Monatsarchive: Februar 2009

Kontrastmittel

Meine aktuelle Bettlektüre könnte unterschiedlicher kaum sein: Hier der „elder statesman“ aus Hamburg, dort der „former hooligan“ aus London. Natürlich braucht es keine Rechtfertigung, eine Biographie über einen großen Staatsmann zu lesen. Flüssig geschrieben spart Hans Joachim Noack auch nicht mit Kritik am umtriebigen und bisweilen harschen Politiker. Wie ein roter Faden zieht sich die Ungeduld eines Helmut Schmidts mit seiner jeweiligen Lebenssituation durch das Buch. Langatmige Plenarsitzungen bleiben dem Leser erspart, differenzierte Darstellungen der charismatischen Troika Wehner/Brandt/Schmidt aber leider auch. In Anbetracht der Tatsache, daß so viele Jahre beleuchtet werden müssen, aber zu verkraften. Für mich allein wäre aber auch schon das Titelbild ein Kaufgrund: Welch sympathisches Bild eines brillianten Geistes. Von allen guten Geistern verlassen schien dagegen viele Jahre der Autor des zweiten Buches: Viele „dritte Halbzeiten“ verschafften ihm in seiner Jugend keinen Posten auf politischer Ebene, sondern als Politikum hinter Gittern. Ich lese trotzdem gerne diese Bücher aus England mit ihren autobiographischen Zügen. Blendet man nun alle Gewalttaten rund um den Fußball aus, bietet sich dem Leser ein recht schmissiger Eindruck der Jugendkultur in England über mehrere Jahrzehnte hinweg. Wie auch bei John King geht es abseits des Fußballs um den Style, die Musik und dem Leben in den verschiedensten Regionen der britischen Insel. Die spinnen nicht nur, die Briten, sondern sie haben auch was. Für mich wenigstens. Leider konnte ich nicht ergründen, warum immer wieder auch Fußballgewalttäter (und nichts anderes war Cass Pennant) solchen Kultstatus in England einnehmen. Vielleicht liegt es wirklich in dem Inselstatus der Briten begründet, und ihrer geschichtlich verbrieften Neigung, keinem Ärger aus dem Wege zu gehen und andere Orte erobern zu wollen.

Im Westen nichts neues.

Unglaubliches hatten die Meppener auf die Beine gestellt, um in ihrem Sprudel Stadion eine Wahnsinnskulisse von 8700 Zuschauern begrüßen zu dürfen. Werbung und Freikartenaktion heißt das Zauberwort, welches hier am Heideweg mit einem Fluch belegt ist. Dergleichen findet in ähnlicher Form nämlich kaum bis überhaupt nicht statt. Und natürlich wurde auch wie gehabt das Spiel gegen den Rivalen aus Nordhorn gewonnen. Mit 1:4 verlor die heimische Eintracht recht deutlich im Emsland. Zum Spiel vermag ich nicht viel zu sagen, war ich doch nicht vor Ort und gibt es auch fast keine Stimmen zum Spielgeschehen. Vielmehr widmet man sich den Zeichen der Zeit und somit dem Aktionismus abseits des Spielfeldes und der eigenen Darstellung. Das Spiel selber verkommt bisweilen immer mehr zum Statisten, gilt es doch Stimmung, Boykotte und sonstiges zu kommentieren. Auf Wiedersehen also im nächsten Jahr. Vielleicht sollte ich dann doch mal wieder hinfahren, hat doch mein Aberglaube in dieser Begegnung auch noch nicht gefruchtet.