Kickstart My Heart (Mötley Crüe)
Es ist nun nicht mehr lange hin, und dann geht es tatsächlich los: Am 23. Juli 2022 um 14:00 Uhr erfolgt der Anpfiff für unsere erste Saison in der 3. Liga. Der Gegner heißt SV Elversberg. Wir waren zuvor durchaus auch schon oft genug drittklassig unterwegs, nur hießen die Spielklassen in diesen insgesamt vierzehn Jahren anders und waren wie in den letzten leidigen Jahren ebenfalls geographisch eingeschränkt: Vier Saisons liefen wir in der Amateur-Oberliga Nordrhein auf, drei in der Regionalliga West/Südwest und deren sechs in der damaligen Regionalliga Nord. Die Drittklassigkeit von heute hat somit mit den damaligen Spielklassen auf gleicher Ebene der Ligenpyramide herzlich wenig zu tun.
Die Fesseln der Regionalität konnten abgestreift werden, endlich geht es wieder raus in die große weite Welt der Republik. Und gegen Verl. Dieser Aufstieg, er ist für mich auch heute noch ein in Watte gepacktes Zeugnis der Glückseligkeit. In Zeiten zumeist dystopischer Aussichten hat tatsächlich Rot-Weiss Essen für das gewisse Momentum an positiven Ausblicken in die Zukunft gesorgt. Zumindest bei all diejenigen, die es dann auch mit Rot-Weiss Essen halten. In Münster somit eher nicht. Der Verein selbst bereitet sich aktuell auf mindestens zwei Ebenen auf die neue Spielzeit und die nicht gerade wenigen Anforderungen des nun zuständigen DFB vor. Zum einen auf der sportlichen, aber vor allem auch auf der administrativen Ebene.
Und ich behaupte gerne weiter, dass Letzteres mindestens genau so viel Anstrengung erfordert, wie die Arbeit auf dem Trainingsplatz. Wenn der DFB sagt „Unverzüglich“, dann heißt das auch „Unverzüglich“ und bedeutet nicht das „Unverzüglich“ eines Herrn Jades vom WDFV. Die Vorgaben straff, der Maßnahmenkatalog gefühlt dicker als seinerzeit der selige Otto-Katalog im Briefkasten. Alles wird geregelt, selbst der Sohlenabrieb des Ordners vor dem Gästeblock dürfte Vorgabe sein. Nur bekommt die Geschäftsstelle aber nicht zu sofort die Zugänge, wie sie die Mannschaft an Zahl erfährt. Was das bedeutet, ist leicht erklärt: 24/7! Deshalb werde ich auch einfach nicht müde, eine Lanze für die administrative Arbeit zu brechen und um Geduld zu bitten, wenn es mal nicht so schnell geht wie gewünscht. Denn gewünscht ist leider viel zu oft…genau…unverzüglich!
Verständnis und auch mal ein nettes Wort, das ist aber aktuell die Erfolgsprämie für all diejenigen, die auf der Geschäftsstelle ackern. Wir werden alle pünktlich unsere Dauerkarten bekommen, davon bin ich fest überzeugt. Keiner wird den Auftakt gegen die Saarländer von der Kaiserlinde verpassen. Wahrscheinlich fallen mit Anpfiff eher einige Köpfe vor Erschöpfung auf die Schreibtischkante. Unser Erlebnis Hafenstraße haben wir wirklich nicht nur den Männern in Stutzen zu verdanken. Die legen Ihrerseits eine ebenfalls dichte Saisonvorbereitung hin. Es wirkt in sich stimmig und die Mannschaft ebenso punktuell gezielt verstärkt. Hier und heute schon eine sogenannte Startelf zu benennen, das allerdings wäre wohl eine gewagte und zu steile Expertise.
So lange ist das ja auch noch gar nicht her, als viele der drölftausend Regionalliga-Trainer des RWE lediglich eine Stamm-Elf nebst drei potentiellen Einwechselspielern zuzüglich kaum beachteter Tribünenhocker für den heiligen Gral der Fußballmythen hielten. Ich möchte diese kommenden Entscheidungen nicht treffen, wer denn nun für unser wunderbares Emblem auflaufen darf, und wer gerade nicht. Deshalb könnte ich den Trainerjob auch niemals machen: Ich würde alle aufstellen, nur um keine enttäuschten Gesichter zu produzieren. Gut, dass ich kein Trainer bin!
Was ich aber weiß ist, dass alle Spieler der vergangenen Saison ihren neuen Kollegen stolz davon berichten können, was es bedeutet, mit Rot-Weiss Essen aufgestiegen zu sein, und dass sie nun ebenfalls Teil einer Erfolgsgeschichte werden können, an dessen Ende immer die Liebe und Zuneigung von zigtausenden Fans steht. Sie sollten ihren neuen Kollegen aber ebenfalls davon erzählen, wie schnell notorische Unzufriedenheit an der Hafenstraße einziehen kann und dass Meckern unser zweiter Vorname ist. Rein prophylaktisch natürlich nur. Ab irgendeinem Spieltag der kommenden Saison wird auch die Aufstiegseuphorie ihren Geist aufgegeben haben und der Tagesaktualität weichen. Die öfter auch mal null Punkte als deren drei beinhalten könnte. Dessen sollten wir am besten schon jetzt bewusst sein, und entsprechend an unserer Frustrationstoleranz arbeiten, um diese deutlich anzuheben.
Wir werden aber alle miteinander eine richtig tolle Saison erleben, dessen bin ich mir sicher! Es wird Sonderzüge geben, flatternde Schals aus vielen Autos auf den Autobahnen in alle Himmelsrichtungen. Und gen Zwickau. Ja, es wird Pyro gezündet werden und auch manchmal leider Gottes negative Schlagzeilen geben. Fast jeder Gästeanhang wird wenigstens einmal Rot-Weiss Essen lieben und danach vergessen wollen. Aber vor allem wird es ein großes „WIR“ geben, welches uns kommende Saison durch alle Spiele tragen wird. München meldet doch jetzt schon ausgebuchte Hotelzimmer und in Duisburg überlegt man wahrscheinlich fieberhaft, wie man mit uns den großen Reibach machen kann, ohne die eigene Fangemeinde zu verprellen. In Saarbrücken ist man direkt genervt davon, an einem Montag anne Hafenstraße reisen zu müssen. Da wäre in der Tat ein Spiel gegen Verl oder Viktoria Köln besser gewesen. Der Montag leider der saure 3. Liga Apfel.
Aber nun Elversberg. Sicher nicht der erhoffte große Name, zudem ebenfalls euphorischer Mitaufsteiger und mit einem erfahrenen Kader. Aber vor allem haben wir ein Heimspiel. Auf diesen einen Moment, wenn die Mannschaft den Platz betritt, um sich aufzuwärmen, da freue ich mich jetzt schon wie Bolle drauf. Da hat man direkt beim Schreiben schon die Geräuschkulisse vor Augen. Und vielleicht kommen dann endlich die dicken Freudentränen, die am 14.5. noch ausblieben, da mit allem irgendwie überfordert. Spätestens bei Anpfiff weiss ich dann definitiv: Wir sind endlich eine Klasse besser!