Boys don`t Kray
Glück gehabt: Dem rot weissen Selbstverständnis der Fans konnten die rot weissen Kicker auf dem Rasen gestern erfolgreich unter die Arme greifen! Mit 3:1 wurde der Ligakonkurrent aus der eigenen Stadt letztendlich recht überlegen bezwungen.
Nun mag man sich fragen, warum hier von Glück die Rede ist, zeugen doch auch die Gazetten von eben dieser sportlichen Überlegenheit. Die Antwort ist schlicht und auch einfach: Es war das schwerste Saisonspiel! Einmal abgesehen davon, daß ein Derby gedanklich nicht zwingend in der eigenen Stadt angesiedelt ist.
Der FC Kray hingegen, und das ist keineswegs despektierlich gemeint, ist ein Stadtteilverein. Die Mischung aus sportlichem Erfolg und der Reformfreude des DFB brachte einen doppelten. Aufstieg jetzt, nicht Korn. Den werden die Verantwortlichen des FC Kray sicher im Anschluß an die Aufstiegsfeierlichkeiten gebraucht haben: Ist dem DFB reformiert nicht immer gut genug, somit ist nach sportlichem Aufstieg vor der Platzkommission. Ergo darf der FC Kray seine Heimspiele aus den üblichen Gründen nicht in gewohnter Umgebung austragen. Ausgewichen wird an den Uhlenkrug, stets noch der erste Gedanke, wenn es um ein Stadtinternes Duell geht.
Die Platzfrage war aber an diesem Samstag kein Thema, gastgebend doch der RWE. Vor großer Kulisse: 11.037 Fans beider Vereine bedeuteten an diesem Samstag mehr Zuschauer, als zeitgleich in jedem Stadion der dritten Liga. Alle drei Tribünen gut besucht, darunter auch viele Fans des FC Kray, zu erkennen an den etwas gewöhnungsbedürftigen Trikots. (Den Abstieg in die Wortspielhölle vermeiden wir an dieser Stelle bewusst und verzichten auf Bonmots wie „gekraysche“ „Eins zu Kray“ oder ähnlichem). Eine kleine Choreographie hatten sie vorbereitet und mit selbiger durchaus auch ihre Sympathie für den RWE kundgetan. Ein Hauch von Freundschaft wehte durch das Stadion Essen, blieben doch auch Lübecker und Rotterdamer fern.
Das Spiel gestaltete sich in der ersten Halbzeit wie folgt: Der RWE legte los wie die berühmte Feuerwehr und die Spieler des FC Kray versuchten bisweilen recht unorthodox, die Angriffsbemühungen der rot weissen im Keim zu ersticken. Konnten ihrerseits zu Kontern ansetzen, die aber selten zum Abschluß kamen. Bei RWE hingegen trat wieder jenes Phänomen auf, was momentan heiss diskutiert, ob der Erfolge aber stets im Keim erstickt wird: Die Kritiker suchen noch die spielerische Linie. Ich sage: Sie ist durchaus vorhanden, es gibt einen Plan und auch der Trainer erreicht die Spieler noch. Besonders nach jedem Tor. Nein, es kommt weiterhin noch nicht jeder Ball direkt an, oder kommt manch Laufweg recht anarchistisch daher. Aber es wird stets besser und hängt doch auch von dem jeweiligen Gegner ab. Ist jener augenscheinlich zuvorderst auf Torverhinderung aus und kloppt den Ball schon mal gepflegt in`s Aus, dann muß wieder mühsam ein Spielaufbau her. Dabei bitte stets auch an die Ligazugehörigkeit denken.
Wir halten fest: Der RWE deutlich überlegen, der FC Kray bemüht = Führungstreffer kurz vor der Halbzeit! Aufatmen bei den Fans des RWE, erste Grundsatzanfeuerungen über drei Tribünen. Dann wird es auch mal richtig schön laut im neuen Stadion Essen. Den Mythos holen wir uns übrigens wohl erst wieder in das Haus, wenn alle Tribünen stehen und ein jeder auch verstanden hat, in welchem Block er sich befindet.
Müßig, darüber zu diskutieren, in dieser Phase des Umbruches dort sitzen zu wollen, wo für diese Saison zu Stehplatzpreisen gestanden werden darf und soll. Natürlich macht eine Sitzschale unter dem Po nicht froh, wenn vor einem alles steht und hüpft. Aber, das wurde hinlänglich kommuniziert. Auf den Punkt gebracht: Entweder zu Stehplatzpreisen akzeptieren, daß alles um einen herum steht, oder direkt zu der teureren Sitzplatzkarte greifen. Dabei auf ein Spiel hoffen, welches einen dann doch gelegentlich aus der Sitzschale reisst.
Genug der Polemik, Halbzeit die Zweite: Keine große Veränderung auf dem grünen Rasen, bestimmte doch der RWE weiterhin ziemlich dominant das Geschehen. Was im Übrigen auch von einer gewissen Nervenstärke der Mannschaft zeugt, denn nicht wenige hatten doch auf die Blamage gehofft. Logische Konsequenz den Spielverlauf betreffend also die Tore zur zwischenzeitlichen 3:0 Führung. Die Fans des FC Kray verloren derweil ihre gute Laune nicht und genossen weiterhin den Tag, das Spiel und das Stadion. Auch die RWE Fans konnten einmal mehr ihr Gespür für das Besondere beweisen: Vincent Wagner traf und wurde entsprechend gefeiert. Das „Wagner oder nicht Wagner“ aus dem Leverkusen Spiel somit vergeben und vergessen. Feine Sache!
Nicht ganz so fein hingegen die Spielerwechsel bei RWE an diesem Nachmittag. Der allseits bekannte „Bruch im Spiel“ war auf einmal mit von der Partie. Eine Folge dessen dann der Anschlußtreffer. Nicht wenige unter den 11.037 werden es den Krayer Spielern sicher gegönnt haben, tat es ja unter dem Strich nicht mehr wirklich weh. Ein freundschaftliches Derby somit. Da nun zuviel Freundschaft im Sport ab und an die Leistung und Atmosphäre schmälert, widmeten sich die Fans des RWE nebenbei noch zwei anderen Themen: Dem einzig wahren Derbygegner wurde gesanglich mal kurz Hallo gesagt und dem DFB mal wieder die Meinung gegeigt.
Es ist doch so: All das, was man dem DFB einfach mal so mitteilen möchte, passt auf keine Tapete. Schon gar nicht, wenn man in Inhalt und Ausdruck die Form wahren möchte. Daher eine einprägsame Botschaft, die natürlich einer Beleidigung gleichkommen mag. Aber worum geht es denn unter dem Strich? Es geht doch darum, daß beide Seiten einfach nicht mehr miteinander auf normaler Ebene kommunizieren (können und/oder wollen). Wenn dann der DFB einmal mehr seine Ermittlungen aufnimmt, bedeutet es zum einen doch auch, nicht souverän mit Kritik umgehen zu können, wird diese nicht formaljuristisch dargeboten. Von Seiten der Fans besteht wiederum die Schwierigkeit, stets unter Trittbrettfahrern oder schwarzen Schafen leiden zu müssen, welche jegliche Form konstruktiven Handelns bisweilen im Keim ersticken.
Lieber DFB: Ohne uns Fans wärest Du nicht das, was Du geworden bist. Und bitte: Etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit Kritik stände Dir gut zu Gesicht. Wir Fußballfans mögen klare Worte! 90 Minuten sind einfach zu kurz, um unser Anliegen pädagogisch wertvoll zu formulieren. Zumal wir stets suggeriert bekommen, eher als klinisch reine Statisten denn als Fans erwünscht zu sein. Gerne dürfen wir Trailer erleuchten, um dann dafür in der Realität abgekanzelt zu werden. Hör einfach mal denen zu, ohne die Fußball nichts anderes wäre als dieses Spiel von 22 Männern und/oder Frauen in kurzen Hosen. Du willst es doch auch!
Unter dem heutigen Strich bleibt aber noch etwas ganz anderes: Der zweite Tabellenplatz. Und den bekommt man nur, wenn der Trainer eine Mannschaft erreicht!