Abschiedsbrief
Wr sind im Europapokal dabei, werden Deutscher Meister, und doch konnte sich nicht nur auf des Szenario rund um das allerletzte Pflichtspiel im Georg Melches Stadion konzentriert werden: Drei Spieler des Vereines sollen Wetten gegen die eigene Mannschaft platziert haben. Ich wiederhole: gegen die eigene Mannschaft, gegen den eigenen Verein und Arbeitgeber.
Diese menschliche Enttäuschung hinnehmend, verweise ich nur auf die prompte Reaktion durch den Verein und diesen Artikel. „Wir sind Essener und Ihr nicht“, schallte es zudem von den Tribünen. Würde Georg Melches noch unter uns weilen, er hätte ihnen seinen Hut um die Ohren gehauen und nach Gelsenkirchen gejagt.
Im Anschluß daran erfolgte, wie am letzten Spieltag üblich, die Verabschiedung derer, die den Verein verlassen werden. Speziell im Falle von Kapitän Timo Brauer bewies das Essener Publikum mal wieder sein einzigartiges Gespür für geleistetes und den Umgang damit. Timo Brauer war einer der großen Hoffnungsträger für die Fans des RWE und sollte der „Lumpi“ von der Hafenstrasse werden. Der Fußball und sein Konjunktiv: Timo Brauer wechselt zur kommenden Saison nach Aachen zur dortigen finanzstarken Alemannia. Und somit zurück zum Gefühl Hafenstraße: Timo Brauer wurde nicht ausgepfiffen, sondern für seine Leistungen mit stehenden Ovationen gefeiert sowie lautstarken Sprechchören bedacht. Dann einige Sekunden Pause….und ein donnerndes „Sch…. Alemannia“ ertönte. Thema erledigt, Meinung gesagt.
Jetzt aber, jetzt konnte es endlich losgehen mit diesem allerletzten Pflichtspiel im Georg Melches Stadion. Und wie es begann: Die Ultras Essen haben nicht nur 9000€ Materialkosten, sondern unzählige Arbeitsstunden investiert, um die geliebte alte Kabachel gebührend zu verabschieden: Die „Haupt“ wedelte in rot und weiss, über den Resten der „Nord“ wachte Georg Melches und die komplette „Ost“ verschwand unter einer gigantischen Bildergeschichte, welche die Höhepunkte dieses Stadions erzählte. „Adiole“ ertönte, die Mannschaften liefen auf und die Tränen herunter. Unglaublich. Ein emotionaler Moment.
Einer, welches das beginnende Spiel komplett zur Nebensache werden lässt und mir die mitleidigen Blicke der im Schatten verweilenden Staatsmacht einbrachte. Im Schatten der Tribüne schluchzte im Schatten selbiger. Peinlich. Aber ehrlich. Und daher auch wieder nicht peinlich.
Es war eigentlich ein recht flottes Spiel, und die Stimmung tat ihr übriges dazu. Trotzdem war ich während der neunzig Spielminuten etwas enttäuscht. Bin ich, der zugereiste nun trauriger als diejenigen, welche schon vierzig Jahre und mehr in dieses Stadion pilgern? Womöglich nicht, denn gab es ja noch den Sonntag, einen „Kick der Legenden“ und somit das endgültige Ende. Ab Montag wird zurückgebaut. Und wahrscheinlich kommt der wirkliche Schock erst mit der Abrissbirne.
Das Spielende nahte, und somit auch der letzte offizielle Abpfiff. Die Haupttribüne erhob sich und wähnte sich einmal mehr zwischen Ruhr und Elbe. Nach dann erfolgtem Abpfiff wollte eine minimale Minderheit noch etwas Aufmerksamkeit und bekam prompt die Antwort von den Tribünen. Welcher Teil von „Nein“ da wieder nicht verstanden wurde, kann jeder einzelne nur für sich selbst beantworten.
Die Tribünen leerten sich folgerichtig langsamer als sonst. Überall saßen oder standen sie. In Gedanken sicher viele,viele Spiele vor dem geistigen Auge nun noch einmal erlebend. Oder gingen noch einmal in Richtung alte Westkurve, um von dort noch einmal einen Blick auf das Spielfeld zu werfen. Immer aber auch den Blick in das neue Stadion werfend, denn da liegt nun die Zukunft unseres Vereines.
Ich glaube fest daran, es wird eine Gute. Und, was vielleicht der wichtigste Fakt überhaupt ist: Rot Weiss Essen spielt weiter an der Hafenstraße. Danke Georg Melches Stadion. Danke, daß Du ein Teil von mir geworden bist. Du wirst mir fehlen. Aber, ich werde Dich in Erinnerung behalten, so wie auch ein Freund oder eine große Liebe immer in der Erinnerung und somit Teil seiner selbst bleiben wird.
Das Spiel gegen den SC Fortuna Köln endete übrigens 1: 1 unentschieden.
Na ja, nach den vorliegenden Informationen ist die Sachlage „gegen den eigenen Verein gewettet“ nicht richtig. Insofern zweifelhafter Kommentar. Warum kann nicht erstmal die Untersuchung abgewartet werden, bevor jemand verurteilt wird?
Ich kann das ganze auch als indirekte Rede umformulieren. Und verurteile die Aktion als solche. Auf den Gegner zu setzen ist moralisch verwerflich, hat mit Sportsgeist nichts weiter zu tun und wird den drei Spielern langfristigen Imageschaden einbringen.