Wer einmal mit dem Löwen Samba tanzt, der schnarcht auch ohne Zähne.
Auf einmal saß er da. Die Nachbarn der ersten Hälfte konnten sich das Gewürge der eigenen Mannschaft in Meppen vielleicht nicht mehr antun. Oder sie waren solidarischer im Umgang mit den eigenen Fans als diejenigen „Kollegen“, die den kompletten ersten vier Sitzreihen im so schon kleinen Sitzplatzblock des Emslandstadions einfach mal die Sicht versperrten, indem das große Banner einer Fangruppierung dort platziert wurde. Wie egoistisch kann man eigentlich sein? Ist der eigene Lappen wichtiger als die Befindlichkeit dutzender Fans, die sich ebenfalls auf den weiten Weg nach Meppen gemacht haben und viel Geld für ein Ticket bezahlt haben? Nee, das war so nicht in Ordnung und kann ja vielleicht Szeneintern nochmal besprochen werden.
Aber zurück zu dem plötzlich und unerwartet aufgetauchten Fan, der möglicherweise schon als ganz junger Fan in Hannover vor Ort war, und die Meisterschaft im Stadion bejubeln durfte. Um mal einen Eindruck davon zu bekommen, von welcher Alterskategorie wir hier schreiben. Stolz hielt er die Fahne in der einen und den Gehstock in der anderen Hand. Aber die Augen und die Stimme verrieten große Sorge nach dieser ersten Halbzeit gegen den designierten Absteiger SV Meppen.
Ironischerweise hat einmal mehr mit Felix Herzenbruch noch derjenige den meisten Einsatz auf dem Feld gezeigt, der unverständlicherweise in der kommenden Saison nicht mehr das Trikot von Rot-Weiss Essen tragen darf. Das so viele Fans in seinem speziellen Falle etwas allergisch reagieren, hat nichts mit irgendeiner Verklärung oder so zu tun. Hier geht es ausschließlich um die Anerkennung einer sportlichen Leistung in dieser so anstrengenden ersten Drittligasaison seit ewigen Zeiten. Es geht auch nicht darum, unseren neuen sportlichen Verantwortlichen schon im Vorfeld das Vertrauen zu entziehen. Aber wenn wir gewohnt sind, miteinander Tacheles zu reden, so darf dann auch mal die Reaktion erfolgen, dass das so für uns nicht in Ordnung war. Ich bin immer noch dafür, sich nochmal zusammenzusetzen. Gefühlt bekommt zudem derjenige kein Arbeitspapier, der fast als einziger keine gesundheitlichen Ausfälle zu verzeichnen hatte. Und wir sind ja wirklich gebeutelt in unserer Premierensaison, was Krankheiten und Verletzungen angeht.
Ich bin nun also sehr gespannt, was die neuen Ideen rund um RWE angeht, und wann die ersten Neuverpflichtungen auf uns warten. Was nun den Abschied von Simon Engelmann angeht, so ist auch das schade, denn seine Tore haben einen großen Anteil am Aufstieg und an dieser unnachahmlichen Pokalsause in ansonsten tristen Corona-Zeiten. Aber hier steht der Wunsch nach Veränderung im Einklang mit der familiären Situation, und das gilt es zu respektieren. Etwas befremdlich finde ich dann allerdings immer, wenn Spieler sich schon im klassischen Fotoformat mit neuem Trikot bei aufnehmendem Verein zeigen, während sie noch bei abgebendem Verein unter Vertrag stehen. Das sollte anders geregelt werden, denn „Engel“ ist noch Rot-Weisser. Und als solcher hat er nun noch alles dafür zu geben, dass er die Hafenstraße ausschließlich als Aufstiegsheld verlässt.
Ich bin frohen Mutes, dass er das nicht nur tun, sondern auch noch mit Toren garnieren wird. Kein Aufstiegsheld möchte ein gutes Jahr später als Abstiegsdepp dastehen. Auch Oguzhan Kefkir muss seinen Spind nach dieser Saison räumen. Und auch hier tut es mir sportlich sehr leid, denn ich habe ihn nie so kritisch gesehen, wie es gelegentlich der Fall war. Ich mochte sein Spiel. Danke für alles, lieber „Ötzi“! Na ja, im Grunde genommen können sämtliche Befindlichkeiten auch mit dem normalen Lauf im Fußball umschrieben werden. Da gibt es schließlich immer Umbrüche, nach der Saison ist vor der Saison, und wie schon der große Willy Brandt wusste: „Besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will“.
Wir Fans von Rot-Weiss Essen sind also schon so richtig gespannt auf die Antworten, die wir auf unsere vielen Fragen in Sachen Kaderplanung bekommen. Und vielleicht würde ich mir auch wünschen, Christoph Dabrowski nur einmal in anderen Klamotten am Spielfeldrand agieren zu sehen. Vielleicht würde ein solcher Kniff mal der berühmten Küchenpsychologie unter die Arme greifen und etwas Neues suggerieren. Einfach mal ein Spiel in Rot coachen. Wir haben da doch genug Schickes im Fanshop.
Sonntag also wieder einmal ein Spiel von immenser Wichtigkeit. Und dann auch noch um diese unchristliche Uhrzeit. Den anreisenden Fans der Löwen mag das egal sein, Weißwurst und Weißbier gibt es eh zum Frühstück. Aber an der Hafenstraße ist 13:00 Uhr eine Anstoßzeit, die höchstens für das erste Konterbier taugt, da man eigentlich gerade erst zu Bett gegangen ist. Es nutzt aber alles nicht, Sonntag muss nicht nur unsere Mannschaft mal wieder aus dem Tal der Untätigkeit aufwachen, sondern auch wir Fans. Wir sollten unseren Verein dermaßen laut besingen, so dass den Löwen in ihrer tabellarischen Einöde die Ohren klingeln. Der Mannschaft helfen, endlich den Deckel drauf zu machen, damit der Problempraktikant RWE für ein weiteres Jahr planen kann und übernommen wird. Meppen war gestern, Sonntag ist Klassenerhalt.