus den überzähligen Drucken könnte ich nun Konfetti für das Spiel produzieren.

Diesen Samstag geht es also endlich über die Landesgrenze hinaus zum ersten Pflichtspiel von Rot-Weiss Essen außerhalb Nordrhein-Westfalens seit dem 24.03.2012. Die Wagnerstadt Bayreuth der wochenendliche Sehnsuchtsort. Wenn auch ohne Wagner, der musste ja unbedingt in das kulturbefreite Hoffenheim. Und da sowohl unser RWE als auch die „Oldschdod“ als Aufsteiger bislang viel Lehrgeld in der großen Unbekannten 3. Liga zahlen musste, wird es nicht nur ein Spiel um den imaginären „Bestes-Bier“ Pokal, sondern direkt der erste Abstiegskracher der noch jungen Saison.

Und wenn man dann auch noch den Wettervorhersagen Glauben schenken darf, wird es im weiten Rund des Hans-Walter-Wild-Stadions auf den unbedachten Plätzen zudem auch noch richtig nass werden. Es wird sich aktuell wohl keiner über Regen beklagen wollen, daher weckt die Mischung aus Abstiegskrimi, 80er Jahre Gästeblockfeeling und eben die Option auf klatschnass werden so richtig Vorfreude auf ein epochales Auswärtserlebnis. Welches aber Bitteschön mit einem Erfolgserlebnis für unsere Farben gekrönt werden möchte. Schließlich ist man schon vergangenen Samstag gegen die Schanzer ziemlich kurz davor gewesen, eine über weite Strecken des Spiels einwandfreie Leistung mit diesen drei Punkten für ein Halleluja zu krönen.

Der Ausgang nur zu gut bekannt und schmerzt durchaus noch etwas, denn es ist lange her, dass wir auf den Rängen zwischenzeitlich so von den Sitzen gerissen wurden (sofern wir denn Sitzplätze hatten) und gelungene Aktionen unserer Spieler wie Tore bejubelt haben. Das war noch etwas ganz anderes, als die neunzigminütige Party am letzten Spieltag der vergangenen Saison gegen RW Ahlen. Da haben wir ja eigentlich nichts anderes mehr als einen Sieg nebst Aufstieg erwartet und sind auch allesamt mit solch breiter Brust in das Spiel hineingegangen. Das war aber auch eine herrlich fröhliche Dauerparty.

Dieses Spiel eine Liga höher gegen den Favoriten aus Ingolstadt hingegen war schon wieder ein Kulturkampf, den wir wohl verlernt hatten zu kämpfen. Das Schicksal aus zig Jahren Dauerfavorit hat vergessen lassen, dass wir alles andere sind, aber nicht mehr das Nonplusultra der Liga. Gegen die Schanzer jedoch konnte der Hebel endlich umgelegt werden und wurde auf Pokalmodus umgeschaltet. Exemplarisch für diesen Kampf und einigen spielerischen Befreiungsmomenten stand für mich folgende Aktion nach exakt einundsechzig Minuten und zehn Sekunden (Das weiß ich deshalb so genau, da das Spiel mehrmals am TV nachbetrachtet): Niklas Tarnat klärt mit einer mustergültigen Grätsche aus dem Lehrbuch dermaßen hafenstraßenmässig, so dass es die in der Nähe sitzenden Fans auf der Haupttribüne nicht nur aufspringen ließ, sondern diese am liebsten vor Begeisterung auf das Feld gehüpft wären.

Nach einundsiebzig Minuten und diesmal exakt 25 Sekunden konnte Jakob Golz bravourös gegen Jalen Hawkins klären. Auch für diese Aktion brandete Jubel auf und dürfte dieser unserem Schnapper neben weiteren guten Paraden gut getan haben. Er ist nunmal aktuell etwas in der Bredouille, und es bedarf wohl 1907 absolut unhaltbar gehaltener Bälle, bis der Fauxpas von Dortmund und der Abstimmungswackler zum Anschlusstor der Schanzer vergessen werden wird. Torwart bei Rot-Weiss Essen, daneben dürfte der Job eines Wirtschaftsministers in aktuellen Zeiten ein Klacks sein. Es waren also fantastische Minuten, in denen wir von unserer Mannschaft viel Leidenschaft und noch mehr Hingabe erfahren haben. Mindestens mit gleicher Münze in Gesang und Lautstärke haben wir auf den Rängen auch über die gesamte Spieldauer zurückgezahlt. Die perfekte Symbiose eben. Dafür sind wir zusammen aufgestiegen, dafür geht man nach Rot-Weiss hin.

Dass uns dann ziemlich abrupt der Stecker gezogen wurde, tat sicher nicht nur der Wasserkiste, die von Simon Engelmann durch die Coachingzone getreten wurde, sondern allen im Stadion zutiefst in der Seele weh, die es mit unserem RWE hielten. Musste man nach dem Spielverlauf zwischen zwei verlorenen oder einem gewonnen Punkt wählen, nahm wohl der Großteil die erste Möglichkeit. Und dabei wäre man vor dem Spiel mit einem Punkt mehr als zufrieden gewesen. Ein wichtiger Faktor für diesen bisweilen tollen Auftritt unserer Mannschaft war natürlich die Führung. Psychologie ist im Sport manchmal so einfach: Mit dem 1:0 gingen die Köpfe hoch, die Brust wurde gefühlt breiter und auch Isi Young bekam endlich wieder die Körpersprache der vergangenen Saison. Phase 1 der einfachen fußballerischen Küchenpsychologie also umgesetzt: In Führung gehen.

Samstag in Bayreuth steht dann Phase 2 auf dem Lehrplan: In Führung gehen und die Führung nach Hause bringen. Mit der Leistung des vergangenen Samstag sollte das machbar sein. Unter einer Bedingung: Die SpVgg Bayreuth darf nicht unterschätzt werden. Dieses Spiel in Bayreuth ist der Europapokal für den reisefreudigen RWE-Fan. Ist das nicht mehr für möglich gehaltene Überschreiten einiger Landesgrenzen. Das Spiel, eingebettet zwischen Walküre und Siegfried, ist unser persönliches Festspiel. Daher sollte es unsere Mannschaft erneut wie ein Pokalspiel angehen, um dann nach Abpfiff vor dem Gästeblock eine fröhliche Version der Götterdämmerung dargeboten zu bekommen.

Apropos Gästeblock: Ich bin gespannt, wie viele Fans unsere Mannschaft in die Wagnerstadt begleiten werden. Am dritten Spieltag wurde die Zwote aus Freiburg von ganzen drei Fans unterstützt, während den VfL Osnabrück schon stattliche 424 Fans auf den weiten Weg gen Oberfranken begleitet haben. Schaffen wir wieder vierstellig? Oder ist der Weg doch zu weit? Es wird spannend. Grundsätzlich sollten bei einem Fassungsvermögen im HaWaWi von 21.500 unter Berücksichtigung des aktuellen Zuschauerschnitts von aktuell 2411 Fans alle im Namen des RWE Reisenden auch Zugang finden. Ach, eine Bitte hätte ich noch, liebe Bayerischen Einsatzkräfte: Immer schön locker bleiben. Wir tun nichts, wir wollen nur gewinnen.