Misserfolge sind Wegweiser auf dem Weg zum Erfolg (C.S.Lewis).
Seit Tagen, genauer gesagt seit Sonntagnachmittag, spuken die Wörter und Sätze im Kopf herum, die man irgendwie zu einem mehr oder weniger sinnvollen Ganzen zusammenfügen möchte. Doch es hat bis heute nicht funktioniert. Selbst die Besatzung und Passagiere der Titanic hatten ja damals mehr Vorbereitungszeit, sich auf den Eisberg vorzubereiten, als unsereins auf das diesjährige Ergebnis der Jahreshauptversammlung.
Wir haben es nicht kommen sehen. Unser Vorteil nun gegenüber der Titanic: Rot-Weiss Essen wird nicht untergehen. Auch diesmal nicht, aller Häme und verständlicher Empörung zum Trotze. Man kann den Schock auch nachvollziehen: Gerade noch sehen wir uns wie damals Jack und Rose am Bug von RWE stehen, die Hände freudig ausgebreitet in den Essener Nachhimmel rufend: „Wir sind die Könige der Liga“ nur um einige Stunden später festzustellen, dass wir ein kräftiges (Finanz-)Leck im Rumpf haben, welches wir uns nicht erklären können, so dramatisch allein die bloße Zahl. Das hat in Summe vor allem im überhitzten Saal zu einer ebensolchen Atmosphäre geführt, die kurzfristig drohte sogar überzukochen. Das dann allerdings weniger den Temperaturen geschuldet.
Es war kein guter Tag für Rot-Weiss Essen und seine Verantwortlichen. Vor allem war es aber auch kein guter Tag für die Mitglieder von Rot-Weiss Essen im Saal, am Liveticker oder wo auch immer. Diese Informationen mussten erst einmal verarbeitet werden. Erschwerend kam im Saal hinzu, dass manch Protagonist auf und vor dem Podium scheinbar eine ganz andere Agenda an diesem Tag im Sinn hatte, so dass der günstige Zeitpunkt einerseits und bisweilen die Art und Weise vernünftiger Artikulation andererseits für gegenseitige Kritik verpasst wurde.
Nachdem die Versammlung dann auch noch abgebrochen werden musste, da ein ordnungsgemäßes Ende nicht hergestellt werden konnte, kochten die Gemüter dann in den diversen Plattformen so richtig hoch. Die Stimmen der zurecht Enttäuschten mit dem Ansatz sachlicher Kritik gingen dabei unter in der sich rasch bildenden Melange aus Wut, Zynismus, persönlichen Beleidigungen und Rücktrittsforderungen. Der Weg hin zu einer abgekühlten Diskussion beispielsweise im RWE-Forum dauerte seine Zeit. Aktuell gibt es nun viele konstruktive Beiträge, die mit Fachwissen geprägt auch die Komplexität der Inhalte und Zahlen etwas gemäßigter bewerten können. Als Laie verstehe ich die Dinge dadurch nicht viel besser, aber es beruhigt ungemein, dass es auch anders geht, als mit blinder Wut in die Tasten zu hauen.
Hier sind Fehler passiert, ohne Zweifel und bestreitet auch im Verein selbst keiner. Aber kein Minusbetrag dieser Welt rechtfertig Reaktionen, die einmal mehr jeglichen Respekt vermissen lassen. Konstruktive Kritik geht anders. Der Sonntag wirkt also immer noch nach. Das wir auf Mitglieder- und Fanseite nicht die einzigen sind, die weiter intensiv darüber grübeln, sondern auch bei RWE nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen wurde, zeigt der offene Brief von Marcus Uhlig am heutigen Mittwoch. Es ist gut so, dass dieser Brief mit einigen Tagen Abstand zu Sonntag geschrieben wurde, denn das verdeutlicht die Intensität der Gedanken. Ein schnell „hingerotztes“ Statement hätte vielleicht abgekühlt, aber sicher nicht zu den Inhalten geführt, die wir heute zu lesen bekamen. Richtige und wichtige Worte, Eingeständnis und Arbeitsauftrag zugleich.
Die angedachte außerordentliche Mitgliederversammlung wird sicher noch kein Hort des fröhlichen Miteinanders, aber vielleicht ist nun der Anfang gemacht, diese wenigstens zu einem konstruktiven Austausch werden zu lassen. „Erklären und verstehen, zuhören und ausreden lassen“ sollte dann aber auch für alle Beteiligte der kleinste gemeinsame Nenner sein. Vielleicht sogar unter Leitung eines neutralen Versammlungsleiters, der bei Bedarf auch als Mediator agieren könnte. OB Kufen oder René Pascal (ok, der Name sollte nur zur Auflockerung beitragen) vielleicht. Wir raufen uns wohl wieder zusammen, muss ja!
Aber davor steht ja noch etwas anders an, was leider fast in den Hintergrund geraten ist: Donnerstag beginnt quasi die neue Saison für Rot-Weiss Essen und somit ja für uns alle, denn es ist Trainingsauftakt. Ja, es geht wieder los. Auch hier gehen wir nicht unbeschwert in die neue Saison. Aber sollten wir nicht unserer Mannschaft, vor allem den neuen Spielern und auch, ja ernsthaft, dem Trainer und seinem Team einen unbeschwerten Start ermöglichen und vor allem auch gönnen? Es wenigstens versuchen? Letztendlich ist die Mannschaft doch immer wieder der Kitt für unsere rot-weisse Seele. Und ich weiß nicht, aber allen aktuellen Unkenrufen zum Trotze: Was ist denn, wenn wir kommende Saison einen ganz anderen Start hinlegen? Die Mannschaft zusammenhält wie einst unsere „Schülermannschaft“?
Fangen wir zusammen bei null an…