Das erste Kapitel dritte Liga.
Jetzt dauert es wirklich nicht mehr allzu lange, und unsere erste Saison in der 3. Liga wird angepfiffen. Noch dazu in unserem Wohnzimmer, das sich ständig anpassende Stadion an der Hafenstraße. Wobei anpassend in diesem Falle auf die vielen Auflagen des DFB gemünzt ist. Ansonsten ist eine eher unangepasste Hafenstraße natürlich weiterhin das Faustpfand von Rot-Weiss Essen. Das Stadion an der Hafenstraße hingegen hat sich einfach seinerseits schick gemacht für den ersten Flirt mit der neuen Fußballbekanntschaft. Hier etwas „Rouge“ hinter der West, dort schicke „Aufnäher“ mit Leuchtkraft an Haupt und West. Handwerker und Fans mit handwerklichem Geschick haben unisono einmal mehr dafür gesorgt, dass unser Zuhause auch immer mehr ein Stück Heimat wird. Zehn Jahre nach dem ersten Anpfiff sollte man auch wirklich meinen, dass die Zeit dafür gekommen ist.
So wirklich ist das wohl noch immer nicht greifbar, dass es nach so langer Zeit ernsthaft geglückt ist. Unglaublich, wie viele Jahre das waren! Wann fällt da wohl der eigene Groschen? Wahrscheinlich und tatsächlich erst am morgigen Samstag, wenn die Fans aus allen Richtungen nicht mehr angespannt, wie so oft in der Vergangenheit, sondern ausschließlich erwartungsfroh gen Stadion pilgern werden und der Anpfiff ertönt ist. Stand heute ist der Heimbereich unserer Bude noch nicht ganz ausverkauft. Aber so gut wie, was in Anbetracht der Sommerferien doch schon wieder mehr als beachtlich ist.
Man sollte nun auch nicht immer gleich ausverkauft erwarten, hatte das vorerst (und hoffentlich auf ewig) letzte Spiel in der Regionalliga-West gegen Rot Weiss Ahlen schließlich seine ganz eigene Dynamik. Am 14. Mai 2022 dabei gewesen zu sein, davon werde ich noch meinen Urenkeln erzählen: Von den im Auto vergessenen Eintrittskarten, der Pommes irgendwo im Nirgendwo, zubereitet von einer netten Dame aus Oberhausen. Von der Choreo, dem begeisternden Spiel unserer Mannschaft und den anschließenden Tränen der Umstehenden. Von der Party im Anschluss und einer langen Heimfahrt mit glücklicherweise noch Stauder in der Kühltasche. Sportlich betrachtet dürfte anschließend die entspannteste Nacht seit vierzehn Jahren begangen worden sein. Ganz genau weiß ich das aus Gründen nicht mehr.
Was uns nun erwartet ist auf jeden Fall eines: Wir sind nicht mehr der ultimative Titelfavorit. Wir sind sogar gar kein Favorit mehr auf einen der optionalen drei Aufstiegsplätze. Und wir tun gut daran, das auch so anzunehmen. Aufstiegsphantasien, besser bekannt auch als „Durchmarsch“ sollten wir uns noch nicht einmal ausmalen. Das wäre nicht nur vermessen, sondern auch kontraproduktiv. Einfach erstmal „Tach“ sagen, positive Spuren hinterlassen und so viele Punkte wie irgendwie geht einsacken. Der Dreiklang von Rot-Weiss Essen für die kommende Saison, wie ich ihn mir wünschen würde. Und alles mit welpenhafter Neugier einatmen.
Was nun das Drumherum angeht: Die einen sehen vermehrt Risikospiele auf sich zukommen, ich sehe darin eher Fußballfeste, die auf uns warten. Immer in Einklang mit einer gewissen Rustikalität der Wortwahl. Alles also eine Frage der Perspektive. Einen Perspektivwechsel hat ja am (wie konnte es für eine so treue Seele wie ihn auch anders sein) 19.07. 2019 leider auch Günter Barchfeld vornehmen müssen. Wir können nur grob erahnen, dass auch er am kommenden Samstag wieder mit am Start sein wird, wenn sein Rot-Weiss Essen endlich den ersten Ball in einer Profiliga spielen wird. Und vergessen werden wir ihn sowieso niemals.
Der SV Elversberg als Gegner und Mitaufsteiger ist so schwer einzuschätzen, nominell betrachtet bringen die Saarländer zwar nur wenig Fans mit an die Hafenstraße, dafür aber die wesentlich größere Erfahrung an Drittligaspielen. Was ihnen wenig nutzen wird, wenn Isi & Co. sie erstmal schwindlig spielen werden. Aber ganz ernsthaft: Beide Mannschaften agieren so auf Augenhöhe, hier eine seriöse Prognose abzugeben: Wer sich das traut, der hat wirklich Ahnung von der Materie. Für alle andern gilt: Nur der RWE!
Epilog: Ab sofort gedenken wir im Zeitraum rund um den 19.07. herum nicht nur Günter Barchfeld, sondern seit dem 21.07.2022 auch dem wunderbaren Uwe Seeler. Uwe Seeler wurde 85 Jahre alt und hat sich weit über seinen HSV hinaus den Respekt und die Sympathie so vieler Menschen verdient. Oft ist nur von den sportlichen und kulturellen Verdiensten die Rede, wenn uns bekannte Persönlichkeiten verlassen. Bei Uwe Seeler bleibt vor allem der Mensch in den Herzen zurück. Der größte Verdienst, der erreicht werden kann. Bei Günter ist „Uns Uwe“ aber bestens aufgehoben, sie werden sich viel zu erzählen haben.
Dann mal viel Spaß und Erfolg in der 3. Liga!
Nach Lektüre dieses Artikels und dem gestrigen „Themenfrühstück“ hoffe ich sehr, es in nicht allzu ferner Zukunft auch mal an die Hafenstraße zu schaffen.