Monatsarchive: Oktober 2008

Pflichtveranstaltung

Es gibt so Spiele, zu denen zieht es den Fan nicht, weil man den Besuch in Ansätzen begründen könnte. Es ist eher diese irrationale „Fandenke“: Pflichtgefühl verbunden mit der zukünftigen Argumentation, wenn man mal wirklich keine Lust hat: „Aber ich war gegen den Tabellenletzten da, und Du nicht“. In meinem Falle eigentlich völliger Humbug: Ich fahre lieber von Haus aus zu solchen Spielen als zu den vermeintlichen Spitzenspielen, Lust hatte ich auch nicht, denn einen Abend zuvor habe ich die fast gleiche Strecke schon einmal absolviert inklusive Dienst und kaum Schlaf. Und rechtfertigen müsste ich mich hier in Nordhorn auch nur vor einem RWE Fan, denn es gibt ja kaum weitere. Egal, wir sind natürlich doch hin und schon beim Anblick der Flutlichtmasten und dem Umfeld des Stadions kribbelte es schon wieder. Das kann man nicht beschreiben, das muß man erleben. Und weiteren 7632 Zuschauern ging es genauso, und somit wurde meine These vom schwächsten Besuch seit vielen Jahren gründlich widerlegt. 5:0 hat der RWE die tapfere Wormatia aus Worms verdient besiegt, und noch mehr Tore wären locker drin gewesen. Nach 3 Minuten stand es schon 2:0, was jeden Versuch von Grund auf zerstörte, den berühmten Beton anzurühren. sofern die Wormser dieses geplant hatten. Die Atmosphäre war heute sehr komisch. Klare Führung, und einige regen sich bis kurz vor Exitus auf, weil der Ball nicht den geforderten Spieler findet. Wenige gemeinsame Anfeuerung wich einem permanenten „Sirren“ von Unterhaltungen, die sich nicht nur mit dem Spiel beschäftigten. Es gab heute die verschiedensten soziokulturellen Faktoren zu beobachten, was mir den Eindruck vermittelte, dass das Spiel ein wenig an uns vorbeilief. Nach dem Spiel gab es dennoch den verdienten Jubel und zu meiner Freude wich die überstrapazierte „Humba“ einem neuen Hüpfjubel, was auch den Vorteil mit sich bringt, dass im Herbst die Spieler sich nicht erkälten sondern in Bewegung bleiben. In der 2. Halbzeit haben wir uns auch in Bewegung gesetzt und einen Blockwechsel vollzogen. Wie zu sehen nagt auch da schon der Zahn der Zeit an der Tribüne. Nächste Woche geht es dann zum Saisonhighlight auf Fanebene nach Münster. Nach den Vorkommnissen einige Jahre zuvor ein brisantes Spiel. An Brisanz außerhalb habe ich kein Interesse, wohl aber an dem Spiel und auch an dem Stadion, welches ja in seiner „körperlichen“ Verfassung durchaus dem Georg Melches Stadion gleicht.

Ente Rot Weiss

Fußball ist Kultur, und somit weit mehr als die 90 Minuten auf dem grünen Rechteck. Das ist auch gut so, bedingt es doch Erlebnisse, wie das am vergangenen Donnerstag: Ein Abend mit Willi „Ente“ Lippens im „Riff“ in Bochum, präsentiert von scudetto.de. Irgendwie hatte ich so gar keine Idee, was Bernd und mich dort erwartete. Schließlich war meine Hauptintention, einen persönlichen Gruß eines großen Essener Fußballers für Peter zu ergattern. Das ist gelungen, und wie. Vielen Dank dafür auch an Frau Redeling. Schon die, wie sagt man so schön, „Location“ paßte und vermittelte einen gediegenen und doch herzlichen Eindruck. Der Abend begann mit dem „scudettor“ und einigen Anmerkungen zur vergangenen Fußballwoche. Da den Bochumern so das richtige Feindbild im Ruhrgebiet fehlt, kam Kevin K. noch recht glimpflich davon. Und dann war es Zeit für Willi Lippens, die Bühne zu betreten. Und es wurden 2x 45 Minuten plus Verlängerung. Viel Stichworte bedurfte es nicht, und Willi Lippens kam verbal dermaßen ins Dribbeln, so dass er sich noch der Mario Barth`schen Motorik bediente um zum Beispiel anzudeuten, wie ihn Berti Vogts von hinten des Balles entledigen wollte. Auch Finanzakrobatik aus einer Zeit in Dallas, als J.R. Ewing noch Phantasie war, diesen aber die Schamesröte in das Gesicht getrieben hätte, wurde beschrieben. Die kritische Fanseele bekam ihr Balsam in Form einer verklärten Darstellung der alten Stadionkultur ab und die wenigen als solche zu lokalisierenden RWE Fans bejubelten noch das Bekenntnis, dass eine Ente überall watscheln darf, nur nicht in Gelsenkirchen. In der Halbzeit dann stilecht eine Bratwurst, und auch viel Zeit von Willi Lippens, der sich für jeden Fanwunsch Zeit nahm. In der zweiten Halbzeit verflachte das „Bühnenspiel“ dann erst ein wenig. Holland kam ins Spiel durch einen weiteren Bühnengast und hatte ein paar Gags unter der Gürtellinie parat. So habe ich das auf jeden Fall empfunden, oder vielleicht war es auch nur der 25%tige holländische Anteil in mir. Egal, ein gemeinsam intoniertes Lied ließ Willi Lippens wieder in`s Spiel kommen. Selbst nach „Abpfiff“, als wir schon fast im Auto saßen, stand Willi Lippens immer noch oben und fand kein Ende, aus seinem reichhaltigen Fundus der Fußballanekdoten zu berichten. Toller „Typ“, tolles Ambiente und die Erkenntnis, daß es sich besser anfühlt, neben einem ehemaligen Fußballstar an der Pinkelrinne zu stehen als darüber zu lesen, wie sich nun auch ein Bremer Nationalspieler nicht genug gewürdigt fühlt.