„Wir machten uns daran, auf den Weg hinter der Westkurve über den Privatparkplatz hinter die Osttribüne zu gelangen…….Als die Offenbacher Hools wieder ausheckten, wie sie uns wohl das Fürchten lehren könnten, wurden sie von unseren „Guten“ überrascht.Durch das Verbindungstor zur Haupttribüne gelangten unsere Hooligans auf die Osttribüne, wo sie mit Steinen und Knüppeln die nun plötzlich wegrennenden bearbeiteten. Die ganze Osttribüne stand Kopf, es war ein einziges Gerase……hunderte von Essenern standen schon auf dem berühmten Berg hinter der Osttribüne und warteten auf die Offenbacher….auf der Gegengerade in unserem Block sahen wir nur noch, wie zahlreiche Dosen und Flaschen sowie Leuchtraketen auf den Platz flogen…das Stadion stand Kopf, der Zaun in der Gegengerade wurde heruntergerissen, die Grünen kamen von der Osttribüne angewetzt und stürmte unseren Block…..die Hafenstraße glich fast einem Schlachtfeld. Die Essener Hooligans machten ihrem Namen alle Ehre….erst 45 Minuten nach dem Spiel war in der Hafenstraße Ruhe eingekehrt“
Soweit die (stark gekürzte) verklärte „Berichterstattung über ein Zweitligaspiel des RWE gegen die Offenbacher Kickers aus dem Fanschinken „Das Fanbuch“ von 1988. Das Spiel fand statt am 7. November 1987 und wurde von 4500 Zuschauern besucht. Endstand 1:3 für die Kickers.
Ein Bericht, der über viele Jahre hinweg die Wahrnehmung der Fußballöffentlichkeit über Rot Weiss Essen widerspiegelt: Gefährliches Pflaster, schlechter Fußball und wenig Zuschauer. Natürlich kennen wir solche Erzählungen aus dem Zeitalter „Regenschirm bei Sonnenschein und die Jogginghose muß es sein“ und wissen: Dichtung und Wahrheit geben sich hier die Klinke in die Hand.
Aber den Ruf trugen (und tragen) die Fans des RWE nicht zu Unrecht. Hinzu kamen in den langen Jahren des schleichenden Untergangs bis hin zur Insolvenz die allseits bekannten Fehler, wie Misswirtschaft, dubiose Vorsitzende oder falsche Kaderplanung. Den DFB und seine Lust auf Reformen lassen wir jetzt einmal außen vor.
So, und nun schieben wir diesen ganzen Rotz aus alten Zeiten mal beiseite und landen im gerade begonnenen Jahr 2012. Schließlich gilt es ja noch, den Sportler des Jahres 2011 bei Rot Weiss Essen zu küren: Ich öffne also den Umschlag, das Licht wird gedimmt und sanfter Trommelwirbel ertönt……….der Sportler des Jahres 2011 bei Rot Weiss Essen ist……..ROT WEISS ESSEN!
Überrascht? Natürlich könnten wir jetzt einzelne Personen hervorheben: Verantwortliche, Trainerstab, Spieler, Angestellte, Sponsoren, Fans und, und, und. Aber all das hat nur funktioniert, weil es sich um Rot Weiss Essen handelt. Dessen bin ich überzeugt.
Der Verein war das Bindeglied für all diese tollen Menschen und ihr unwahrscheinliches Engagement. Der RWE hat endlich einmal das bekommen, was ihm zusteht. Keine Emblemküsser, keine von Kindheitsträumen getriebene. Hier sind Fachleute am Werk, die verdammt ehrliche Arbeit abliefern. Eine Arbeit, die sich natürlich noch nicht wirklich allein auf sportlicher Ebene widerspiegelt, denn Platz 13 in der Viertklassigkeit gilt in unserer sportlichen Leistungsgesellschaft natürlich nicht viel. Aber wir reden hier von einem Aufsteiger.
Auch hier gebührt der größte Verdienst einmal mehr dem Verein: In der sportlichen Durststrecke zu Saisonbeginn sind alle ruhig geblieben. Kaum einer, der die sonstigen Mechanismen der Branche inklusive Kopf des Trainers eingefordert hat, kaum ein Zuschauer, der der Mannschaft den Rücken gekehrt hat. Der Lohn zeigt sich in einer leicht aufsteigenden Form und konstanteren Leistungen.
Möchte man nun doch den neuen RWE personifizieren, kommt man an Dr. Michael Wellig nicht vorbei. Kein RWE Fan bei Amtsantritt, aber ein Macher mit Herz und Seele für seinen Arbeitgeber. Der da widerum der RWE ist. Also da haben sich ja wirklich zwei gefunden, die zusammenpassen. So mein Eindruck von außen.
Und das kleine Team rund um den „Doc“ hat bewegt, was scheinbar nicht mehr zu bewegen war: Rot Weiss Essen, dieses alte abgewrackte Fußballschlachtschiff in seinen letzten Zügen, wurde nach und nach flottgemacht. Wurde gar zu einem schützenswerten Kulturgut. Bekam mehr Mitglieder, verkaufte als Viertligist die sagenhafte Zahl von mittlerweile 4040 Dauerkarten (Die Option neues Stadion zieht hier natürlich) konnte und kann nach und nach wieder Partner für sich gewinnen. Partner, die sich trauen für den RWE zu werben. Synergieeffekte, neubaubedingt sicherlich.
Ganz stark und definitiv „Sportler des Jahres“- würdig auch die Außendarstellung und die Teilnahme an Aktionen, die scheinbar nicht für den unterklassigen Fußball in Frage kommen: So erhielt das Essener Fanprojekt verdiente
Aufmerksamkeit durch die Deutsche Welle und auch der
8. Erinnerungstag im Deutschen Fußball wurde aktiv mitgestaltet. Die Liste kann noch weiter verlängert werden, warum der Sportler des Jahres in diesem Jahr der ganze Verein geworden ist.
Aber abschließend möchte ich lediglich noch auf das Buch verweisen, welches auch noch seinen Platz in der Danksagung finden wird. Finden muß!
An der Hafenstraße – RWE ist eine liebenswerte Hommage an ein Stadion, welches mehr schlechte denn gute Tage gesehen hat. Ein Stadion, welches zu schnell groß wurde um daraufhin ganz langsam unterzugehen. Aber auch kein Stadion, sondern eher Heimat für viele tausende RWE Fans in all den Jahrzehnten. Ein Buch also, mit welchem die baldige Abrissbirne besser zu ertragen sein wird. Denn der Abriss ist kein Ende, sondern nur ein Anfang für meinen Sportler des Jahres 2011.
Und im neuen Stadion wünsche ich mir genau die Fans, die auch ein paar Meter weiter immer da waren. Ich möchte kein weichgespültes Publikum, wie es vielleicht andernorts erwünscht ist und vertraue da voll und ganz den Verantwortlichen, daß der Fußball in Essen bei Rot Weiss immer die Kultur des kleinen Mannes sein wird. Aber auch die Logen schön vermietet werden. Ein spannendes Jahr mit unserem Verein steht uns bevor. Toll, und ……..Danke, Du mein RWE.
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Wenn man gerade wieder die diversen Artikel zB über die Mehrkosten des Stadions u.a. von DerWesten gelesen hat, tut so ein Blogeintrag der RWE Seele doch ganz gut! Wie immer wenn man hier reinschaut! 😉