Monatsarchive: September 2009

Initialzündung

Was hat der VfL Bochum mit der Midlife Crisis zu tun? Der VfL als Verein prinzipiell weniger. Zwei seiner Fans dagegen schon viel mehr. Die “Schriftgelehrten” Frank Goosen und Ben Redelings haben mit ihren Veröffentlichungen viel dazu beigetragen, sich im Status “Lebensmitte” verstärkt mit dem Gefühl der Musik und dem Fußball der Jugend zu befassen. “So viel Zeit” von Frank Goosen hat mich also noch längst nicht entlassen, sondern hält mich und momentan einige andere auch weiterhin fest in seinem Bann. Passend dazu ein Geschenk namens “Dem Fußball sein Zuhause”, in feinster 70ziger Jahre Optik. So generierte die kleine Runde, in der wir uns normalerweise bei leiser Musik im Hintergrund zu “geistigen” Getränken unterhalten, an diesem Samstag zu einer lauten Liebeserklärung an die Musik jener Zeit. Recht schnell mussten Tische und Stühle weichen um der Luftgitarre und dem Sackbass Platz zu machen. Die CD Sammlung von gestern in Verbindung mit minutenlangen Pausen wurde ersetzt durch die heutigen Wiedergabelisten. Da waren sie dann wieder vereint: Uriah Heep, Peter Gabriel, Bowie, Madness, KISS, Fischer-Z, Mother`s Finest, Genesis, Deep Purple, Don McLean und all die anderen großartigen Musiker und ihre Stücke, die uns gestern wie heute mehr bedeuten und ein vielfaches mehr an Gefühlen vermittelt haben wie manch heutiges Produkt. Solche Abende lassen sich leider nicht beliebig wiederholen oder am Reissbrett planen, basieren sie doch auf “Aha Erlebnissen” wie zum Beispiel einem Buch. Dafür war der Abend aber von einer solchen Intensität, so dass ich mich noch lange fröhlich daran erinnern werde. Verbunden mit der Erkenntnis, dass man niemals zu alt für etwas ist und dass das, was von Herzen kommt, immer siegen wird. Daher glaube ich auch weiter fest an bessere Zeiten für den RWE. Was nun die Umsetzung der Band für uns bedeutet, da sehe ich ausnahmsweise einmal schwarz: Noch sind wir zu dritt, und davon kann nur einer überhaupt ein Instrument spielen.

Wir sind das Volk

Es fällt auch drei Tage später noch nicht leicht, dieses Spiel des RWE gegen die Kölner Reserve als ein solches zu kommentieren. Die Folgen sind bekannt: Thomas Strunz ist wie fast schon zu erwarten, an seiner Mehrfachfunktion gescheitert. Direkt im Anschluss an den spielerischen Offenbarungseid, aber noch vor der Pressekonferenz war die Mission Teamcheck offiziell beendet. Prinzipiell bedauere ich die Demission, stand Thomas Strunz doch vor seiner selbstgewählten Tragödie Trainer für einen Neuanfang des RWE nicht nur auf sportlicher Ebene. Fühlbar gut vernetzt, dazu eloquent und scheinbar immer souverän im Handeln stand der Name Thomas Strunz auch für den Durchbruch im Stadionbau. Wenn dem nur nicht die katastrophalen Leistungen der Mannschaft auf dem Feld gegenüber stehen würden. Und genau dafür zeichnet der Trainer mit verantwortlich. Genaugenommen bei RWE gleich derer drei. Betont hat Strunz aber immer wieder, dass die allerletzte Entscheidung bei ihm liegt. Die Mannschaft selber sollte sich aber auch ganz gewaltig an die eigene Nase fassen, denn so aufzutreten wie am Freitag, da muss die Frage gestellt werden, ob hier die Entlassung des Trainers bewusst in Kauf genommen wurde. Grausam, kompliziert, druck- und willenlos usw. In der ersten Halbzeit noch unermüdlich angefeuert, bekamen die rot weissen alsbald schnell zu spüren, wie das Essener Publikum solch Vorstellungen findet. Und somit waren wir wieder da, wo wir in der letzten Saison aufgehört haben: ErVOLKlos. Und dabei begann der Tag in Essen eigentlich recht nett, und zwar mit einem Pils in Helmut Rahns Stammkneipe, der Friesenstube in Frohnhausen. Wir hätten da bleiben sollen!! Nach dem Spiel gab es dann besagte “Wir sind das Volk” Konstellation: Ca. 80 Kölner haben es geschafft, dass hunderte Essener Fans ihrer Freiheit und der Möglichkeit beraubt wurden, auf normalem Wege zu ihren Autos oder Bussen zu gelangen. Hatten wir beim Heimspiel gegen den 1.FC Saarbrücken noch das Modell “Wagenburg”, stand jetzt der Mauerbau Pate. Nicht mal mehr seitwärts entlang der Wagenburg konnte der Fußballfan seinen Heimweg antreten. Komplettsperrung der Hafenstrasse war angesagt, wie gesagt, wegen ca. 80 Kölnern, die eher Schnitzeljagd mit der Polizei spielen wollten, denn 90 Minuten ein Fußballspiel zu schauen. Der Mauernachbau in Verbindung mit dem Spiel und der unbefriedigenden Gesamtsituation wirkte nicht gerade deeskalierend auf das Essener Gemüt. Eine Stunde nach Spielschluß durften wir dann doch endlich passieren. Warum auf normale Fragen nach dem “warum” allerdings so dermaßen arrogant reagiert wurde, dass mag verstehen wer will. Die Frage nach der Personalnummer lag mir kurz auf der Zunge, ich habe sie mir aber verkniffen. Nach diesem Spiel wollte ich nur noch schnell weg.