Monatsarchive: September 2008

Kleine Jubelkunde

Der Spieler „X“ schießt im Spiel gegen die Mannschaft „Y“ ein wichtiges Tor. Sekunden später fallen seine Mitspieler über ihn her, um ihn zu beglückwünschen, sie versuchen es zumindest. Denn: der Torschütze legt die Finger auf die Lippen, erwehrt sich der Hormonschübe der Mitspieler oder zeigt eine entschuldigende Geste in Richtung der Fans, die gerade unter dem Tor zu leiden haben. Der Grund dafür ist in der Biografie des Torschützen und der persönlichen Bindung zum gegnerischen Verein oder des gegnerischen Landes zu suchen: Aus Respekt vor dem, was der Torschütze dort mit auf den Weg bekommen hat, läßt er das Jubeln im Falle des eigenen Torerfolges halt sein oder entschuldigt sich quasi für ein Tor der eigenen Mannschaft. Natürlich wird das ganze aber erst einmal medienwirksam im Vorfeld der Partie verkündet. Beim nächsten Spiel, also gegen den Verein „XY“ wird sich natürlich wieder voller Inbrunst nach einem Torerfolg auf das Wappen am Trikot des aktuellen Arbeitgebers geklopft und mit den Mitspielern gefeiert. Jubelgeste zur eigenen Kurve inklusive. Vielleicht wurde ich erst so richtig durch Lukas Podolski auf diesen, sich ausbreitenden, Habitus aufmerksam, zudem sich der Spieler ja schon bei zwei Spielen nicht freuen möchte. Ich mag den Menschen Podolski und seine unverfälschte Art durchaus, stehe für Tradition und Vereinstreue. Nur, die Spieler müssen sich meiner Meinung nach zu ihrem aktuellen Arbeitgeber, sprich Verein und seinen Fans bekennen. Ansonsten könnte so manch Spieler in diesen wechselwilligen Zeiten bald Probleme damit bekommen, bei welchen Toren er noch jubeln darf, und bei welchen nicht. Oder aber, wie empfinden es die Fans zum Beispiel in einem absoluten Derby der Emotionen, wenn der Torschütze die eigenen Farben nicht genug würdigt, da er beim ungeliebten Gegner mit dem Kicken begann? Wenn ich bei einem Verein in Lohn und Brot stehe, dann sollte ich auch alles für ihn und seine Fans geben. So empfinde ich alle Erklärungen in diese Richtungen irgendwie gekünstelt. Nach dem Spiel, da kann ich mich als ehemaliger Spieler dann wieder dem ehemaligen Verein widmen, ihm alles Gute wünschen, oder in der nächsten Saison wieder zu den geliebten Wurzeln zurückkehren.