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Nordwesttrilogie. Teil 3.

Unweit des Speicherbeckens Geeste liegt das Landschaftsschutzgebiet Biener Busch. Inmitten des Landschaftsschutzgebietes Biener Busch liegt die Straße „Zum Biener Busch“ die ihrerseits direkt zum Sportplatz Biener Busch des heimischen SV Holthausen-Biene ohne Busch führt.

Am dritten Tag der Nordwesttrilogie von Rot-Weiss Essen gab es zum Abschluss den großen Auftritt des Busfahrers. Wer die Straßenverhältnisse und die räumlichen Gegebenheiten rund um diese wunderschöne Anlage kennt, der weiß: Eigentlich mit einem großen Reisbus nicht zu machen, kommen hier doch meistens klassische Neunsitzer zu Besuch. Wendemöglichkeiten als solche gibt es auch nicht,  und einige Meter hinter dem Stadion Biener Busch würde man direkt in die Ems plumpsen. Stehende Ovationen somit für unseren Fahrer, diese Herausforderung ganz lässig gewuppt zu haben.

Ähnlich wie einen Tag zuvor in Weener kann man diesen liebevoll ausgebauten und top gepflegten Sportplatz durchaus auch als Stadion bezeichnen: Eine sehr schöne Tribüne, drei Stufen auf der Gegengerade, davon zwei auf Stahl gebaut, die große digitale Anzeigetafel und eine gemütliche Stadionkneipe. In der Peripherie zwischen Holthausen und Biene liebt man seinen Sportverein und die Unternehmer der Region tun das anscheinend auch. Lediglich die Kabinen bieten noch den herrlichen Charme der 70er mit ihren Holzbänken, dem Muffmix aus altem Rasen und frischen Schweiss. So müssen Kabinen aussehen und riechen. Fußball pur! Wir hatten damals auch nichts anderes. Dazu noch Asche unter den Stollen.

Es war also eng in den Umkleidekabinen, denn neben dem Landesligisten SV Holthausen-Biene und Rheiderlandauswahlbesieger Rot-Weiss Essen nahm auch der Oberligist SC Spelle-Venhaus an diesem Blitzturnier teil. Das bedeutete vor allem das gewisse Extra mehr an sportlicher Anforderung für den RWE. Konnte hier und jetzt der erste Titel der Saison geholt werden? Der legendäre Bauunternehmer-Schulte-Cup in die aus allen Nähten platzende Siegesvitrine gestellt werden? Wie wir heute wissen, hat es nicht sollen sein. Der Cup ging nach Spelle-Venhaus und bleibt somit in der Region. Es war ein an Toren armes Turnier, denn in drei Halbzeiten wurde ganze dreimal eingenetzt. Und dem freundschaftlichen Charakters des Turniers entsprechend auch noch fair aufgeteilt: Jede Mannschaft bekam einmal die eigene und extra dafür angereiste Torhymne zu hören. Im Klang etwas dezenter und nicht so blechern wie noch zwei Tage zuvor in Emden.

Gar nicht dezent die Trainer-Ikone der Region und aktueller Übungsleiter der Biener, Wolfgang Schütte, im Spiel gegen unsere Rot-Weissen: Ein in seinen Augen divenhaftes Verhalten eines Rot-Weissen veranlasste ihn zu einer lautstarken, ich nenne es mal, Ermahnung: „Spielt 3. Liga, der Ochse und keine Champions League“. Gut, Wolfgang Schütte hat jetzt wahrscheinlich nicht in Gänze eine Ahnung, was für eine vierzehnjährige Ochsentour das war, die wir hinter uns gebracht haben. Dass im selben Spiel der einzige Rother bei den Roten verletzt ausgewechselt werden musste, passte ins Bild, dieses letzte Spiel nach anstrengenden drei Tagen nicht mehr ganz so einfach über die Bühne bringen zu können. Die Bilanz aus Essener Sicht: 0:0 gegen Spelle Venhaus und 1:1 gegen Holthausen-Biene.

Damit war dann aber endlich der Weg frei für den Shantychor Geeste e.V., seine eigene musikalische Bühne auf dem Feld aufzubauen. Und ähnlich wie bei Meisterfeiern in München-Rot wurden auch hier die Zuschauer gebeten, nach Spielende zu bleiben um den Liedern von Wellen, Wind und Meer zu lauschen. Anders als in München hingegen freute man sich hier aber mehrheitlich auf den Auftritt.

Wie tags zuvor in Weener waren auch beim SV Holthausen-Biene mehr als engagierte und nette Menschen unterwegs, um allen einen schönen Nachmittag zu ermöglichen. Zudem möglicherweise mit einem Alleinstellungsmerkmal im deutschen Fußball versehen: Da die Biener Landbäckerei (mindestens) ein großer Förderer des Vereins ist, steht bei jedem Heimspiel ein großes Angebot an frischem Kuchen bereit. Hat man auch nicht so oft. Wie in Teil Zwei schon beschrieben: Der Charme der kleinen Kammerspiele! Das stelle man sich mal anne Hafenstraße vor: Kaffee und Kuchen statt Bier und Bratwurst hinter der Rahn. Eine Vorstellung bei der man durchaus schmunzeln darf. Beenden wollen wir den dritten Teil jedoch mit einem Sprichwort „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbieten“.

Kommenden Freitag steht schon das nächste Spiel der Saisonvorbereitung an: Aus Mönchengladbach kommen die Männer von Farke zu einem Gastspiel in das immer schöner werdende Stadion an der Hafenstraße. Und möglicherweise laufen unsere Roten dann schon in ihren neuen Trikots auf. Die, wir alle wissen, natürlich wie immer die schönsten Trikots aller Zeiten sind. Herrlich! Danke Emden, danke Weener und danke Holthausen-Biene. Es war sehr schön bei Euch. 

Fachmänner für Bodenbeläge

Ker, was geht es uns gut gerade. Also im übertragenen Sinne natürlich. Unsere Mannschaft bereitet uns wirklich Freude. Was lange währt, könnte endlich gut werden. Vielleicht schon kommendes Jahr, wenn so viel anderes auch wieder gut werden könnte. Man muss die Jungs in unseren Trikots jetzt nicht mehr vor jedem Spiel fragen, wie es sich anfühlt, ohne Fans zu spielen: Das fühlt sich Kacke an. Punkt! Und wird vor jedem wichtigen Heimspiel neu gefragt einfach nicht besser. Wir fehlen Ihnen und sie fehlen uns. Aber deshalb sind wir trotzdem immer dabei. Wie heißt es doch in den Gesängen: „Wir ziehen voran, als Euer zwölfter Mann. Durch Regen und Stream. Durch Sturm und Radio…RWE ohoooo“. Also, wir wuppen das trotzdem gemeinsam. Speziell schon Morgen wieder gegen die Wuppis.

Natürlich ist man allein aufgrund der Tabellensituation Favorit gegen den WSV. Wir sind oben, und sie relativ im Tal der Tabelle. Aber noch sind wir nicht bei Mittwoch, sondern bei der Aufarbeitung der vergangenen, erfolgreichen Woche. Und bei einer Schlagzeile, die man ewig lesen könnte: „BVB demontiert Schalke und bleibt RWE auf den Fersen“. Natürlich hat sie zwei kleine Schönheitsfehler: Zum einen hätten sich die Blauen mit ihrer Zwoten nur einmal genau so anstrengen können wie noch gegen uns, und zum anderen bleiben doch eher unsere Roten den Schwarz-Gelben auf den Fersen. Realistisch betrachtet, sollten die jungen Borussen ihre beiden Nachholspiele erfolgreich gestalten. Aktuell sind die Spiele aber nicht gespielt, und somit grüßen eben die Kicker von der Hafenstraße ziemlich fröhlich von der Tabellenspitze. Sechs Punkte und sechs Tore die Bilanz der vergangenen Woche. Man muss das als RWE auch einfach beiseite schieben, und kann den BVB jetzt nicht andauernd als über einem schwebendes Damoklesschwert von Woche zu Woche mitnehmen. Das klärt sich alles im Laufe der Saison.

Das Spiel unter der Woche verblüffte Anwesende durch einen Auftritt der jungen Fohlen, der so gar nicht einer traditionell spielstarken Zweitvertretung ähnlich sah. Man überließ uns ja fast komplett Ball und Raum, so dass sich die Essener über mehr Ballbesitz freuen durften, als manch Kind im Bällebad eines Möbelhauses. Ecken und Abschlüsse ebenfalls en masse vorhanden, es war gar von einem Klassenunterschied die Rede, doch der verdiente Lohn in Form eigener Tore blieb bis weit in die zweite Hälfte verwehrt. Sandro Plechaty war es dann mit seinem ersten Saisontor, welches allen Fans vor den Empfangsgeräten den Blutdruck zu senken vermochte. Man kennt das ja aus früheren Jahren, wo eine hemmungslose spielerische Überlegenheit schon mal in einem eiskalten Gegentor mündete. Doch auch das in diesem Jahr kein Thema: In der Schlussminute traf dann Isaiah Young ebenfalls das erste Mal für die neuen Farben und ein Geduldsspiel nahm ein gutes Ende. Gut zu wissen, dass es auch mal die Kollegen waren, die das mit den Toren geregelt haben.

Wieder einmal drei Punkte gegen den Trübsinn der Aktualität und gegen das Gefühl, nichts dazu beitragen zu können, dass es gerade so gut läuft wie es läuft. Aber, besser es läuft gerade ohne uns, als dass es mit uns nicht laufen würde. Ball flach halten, Pobacken zusammenkneifen und Punkte zählen. Das ist das, womit wir gerade am besten helfen können. Shoppen geht natürlich auch. Die neuen Klamotten noch mehr ansehnlich als die „Linie“ der vergangenen Saison schon. Da wird die schlabberige RWE Jeans ganz gebleicht vor Neid, denn endlich bekommen wir den Traum tragbarer Alltagszugehörigkeiten weiter und immer weiter erfüllt.

Am Samstag ging es dann ja nach Duisburg zur derzeitigen Nummer Eins der Stadt, dem VfB Homberg. Vergangene Saison noch im Wedaustadion des designierten Absteigers ausgetragen, konnte auch diese Begegnung ohne Zuschauer locker auf angestammten Homberger Geläuf gespielt werden. Wobei Geläuf als Begrifflichkeit für das Spielfeld im PCC Stadion der VfB’ler noch sehr charmant umschrieben ist. Trainer Neidhart erwies sich aber als Fachmann für Bodenbeläge und passte diesen einmal mehr Aufstellung und taktische Ausrichtung bestmöglich an. Da auch der VfB Homberg keinesfalls gewillt war, den Essenern den Platz so zu überlassen, wie es noch am Mittwoch in Rheydt der Fall war, entwickelte sich ein munteres Spiel. Mit einer frühen Führung für den RWE! Simon Engelmann war es, der sein Torkonto weiter zu erhöhen wusste. Die kurze Irritation darüber, dass auch andere Rot-Weisse wissen, wo das Tor steht, somit kurzzeitig geklärt.

Anhand der Bewegtbilder wähnte man sich zwischendurch übrigens auf einer Nordseefähre bei Windstärke acht oder neun, so sehr windete es in Rheinnähe und pfiff es aus den Lautsprechern. Die Schleppkähne auf dem Rhein im Hintergrund und die zahlreichen, in ausreichendem Abstand zueinander stehenden Zaungäste vermittelten einmal mehr in dieser Saison ein uriges Gefühl in der Betrachtung. Mitte der ersten Halbzeit knallte dann unser Fußballgott Marcel Platzek den Ball mit einem satten Rechtsschuss in des Gegners Tor und rechtfertigte mindestens damit seinen Platz in der Startaufstellung. Diese Flexibilität aktuell das ganz große Plus bei RWE. Die Aufstellung vor dem Spiel mittlerweile ähnlich spannend wie noch vergangene Saison, aber der Matchplan dahinter irgendwie strukturierter. Da in Rheydt auch Sandro Plechaty Lust am Tore schiessen gefunden hatte, legte er in Homberg zum zwischenzeitlichen 3:0 noch vor der Pause nach. Es ist wichtig, dass immer mehr Spieler treffen und so die Last des Torerfolgs auf mehrere Schultern verteilen. Aber natürlich blieb es doch an Simon Engelmann, die beiden anderen Treffer mit seinem zehnten Tor zu umrahmen, so dass es schlussendlich der erste deutliche Erfolg der Rot-Weissen wurde.

Man könnte sagen, dass die Torkuh vom Eis geholt und der Torbock umgestossen wurde. Man kann es aber auch lassen, weil es sich irgendwie bescheuert liest. Was man aber unglaublich erleichtert zur Kenntnis nehmen kann ist, dass Simon Engelmann bei uns einfach dort weitermacht, wo er in Rödinghausen aufgehört hat. Das ist eine der großen Überraschungen dieser Saison. Bislang war es doch eher so, dass neue Spieler oftmals ihre großen Qualitäten beim abgebenden Verein im Spind haben liegen lassen. Wir haben da so unsere Erfahrungswerte gesammelt. Ein weiteres Indiz also für die (sportliche) Saison der Saisons.

Abseits der Hafenstraße gab es rund um das runde Leder noch zwei bemerkenswerte Meldungen: Der FSV Mainz hat sein erstes Saisonspiel gewonnen und damit Gelsenkirchen den Platz der Plätze überlassen. Und der von mir sehr geschätzte Kicker fragt in einem großen Interview ausgerechnet den Boss der Dosen, wie sich die Zukunft des Fußballs darstellen kann. Ey, dann kannste auch eine Pizza fragen, ob sie sich eine Zukunft nach dem Backblech vorstellen kann. Da bedarf es anderer Stimmen, die gehört werden müssen. Aber definitiv nicht die aus Fuschl am See.

Aufgeben ist keine Option.

Schreiben wir nicht lange um den heißen Brei herum: Es war alles vorbereitet, heute nach Mönchengladbach – Rheydt zu fahren, um unsere Roten zu unterstützen. Ich hatte Urlaub, das Auto war betankt und selbst die langersehnte Zaunfahne kam pünktlich aus England an. Man ahnt: Ich bin nicht gefahren. Ich konnte es nicht. Mir ging es schlecht, ich fühlte mich krank. Hatte Angst davor, dass genau das eintreten wird, was nun passiert ist: Unser RWE hat bei den kleinen Fohlen mit 0:1  und somit auch den Anschluss an die Tabellenspitze verloren.

Meine Frau hat mich ermutigt, doch zu fahren, aber ich habe mich wie ein Häufchen Elend hinter mir selbst verkrochen und allerlei Ausreden erfunden. Es ging mir erst besser, als ich es rein zeitlich absolut nicht mehr bis zum Anpfiff in das Grenzlandstadion geschafft hätte. Viel Zeit wollte ich mitbringen, denn nebenan galt es auch noch, das weitaus schönere Jahnstadion des Rheydter SV fotografisch zu erkunden. Auch das also heute keine Option, die mir ansonsten viel Entspannung bereitet. Die Fotografie, nicht der Fußball. Es ist nicht schön, so im eigenen „Ich“ gefangen zu sein, will man doch eigentlich dabei sein.

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Die Zeit, in der die psychosomatischen Beschwerden etwas nachließen ging mit Anpfiff der Partie auch schnell wieder vorbei. Der quirlige Hund, die Fußballkonferenzen am TV und all das andere traten nun hinter dem kleinen Handydisplay zurück, welches mir via mehrer Liveticker und persönlicher Nachrichten aus dem Stadion nun den Spielverlauf aus dem mager besuchten Grenzlandstadion zu berichten hatte. Dummerweise hatte ich mich in Form eines Tweets auch noch selbst sehr weit aus dem Fenster gelehnt und unbedingt die drei Punkte eingefordert:

War es dieser Tweet, der mich vor Sorge hat krank werden lassen, oder wirklich nur die Furcht davor, dieser schöne Saisonbeginn könnte schon bald wieder Geschichte sein? Ich weiss es genau nicht. Sicher steckt auch ein ernsthafter eigener Prozess dahinter, der weit über die Sorge um den RWE hinausgeht, aber eine professionelle Distanz, wie ich sie zum Beispiel im Beruf wahren muss, gelingt mir bei meinem Verein einfach nicht mehr. Ich war so froh, als wir dermaßen gut aus den Startlöchern der Saison kamen, so dass Boykott und andauernde Häme in den (a-)sozialen Medien Geschichte waren. Rot und Weiss wuchsen nach Jahren wieder zusammen, auch nach den ersten Punktverlusten gab es nur Aufmunterung, keinen kaputten Hass. Es war so schön, anzureisen und noch schöner, fröhlich pfeifend wieder nach Hause zu fahren. Und selbst die Ergebnisse der Etablierten und Gesponserten Mitkonkurrenten passten endlich.

Bis heute Abend in Mönchengladbach – Rheydt. Aber, selbst nach diesem Spiel kann es eigentlich keinen Vorwurf an die Mannschaft geben, wurde doch alles versucht und hat der Trainer im Nachgang ziemlich ehrlich und gut die Situation beschrieben. Das Netz also solches schwankt noch zwischen Aufmunterung und ersten „Luschen“ Kommentaren. Ich kann es nicht ändern. Ich kann nur versuchen, diese Dinge auszublenden und auf das nächste Spiel zu hoffen, damit endlich wieder die Kuh umgestoßen und der Bock vom Eis geholt werden kann.  Oder umgekehrt. Vielleicht kommt ja mit der aktuell aufstrebenden Aachener Alemannia genau der richtige Gegner, um dann wieder in die Erfolgsspur zurückzufinden.

Ich versuche einen Weg zu finden, wie ich mit der Situation umzugehen habe und vielleicht helfen mir diese ehrlichen Zeilen dabei. Aber, eines ist klar: Aufgeben ist keine Option. Und somit läuft der RWE am Sonntag wieder in der Hoffnung und mit festem Willen auf, das Spiel zu gewinnen. Lassen wir ihn genau jetzt nicht hängen. Wir sehen uns Sonntag im Stadion. Diesmal wirklich!

Nur der RWE!

Schwiegervater.

Auf dem langen Rückweg sagte Schwiegervater, dass er sich sehr über sein Geburtstagsgeschenk „Ein Pokalabend an der Hafenstraße“ gefreut habe und dass man ob dieser gezeigten Leistung ja glatt Rot-Weiss Essen Fan werden könnte. Alles richtig gemacht, dachte ich so bei mir, denn was wäre nur passiert, hätten wir ihm den Besuch des Wuppertal Spiels geschenkt? Damit aber genug des dezenten Hinweises darauf, dass das vergangene Spiel gegen die Schalproduzenten aus dem Tal weiterhin unwirklich erscheint und daher immer noch am Fan nagt. Genau wie das aktuell erlebte Pokalspiel am gestrigen Abend gegen Borussia Mönchengladbach. Nur in umgekehrte Richtung.

Zum Komplettpaket Hafenstraße gehörte natürlich eine kleine Führung rund um das Stadion an der Hafenstraße inklusive einer Wurst vom Grill am Hafenstübchen. Das Hafenstübchen ist kein auf Hochglanz polierter Ort des Fußballs. Das muss es auch nicht, ist es doch schlicht die Seele des Fußballs an der Hafenstraße. Das VIP Zelt der Fußballunterschicht. Inklusive der wohl leckersten Bratwurst, die man derzeit an der Hafenstraße bekommen kann. Da ist man ja schon vor dem Anpfiff glücklich! Was manchmal gar nicht schaden kann, ist man es nach Abpfiff doch nicht immer unbedingt.

Schwiegervater genoss also jene vorzügliche Wurst und wunderte sich dann darüber, wieviel Bier hier doch scheinbar schon vor dem Spiel mit im Spiel war. Ich klärte ihn darüber auf, dass das so sein müsse, schließlich hätten wir wenigstens dort einmal bundesweit die Nase vorn.

Rein aber in ein Spiel, welches uns einmal mehr im Pokalrahmen auf eine Achterbahnfahrt der rot-weissen Gefühle mitnehmen sollte. Irgendwie können wir emotional scheinbar nur Pokalspiele. Es ist schön, wenn um einen herum die Menschen eskalieren und aus Liebe zum Verein zu verbalen Höchstleistungen auflaufen. Das zeigt, wie wichtig dieser Verein für uns ist und wie sehr wir uns alle nach einem kleinen Stück vom sportlichen Glück sehnen. Auf allen Vier Tribünen war also richtig „was gebacken“, abzüglich der üblichen „Eventfans“. Sie gehören mittlerweile auch zum modernen Stadionerlebnis dazu. Das Sitzkissen immer dabei.

Der RWE ging nach überstandener Anfangsoffensive der Gladbacher durch Benjamin Baier in Führung und 3/4 des Stadions tobten (Abzüglich jener Gladbach Fans, welche sich der Fantrennung erfolgreich widersetzen konnten. Ebay und Kontakte halt) . ADIOLE! Stehende Ovationen gar, als der Schiedsrichter zur Halbzeit bat. Könnte ein solch Unparteiischer bitte auch mal in der Regionalliga pfeifen? Unaufgeregt verrichtete der Mann an der Pfeife seinen Job, ohne eine dieser Pfeifen zu sein, die man leider zu oft in der Regionalliga vorfindet und dem RWE scheinbar Schaden zufügen wollen (So wirkt es manchmal). Das hatte Qualität.

Von feinster Qualität auch, und das darf ruhig einmal Erwähnung finden, der Job des Mannes an der taktgebenden Trommel auf der West. Ohne Unterlass wird Spiel für Spiel der Takt geschlagen. Das ist richtiggehender Sport. Danke dafür. Überhaupt sollte auch erwähnt werden, dass die Unterstützung von der „West“ sowohl gegen Wuppertal als auch gegen Mönchengladbach vorbildlich war. Die Medien stürzen sich so schnell und „klickgierig“ auf jede noch so kleine Kleinigkeit, die man als Skandal verkaufen könnte. Für Klicks wird selbst eine E- Zigarette zur Rauchfackel (Überspitzt formuliert)! Wenn es einfach mal nur gut, laut, friedlich  und homogen zur Sache geht, dann ist das leider keine Erwähnung wert. Das möchte ich hiermit nachholen! Schwiegervater war begeistert ob der Stimmung!

1:0 für den Deutschen Pokalsieger von 1953 und amtierenden Viertligisten von „ganz lange“ zur Halbzeit gegen den Erstligisten Borussia Mönchengladbach und amtierenden Zurückliegenden. Gattin machte sich Sorgen um meine Gesundheit, sah mich ziemlich blass. Alles gut. Sagte ich so auch einem anderen Fan. Und dass wir gewinnen würden. „Hast Du auch gesoffen?“ So seine Antwort. Nee, hatte ich nicht, musste ja noch fahren. Aber bis dato bot das Spiel unseres RWE definitiv noch alle Hoffnungen; lebte der Traum von Runde Zwei und Schalke weiter. Fünfundzwanzig Jahre danach.

Und der Traum lebte sich auch in Halbzeit Zwei ziemlich real. Immer war ein Essener Bein im Weg, konnten Konter eingeleitet werden, oder war der Heller im eigenen Tor ein Heller und oft schneller. Meine Güte, warum nicht immer so? Man verzweifelt an seinem Verein. Rot-Weiss Essen, hier gehst Du kaputt!

„Oh Immer wieder, oh  immer wieder, oh immer wiiiiieder RWE…..“ so klingt es fast dreißig Minuten oft mehr und manchmal weniger laut am Stück von drei Tribünen, um endgültig zum großen Chor anzuschwellen, wenn wieder ein Rot-Weisser Fuß in bunten Fußballschlappen dem Bundesligisten im Wege stand. „Steht auf, wenn Ihr Essener seit“. Der RWE kann sich immer öfter befreien, bekommt Gelegenheit zum Kontern. Und bekommt leider doch in der 79. Minute den Ausgleich. Gefolgt von der Führung für Borussia Mönchengladbach in der 82. Minute.

Borussia Mönchengladbach gewinnt somit das Erstrundenspiel im Vereinspokal unseres abgehobenen Verbandes mit 2:1 an der Hafenstraße. Die Essener Fans zollen ihrer Mannschaft Respekt und feiern sie für diese Leistung an diesem Abend.  „Warum nicht immer so?“ möchte man fast verzweifelt fragen. Sind hier Sportpsychologen anwesend?

Es war ein wunderbarer Abend an der Hafenstraße zu Essen mit wunderbaren Menschen und einer wunderbaren Mannschaftsleistung. Das Gesehene macht einfach Mut für die Zukunft. Wir können nicht immer nur meckern. Ab und zu dürfen wir auch einfach mal dankbar sein.

Gestern war ich dankbar für dieses Spiel und diese Leistung. Diese Emotionen. Diese Fans in den jeweiligen Blöcken, wie sie aufspringen und unsere Rot-Weisse Seele heraufbeschwören. Dankbar für meine Frau, wie sehr sie mitgelitten hat. Und sehr vermissen wir die Fahnengirls.

Nun macht das aber bitte gegen Kray und Köln Zwei nicht gleich wieder kaputt.

 

 

Rückrufaktion!

Seit vergangenen Sonntag ist das mit dem RWE und den Kommentarspalten mal wieder so wie manchmal in einer ganz normalen Familie kurz vor Weihnachten: Die Vorfreude wurde getrübt, weil einer aus der Familie (Hier: Mannschaft RWE) Mist gebaut hat. Darüber können oder wollen sich andere Familienangehörige, die oft und gerne schlechte Stimmung verbreiten (Hier: Die üblichen Verdächtigen), einfach nicht beruhigen. Und nun soll morgen Abend gemeinsam das Fest (Hier: 1. Runde DFB Pokal) gefeiert werden, so als ob Wuppertal nicht stattgefunden hat. Inklusive Vorfreude. Kaum vorstellbar für so manchen.

Aber warum eigentlich nicht? Zur realen Weihnachtszeit klappt das auch auch jedes Jahr aufs Neue und kommen Unstimmigkeiten (sofern denn vorhanden) erst nach den Geschenken und frühestens am zweiten Feiertag wieder auf. Vielleicht gibt es ja morgen für alle Geschenke (Hier: Aufopferungsvoller Kampf Mannschaft RWE). Auf jeden Fall gibt es volle Hütte, Flutlicht und gutes Bier.

Wuppertal liegt definitiv noch schwer auf der Seele und erst das Heimspiel gegen die Kölner Zweitvertretung wird die daraus gezogenen Lehren zeigen. Wird Wegweiser sein für die nächsten Wochen im viel wichtigeren Alltag Ligabetrieb. Das sollte uns aber trotzdem jetzt nicht daran hindern, dass Pokalduell gegen Borussia Mönchengladbach einfach als willkommenes Fußballspiel anzunehmen und entsprechend zu begehen. Natürlich in dem Wissen: Die Chance auf ein Weiterkommen gegen einen arrivierten Erstligisten ist jetzt wahrlich keine besonders Große. Also komme ich ja eigentlich schon in Erwartung einer Niederlage an die Hafenstraße; so wie die Fans der Borussia ihrerseits von einem deutlichen Sieg ausgehen. Und von nichts anderem.

Und so stellt sich aktuell die Frage aller Fragen: Schon mit schlechter Laune ankommen, weil: Zweiter Spieltag, die Liga ist (angeblich) mal wieder gelaufen, alle raus! Oder trotzdem mit Vorfreude zur Hafenstraße kommen. Wir haben doch eh keine Chance, aber warum sollten wir diese dann nicht wenigstens nutzen? Wer weiss denn schon, was passieren könnte, bleiben die Rot-Weissen so lange wie möglich ohne Gegentor; nehmen die Tribünen mit und starten auf dem Feld eine „Rückrufaktion“ in Sachen Fanunterstützung? Plötzlich trägt man sich gegenseitig durch das Spiel. Auch das könnte passieren.

Alles Spekulationen und  Hoffnungen natürlich (Der Fußball ist eben doch meistens „Hätte, hätte, Fahrradkette“). Verbunden aber trotzdem einmal mehr mit dem tiefen Wunsch danach, sich davon zu verabschieden, dass sportliche Leistungen durch Beleidigungen oder Schuldzuweisungen in den Kommentaren gesteigert werden können. Das tun sie definitiv nicht. Und das ist auch gut so.

Fußballer und Verantwortliche in Zeiten vor „Social Media“ machen sicher jeden Tag die berühmten drei Kreuze, weil ihnen nach schlechten Spielen definitiv viel erspart geblieben ist. Sofern sie es denn gelesen hätten. Was natürlich nicht bedeutet, dass an den Stammtischen und auf den Tribünen seinerzeit weniger gemotzt wurde.

Apropos motzen: Ich würde mir ab und an etwas mehr aktives Coaching wünschen. Ich bewundere unseren Trainer für seine Ruhe und hätte gerne selbst ganz viel davon. Auch braucht es sicher keine wild herumhüpfende „Taxofit Kappe“. Vielleicht jedoch helfen einer Mannschaft gelegentliche Korrekturen inklusive Präsenz in Echtzeit. Man weiß es nicht.

Nach reiflicher Überlegung habe ich mich also nun leichten Herzens dazu entschieden, mich auf das DFB Pokalspiel unter Flutlicht gegen Borussia Mönchengladbach zu freuen. Denn, wenn ich mich nicht freue, wird das Spiel trotzdem gespielt. Und, rein spekulativ: Sollte kurz nach Mitternacht der entscheidenden Elfmeter für uns verwandelt werden, dann hätte ich direkt ein super Geburtstagsgeschenk bekommen. Geradezu unbezahlbar wäre das.

Und nach dem Pokal, dann ist wieder (Niederrhein-)Pokal. Aber dann ist wieder Regionalliga. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir kein „Wuppertal“ mehr erleben werden. Lasst uns mal optimistisch werden.

Nur der RWE!