Monatsarchive: November 2020

Kammerspiel & Tragödie

25.11.2020 21:15 Uhr: Abpfiff an der Hafenstraße:

RWE hat den alten Rivalen aus Wuppertal mit sechs zu eins bezwungen. Das klingt nach dem deutlichen Sieg, der es in der Tat auch wahr. Obwohl der WSV dem Spiel durchaus eine eigene Note beizubringen wusste. Speziell in der noch fünften Minute, als Beyhan Ametov nach feiner Vorarbeit zur Talführung einnetzen konnte. Da hätte es bei voller Hütte für einen Moment den Trommeln die Sprache verschlagen und wäre das Aufstöhnen groß gewesen. Doch in diesem Jahr ist leider so vieles anders. Somit nahm unsere Mannschaft das Gegentor still hin, schüttelte sich einmal und machte weiter, als sei nichts geschehen. Dem Gegner wurde einmal mehr das Spiel aufgezwungen. Das Spiel, welches wir spielen und unbedingt gewinnen wollen. Somit dauerte es lediglich schlappe fünf Minuten, bis der Engelmann mal wieder seinen Schlappen am Ball hatte und es klingeln ließ. Was er dann noch drei weitere Male tat. Dennis Grote dachte sich nun ebenfalls, dass dies der Abend der „alten Männer“ werden sollte, und köpfte mal wieder einen rein. Den Sechserpack vervollständigte Marcel Platzek nach gütiger Mithilfe eines Wuppertalers (Dem auch wohl der Treffer zugeschrieben wird). Das Tor der Wuppertaler also eine astreine 30er Zone.

Man steht dem Ganzen fast ehrfürchtig gegenüber und kann es kaum glauben: Wenn uns jetzt nicht einmal mehr Rückstände aus der Bahn werfen, ja was denn dann? Dazu gesellt sich auch noch folgende Anomalität: Selbst Unparteiische sind gefühlt gar nicht mehr so parteiisch gegen uns, sondern hätten gestern Abend durchaus die ein oder andere Entscheidung zugunsten der Wuppertaler treffen können. Rot-Weiss Essen also „Coronavistas“, die dem Virus nicht nur administrativ ständig gegenübertreten, sondern diesen auch spielerisch manchmal vergessen lassen?

Vergessen kann man „ihn“ aber schon deshalb nicht, da unser Schnapper Daniel Davari positiv auf Corona getestet wurde. Ihm Gute Besserung und einen komplikationslosen Verlauf. Ein mulmiges Gefühl sicher auf vielen Ebenen. Überhaupt nicht mulmig machte hingegen die Tatsache, dass er durch Jakob Golz vertreten wurde. Auch so ein Plus in dieser Saison.

Zwei Komponenten aber die mich nach längerer Überlegung zu folgender Fragestellung in unserer kleinen, aber feinen RWE WA Gruppe veranlasste:

Ich: „Was mich bei aller Freude viel beschäftigt ist, dass ich glaube, dass dieser Tabellenplatz auch erst durch ein leeres Stadion möglich wurde. Im wahrsten Sinne in aller Ruhe können die Jungs spielen. Ohne Druck auf dem Stadionkessel, ohne Unruhe und ungeduldige Erwartung. Das macht mich bei aller Freude fast traurig.“

Er: „Einspruch: Spekulation“

Ich: „Einspruch stattgegeben.“

Sie: „Ihr seid bekloppt“

Ich: „Ich formuliere es anders: Könnte es sein, dass nach dem dritten Spiel im Stadion Unruhe geherrscht hätte?

Sie: „Nein!“

Ich: „Wohl!“

Er: „Ich stelle einen Antrag auf Befangenheit und fordere den Austausch des Richters Strootmann.“

Wir: „Stattgegeben!“

Anhand dieser (verkürzten und ohne Gifs`s etc. wiedergegebenen) Unterhaltung zeigt sich also, dass die Ruhe im Stadion nicht zwingend als förderlich für den Reifeprozess dieser großartigen Mannschaft empfunden wird. Vielleicht war es mal wichtig, dieses zu reflektieren. Diese Truppe wird sich auch von einem lärmenden Viereck nicht aus dem Konzept bringen lassen, sondern endlich wieder genießen. Auch bei Rückstand!

Die Heimspiele somit aktuell wie ein Kammerspiel: Ein Stück mit kleinem und festen Ensemble wird für uns aufgeführt und hat stets den selben Ablauf: Die „Reporterlenden“ Andreas und Christian (Reporterlegenden werden sie hoffentlich nicht bei uns, so gerne wir sie auch sehen und hören, würde das ja bedeuten, dass sie noch Jahre ohne uns kommentieren würden..) bringen uns im „Warm Up“ auf den neuesten Stand der Dinge. Dann wird stets der Chef befragt und meistens sieht man auch schon die beiden Glücksenten von Markus platziert. Die Minimalbesetzung an (Fan-)Radiokommentatoren und schreibenden Berichterstatter frieren sich ebenfalls den Allerwertesten ab, und ganz oben erledigen Michael und Walter den aktuell einsamsten Job ihrer langen Sprecherkabinenkarriere.

Das war es eigentlich fast schon an Personen außerhalb des Spielfeldes im Stadion. Vorhang auf also für die Mannschaft, die ihr Stück bei jeder Aufführung so gut interpretiert, so dass sie nun schon unglaubliche fünfundzwanzig Spiele am Stück ungeschlagen ist. Das ist wie Schalke. Nur andersherum!

25.11.2020 19:15 Uhr: Abpfiff bei der Begegnung Borussia Dortmund gegen den SV Rödinghausen.

Der SV Rödinghausen hat seiner selbstbewussten Ankündigung Taten folgen lassen und bei der Zwoten des BVB gewonnen. Die Dortmunder sind also zu knacken. Das Adrenalin bei allen Rot-Weissen vor dem eigenen Spiel direkt etwas höher. „Wenn wir hier heute gewinnen, ist wieder alles aus eigener Kraft möglich“. Und auch für dieses sportliche Unwort Quotientenregel ist das sicher nicht von Nachteil. Auch wenn ich mich weigere, dahingehend nachzurechnen. Die Tabelle ist mein Gebot Fußball. Sicherlich haben aber auch viele in Anbetracht der Dortmunder Niederlage reflexartig gedacht: „Na toll, dann verkacken wir heute“. Vor Jahren wäre das in Angesicht einer großen sportlichen Chance auch wohl noch so gekommen. Aber, nicht mal mehr das schafft unsere Mannschaft!

25.11.2020 18:00 Uhr: Die Tagesschau meldet den Tod von Diego Armando Maradona.

Was ein Schock. Welch ein fassungsloser Blick auf sämtliche Nachrichtenkanäle in der Hoffnung auf eine Falschmeldung. Werden doch Fakten heutzutage gerne verdreht, geleugnet oder einfach erfunden, um Schaden anzurichten. Doch es ließ sich nicht ändern: Diego Armando Maradona verstarb am Mittag Ortszeit des 25.11.2020 an den Folgen eines Herzinfarktes. Rational nicht zu erklären, warum das plötzliche Ableben dieses doch eigentlich Unsterblichen emotional zu zugelangt hat, wie es vielleicht wohl nur noch bei schlechten Nachrichten über Elisabeth II. der Fall sein dürfte. Zumal keiner seiner Vereine für das eigene Ich wichtig war. Der Versuch einer Annäherung an diese plötzliche Traurigkeit ergab, dass Diego Maradona vielleicht die Verkörperung all dessen war, was Ich selbst mit Fußball verbinde: Das Spiel als solches. Die Emotionen und Leidenschaft. Das völlige Eintauchen in den Sog der neunzig Minuten und besonders den Stunden davor und danach. Nun gut, seine Interpretation von Privatleben muss man nun nicht haben. Ein Chaot vor dem Herrn, vor dem er nun getreten ist, um die Hand wieder abzutreten.

Diego Armando Maradona war ein begnadeter Spieler und ein ziemlich desaströser Mensch. Das aber mit Leib und Seele. Seinem „Leib“ hat er durch seine exzessive Lebensweise sicher nicht viel Gutes im Anschluss an seine Karriere getan und auch die Seele in ihm und um ihn herum bekam zu wenig der Pflege, die ein einigermaßen ausgewogenes Leben ermöglicht. Nun ist er gegangen und hinterlässt eine Lücke, die kaum einer wirklich zu beschreiben weiss, die aber sicherlich nicht zu füllen ist. Lass die Wolken tanzen. Und auf ein Pilsken mit dem Boss.

Fachmänner für Bodenbeläge

Ker, was geht es uns gut gerade. Also im übertragenen Sinne natürlich. Unsere Mannschaft bereitet uns wirklich Freude. Was lange währt, könnte endlich gut werden. Vielleicht schon kommendes Jahr, wenn so viel anderes auch wieder gut werden könnte. Man muss die Jungs in unseren Trikots jetzt nicht mehr vor jedem Spiel fragen, wie es sich anfühlt, ohne Fans zu spielen: Das fühlt sich Kacke an. Punkt! Und wird vor jedem wichtigen Heimspiel neu gefragt einfach nicht besser. Wir fehlen Ihnen und sie fehlen uns. Aber deshalb sind wir trotzdem immer dabei. Wie heißt es doch in den Gesängen: „Wir ziehen voran, als Euer zwölfter Mann. Durch Regen und Stream. Durch Sturm und Radio…RWE ohoooo“. Also, wir wuppen das trotzdem gemeinsam. Speziell schon Morgen wieder gegen die Wuppis.

Natürlich ist man allein aufgrund der Tabellensituation Favorit gegen den WSV. Wir sind oben, und sie relativ im Tal der Tabelle. Aber noch sind wir nicht bei Mittwoch, sondern bei der Aufarbeitung der vergangenen, erfolgreichen Woche. Und bei einer Schlagzeile, die man ewig lesen könnte: „BVB demontiert Schalke und bleibt RWE auf den Fersen“. Natürlich hat sie zwei kleine Schönheitsfehler: Zum einen hätten sich die Blauen mit ihrer Zwoten nur einmal genau so anstrengen können wie noch gegen uns, und zum anderen bleiben doch eher unsere Roten den Schwarz-Gelben auf den Fersen. Realistisch betrachtet, sollten die jungen Borussen ihre beiden Nachholspiele erfolgreich gestalten. Aktuell sind die Spiele aber nicht gespielt, und somit grüßen eben die Kicker von der Hafenstraße ziemlich fröhlich von der Tabellenspitze. Sechs Punkte und sechs Tore die Bilanz der vergangenen Woche. Man muss das als RWE auch einfach beiseite schieben, und kann den BVB jetzt nicht andauernd als über einem schwebendes Damoklesschwert von Woche zu Woche mitnehmen. Das klärt sich alles im Laufe der Saison.

Das Spiel unter der Woche verblüffte Anwesende durch einen Auftritt der jungen Fohlen, der so gar nicht einer traditionell spielstarken Zweitvertretung ähnlich sah. Man überließ uns ja fast komplett Ball und Raum, so dass sich die Essener über mehr Ballbesitz freuen durften, als manch Kind im Bällebad eines Möbelhauses. Ecken und Abschlüsse ebenfalls en masse vorhanden, es war gar von einem Klassenunterschied die Rede, doch der verdiente Lohn in Form eigener Tore blieb bis weit in die zweite Hälfte verwehrt. Sandro Plechaty war es dann mit seinem ersten Saisontor, welches allen Fans vor den Empfangsgeräten den Blutdruck zu senken vermochte. Man kennt das ja aus früheren Jahren, wo eine hemmungslose spielerische Überlegenheit schon mal in einem eiskalten Gegentor mündete. Doch auch das in diesem Jahr kein Thema: In der Schlussminute traf dann Isaiah Young ebenfalls das erste Mal für die neuen Farben und ein Geduldsspiel nahm ein gutes Ende. Gut zu wissen, dass es auch mal die Kollegen waren, die das mit den Toren geregelt haben.

Wieder einmal drei Punkte gegen den Trübsinn der Aktualität und gegen das Gefühl, nichts dazu beitragen zu können, dass es gerade so gut läuft wie es läuft. Aber, besser es läuft gerade ohne uns, als dass es mit uns nicht laufen würde. Ball flach halten, Pobacken zusammenkneifen und Punkte zählen. Das ist das, womit wir gerade am besten helfen können. Shoppen geht natürlich auch. Die neuen Klamotten noch mehr ansehnlich als die „Linie“ der vergangenen Saison schon. Da wird die schlabberige RWE Jeans ganz gebleicht vor Neid, denn endlich bekommen wir den Traum tragbarer Alltagszugehörigkeiten weiter und immer weiter erfüllt.

Am Samstag ging es dann ja nach Duisburg zur derzeitigen Nummer Eins der Stadt, dem VfB Homberg. Vergangene Saison noch im Wedaustadion des designierten Absteigers ausgetragen, konnte auch diese Begegnung ohne Zuschauer locker auf angestammten Homberger Geläuf gespielt werden. Wobei Geläuf als Begrifflichkeit für das Spielfeld im PCC Stadion der VfB’ler noch sehr charmant umschrieben ist. Trainer Neidhart erwies sich aber als Fachmann für Bodenbeläge und passte diesen einmal mehr Aufstellung und taktische Ausrichtung bestmöglich an. Da auch der VfB Homberg keinesfalls gewillt war, den Essenern den Platz so zu überlassen, wie es noch am Mittwoch in Rheydt der Fall war, entwickelte sich ein munteres Spiel. Mit einer frühen Führung für den RWE! Simon Engelmann war es, der sein Torkonto weiter zu erhöhen wusste. Die kurze Irritation darüber, dass auch andere Rot-Weisse wissen, wo das Tor steht, somit kurzzeitig geklärt.

Anhand der Bewegtbilder wähnte man sich zwischendurch übrigens auf einer Nordseefähre bei Windstärke acht oder neun, so sehr windete es in Rheinnähe und pfiff es aus den Lautsprechern. Die Schleppkähne auf dem Rhein im Hintergrund und die zahlreichen, in ausreichendem Abstand zueinander stehenden Zaungäste vermittelten einmal mehr in dieser Saison ein uriges Gefühl in der Betrachtung. Mitte der ersten Halbzeit knallte dann unser Fußballgott Marcel Platzek den Ball mit einem satten Rechtsschuss in des Gegners Tor und rechtfertigte mindestens damit seinen Platz in der Startaufstellung. Diese Flexibilität aktuell das ganz große Plus bei RWE. Die Aufstellung vor dem Spiel mittlerweile ähnlich spannend wie noch vergangene Saison, aber der Matchplan dahinter irgendwie strukturierter. Da in Rheydt auch Sandro Plechaty Lust am Tore schiessen gefunden hatte, legte er in Homberg zum zwischenzeitlichen 3:0 noch vor der Pause nach. Es ist wichtig, dass immer mehr Spieler treffen und so die Last des Torerfolgs auf mehrere Schultern verteilen. Aber natürlich blieb es doch an Simon Engelmann, die beiden anderen Treffer mit seinem zehnten Tor zu umrahmen, so dass es schlussendlich der erste deutliche Erfolg der Rot-Weissen wurde.

Man könnte sagen, dass die Torkuh vom Eis geholt und der Torbock umgestossen wurde. Man kann es aber auch lassen, weil es sich irgendwie bescheuert liest. Was man aber unglaublich erleichtert zur Kenntnis nehmen kann ist, dass Simon Engelmann bei uns einfach dort weitermacht, wo er in Rödinghausen aufgehört hat. Das ist eine der großen Überraschungen dieser Saison. Bislang war es doch eher so, dass neue Spieler oftmals ihre großen Qualitäten beim abgebenden Verein im Spind haben liegen lassen. Wir haben da so unsere Erfahrungswerte gesammelt. Ein weiteres Indiz also für die (sportliche) Saison der Saisons.

Abseits der Hafenstraße gab es rund um das runde Leder noch zwei bemerkenswerte Meldungen: Der FSV Mainz hat sein erstes Saisonspiel gewonnen und damit Gelsenkirchen den Platz der Plätze überlassen. Und der von mir sehr geschätzte Kicker fragt in einem großen Interview ausgerechnet den Boss der Dosen, wie sich die Zukunft des Fußballs darstellen kann. Ey, dann kannste auch eine Pizza fragen, ob sie sich eine Zukunft nach dem Backblech vorstellen kann. Da bedarf es anderer Stimmen, die gehört werden müssen. Aber definitiv nicht die aus Fuschl am See.

Emotional Rescue (Stones)

Man ist ja mittlerweile soweit, dass man sich vermehrt Sportdokumentationen verschiedenster Mannschaftssportarten aus vergangenen Jahren anschaut, nur um mal wieder ein wenig Flair genießen zu dürfen. In einer dieser Dokumentationen sprach ein Trainer davon, dass seine Mannschaft und die Fans ein enormes emotionales Investment vornehmen müssten, um das Derby zu gewinnen. „Emotionales Investment“, vielleicht genau die Begrifflichkeit, mit der sich umschreiben lässt, was uns allen zur Zeit aus gegebenem Anlass so sehr fehlt.

Spielergebnisse, Tabellen, Neuverpflichtungen, taktische Spielereien und so weiter, dass alles ist die eine Seite des Fußballs. Die Seite, die wir ja auch ohne Probleme (es sei denn, Spiele müssen aufgrund positiver Verdachtsfälle/Erkrankungen abgesagt werden) weiter verfolgen können. Und so konnten wir am Samstag den erneut temporären Sprung unserer Rot-Weissen an die Tabellenspitze der Regionalliga West verfolgen. Also im eigentlichen Sinne. Denn aus Bergisch-Gladbach gab es keine Bewegtbilder zu betrachten. Verwöhnt durch die eigenen, mittlerweile richtig stabil laufenden, Übertragungen aus der Sendeanstalt „97a“ sowie von den bisherigen Auswärtsspielen machte sich fast Verblüffung breit, als es zu realisieren galt, dass wir ausschließlich den alten Tugenden Fanradio und Liveticker die volle Aufmerksamkeit schenken durften.

Beide Medien konnten aber nicht viel Glanz in ihre Berichterstattung bringen, denn die auf einigen Positionen veränderten Rot-Weissen brachten auch gegen den Gastgeber und Kellerkind SV Bergisch-Gladbach wohl eher keine Kür, sondern die Pflicht auf den Rasen. Sich mit Schwung dem Strafraum zu nähern fiel auch diesen Samstag erneut etwas schwerer. Und so können wir froh sein, dass jedes Spielfeld auch Elfmeterpunkte beinhaltet: Letztendlich mussten zwei Elfmeter her, um nach dem Spiel mit Drei Punkten nach Hause zu fahren. Weiter ungeschlagen! Wieder gewonnen und erneut an der Tabellenspitze. Eigentlich könnte uns allen doch die Sonne aus den Knopflöchern strahlen, was sie im tabellarischen Sinne auch durchaus zu tun vermag.

Aber, da ist zum einen diese ungerade Tabelle, die bei einer Mannschaft acht gespielte Spiele aufweist, bei einer anderen wiederum schon deren vierzehn. Doch da ist auch das Gefühl, dass was fehlt. Das irgendwas lähmt. Und da kommt für mich wieder das emotionale Investment ins Spiel. Unsere Spieler machen gerade alle ihren (guten) Job und sind sicher mehr als froh, diesem weiter nachgehen zu dürfen. Aber Fußballer spielen nicht nur für sich selbst. Fußballer stehen selbst in der Kreisklasse auf einer Bühne und leben von der Anfeuerung und den Emotionen von außen. Fußballer bei Rot-Weiss Essen bedeutet sogar die ganz große Bühne. Die große Klaviatur der Emotionen, negativ wie positiv. Vielfach rauf- und runter zwischen Anpfiff und Abpfiff gespielt.

Alles wirkt auf dem Platz gerade langsamer und freudloser ohne Fans. Ohne die verschiedensten Lager vor Ort, die ein Stadion zu bieten hat. Keine aktive Szene, keine Dauernörgler. Keine Kutte und kein Modefan. Wir, die wir die Ergebnisse sonst in Freude vereint rausschreien oder nach schlechtem Ausgang aus Frust verbal vor uns hin rotzen, nehmen die Ergebnisse nur noch wohlwollend hin. Nicken diese ab und halten durch. Dem Gebot der Stunde folgend. Je weniger Kontakte, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass weitergespielt wird. Immer weiter. Und mit jedem positiv gestaltetem Spiel steigen unsere Chance, dass ersehnte Ziel Aufstieg zu erreichen. Man kann nicht mal applaudierend anerkennen, wie lange unsere Jungs nun schon ungeschlagen von Spiel zu Spiel eilen.

Der Funke, der sonst vom Feld auf die Tribünen springt und umgekehrt. Dieser Auslöser jedweder Emotionen im Kulturgut Stadionbesuch, dieser Funke kann aktuell einfach nicht gezündet werden und hockt irgendwo verzweifelt in den Stadionkatakomben. Wartet drauf, wieder ins Spiel eingreifen zu dürfen. Man kann das auch nicht kompensieren, indem zum Beispiel die Stadionregie in höheren (TV-) Ligen trotz verwaister Tribünen das komplette Animationsprogramm abzieht und bei Toren schier eskaliert. Das ist schlicht peinlich. Wir müssen nun irgendwie einen Weg finden, unserer Mannschaft trotz Abwesenheit zu vermitteln, dass es für uns das Größte ist, wenn sie auflaufen und für unser Emblem alles geben. Dass unser Tag trotzdem von diesen neunzig Minuten dominiert wird, in denen Rot-Weiss spielt. Und das wir uns bei ihr genau diese Emotionen wünschen, als wenn wir da wären. So schwer es auch fallen mag. Vielleicht also müssen wir den Spielern noch einmal auf andere Art vermitteln, dass wir auch jetzt den Schub geben wollen, den sonst nur ein volles Stadion zu geben vermag. Aber wie kann solch schwieriges Unterfangen gelingen?

Abseits dieser Gedanken wurde die zweite Runde des DFB Pokals ausgelost. Und was soll man schreiben: Corona hat auch seine guten Seiten! Endlich werden Auslosungen wieder wie Auslosungen durchgeführt und nicht zu einer peinlichen Show verhunzt. Ich muss ja gestehen, mich hat die schiere Angst gepackt, dass wir es ausgerechnet jetzt mit den Blauen zu tun bekommen. Das einzig wahre Derby nach so vielen Jahren, und dann vor leeren Tribünen. Dann hätte 2020 endgültig den Hut nehmen können. So bliebt es weiterhin eher das kalendarische Gelsenkirchen. Die Ziehung nun für uns direkt eine „Auslosung interruptus“, denn schon nach der vierten Kugel war alles vorbei: In der zweiten Runde des DFB Pokals ist erneut die Düsseldorfer Fortuna zu Gast. Ebenso wie gegen Arminia Bielefeld der zweite Anlauf unserer Roten binnen weniger Jahre.

Und nehmen wir Bielefeld als gutes Omen, steht der dritten Runde ja nicht viel im Weg. Außer, dass wir auf den Rängen wohl immer noch nicht in emotionales Investment investieren dürfen. Aber, hoffen darf man immer!