Monatsarchive: Oktober 2014

„Houston, wir haben ein Problem“

Bemühen wir den Konjunktiv, wären wir Tabellenführer. Dann hätten wir nämlich an der Hafenstraße mehr Punkte eingefahren. Womöglich schien über Rot-Weiss Essen die Sonne, ständen die Spieler nach glanzvollen neunzig Minuten glücklich strahlend auf dem Zaun! Gefordert von uns euphorischen Fans, den „Schreck“ hinter und die Humba noch vor sich.

Natürlich ist der Fußball kein Konjunktiv und so zeigt der RWE gerade einen Fußball, welcher oft nur eine Halbzeit sehenswert ist. immer noch hakt es in der Abstimmung der verschiedenen Mannschaftsteile. Immer noch führen individuelle Fehler zu Gegentoren oder gefährlichen Situationen. Trotzdem reicht es aktuell für Platz drei, Viktoria Köln in Sichtweite. Gestern noch der Sieg in Siegen und auch im Pokal geht es weiter mit der Hoffnung auf die kommende Hauptrunde.

Und doch kann gemeldet werden: „Houston, wir haben ein Problem“! Nun hat Houston hier nichts zu suchen, ein Problem haben wir trotzdem. Und wenn wir uns nicht alle darum kümmern, dieses Problem zu lösen, sind wir spätestens am Ende der Saison ein völlig zerstrittenes rot-weisses etwas. Aber nicht mehr der RWE, welchen wir lieben und leben.

Wem das nun zu dramatisch erscheint: Lieber etwas zu dramatisch und es ändert sich etwas, als es zu verdrängen, und der klimatischen Abwärtsspirale freien Lauf zu lassen. Es wurde oft gemahnt. Wurde oft daran erinnert, dass wir Rot-Weiss Essen sind und nicht der „1.FC Kuscheldecke“ oder „Niemals Meister Gelsenkirchen“. Leider auch mit der bitteren Erkenntnis, dass Respekt für manch Zeitgenossen auf der Tribüne wohl ein Fremdwort ist.

Die Spieler spielen ab und an nicht das, was sie können. Zudem haben Spieler und sportliche Leitung es vielleicht ein wenig vernachlässigt, an der Hafenstraße anzukommen. Natürlich ist es manch einem wirklich egal, wo er sein Geld verdient. Dann aber bitte auch ohne Pathos bei der Verpflichtung. Keiner aber hat in seinem Vertrag stehen, dass er sich für Summe X auf übelste Art und Weise anpöbeln, bespucken oder bewerfen lassen muss und soll. Ebenso müssen  Spieler und Trainer uns Fans nicht lieben. Das steht auch nicht in deren Vertrag!

Sie kommen, weil sie mit Fußball Geld verdienen wollen. Je besser sie spielen, umso mehr Geld und Anerkennung verdienen sie. Spieler und Trainer sollten aber wissen, das wir Fans unseren Verein lieben. Dieses lange vor ihrer Vertragslaufzeit taten und dieses noch lange nach ihrem Abschied tun werden. Egal in welcher Liga, ein Leben lang. Wissen sollen Spieler und Trainer auch, dass sie natürlich verlieren dürfen. Nach großem Kampf und voller Leidenschaft. Dann stehen wir Fans sogar noch Spalier. Eigentlich also sollte einem vernünftigen und respektvollen Miteinander nicht viel im Weg stehen.

Nur scheint es ob der gezeigten Leistung und des sportlichen Strukturwandels im Verein von unserer Seite her aktuell nicht ganz so einfach zu sein. Wir dachten, alle an einem Strang zu ziehen. Und haben erst einmal geschluckt. Es begann ja auch gar nicht schlecht auf dem grünen Rasen. Dann folgte recht schnell spielerische Stagnation bis hin zum absoluten Tiefpunkt der Vereinsgeschichte, bis hin zu Kray. Aber selbst diese Schmach rechtfertigte keinen Run auf die Kabinen. Stadionbesichtigungen sind ganz legal zu buchen.

Ich weiss auch nicht, was einen dazu antreibt, einen Spieler des eigenen Vereins auf das Übelste zu beleidigen, ihm verharmlost geschrieben, die Pest oder einen Schalke Schal an den Hals zu wünschen. Es ist eine verschwindend geringe Minderheit, der aber gerade in Zeiten der Unzufriedenheit zuviel Bedeutung vergönnt ist. Diese Menschen werden wir leider nicht ändern. Aber das soll auch nicht der Ansatz sein, denn diese Spezies gibt es bei jedem Verein! Sollten möglicherweise die Spieler gebrieft worden sein (Achtung: Spekulation!), nicht mehr auf die Fans zuzugehen, dann ist das der falsche Ansatz. Denn auch wir haben keinen Vertrag mit dem Verein. Wir müssen nicht in das Stadion. Wir wollen es, um guten Fußball zu sehen, um unserem Verein zu folgen. Den bekommen wir gerade aber viel zu selten geboten. Und diese Kritik, die muss einfach erlaubt sein. Es ist bisweilen nicht anzuschauen. Wir leiden da draußen!

Wenn die Spieler sich nun intern uneinig sind, wie mit uns Fans umzugehen ist, dann mögen sie das bitte schnell auch intern klären. Wir brauchen eigentlich nicht auf die sportliche Leitung zuzugehen. Entweder Ihr macht das freiwillig, oder lasst es bleiben. Ich schlafe dadurch nicht schlechter als eh schon. Aber wir alle, wir müssen da eine klare Kante hinbekommen. Müssen aufhören mit dem Gegeneinander. Die Siegener Zeitung bescheinigte den RWE Fans gestern eine dauerhafte Unterstützung, wie sie manch Bundesligisten nicht zuteil wird. Wenn aber wieder eine Halbzeit Grütze geboten wird, dann wäre es falsch, eine Mannschaft dafür zu bejubeln. Das ist nicht das Leben. Das ist nicht Hafenstraße. Und denjenigen unterhalb der Gürtellinie, bar jeglichen Respekts: Nüchtern betrachtet, wollt Ihr nach getaner Arbeit, die nicht glorreich gelaufen ist, so von Kunden verabschiedet werden ?  Ist doch für`n selbigen!

Ich kann nur hoffen, dass wir alle zusammen einen gemeinsamen Weg finden werden. Und auf dem Platz und den Tribünen mal so richtig abgehen. Wir haben nämlich ein Ziel! Nur der RWE!

Acherontia atropos

Was waren das gestern für neunzig Minuten: Ein [Schau-] Spiel für die Ewigkeit. Die Kugel flog den [Schau-] Spielern nur so um die Ohren. Steilpässe verbaler Natur, welche den Mitspieler stets erreichten, elegant verwandelt oder für einen weiteren Traumpass aufgelegt wurden.

Ein spielerisches Niveau, welches „Tschick Niller“ zu einer Kick´n´Rush Knallcharge degradiert. Bildgewaltig unterstützt von außen, wie Fans auf einer Mottofahrt: „Tarantino Tour 12/10/14. Alle in überzeichnet“. Elfmeterschießen vor der Spiel[er]bank. Die Tragödie gegen Ende des Spiels, der finale Schuss. Gewinner und Verlierer lagen sich in den Armen.

Wer hätte gedacht, dass uns das betagte kriminale Flaggschiff Tatort aus dem Nichts heraus einen solchen Höhepunkt beschweren wird. Ein wenig erinnert das gestrige Tatort Spiel an das epische Pokalhalbfinale vergangener Saison gegen den MSV Duisburg: Eine Saison, in Lethargie und Gewohnheit gewickelt, entledigt sich plötzlich ihrer Ketten, bietet ein grandioses Schauspiel. Bildgewaltig, opulent ausgestattet, mit Showdown zu Ende gespielt.

Wir wissen nun nicht, ob uns der nächste Tatort direkt wieder entsetzt, gelangweilt oder fragend zurücklässt: Was wir aber wissen ist, dass der RWE es momentan einfach nicht schafft, sich aus seiner derzeitigen spielerischen Lethargie zu befreien! Verl und Ratingen ließen die erfolgreichen Sendezeiten gegen Viktoria und aus Rödinghausen schon wieder verblassen. Es reicht derzeit einfach nicht für neunzig Minuten großes Kino, wir sind fünfundvierzig Minuten Vorabendserie. Was sicher zur Folge haben wird, dass auf Dauer die Einschaltquoten sinken werden.

Und nun habe ich auch noch in einem Forum gelesen, dass die Spieler sich nicht mehr den Zuschauern zuwenden, da schlechte Kritiken und schlechter Umgangston drohen. Nun, die Spieler sollten sich einmal verinnerlichen, was die da draußen bisweilen auf sich nehmen! In der Hoffnung, tolle neunzig Minuten zu erleben. Und wir da draußen müssen uns immer wieder in Erinnerung rufen, dass der Kauf einer Eintrittskarte oder der GEZ Gebühren kein gutes Spiel und keinen guten Tatort garantiert.

Ausgang stets ungewiss! Zudem [Die Truppe gegen den VfB Lübeck einmal ausgeklammert] glaube ich weiterhin fest daran, dass weder Spieler noch Schauspieler bewusst ein schlechtes Spiel abliefern wollen. Manchmal liegt es am Drehbuch oder am Set. All das aber keine Berechtigung dafür, schon vor dem Spiel die eigenen Spieler wüst zu beschimpfen, Häme auszuschütten oder anderweitig niveaulos seinen Unwillen zu zeigen.

Vielleicht erspielt sich der Fußball von heute keine Verehrung mehr, so wie wir früher unsere Helden verehrt haben, wenn sie nach neunzig Minuten dreck- bisweilen blutverschmiert, aber erfolgreich vom Platz gehumpelt sind. Respekt sollte allemal mit von der Partie sein. Von beiden Seiten. Als Grundvoraussetzung. Aber wer weiss: Vielleicht erleben wir schon in der nächsten Folge ein Spiel, welches den Knoten platzen lässt, den Bock vom Eis holt,die Kuh hemmungslos umstösst.

Übrigens: Den gestrigen Tatort, den gilt es unbedingt noch anzuschauen und zu bejubeln.

Hyper Hyper

Welch gruseliger Song. Aber die Kernaussage dieses ansonsten nichts aussagenden Stückes dürfen wir gerne teilen. Zwei gewonnene Spiele nacheinander sorgen für ein hormonelles „Hyper Hyper“ in der großen Fangemeinde. Sechs Punkte, welche den Sprung auf Platz Vier zur Folge hatten. Zudem zu Null gespielt, einem wirklich starken „Schnapper“ sei Dank.

Die anderen vor ihm gingen mit solch großer Leidenschaft zu Werke, dass selbst der eigener Mitspieler keine Gnade, sondern Stollen erfuhr. Scheinbar findet der RWE nun über den Kampf zum Spiel. Ein Spiel, welches weiterhin eher von erfolgreichen Einzelaktionen, denn von flüssigem Kombinationsfußball lebt. Aber, es tut sich was. Und aus einer sich stetig stabilisierenden Abwehr heraus lässt es sich vielleicht auch bald schon sicherer kombinieren. Wille und Leidenschaft versetzen zudem manch Bodenwelle.

Ein Dreier als Balsam für die Seele aller und Bestätigung für die vielen Montagsfahrer. Rödinghausen also. Der dortige Sportverein hat einen steilen Aufstieg und die örtliche Finanzprominenz hinter sich. Das „Navi“ hatte auch richtig Freude, lotste rund um Rödinghausen, auf Waldwegen herum, hinein und Richtung Stadion, so dass Walter Röhrl vor Freude gejuchzt hätte. Aber, ist ein Stadion mit nur einer Tribüne überhaupt ein Stadion? Vorab: Die Kontakte mit den Vereinsvertretern vor dem Spiel und am Spieltag selbst, gestalteten sich sehr sympathisch. Alle entspannt, hilfsbereit und mit Freude! Herzlichen Dank dafür.

Nicht ganz so entspannt wirkten dafür diverse Vertreter diverser Sicherheitsdienste mit diversen Kommunikationsmöglichkeiten. Diese operative Hektik fällt immer wieder auf. Ein gut geschulter Sicherheitsmitarbeiter zeigt sich für mich dadurch, indem er sich gar nicht zeigt. Einzumischen galt es spätestens an der Wurstbude: Zwei nette Bedienungen mit großen, verschreckten Augen ließen sich von einem uniformierten Schutzpolizisten eine Räuberpistole unterjubeln: Es würde bestimmt noch Randale geben, so seine Theorie. Die Augen der Damen größer, die Brust des Staatsdiener hörbar breiter. „Mooomentchen Mal“, schlug nun die eigene Stunde in bester Werbemanier: „Wir tun nichts, wir wollen nur gewinnen“.

Aber zurück zum Stadion: Wer sich solch Tribüne baut, der plant definitiv für höhere Aufgaben, daran kann auch der bescheidene Artikel in der NOZ von heute nichts ändern. Nicht die Kapazität deutet darauf hin, sondern die Funktionsräume und Nutzungsmöglichkeiten einer Tribüne; Alles sehr hochwertig und sauber, es gab gar Lasagne. Keine Tribüne also, die den Fußball allein befriedigt. Die Hintertorwerbebande, uns allen aus Lotte bekannt, gleich in doppelter Ausführung. Was jedoch zur Beruhigung der Auflagen als richtiger Affront gegen den gemeinen Fußballfan gedeutet werden kann, ist der sogenannte Gästeblock: Drei Stufen „Brett trifft Stahlrohr“ hinter Gittern so dick, welche die Sicht eher behindern denn zulassen. Gitter für Vieh, nicht für Fans.

Und so standen dann die vielen Essener Fans langgezogen und sichtbehindert. Später auch noch nass bis auf die Haut. Und ja, es gab auch etwas Rauch. Klar, ohne Rauch gehts auch, aber es war nichts wirklich dramatisches, zudem kontrolliert. Daher kam die plötzliche Spielunterbrechung etwas überraschend. Aber wenn die Vorgaben so sind, dann sind die Vorgaben halt so. Und das Spiel hatte endlich seinen Skandal für die Nachberichterstattung. Zum Glück hat sich die eigene Mannschaft dadurch nicht aus dem Rhythmus bringen lassen. Ein 1:0 Erfolg nach Spielabbruch in eine 0:3 Niederlage umgewandelt, ich glaube der Alptraum eines jeden Fans. Für mich bleibt die Unterstützung durch die Fans haften. Emotionen.

So kommt es nach Spielende zu der Erkenntnis, dass uns die Mannschaft vielleicht doch noch mitnimmt auf eine rasante Fahrt durch eine Saison, welche wir schon abstempeln wollten. Und den SV Rödinghausen ? Diesen Verein werden wir in einigen Jahren wohl im Profifußball erleben. Dann hoffentlich auch mit angemessenem Gästeblock.