Wir sind das Volk
Es fällt auch drei Tage später noch nicht leicht, dieses Spiel des RWE gegen die Kölner Reserve als ein solches zu kommentieren. Die Folgen sind bekannt: Thomas Strunz ist wie fast schon zu erwarten, an seiner Mehrfachfunktion gescheitert. Direkt im Anschluss an den spielerischen Offenbarungseid, aber noch vor der Pressekonferenz war die Mission Teamcheck offiziell beendet. Prinzipiell bedauere ich die Demission, stand Thomas Strunz doch vor seiner selbstgewählten Tragödie Trainer für einen Neuanfang des RWE nicht nur auf sportlicher Ebene. Fühlbar gut vernetzt, dazu eloquent und scheinbar immer souverän im Handeln stand der Name Thomas Strunz auch für den Durchbruch im Stadionbau. Wenn dem nur nicht die katastrophalen Leistungen der Mannschaft auf dem Feld gegenüber stehen würden. Und genau dafür zeichnet der Trainer mit verantwortlich. Genaugenommen bei RWE gleich derer drei. Betont hat Strunz aber immer wieder, dass die allerletzte Entscheidung bei ihm liegt. Die Mannschaft selber sollte sich aber auch ganz gewaltig an die eigene Nase fassen, denn so aufzutreten wie am Freitag, da muss die Frage gestellt werden, ob hier die Entlassung des Trainers bewusst in Kauf genommen wurde. Grausam, kompliziert, druck- und willenlos usw. In der ersten Halbzeit noch unermüdlich angefeuert, bekamen die rot weissen alsbald schnell zu spüren, wie das Essener Publikum solch Vorstellungen findet. Und somit waren wir wieder da, wo wir in der letzten Saison aufgehört haben: ErVOLKlos. Und dabei begann der Tag in Essen eigentlich recht nett, und zwar mit einem Pils in Helmut Rahns Stammkneipe, der Friesenstube in Frohnhausen. Wir hätten da bleiben sollen!! Nach dem Spiel gab es dann besagte “Wir sind das Volk” Konstellation: Ca. 80 Kölner haben es geschafft, dass hunderte Essener Fans ihrer Freiheit und der Möglichkeit beraubt wurden, auf normalem Wege zu ihren Autos oder Bussen zu gelangen. Hatten wir beim Heimspiel gegen den 1.FC Saarbrücken noch das Modell “Wagenburg”, stand jetzt der Mauerbau Pate. Nicht mal mehr seitwärts entlang der Wagenburg konnte der Fußballfan seinen Heimweg antreten. Komplettsperrung der Hafenstrasse war angesagt, wie gesagt, wegen ca. 80 Kölnern, die eher Schnitzeljagd mit der Polizei spielen wollten, denn 90 Minuten ein Fußballspiel zu schauen. Der Mauernachbau in Verbindung mit dem Spiel und der unbefriedigenden Gesamtsituation wirkte nicht gerade deeskalierend auf das Essener Gemüt. Eine Stunde nach Spielschluß durften wir dann doch endlich passieren. Warum auf normale Fragen nach dem “warum” allerdings so dermaßen arrogant reagiert wurde, dass mag verstehen wer will. Die Frage nach der Personalnummer lag mir kurz auf der Zunge, ich habe sie mir aber verkniffen. Nach diesem Spiel wollte ich nur noch schnell weg.