Seniorenapplaus.
Markus Höhner hatte vergangenen Samstag seinen Spaß am Mikrofon der übertragenden Sendeanstalt. Wasserball im Stadion ist ja nun auch nicht alle Tage. Je mehr das Spiel im Matsch der Hafenstraße an Fahrt aufnahm, desto flüssiger kamen die flotten Sprüche. Der rote Faden „Trikotcontest Ron Berlinski“, Pottfolklore en masse und vieles mehr an diesem Nachmittag im Verbalportfolio vertreten. Selbst an die Synchronisierung vermeintlicher Dialoge zwischen Spieler und dem Unparteiischen traute sich Markus Höhner ran. Alles glücklicherweise eingebettet in eine objektive Berichterstattung unter Verzicht auf das Geschrei mancher Kollegen, sobald der Ball auch nur ansatzweise den Mittelkreis verlassen hat.
Es geht natürlich nichts über den Stadionbesuch. Aber wenn ein Stadionbesuch mal nicht geht, dann war diese Übertragung des Spiels gegen den SC Freiburg die Kirsche auf der leckeren Spieltorte. Endgültig zertifiziert mit dem Satz „Engelmann bekommt seinen Seniorenapplaus“. Aber eines ist klar: Die gesteigerte Freude an der Übertragung ging komplett mit der wunderbaren Leistung unserer Mannschaft einher. Ansonsten hätte das natürlich nicht funktioniert. Rot-Weiss Essen hat dem Tabellenzweiten aus Freiburg eine heroische Seeschlacht geliefert und so einen unglaublich wichtigen Sieg erkämpft.
Und da wären wir direkt wieder bei dem Spieler, der am Samstag sogar Kapitän zur See war und einmal mehr eine tadellose Leistung abgeliefert hat. Mittlerweile fragen sich immer mehr Fans, was Felix Herzenbruch noch anstellen muss, um auch in der kommenden Saison verdientermaßen das Trikot von Rot-Weiss Essen zu tragen. Mehr geht ja gar nicht, als der Reihe nach: Stammspieler, Torschütze, Abräumer, Gesicht des Vereins, Kapitän. Aber sollte es immer noch nicht reichen, wir hätten da noch ein paar Ideen: Karsamstag in Dresden, Jakob Golz rettet in der Nachspielzeit beim Stande von 1:0 für unseren RWE vor dem heranstürmenden Stefan Kutschke und sieht dafür die rote Karte. Felix Herzenbruch geht ins Tor und hält irgendwie den fälligen Elfmeter. Im darauffolgenden Heimspiel gegen den Waldhof versagt Walter Ruege die Stimme, kurz bevor er auf den Platz gehen will. Kurzerhand schnappt sich Felix Herzenbruch das Mikrofon und erledigt Walters Job während des Aufwärmens.
Es bleibt also spannend, was die Kaderplanung für die kommende Saison angeht. Was den Saisonverlauf an sich angeht, so wurde aus der stürmischen See der Vorwoche direkt nach Abpfiff Samstag ein etwas ruhigeres Gewässer. Noch vor dem Freiburg Spiel herrschte bei einigen ja schon schiere Panik vor einem direkten Abstieg. Der sukzessive Verlust des Punktepolsters ließ bisweilen jegliche Rationalität vermissen. Die rot-weissen Synapsen schalten dann einfach nicht mehr geordnet, werden bei nicht wenigen toxisch und bahnen sich ihren Weg in die Kommentarspalten. Dann kommt ein wirklich ganz schlechter Pokalauftritt hinzu und schon ist die Forderung klar: Köpfe müssen rollen. Das ist natürlich auch ein wilder Wellenritt durch die Saison, den wir mit unserer Mannschaft da hinlegen, aber wir sollten endlich mehr Vertrauen zeigen. Gerade auch in die Arbeit von Christoph Dabrowski und seinem Trainerteam. Wir sind und bleiben bis Saisonende Aufsteiger. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.
Da geht es zumeist nur gegen den Abstieg. Ja und dann sind wir ja Immer noch Rot-Weiss Essen. Wir können nicht normal, sondern leben gefühlt immer nach diesem Zitat aus einer ehemaligen TV-Serie:
Weißt du, in Extremsituationen da reagieren Menschen anders als wie sie normalerweise reagieren. Sie reagieren in Extremsituationen extrem, also ist was in einer Extremsituation passiert als nicht geschehen zu werten, denn es ist extrem und wäre nicht geschehen, wenn es die Extremsituation nicht gegeben hätte.
TV Serie „Berlin, Berlin“ 2005
Nur gut, das Marcus Uhlig und Jörn Nowak stets besonnen reagieren und sich immer vor die Mannschaft werfen. Aber nochmal zurück zu den Wasserspielen gegen den SC Freiburg: Die Entstehung des zweiten Tores auf diesem Untergrund nebst Vollendung durch ausgerechnet Ron Berlinski, das kann man sich einfach nicht ausdenken. Das ist Freude pur. Für uns, für RWE, aber vor allem auch für Ron Berlinski selbst. Drei Punkte für etwas mehr Seelenfrieden, für einen entspannteren Ausblick auf die beiden kommenden Begegnungen und für das Überhaupt.
Vielleicht sogar noch wichtiger als die drei Punkte die Szenen nach Abpfiff, Lawrence Ennali gegenüber. Hier haben ganz viele etwas reparieren können, was ganz wenige zerstört haben. Und jetzt schaue ich mir noch einmal das ganze Spiel von Samstag an. Weil`s so schön war. Und weil Markus Höhner ebenfalls einen Sahnetag erwischt hat.