Ein düsterer Abend

Ich dachte, den größten Verlierer des Pokalabends unter der Woche im schummrigen Flutlicht von Bocholt hätte ich in der 80. Minute am Monitor gesehen: Ecke 1.FC Bocholt und im Hintergrund des leider unscharfen Streams zeigt sich, wie sich ein Besucher hinter den Zaun an diesen bewegt, um dann in hohem Bogen seinen vollen Becher Richtung ausführender Spieler des 1.FC Bocholt zu werfen. Wie schade, dass der Stream qualitativ wirklich nicht seine 10€ wert war, denn sonst hätte sich der Werfer diese Heldentat nochmal im Nachgang anschauen und ein Screenshot davon machen können. Die Familie hätte sich sicher über ein gerahmtes Foto von dem Auftritt gefreut.

Aber das war es ja leider noch nicht ganz mit den Dingen die an diesem allein schon sportlich sehr anstrengendem, Abend einfach keinen Platz haben sollten. Geht es eigentlich noch, die eigenen Spieler einmal mehr zu beleidigen, wenn es gerade auf dem Feld nicht genehm ist? Gar rassistisch anzugehen? Setzt dann der Verein tags darauf ein Zeichen und reagiert via Statement, dann zeigt sich mal wieder, dass das Feld der medialen Kompetenz noch immer nicht kompetent beackert wurde. Und so finden sich neben ehrlichem Bedauern zuhauf Kommentare, die sinngemäß folgenden Inhalt haben (bei marginal veränderter Wortwahl): „Ja doof, aber redet Ihr auch über den Trainer?“, „Ich habe Rassistisches vom Trainer gehört, jetzt muss er gehen“, oder „Der 1.FC Bocholt wird doch auch „die Schwatten“ genannt, aber das darf?“. Vielleicht einfach nochmal manch Kommentar überdenken und gegebenenfalls löschen. Und überhaupt: Man kann dann auch den Arsch in der Hose haben und sich persönlich entschuldigen. Tut nicht weh, aber hilft Barrieren abzubauen. Also: Man kann als Verein durchaus Fehlverhalten kommentieren und sich trotzdem mit der inhaltlichen Thematik rund um Mannschaft und Trainerteam befassen. Man muss halt nur trennen können.

Wir stehen nun im Finale und haben die Chance, uns erneut für den DFB-Pokal zu qualifizieren. Das bleibt dann einfach am Ende eines ganz schlechten Auftritts unserer Mannschaft als positive Erkenntnis. Die besten Momente des Spiels bekamen wenigstens die Fans an den heimischen Endgeräten in der zweiten Halbzeit mit Hannes Bongartz als Co-Kommentator am Mikrofon geboten. Fiebert man doch gerade im Pokal immer eher mit dem Underdog mit, hat Hannes Bongartz gleich klargemacht, dass seine Sympathien schon lange Zeit unserem RWE gehören. Und so wurde hörbar mitgelitten, zuzüglich eines gar herrlichen Bonmots, welches eines Tages sicher in einem Buch von Ben Redelings auftaucht: „Das ist eine Win-win Situation, da kann jeder gewinnen“. Auch die konsequente Nennung unserer Nummer drei als „Herzensbruch“ ließ schmunzeln. Es ist ja auch der Herzenswunsch so vieler, dass hier endlich die  verdiente Vertragsverlängerung vermeldet wird.

Grundsätzlich hat uns die ganze Atmosphäre am Hünting, und das ist nicht despektierlich in Richtung der Bocholter gemeint, noch einmal deutlich vor Augen geführt, dass der Abstieg in die Regionalliga mit allen gemeinsamen Kräften verhindert werden muss. Und das, obwohl wir so langsam aber sicher in der 3. Liga den Problempraktikanten geben, der noch zu oft an sich selbst scheitert, obwohl hochtalentiert. Es braucht jetzt ein Konzept und klare Strukturen auf dem Feld, damit man auch langfristig übernommen wird. An RWO denken wir später. Dort hat man übrigens mit dem „Weber-Fluch“ zu kämpfen. Einer modernen Version des Guttmann-Fluches, den einst Benfica Lissabon ereilte. 

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