Monatsarchive: Dezember 2015

Weltpokalsieger 2056

Nun gut, wir schreiben aktuell noch das Kalenderjahr 2015 und wir haben das Jahr der Fußballseuche im Zeichen der Liga erlebt. Dieses Jahr beinhaltet aus der Sicht von Rot-Weiss Essen die ziemlich schlimme Rückrunde der Saison 2014/15 und die noch schlimmere Hinrunde der aktuellen Saison 2015/16. Beide Halbserien zusammengenommen ergeben das Auftreten eines Abstiegskandidaten. Und doch ist gerade das doch ein Grund, seinen Verein weiter zu lieben. Oliver Kahn würde sogar fordern, immer weiter zu lieben. Denn, sportlich ist die Talsohle endgültig erreicht, schlimmer geht nimmer. Das heisst, wir haben alsbald schon wieder bessere sportliche Zeiten vor uns. Können uns wieder auf ein Spiel und die Mannschaft freuen. Nur müssen wir aktuell einfach durchhalten. Schreibt sich einfacher als es ist. Aber betrachten wir das Ganze doch einfach wie eine funktionierende und langjährige Beziehung: Auch in einer solchen herrscht nicht immer nur eitel Sonnenschein. Und da der aktuelle Wutfan in seinen Kommentaren laut eigener Aussage im Durchschnitt schon seit über 60 Jahren zu Rot-Weiss geht, reden wir hier doch von einer langjährigen Beziehung.

Warum also alles über das Knie brechen und Shitstorm verbreiten, anstatt sich der Liebe erinnern, und geduldig wieder einander anzunähern. Klingt jetzt wie Love, Peace & Happiness, wirkt albern. Aber, es ist wirklich der einzige Weg. Und dann werden wir Spiel für Spiel wieder mit besseren Leistungen belohnt. Kurzfristig. Langfristig gelingt Rot-Weiss Essen dieser Legende nach somit wieder ein Aufstieg. Die Euphorie steigt in gleichem Maße wie die Ligenzugehörigkeit; der schlafende Riese ist erwacht. Vorwärts Rot-Weiss, kann man da nur noch anerkennend sagen. Verein und Fans stürmen also nun auch die Dritte Bundesliga, steigen nach vielen Jahren wieder in die zweite Bundesliga auf. Und endlich: Da wartet nach fünfzig Jahren wieder das so lang ersehnte Aufeinandertreffen mit dem FC Schalke 04. Der Tag, an dem Clemens Tönnies zum Veganer wurde, bedeutete nicht nur wirtschaftliche Einschnitte in Gelsenkirchen, sondern auch den sportlichen Abstieg. Die ersten Jahre in der zweiten Liga kämpft der RWE andauernd mit dem Rücken gegen die Wand, aber die gemeinsame Leidenschaft von Fans und Mannschaft schaffte stets den Klassenerhalt.

Auswärts durften leider nie viele Fans des RWE den Spielen beiwohnen, hat der DFB das Gästekontingent für die zweite Liga auf 10 Fans beschränkt. Grund dafür natürlich die Sicherheit und Sparmaßnahmen. So sind für die 10 Auswärtsfans nur noch 50 Ordner, 200 Polizisten und ein Drogenspürhund notwendig. Ausser, es kommt der RWE: Dann wird auf 60/250 aufgestockt. Die Vergabe der Auswärtsdauerkarten erfolgt per Losverfahren. Die Jahre ziehen über das Land und der RWE nähert sich verdächtig den Aufstiegsplätzen zur Eliteklasse. Jan Siewert, inzwischen eine Trainerlegende an der Hafenstraße denkt noch nicht an`s Aufhören, sondern sieht seine Mission erst mit der Rückkehr in die Erstklassigkeit beendet. In der Saison 2051/2052 ist es endlich soweit: Im letzten Saisonspiel schafft Rot-Weiss Essen den ersehnten Aufstieg (Jede Rückkehr in eine ehemalige Liga ist natürlich ein lang ersehnter Aufstieg) in die Fußballbundesliga. Ganz Essen feiert seine Helden. Und als wäre ein Fußballmärchen wahr geworden, wird der RWE exakt einhundert Jahre nach seiner ersten und bisher einzigen Meisterschaft sowie drei Jahre nach dem Aufstieg wieder Deutscher Fußballmeister. Meister 2055: Rot-Weiss Essen! Ganz Essen feiert seine Helden noch mehr. Für die Fans bedeutet der Aufstieg in die Eliteliga mit seinen größeren Stadien auch ein erhöhtes Kontingent an Auswärtskarten: Nun dürfen wieder 20 Auswärtsfans ihren Verein begleiten. Allerdings nur Abgabe sämtlicher persönlicher Daten und einem implantierten GPS Sender.  Die große Fangemeinde ist stinksauer und wünscht sich den Abstiegskampf in der vierten Liga zurück, als es noch genug Karten für alle gab.

Das Stadion Essen wurde mittlerweile erneut ausgebaut und erhält seinen dritten Rang. Die im Nachhinein explodierenden Kosten werden ausgesessen, die Verantwortung dafür hin- und hergeschoben. Was die Mannschaft des RWE aber nicht interessiert, denn schon in der kommenden Saison 2055/56 gelingt zwar nicht die Titelverteidigung (Meister wird der SV Eintracht Nordhorn), aber der allererste Erfolg in der Europäischen Königsklasse. In einem furiosen Finale wurde der FC Zürich mit 3:1 bezwungen. Ganz Essen nun in einem kollektiven Freudentaumel. Dr. Michael Welling sieht nun die Zeit gekommen, einen Nachfolger zu suchen, um sich auf seinen Alterssitz im Emsland zurückzuziehen. Doch zuvor steht noch ein Ereignis an, welches der RWE im Dezember 2015 nicht wirklich auf der Agenda hatte: Die FIFA-Klub-Weltmeisterschaft 2056, welche vom 10. Dezember 2056 bis zum 20. Dezember 2056 in Japan ausgetragen wurde. Als gesetzte Mannschaft musste der RWE erst im Halbfinale gegen den Chinesischen Vertreter Guangzhou Evergrande treten, der mit 2:1 nach Verlängerung bezwungen wurde. Im anderen Halbfinale trafen Auckland City FC und der Club Sportivo Barracas aus Buenos Aires aufeinander. Die Argentinier konnten sich hier erfolgreich durchsetzen. Rot-Weiss Essen – Club Sportivo Barracas also das Finale der Klub Weltmeisterschaft. Seinem scheidenden Trainer auch den letzten Wunsch erfüllend, rannten die Rot-Weissen sich die berühmte Lunge aus dem Leib und den Gegner in den vielzitierten Grund und Boden. Mit 3:1 ging auch die höchste Vereinsweihe an Rot-Weiss Essen.

Ganz Essen feierte nun nicht mehr. Viele der älteren Fans wandten sich vom Verein ab, da früher in Amateurzeiten alles besser und familiärer war.

Frohe Weihnachten.

Auch in diesem Jahr wieder, und weil er so schön und auch so wahr ist: Der Brief der kleinen Virginia O`Hanlon aus New York an die “Sun” aus dem Jahre 1897 und die Antwort des Redakteurs. Bis 1950 wurde dieser Brief jedes Jahr in der “Sun” gedruckt und seit 1977 führt die “WamS” diese Tradition fort (seit 2007 auch Im Schatten der Tribüne):

„Mit Freude antworten wir sofort und auf die in ihrer Weise herausragende Mitteilung unten und drücken gleichzeitig unsere große Befriedigung aus, dass ihr gewissenhafter Autor zu den Freunden der Sun zählt:

“Lieber Redakteur: Ich bin 8 Jahre alt. Einige meiner kleinen Freunde sagen, dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Papa sagt: Wenn du es in der Sun siehst, ist es so. Bitte sagen Sie mir die Wahrheit: Gibt es einen Weihnachtsmann?” Virginia O’Hanlon. 115 West 59 Street

Virginia, deine kleinen Freunde haben unrecht. Sie sind beeinflusst von der Skepsis eines skeptischen Alters. Sie glauben nichts, was sie nicht sehen. Sie denken, dass es nichts geben kann, was für ihren kleinen Geist nicht fassbar ist. Alle Gedanken, Virginia, ob sie nun von Erwachsenen oder Kindern sind, sind klein. In diesem unseren großen Universum ist der Mensch vom Intellekt her ein bloßes Insekt, eine Ameise, verglichen mit der grenzenlosen Welt über ihm, gemessen an der Intelligenz, die zum Begreifen der Gesamtheit von Wahrheit und Wissen fähig ist.

Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Er existiert so zweifellos wie Liebe und Großzügigkeit und Zuneigung bestehen, und du weißt, dass sie reichlich vorhanden sind und deinem Leben seine höchste Schönheit und Freude geben. O weh! Wie öde wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe. Sie würde so öde sein, als wenn es dort keine Virginias gäbe. Es gäbe dann keinen kindlichen Glauben, keine Poesie, keine Romantik, die diese Existenz erträglich machen. Wir hätten keine Freude außer durch Gefühl und Anblick. Das ewige Licht, mit dem die Kindheit die Welt erfüllt, wäre ausgelöscht.

Nicht an den Weihnachtsmann glauben! Du könntest ebenso gut nicht an Elfen glauben! Du könntest deinen Papa veranlassen, Menschen anzustellen, die am Weihnachtsabend auf alle Kamine aufpassen, um den Weihnachtsmann zu fangen; aber selbst wenn sie den Weihnachtsmann nicht herunterkommen sehen würden, was würde das beweisen? Niemand sieht den Weihnachtsmann, aber das ist kein Zeichen, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Die wirklichsten Dinge in der Welt sind jene, die weder Kinder noch Erwachsene sehen können. Sahst du jemals Elfen auf dem Rasen tanzen? Selbstverständlich nicht, aber das ist kein Beweis, dass sie dort nicht sind.

Niemand kann die ungesehenen und unsichtbaren Wunder der Welt begreifen, oder sie sich vorstellen. Du kannst die Babyrassel auseinander reißen und nachsehen, was darin die Geräusche erzeugt; aber die unsichtbare Welt ist von einem Schleier bedeckt, den nicht der stärkste Mann, noch nicht einmal die gemeinsame Stärke aller stärksten Männer aller Zeiten, auseinander reißen könnte. Nur Glaube, Phantasie, Poesie, Liebe, Romantik können diesen Vorhang beiseite schieben und die himmlische Schönheit und den Glanz dahinter betrachten und beschreiben. Ist das alles wahr?

Ach, Virginia, in der ganzen Welt ist nichts sonst wahrer und beständiger. Kein Weihnachtsmann! Gottseidank!, er lebt, und er lebt auf ewig. Noch in tausend Jahren, Virginia, nein, noch in zehnmal zehntausend Jahren wird er fortfahren, das Herz der Kindheit zu erfreuen.“

FROHE WEIHNACHTEN und ein gutes neues Jahr wünscht Ihnen und Euch “ISDT”

Der Spieler der Kokosnuss

Ein wechselwilliger Spieler bestreitet ein Testspiel bei einem höherklassigen Verein und dreht so richtig auf. Ein durchaus gängiges Procedere, schließlich möchte man sich ja für einen Vertrag empfehlen. Durchaus auch verständlich, würde es sich um einen verdienten, langjährigen Spieler handeln, der stets abgeliefert hat und aufgrund der sportlichen Stagnation seines derzeitigen Arbeitgebers die neue Herausforderung sucht.

Im Falle von Cebio Soukou ist die Sachlage aus Fansicht allerdings eine komplett andere: Hier will ein Spieler lieber heute als morgen die Hafenstraße verlassen, der nicht oder nur ganz wenig abgeliefert hat, sondern beliefert wurde. Cebio Soukou hat in seiner Zeit bei Rot-Weiss Essen Pech und Pannen erlebt. Aber der Verein war über Gebühr an seiner Seite, hat an ihn geglaubt. Catenaccio 07 hat #freecebio erfunden, wir haben ein Profilbild mit diesem Slogan gebastelt und online gestellt. Kaum ein Spieler der jüngeren Vergangenheit nach Timo Brauer oder Alexander Thamm hat sich einer solchen Wertschätzung erfreut. Der Mann hätte in einigen Jahren Legende werden können.

Und das, obwohl aktuell kaum auf dem Platz stehend! Irgendwann in dieser Saison zeichnete sich aber ein Trendwende ab, denn unser Hoffnungsträger trug keine Hoffnung mehr sondern höchstens Langeweile zur Schau. Nun gut,  die sportliche Situation mehr als unbefriedigend, es könnte auch daran liegen. Vielleicht aber hat es grundsätzlich nicht so gut in der Mannschaft harmoniert. An Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen. Der Spekulatius aber ist mir definitiv aus dem Mund gefallen, als ich lesen musste, wer nun die Beratertätigkeit ausübt und unserem zukünftigen Ex Spieler Soukou jenes Testspiel vermittelt hat. Ungefiltert und ohne jede Vorwarnung bekam ich „Lübeck“ vor den Kopf geknallt. Die Seele weinte, das Herz schmerzte und wir stiegen wieder ohne Not in diese verdammte vierte Liga ab. Daher meine Bitte: Dann geht, aber geht schnell, damit wir wieder frei sind!

Frei von Abstiegssorgen sind wir natürlich trotzdem nicht; die Nerven liegen blank. Rabatz ist da eher kontraproduktiv. Wir müssen wohl eher diese Saison überstehen. Klar, wir mussten schon so viele davor überstehen, haben stets viel Personal ausgetauscht. Ich behaupte aber, dass, wenn wir diese Saison nicht absteigen und am Trainer festhalten, wir schon kommende Saison andere Ergebnisse erzielen. Und ich glaube, dass spüren noch viele mehr. Viele andere Trainer wären sonst schon vom Hof gejagt worden. Mannschaft, Fans und Verein sind nun gefordert, und so albern es sich anhören mag, so billig vielleicht die Parole klingt: Wir sind zusammen gefordert. gegeneinander geht nichts. Da geht gar nichts. Nicht einmal Null Komma nichts. Wollen wir zusammen aufsteigen dürfen wir  jetzt nicht getrennt voneinander absteigen.

Schwierig bei den gebotenen Leistungen, man fährt ja schon mit Widerwillen von zu Hause los. Wie bloß die Nerven liegen, hat der gestrige Artikel in der RevierSport bezüglich unserer aktuellen Trainingsgäste eindrucksvoll bewiesen: Die Elf Tore in Elf Spielen habe ich komplett überlesen. Die folgende Marke von 29 Spielen und nur drei Toren aber sehr wohl wahrgenommen und direkt in eigene Worte gepackt. Sehen wir nur noch das Schlechte? Oder wird uns da was suggeriert? Wir können nicht mehr abwarten, tragen den geliebten RWE  eher wie eine böse Krankheit in uns, denn als einen Lebensinhalt. Wollen nur noch schnell den Erfolg erleben, bevor uns die Erfolglosigkeit zu Grabe trägt. Ist doch so! Der Verein kann mal wieder machen was er will: Soziale Projekte werden gelegentlich sinngemäß kommentiert, dass erst Punkte wichtig sind, und dann Geschenke. Wir sind eigentlich alle am Ende, können überhaupt nicht mehr differenzieren, denn beides ist doch so wichtig! Bemerken nicht, dass der Verein nicht aufhören kann, Verein und soziale Instanz zu sein, nur weil die erste Mannschaft Grütze abliefert. Sehen gar nicht, dass unsere Verein anerkannt ist wie vielleicht noch nie in der eigenen Stadt!

Ich habe gerade keine Freude am Fußball meiner Mannschaft. Bekomme die Emotionen aus Angst vor dem Abstieg kaum in den Griff. Aber, wir werden zum einen nicht absteigen! Und zum anderen kennt Liebe einfach keine Liga. Wir müssen da jetzt durch. Zusammen. Aber ohne Egoisten. Die treffen wir eines Tages in einem Spiel wieder. Und gewinnen dieses! Nur der RWE!