Monatsarchive: September 2009

Tigerentenclub

Ich weiß, ich sollte mir politische Äußerungen weitestgehend verkneifen, glaube ich doch nicht über solch Wissen zu verfügen, welches eine Teilnahme an öffentlichen politischen Diskussionen rechtfertigt. Aber, ich bin Wähler, habe meine Pflicht wahrgenommen und somit auch ein Recht auf eine eigene Meinung. Und ich bin wie immer, und diesmal im wahrsten Sinne des Wortes, parteiisch. Nun bin ich nicht davon ausgegangen, dass “meine” Partei großartige Gewinne einfahren wird, vor allen Dingen nicht hier in der Grafschaft Bentheim. Was sich dann aber um 18.00 Uhr als Prognose in Balken widerspiegelte war schon hart. Der Begriff Desaster bringt es auf den Punkt. Die Zahlen und daraus resultierenden Fakten sind allen bekannt. Meine parteipolitischen und auch sonstigen Grundsätze wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität waren den Wählern diesmal (und wohl auch zurecht) keine Stimme wert. Es wird abzuwarten bleiben, was nun von der neuen Regierung zu erwarten ist. Die ersten Aussagen und Prognosen stimmen mich und mein Arbeitsfeld sehr skeptisch: “…..scheinen Einschnitte im sozialen Bereich unvermeidlich zu sein” (Was bedeutet das? Noch weniger Zeit für die Menschen, die wir betreuen? Noch weniger Qualität? Zählt nur das Bruttosozialprodukt und nicht mehr das einzelne Leben?) und , “Kündigungsschutz erst ab Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern” (was bitteschön kann denn der einzelne Mitarbeiter für die Anzahl der Kollegen?). Vielleicht wird sich aber auch nur marginal etwas ändern, es wird alles gar nicht so schlimm, und auch die ehrliche Freude unserer Bundeskanzlerin fand ich sehr erfrischend (die eigenen Verluste wurden natürlich kaum erwähnt). Als sehr negativ aber habe ich aber den Vorsitzenden der FDP im Anschluß an die Wahl und in den verschiedenen Sendungen empfunden. Herr Westerwelle hat es in meinen Augen nicht verstanden , ein Parteivorsitzender zu sein, sondern sich so gegeben, als ob ein langer Egotrip nun endlich sein Ziel gefunden hat. Zum Schluß noch ein sehr interessanter Blick auf die Auswertungen der Stimmen in Essen: Kann die CDU im Süden der Stadt, zum Beispiel in Bredeney auf ein starkes Wählerpotential zurückgreifen, so dominiert im Norden und in den Vierteln rund um die Hafenstrasse weiter die soziale Demokratie wie auf dem Bild zu sehen. So, nun ist es raus, der Ansatz eines ersten, völlig subjektiven, politischen Textes. Es wird gleichzeitig auch der letzte sein. Das kann ich einfach nicht.

Alles zurück auf Anfang?

Abfahrt Dreieck Bottrop, der Abendhimmel begann sich glutrot zu färben und im Autoradio gab Elton John seinen “Song For Guy” zum Besten. Bis dato war ich mir überhaupt nicht klar darüber, warum ich doch wieder Richtung Hafenstrasse unterwegs bin. Es sprach doch fast alles dagegen. Bis hierhin. Die Verbindung von Himmel, Musik und Straße war der Schlüssel: Es sollte einfach so sein, und ich hatte für einen kurzen Moment das Gefühl zu spüren, wer mich da auf den Weg geschickt hatte. Es war auf jeden Fall eine gute Entscheidung: Schon die Anreise verlief entspannt: Vor zwei Wochen noch seiner Grundrechte als freier Bürger beraubt, konnte die Hafenstrasse diesmal voll befahren und auch zu Fuß passiert werden. Auch die gute, alte Nordtribüne, bzw. deren noch existenten Blöcke waren wieder für die RWE Fans zugänglich. Im Klartext: Endlich wieder im Block “M”. Zeit, auch hier endgültig Abschied zu nehmen, nachdem ich in dieser Woche schon schweren Herzens, aber an richtiger Stelle, eine Telefonnummer gelöscht habe. Den Einlauf und die ersten Minuten des Spieles habe ich somit eher sekundär wahrgenommen, schnell wachgerüttelt aber schon in der dritten Minute: Die Führung durch den ersten Saisontreffer von Markus Kurth. Im Anschluss daran entwickelte sich ein Spiel, welches sich nicht durch spielerische Glanzpunkte auszeichnete. Oft gab es auch das “lange Holz” nach vorne. Aber, und das macht es letztendlich aus: Die RWE Mannschaft kämpfte um jeden Ball. Herrlich wie da gerannt, gegrätscht und nie aufgegeben wurde. Manchmal kam man sogar über den Kampf zum Spiel (Floskel) und wechselte gekonnt die Seite oder konterte im eigenen Stadion den Gegner aus.Ein solcher Konter über nur drei Stationen führte dann in der 41. Spielminute zum 2:0 durch Sascha Mölders. Ein langer Ball von Schnier wurde gekonnt angenommen und wunderbar in den rechten Winkel vollendet. Da die Abwehr bisweilen immer noch recht wackelig daherkommt, hatte ich erst ab der 93. Minute das Gefühl des mittlerweile durchgelutschten Dropses. Nach diesem letztendlich aber verdienten Sieg brachen zwar keine Dämme, und Mannschaft und Fans haben sich sicherlich noch nicht dauerhaft versöhnt, aber es war ein Schritt in die Richtung, die man an der Hafenstrasse sehen will: Fußball mit Leidenschaft. Kein Vergleich mehr zu dem Gewürge des letzten Heimspiels. Und damit komme ich zurück zur Kernaussage: Alles zurück auf Anfang? Nun, die Mannschaft hat auch ohne Thomas Strunz bewiesen, dass die Botschaft “gemeinsam stark” durchaus umgesetzt werden kann. Manchmal geht es halt nicht mehr zurück auf Anfang. Vielmehr sollte alles bisherige mitgenommen, als Erfahrung verbucht und sich auf den ein oder anderen Höhepunkt in Form von drei Punkten gefreut werden.

Eingeständnis

Es ist etwas sehr vernünftiges Geschehen in Essen: Die Einsicht ist eingekehrt an der Hafenstrasse und in die Amtsstuben der Bezirksregierung. Leider keine Einsichten aus einer Position der Stärke heraus, sondern eher bittere Erkenntnisse aufgrund der katastrophalen Haushaltslage der Stadt Essen und traditionell auch der des RWE. Geradezu katastrophal auch die Leistung der Mannschaft und bisweilen auch die Außendarstellung des Vereines. Gerade deshalb bewerte ich es als wichtigen und überfälligen Schritt, sich endlich zur 4. Liga zu bekennen. Weg von dem Begriff “Betriebsunfall” und dem Selbstverständnis namens Profifußball. Der RWE dieser Tage ist momentan ein Abstiegskandidat der Regionalliga. Einhergehend mit dieser Erkenntnis des 22.09.2009 bereitet der Vorstandsvorsitzende einen Paradigmenwechsel vor: Kompetenz von unten statt Schall und Rauch von oben. Langfristige Planung und gesunder Aufbau einer Mannschaft. Ich denke, damit kommt auch das völlig überhitzte Umfeld besser klar, als mit der ständigen Erwartung eines Durchmarsches auf dem Weg zurück ins Ligenglück. Ich hatte mir das auch alles anders vorgestellt vor dieser Saison und war voll des Strunzes. Hier der fiktive Plan für die nächsten Wochen: Unbedingt das Heimspiel am Freitag gewinnen; Sascha Mölders gibt in nächster Zeit keine Interviews mehr; Die fehlenden 2 Millionen zur Deckung der laufenden Saison werden Morgen im Lotto gewonnen. Dann wird parallel eine kleine Serie gestartet, um Punkte gegen den Abstieg zu sammeln. Und was die alte Kabachel Georg Melches Stadion betrifft: Bezirksregierung und Stadt Essen sind sich darin einig, dass ein Baustopp nicht in Frage kommt. Zu unwirtschaftlich ein solcher Schritt und auch keine wirkliche Lösung (wie auf dem Foto schön zu sehen). Dem RWE dieser Tage steht ein finanzieller und sportlicher Parforceritt bevor, wie ihn vielleicht nur wenige Vereine bewältigen können. Dank seiner treuen und riesigen Fanbasis könnte das Ziel erreicht werden. Von 2010 redet aber keiner mehr…

Piratensender

Auch der beginnende Herbst bürgt ja nicht automatisch für eine Verbesserung des allgemein gültigen TV Programmes. Zeit also, sich zur dunklen Jahreszeit verstärkt wieder dem Medium DVD zu widmen. Wohl unbewusst noch dem Motto “Piratengeburtstag” bei der Filmauswahl folgend, bescherte uns der britische Film “Radio Rock Revolution” einen kurzweiligen Abend trotz Überlänge. Kurzfassung: Mitte der 60ziger Jahre trotzen die Piratensender dem konservativen Treiben der BBC und treiben es, im wahrsten Sinne des Wortes, recht bunt und laut. Das ganze in diesem Falle auf einem alten Tanker inmitten der britischen See. Das anarchische Treiben wird gestützt von einem spielfreudigen Ensemble in schriller Optik, welche heute schon fast wieder modern und als tragbar gilt. Der Film steht in verwandtschaftlicher Beziehung zu “Vier Hochzeiten und ein Todesfall”, “Notting Hill” und diversen britischen Komödien. Natürlich trägt die Musik ein übriges zu dem Genuss bei, und die große Sause auf das Festland birgt herzhaften Slapstick, den es aber zu entdecken gilt. Eine weitere Entdeckung ist endlich die Bestätigung, dass wir Männer nicht älter, sondern höchstens attraktiver werden. Veranschaulicht durch Rhys Ifans, der sich seit der wunderbaren Verkörperung des Duschnihilisten “Spike” in “Notting Hill” zu einem Moderatoren- und Lifestyleguru entwickelt hat. Interessanterweise laufen solch “Perlen” bisweilen nur kurz im Kino oder stehen nur als Einzelstück in der Videothek, während sich Horrorstreifen in Kompaniestärke in den Regalen stapeln.

Kompensation

Auch der „Trainerwechsel“ aus drei mach zwei hat nicht dazu geführt, dass der mittlerweile arg strapazierte Bock der Ära Bonan endlich einmal umgestossen wurde. Bei der Wormatia aus Worms reichte es nur zu einem 1:1 Unentschieden. Alles nicht mehr in Worte zu fassen, von daher musste die Bildbearbeitung herhalten.

Stadion Essen, Teil 1

Thomas Strunz ist Geschichte, die Westkurve schon lange und nun auch das erste Drittel der Nordtribüne. Die Blöcke „G“ und „K“ wurden für den potentiellen Neubau (bleibt spannend…) dem Erdboden geleichgemacht. Gerade der Block „K“ war der neue Stimmungskern, bevor die neue Fantrennung im Georg Melches Stadion zum Tragen kam. Aber das ist schon lange Geschichte. Der Mythos, er nimmt zur Zeit eine Auszeit und vermag vielleicht auch niemals zurückkehren nach Essen. Und trotzdem kann ich einem jeden Fußballfan nur empfehlen, dem 2 2/3 Stadion mit 3 Flutlichtmasten einen Besuch abzustatten, allein die „Buletten“ sind es wert.

Initialzündung

Was hat der VfL Bochum mit der Midlife Crisis zu tun? Der VfL als Verein prinzipiell weniger. Zwei seiner Fans dagegen schon viel mehr. Die “Schriftgelehrten” Frank Goosen und Ben Redelings haben mit ihren Veröffentlichungen viel dazu beigetragen, sich im Status “Lebensmitte” verstärkt mit dem Gefühl der Musik und dem Fußball der Jugend zu befassen. “So viel Zeit” von Frank Goosen hat mich also noch längst nicht entlassen, sondern hält mich und momentan einige andere auch weiterhin fest in seinem Bann. Passend dazu ein Geschenk namens “Dem Fußball sein Zuhause”, in feinster 70ziger Jahre Optik. So generierte die kleine Runde, in der wir uns normalerweise bei leiser Musik im Hintergrund zu “geistigen” Getränken unterhalten, an diesem Samstag zu einer lauten Liebeserklärung an die Musik jener Zeit. Recht schnell mussten Tische und Stühle weichen um der Luftgitarre und dem Sackbass Platz zu machen. Die CD Sammlung von gestern in Verbindung mit minutenlangen Pausen wurde ersetzt durch die heutigen Wiedergabelisten. Da waren sie dann wieder vereint: Uriah Heep, Peter Gabriel, Bowie, Madness, KISS, Fischer-Z, Mother`s Finest, Genesis, Deep Purple, Don McLean und all die anderen großartigen Musiker und ihre Stücke, die uns gestern wie heute mehr bedeuten und ein vielfaches mehr an Gefühlen vermittelt haben wie manch heutiges Produkt. Solche Abende lassen sich leider nicht beliebig wiederholen oder am Reissbrett planen, basieren sie doch auf “Aha Erlebnissen” wie zum Beispiel einem Buch. Dafür war der Abend aber von einer solchen Intensität, so dass ich mich noch lange fröhlich daran erinnern werde. Verbunden mit der Erkenntnis, dass man niemals zu alt für etwas ist und dass das, was von Herzen kommt, immer siegen wird. Daher glaube ich auch weiter fest an bessere Zeiten für den RWE. Was nun die Umsetzung der Band für uns bedeutet, da sehe ich ausnahmsweise einmal schwarz: Noch sind wir zu dritt, und davon kann nur einer überhaupt ein Instrument spielen.

Wir sind das Volk

Es fällt auch drei Tage später noch nicht leicht, dieses Spiel des RWE gegen die Kölner Reserve als ein solches zu kommentieren. Die Folgen sind bekannt: Thomas Strunz ist wie fast schon zu erwarten, an seiner Mehrfachfunktion gescheitert. Direkt im Anschluss an den spielerischen Offenbarungseid, aber noch vor der Pressekonferenz war die Mission Teamcheck offiziell beendet. Prinzipiell bedauere ich die Demission, stand Thomas Strunz doch vor seiner selbstgewählten Tragödie Trainer für einen Neuanfang des RWE nicht nur auf sportlicher Ebene. Fühlbar gut vernetzt, dazu eloquent und scheinbar immer souverän im Handeln stand der Name Thomas Strunz auch für den Durchbruch im Stadionbau. Wenn dem nur nicht die katastrophalen Leistungen der Mannschaft auf dem Feld gegenüber stehen würden. Und genau dafür zeichnet der Trainer mit verantwortlich. Genaugenommen bei RWE gleich derer drei. Betont hat Strunz aber immer wieder, dass die allerletzte Entscheidung bei ihm liegt. Die Mannschaft selber sollte sich aber auch ganz gewaltig an die eigene Nase fassen, denn so aufzutreten wie am Freitag, da muss die Frage gestellt werden, ob hier die Entlassung des Trainers bewusst in Kauf genommen wurde. Grausam, kompliziert, druck- und willenlos usw. In der ersten Halbzeit noch unermüdlich angefeuert, bekamen die rot weissen alsbald schnell zu spüren, wie das Essener Publikum solch Vorstellungen findet. Und somit waren wir wieder da, wo wir in der letzten Saison aufgehört haben: ErVOLKlos. Und dabei begann der Tag in Essen eigentlich recht nett, und zwar mit einem Pils in Helmut Rahns Stammkneipe, der Friesenstube in Frohnhausen. Wir hätten da bleiben sollen!! Nach dem Spiel gab es dann besagte “Wir sind das Volk” Konstellation: Ca. 80 Kölner haben es geschafft, dass hunderte Essener Fans ihrer Freiheit und der Möglichkeit beraubt wurden, auf normalem Wege zu ihren Autos oder Bussen zu gelangen. Hatten wir beim Heimspiel gegen den 1.FC Saarbrücken noch das Modell “Wagenburg”, stand jetzt der Mauerbau Pate. Nicht mal mehr seitwärts entlang der Wagenburg konnte der Fußballfan seinen Heimweg antreten. Komplettsperrung der Hafenstrasse war angesagt, wie gesagt, wegen ca. 80 Kölnern, die eher Schnitzeljagd mit der Polizei spielen wollten, denn 90 Minuten ein Fußballspiel zu schauen. Der Mauernachbau in Verbindung mit dem Spiel und der unbefriedigenden Gesamtsituation wirkte nicht gerade deeskalierend auf das Essener Gemüt. Eine Stunde nach Spielschluß durften wir dann doch endlich passieren. Warum auf normale Fragen nach dem “warum” allerdings so dermaßen arrogant reagiert wurde, dass mag verstehen wer will. Die Frage nach der Personalnummer lag mir kurz auf der Zunge, ich habe sie mir aber verkniffen. Nach diesem Spiel wollte ich nur noch schnell weg.

Hätte, wenn und aber

Ein schöner Spätsommerabend, wie gemacht für ein Fußballspiel. Und das Kommen gestern Abend hatte sich für alle Zuschauer gelohnt: Für die zahlreichen Osnabrücker Fans aus dem ziemlich einfachen Grund, dass Spiel erwartungsgemäß gewonnen zu haben. Für die Eintracht Anhänger und neutralen Besucher aus dem Grunde, eine aufopferungsvoll kämpfende und bisweilen spielerisch überzeugende Eintracht Mannschaft zu sehen. Die kalte Dusche gab es direkt in der ersten Minute mit der Osnabrücker Führung. In der Folgezeit berannten die Nordhorner wie aufgedreht das Osnabrücker Tor und hatten ihrerseits das Glück, einige Osnabrücker Chancen unbeschadet zu überstehen. Zumal die Eintracht einmal mehr die Stellungsfehler und Langsamkeit ihrer Nummer 10 zu kompensieren hatte. Zur Halbzeit dann raus mit Applaus. In der zweiten Halbzeit drängte sich dann der Unterschied zwischen Profi- und Amateurfußball geradezu auf: Der VfL kontrollierte nun nach Belieben das Spiel, während die Weinroten dem Tempo der ersten Halbzeit Tribut zollten. Zehn Minuten vor Schluss dann der Doppelschlag und der berühmte Drops war gelutscht. Ja und dann hätte der Pokal fast noch seine eigenen Gesetze walten lassen: Ebenfalls ein Doppelschlag der Eintracht rund um die neunzigste Minute und es stand nur noch 2:3. Den Ball ruck zuck an den Mittelkreis, dieser (also der Ball) kommt irgendwie in die Hände von Torwart Lange, ein weiter Abschlag und dann das fassungslose: Eintracht Stürmer Kaplan fällt der Ball freistehend vor dem Osnabrücker Keeper vor die Füße und es entsteht dieser Bruchteil einer Sekunde, der im Fußball über Wohl und Wehe entscheidet. Wie im Zeitraffer erstarrt auf einmal alles rund um einen herum, Leute krallen sich an ihren Nebenmann (allein das schon eine Seltenheit beim SV Eintracht, in Anbetracht des sonstigen Besuches), weiten die Augen und öffnen den Mund in Vorbereitung eines Torjubels, der sensationeller nicht hätte sein können und vom Zeitfaktor sogar selbigen in Nou Camp getoppt hätte. Logischerweise konnte Nail Kaplan keinen Arbeitskreis mehr einberufen um zu entscheiden, wie nun weiter mit dem Ball am Fuße zu verfahren sei. Und so landete der Ball direkt in den Armen des Osnabrücker Keepers, zu überraschend wohl die Chance, zu halbherzig der Versuch, den Ball in das lange Eck zu schlenzen. Abpfiff und die Eintracht Spieler sanken enttäuscht zu Boden. Trotzdem honorierten die Zuschauer diesen Einsatz mit langem Beifall. Ein solch engagierter Auftritt einer Heimmannschaft endlich mal an der Hafenstrasse zu Essen, und die Spieler würden trotz einer Niederlage auf den Händen in die Kabinen getragen. Das einzige Manko an diesem Abend möchte ich aber auch nicht verschweigen: Warum ein Trainer bei einem 0:3 Rückstand nicht wechselt, sondern die Ersatzspieler hinter dem Tor müde laufen lässt, verstehe ich nicht und halte es aus psychologischer Sicht auch nicht für motivationsfördernd.

Was nun?

Irgendwann einmal hatte ich schon einmal angemerkt, wie glücklich ich sein kann, nicht von Berufs wegen über das Schreiben zu müssen, was sich bisweilen rund um den Fußball ereignet. “ER” kann nämlich auch sprachlos machen. Was nützt denn das große Spiel und all die tollen Mannschaften, wenn man sich von der eigenen so sehr im Stich gelassen fühlt. Somit ist doch auch meine Teilnahme am Sportbloggernetzwerk prinzipiell ziemlich daneben, da in allen Belangen ziemlich unterklassig. Es ist ja nicht einmal so, dass der RWE beim Bonner SC verloren hat, aber er hat auch nicht gewonnen und die Spieler aus der ehemaligen Hauptstadt waren und sind nun mal Tabellenletzter. Und eine Mannschaft, die angetreten ist um aufzusteigen, ja die muss solche Spiele gewinnen. Wenn schon nicht souverän, dann halt mit der Brechstange. So funktioniert das nun mal. Überhaupt nicht mehr funktioniert daher aber die Balance zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Essener Fans. Wer von uns kann sich schon mit provinziellen Ackern und extra für dieses Spiel aus dem Boden gestampften Fanszenen anfreunden, waren wir doch, sind doch und werden wohl leider nie mehr wer sein….Das Selbstverständnis ist leider Gottes nun mal in der Westkurve, dem Mythos, der Erstklassigkeit, den Löwen, der Hafenstrasse und dem bezahlten Fußball verankert. So verschleiert gelingt kaum mehr der klare Blick darauf, dass auch die anderen Mannschaften in der Regionalliga Fußball spielen können und nicht nur angetreten sind, um Spalier zu stehen für einen Traditionsverein auf dem Weg zurück in den Profifußball, eine bessere Zukunft und sein neues Stadion. Und weil die Situation seit Jahren so verfahren und enttäuschend ist, wird eigentlich nur noch darüber diskutiert, wie brachial den Spielern klargemacht werden soll, für welchen Verein sie auflaufen dürfen. Auf die Idee mal zu gucken, wie wir von außen eine Hilfe darstellen können, kommt kaum mehr einer. Leider hat sich Thomas Strunz auch den Teamchef zugetraut, ein Fehler in meinen Augen, denn seine imagefördernden Ansätze sind nun durch die sportlichen Fehlschläge in Schieflage geraten. Es hilft alles nichts, es muss ein Weg aus der vergifteten Atmosphäre erzwungen werden.Die Menschen bangen um den gesamten Verein, nicht um eine weitere verkorkste Saison. Zudem regt mich auf, dass mir die Sorgen um den RWE und all die anderen Dinge und Gefühle kaum noch Zeit dafür lassen, darauf hinzuweisen, dass der heimische SV Eintracht einmal mehr das Murmeltier grüßt: Viertelfinale im NfV Pokal und zu Gast und potentielle Endstation ist der VfL Osnabrück. Anstoß ist am Dienstag, den 08.09. um 19.00 Uhr am Heideweg.

“Revier Sport” kommentiert die Situation

Die Protestaktion auf dem Trainingsgelände von Rot-Weiss Essen erhitzt die Gemüter. Denn für den Klub steht mehr auf dem Spiel als ein Saisonstart.

In einem beliebten Hafenstraßen-“Schlager“ kündeten die RWE-Fans einst vollmundig von einschlägigen Erfolgen auf nationalem und internationalem Parkett. 2010 sollte es so weit sein. Wenige Monate vor dem Beginn des Kulturhauptstadt-Jahres ist jener tollkühne und seit jeher wohl auch leicht selbstironische Slogan längst in der Mottenkiste der Vereinshistorie verstaut.
Wie blanke Ironie der Geschichte mag anmuten, dass die Fans nun den endgültigen Niedergang, ja sogar das Ableben ihres Klubs, prognostizieren. Fans neigen nun einmal bisweilen zur Überzeichnung und das ist nicht nur gutes Recht, sondern irgendwo auch Daseinsberechtigung. Fans dürfen, ja müssen, übertreiben. Irgendwo zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt leiden und lieben, hoffen und bangen sie mit ihren Klubs und bilden im besten Fall so etwas wie die Seele eines Vereins. Mit kühler Berechnung hat das alles wenig zu tun. Daher mag man auch schon fast geneigt sein, Verständnis für eine Aktion zu entwickeln, wie sie Unbekannte in der Nacht zum Donnerstag auf dem RWE-Vereinsgelände durchgezogen haben. Nichts weniger als die existenzielle Angst ums nackte Überleben diesseits der Bedeutungslosigkeit trieb sie um.
In höchstem Maße streitbar ist jedoch die Form des Protests. Man mag den Worten des Vorstandsvorsitzenden, der eine „zu kräftige Bildsprache“ anmahnte, kaum etwas hinzufügen. Etwas weniger diplomatisch könnte man aber auch von einer ausgewachsenen Geschmacklosigkeit sprechen. Spätestens T-Shirts mit Spielernamen und Grablichtern „verziert“ haben die Regeln des „Fair Play“ deutlich überschritten. Allein verzichtete man darauf, wie beim „Vorbild“ des Protests in Dresden, Gräber für die Akteure auszuheben.
Ein jeder, der diesem Symbol vorschnell Beifall spendet, sollte sich vor Augen führen, was damit angedeutet werden sollte. Und in dem Moment, wo es um Leben und Tod geht, wird auch die Zukunft eines ganzen Vereins zur Nebensache. Dennoch zeugt der Protest davon, dass der Verein eben nicht tot ist, auch wenn man gespannt sein darf, wie es mit ihm weiter geht: 2010, wir werden es schon seh‘n.

Aaron Knopp

Dunkle Wolken

Rund um den Fußball im beginnenden Herbst dieses Jahres scheinen schon recht früh nach Saisonbeginn dunkle Wolken aufzuziehen: Die, die ihn spielen sollen, spielen nicht mit. Die, die über ihn schreiben, werden böse gefoult. Und die, die ihn Leben, schießen meines Erachtens schon mal über das Ziel hinaus. Was ist also passiert? Nach der verdienten Heimniederlage des RWE gegen den 1.FC Saarbrücken konnte nach fast einem Jahr endlich der ersehnte Auswärtssieg gefeiert werden. Im beschaulichen Verl wurde beim dortigen Sport Club mit 3:0 gewonnen. Lediglich 1000 Zuschauer wohnten diesem Spiel bei, allein der Name RWE zieht auch nicht mehr die Massen an. Somit konnten die Spieler recht ungestört ihr Tageswerk verrichten und Sascha Mölders traf gleich doppelt! In weißen Schuhen, aber das nur am Rande. Rosarot fast schon wieder die Analyse von Teamchef Strunz nach dem Spiel und glücklich die Fans ob des bezwungenen Fluches. Nur drei Tage später zeigt sich dann, was der Sieg wert war. Zudem der Tag, an dem mein Mitgliedsausweis und die Geburtstagstrikots für die Mädchen zugestellt wurden. Also, was sollte da schon schiefgehen im Heimspiel gegen die Zweitvertretung der Düsseldorfer Fortuna? Um es kurz zu machen: Scheinbar fast alles! Im fünften Spiel wurde die dritte Niederlage kassiert. Der RWE verlor im strömenden Regen mit 0:1. Mich beschleicht immer mehr das ungute Gefühl, dass Thomas Strunz nicht wirklich ein Trainer im eigentlichen Sinne ist. Die sportliche Vita des Trainers Erkenbrecher ist auch nicht viel berauschender. Momentan wird also bei RWE weiter fleißig abgerissen, leider nicht nur am Stadion. Das heute den Spielern am Trainingsplatz schon die Beerdigung des Vereins im kommenden Jahr veranschaulicht wurde, halte ich nun doch für etwas überzogen. Den Reaktionen der Spieler nach zu urteilen haben diese aber scheinbar gar nicht den Ernst der Lage für den Verein verstanden, sondern erst einmal das eigene Befinden in den Vordergrund gestellt. Der RWE, eigentlich ein riesiger rot weisser Gordischer Knoten. Dunkle Wolken aber auch über einen, der regelmäßig und von hoher Qualität seine Ansichten über den Fußball in seinem Blog niederschreibt. Ein eher weniger bekannter Sportartikelhersteller sah sich bisweilen schlecht behandelt und drohte dem Trainer im übertragenen Sinne, die Lizenz zu entziehen. Nun sind wir aber beim Fußball und somit bei der Tatsache, dass man niemals alleine geht. Es folgte ein vielfacher Aufschrei der Empörung und die Erkenntnis, dass Meinungsfreiheit unbezahlbar ist. Die dunklen Wolken hier in Nordhorn über dem SV Eintracht sind ja fast schon in Stein gemeißelt, hier könnte aber der kommende Dienstag für etwas Aufmunterung sorgen.