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Nasse Füße!

Trockenen Fußes hat keiner zu Spielbeginn die Hafenstraße erreicht. Gewohnte Stände vor dem Stadion wurden erst gar nicht aufgebaut, die ordnenden Helfer unter ihren Plastikponchos konnten einem fast leid tun. Hafenstraßenwetter, meinten die einen, während die anderen angsterfüllt an Drainage und Verl dachten. Das Wetter blieb, die Angst vor Wasserball war dagegen unbegründet: Unser Platz in einem besseren Zustand als der Lotte ihr Acker eine Woche zuvor. Zudem auch unsere Mannschaft wesentlich verbessert im Gegensatz zur Vorwoche.

Eines kann dieser Verein: Er nimmt uns immer wieder mit in eine Gemengelage, welche ständig zwischen Euphorie und Frustration schwebt. Hier kannst Du nicht einfach in Ruhe Fußball gucken, hier lebst Du Fußball. Mit Herz und Emotion. Und so wurde vor dem Spiel August Gottschalk gedacht. Sich zu seinen Ehren erhoben; nicht geschwiegen, sondern applaudiert! Ich mag diese Applausminuten. Habe das Gefühl, mit einem Lächeln Danke sagen zu können für das Geleistete.

Danke auch denjenigen, welche uns nach Georg Melches nun auch August Gottschalk flächendeckend in Erinnerung gerufen haben. Ganz groß! Wie passend gerade jetzt  die Meistertrikots. Zumal bei diesem Wetter. Vielleicht auch ein Quantum Motivation. Wir wissen doch alle, dass Fußball auch in den Köpfen stattfindet [In den Köpfen angekommen wohl auch die Botschaft, dass ein Spiel weder durch Böller noch durch „Give aways“ positiv entschieden wird. Das kostet nur!].  Wie dem auch sei, es war wieder einmal ein Abend wie kein anderer.

In der Halbzeit dann noch die Verabschiedung eines besonders verdienten Mitarbeiters des Vereins. Die Anwesenheit und Herzlichkeit aller Mitarbeiter des RWE hierzu auf dem Rasen verdeutlichte nur eins: Es gibt auch ein stimmiges Team hinter dem Team. Der so herzlichst verabschiedete brachte auf den Punk warum: Nur der RWE!

Wie in Lotte geriet der RWE zwar auch in Rückstand, scheint aber zur Zeit auf Selbstqual zu stehen, kommt erst danach so richtig in die Puschen. Dann aber werden jene schon mal gegen eleganteres Schuhwerk getauscht: Raumgreifende Pässe, Solis auf tiefem Boden und Kampf bildeten die Grundlage für drei wunderbare Tore. Eines schöner anzuschauen als das andere. Wobei eigene Treffer immer schön sind, auch reingestolpert. Als Garnitur obendrauf noch zweimal der Pfosten und andere Torschüsse. Die Gäste aus Wiedenbrück rechtfertigten ihren Tabellenplatz ebenso. Kurzum: Ein herrlicher Fußballabend. Es braucht halt nicht immer Sonnenschein und 20 Grad. Rot-Weiss Essen war somit nach dem Schlusspfiff wieder Tabellenführer, mindestens für eine Nacht.

Und da wir uns nun in die Winterpause begeben, vielleicht noch einige abschließende Gedanken: Fast nicht mehr nachvollziehbar, wie wir uns alle miteinander nach hoffnungsvollem Saisonbeginn in den Abwärtstsrudel begeben haben. Mahnung für die Zukunft. Dann aber durch miteinander reden so aus dieser Krise herauszukommen: Das schaffen auch nicht viele. Stilbildend für die Zukunft. Und Ihr wisst Bescheid: Vor jeder Saison mal eben „Tach“ sagen. Kostet nicht viel, kann aber unbezahlbar sein! Für alles andere gibt es Gelsenkirchen.

Überhaupt bietet diese saisonale und adventliche Jahreszeit eine gute Gelegenheit grundsätzlich einmal Danke zu sagen. Und zwar völlig subjektiv: Danke allen Fans, die immer und überall vor Ort sind, denen kein Weg zu weit scheint. Danke Dir am Megafon, dass Du ein gutes Gespür dafür hast, dass Fans aller Couleur auf der Westtribüne stehen und somit von Haus aus eine breite Mischung an traditionellen und neuen Fangesängen mitbringen. Für mich passt das! Danke auch für den unermüdlichen Einsatz an Trommel und Stimme. Danke Fanprojekt, Fanvertreter, Sangesbarden und rot-weissen Rappern. Danke  Vereinshistoriker, Autoren und Bewahrer der Tradition. Danke Fanradios, Fanzine und uralte Ultras!

Natürlich gefällt nicht automatisch jedes Lied, nur weil es von einem RWE Fan kommt oder steht jedes Buch direkt im heimischen Regal. Die Vielzahl und Vielschichtigkeit ist es, welche beeindruckt. Und dass alle sich unter dem Strich immer wieder auf einen gemeinsamen Nenner einigen: Nur der RWE!

Und weil es gerade so schön und frisch aus dem Adventskalender gekullert kommt: Danke FC Hennef 05. Der RWE, am Ende eines langen Jahres doch noch Spitze.

Herbergers Notizbuch

Gestern ist August Gottschalk verstorben. Und wie es hier so treffend beschrieben wurde, war uns August Gottschalk nicht persönlich bekannt. Oder haben wir ihn spielen sehen. Und doch wissen wir ein wenig über ihn: Über seine Art Fußball zu spielen zum Beispiel; Aber auch über Charaktereigenschaften wird in wenigen Sätzen erzählt und geschrieben.

Das wir August Gottschalk nicht so verklärt betrachten wie Helmut Rahn, mag vielleicht damit zusammenhängen, dass er es zwar in das Notizbuch von Sepp Herberger geschafft hat, nicht aber in dessen Kader. Kein Weltmeister, kein Boss. Taktgeber also. Für Essen und Rot-Weiss! August Gottschalk war der Mannschaftsführer jener Erfolgsmannschaften von 1953 und 1955, welche für Rot-Weiss Essen Titel für die Ewigkeit und den Vereinswimpel gewonnen haben.

Die Betroffenheit, die sich gestern vielfach und schnell durch die rot-weisse Lebenslinie in den sozialen Medien verbreitet hatte, war das Gefühl von Trauer, gepaart mit tiefer Dankbarkeit. Dankbarkeit für zwei Titel, die verantwortlich dafür sind, dass es unseren Verein immer noch gibt und immer geben wird. Diese Spielergeneration hat den Mythos RWE begründet. Die Westkurve gab erst später ihr übriges dazu; All die anderen charismatischen Spieler kamen in späteren Dekaden an die Hafenstraße. Oftmals jedoch ohne den gewünschten sportlichen Erfolg.

Nun also wieder ein Abschied. Ein Abschied ohne Wiederkehr. Ein Abschied der das Gefühl gibt, diese Mannschaft nun ganz zu verlieren. Ruhen Sie in Frieden August Gottschalk. Und versammeln Sie Ihre alte Mannschaft an anderer Stelle um sich, geben den Takt an und mal einen aus. Und wenn es da oben was kostet, holen Sie sich das Geld wie früher vom „Alten“ zurück. Aber den Fritz Herkenrath, den behalten wir noch möglichst lange hier bei uns.

Wir danken Ihnen und Ihren Mannschaftskameraden:

Freitag 1. Mai 1953: Stadion Rheinstadion, Düsseldorf

Fritz Herkenrath, Werner Göbel, Willi Köchling, Paul Jahnel, Heinz Wewers, Clemens Wientjes, Helmut Rahn, Franz Islacker, August Gottschalk Kapitän der Mannschaft, Fritz Abromeit, Bernhard Termath
Trainer: Karl Hohmann

26. Juni 1955: Stadion Niedersachsenstadion, Hannover

Fritz Herkenrath; Joachim Jänisch, Willi Köchling; Paul Jahnel, Heinz Wewers, Willi Grewer; Helmut Rahn, Franz Islacker, August Gottschalk, Johannes Röhrig, Bernhard Termath
Trainer: Fritz Szepan

Schon morgen wieder können die fuballerischen Enkel, deren Frisuren sich wieder denen der Meister und Pokalsieger von einst annähern und die nun ein Meistertrikot tragen dürfen, einen weiteren Schritt in die richtige Richtung machen. Keine Deutsche Meisterschaft erringen, aber vielleicht mit der inoffiziellen Herbstmeisterschaft Hoffnung schüren.